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Ersatzneubau von Kraftwerk Traunleiten in Oberösterreich schreitet zügig voran6 min read

31. August 2018, Lesedauer: 4 min

Ersatzneubau von Kraftwerk Traunleiten in Oberösterreich schreitet zügig voran6 min read

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Der Ersatzneubau des 1899 errichteten Kraftwerks Traunleiten nahe der oberösterreichischen Stadt Wels ist voll im Gange. Rund 48 Millionen Euro investiert die im Eigentum der eww ag und Energie AG OÖ stehende Wels Strom GmbH in die Neuerrichtung ihres größten Wasserkraftwerks.

Dank einer Fast-Verdoppelung der Ausbauwassermenge von 80 auf 150 m³/s wird das Kraftwerk bei seiner Neuinbetriebnahme Ende des kommenden Jahres eine deutliche Leistungssteigerung aufweisen. Zwei moderne Kaplan-Turbinen können zukünftig eine Engpassleistung von rund 18 MW erreichen und werden im Regeljahr rund 90 GWh Ökostrom erzeugen. Im Zuge des Neubaus kommt es auch am rund 2 km oberwasserseitig situierten Wehr zu einer umfassenden Modernisierung der Stahlwasserbauelemente. Als größte Bauteile sollen noch im heurigen Jahr zwei neue, jeweils 44 m breite Wehrklappen mit einseitigen hydraulischen Antrieben montiert werden. Den Zuschlag zur Lieferung und Montage des gesamten Stahlwasserbaus an der Wehranlage konnte sich die im In- und Ausland vielfach bewährte Bilfinger VAM Anlagentechnik GmbH sichern. Für das Unternehmen mit Sitz in Wels stellt das Projekt quasi ein „Heimspiel“ dar. Mit der Fertigstellung des Einlaufbauwerks konnte Bilfinger VAM schon zu Sommerbeginn einen wichtigen Bauabschnitt erfolgreich abschließen.

Der offizielle Spatenstich für den Neubau des Traditionskraftwerks an der Traun fand im Beisein von zahlreichen Vertretern aus Politik und Wirtschaft am 28. September des Vorjahres statt. Nach Abschluss eines mehrjährigen Behörden- und UVP-Verfahrens konnte die Erneuerung des fast 120 Jahre in Betrieb stehenden Kraftwerks in die Bauphase übergehen. Das grundlegende Anlagenkonzept – das Triebwasser wird mittels Wehrklappe aufgestaut und durch einen offenen Wehrkanal zur Turbinierung geführt – bleibt auch beim Neubau unverändert. Auch die beiden 1964 und 2006 jeweils links- und rechtsufrig an der Wehranlage errichteten Restwasserkraftwerke bleiben weiterhin in Betrieb. Allerdings kann durch den Neubau künftig an der Traun, die sich am Anlagenstandort während des vergangenen Jahrhunderts um rund 6 m eingetieft hat, fast das Doppelte an Ausbauwassermenge zur Stromgewinnung herangezogen werden. Zusätzlich wird die Dammhöhe des Wehrkanals im Oberwasser erhöht, wodurch zukünftig auch im Teillastbetrieb die gesamte zur Verfügung stehende Fallhöhe genutzt werden kann. In ökologischer Hinsicht wird durch die Errichtung einer modernen Fischauf- und Abstiegsanlage eine erhebliche Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit erreicht. Seit dem symbolischen Spatenstich im Herbst 2017 ist in bautechnischer Hinsicht viel geschehen, wie ein auf der Homepage des Betreibers Wels Strom GmbH verfügbares Drohnenflug-Video eindrucksvoll zeigt. Ein Blick aus der Vogelperspektive auf die großflächige Baustelle lässt erahnen, welch hoher Aufwand mit dem Neubau verbunden ist.

Umfassende Erneuerung
Diesen Eindruck bestätigt Josef Feldbauer, Geschäftsführer und Projektleiter der mit der Generalplanung beauftragten BHM INGENIEURE – Engineering & Consulting GmbH: „Aktuell betreuen wir ja auch den Neubau des Kraftwerks Danzermühl in Laakirchen, eine Großbaustelle rund 30 km weiter westlich. Aufgrund des wesentlich höheren Gefälles am Standort Traunleiten ergibt das allerdings hier ein noch größeres Bauvolumen.“ In Summe erstreckt sich die Baustelle am Rand der Gemeinde Steinhaus auf eine Länge von rund 2 km. Im Zuge der Bauarbeiten werden das Krafthaus und das Einlaufbauwerk völlig neu errichtet, der Stahlwasserbau an der Wehranlage komplett erneuert und modernisiert sowie der offene Zulaufkanal saniert und erweitert: „Der Wehrkanal wird im oberen Drittel verbreitert, wodurch ein bestehender Flaschenhals entfernt und die Fließbedingungen für die stark erhöhte Ausbauwassermenge verbessert werden. Weiters erfolgen Sanierungsarbeiten auf der ganzen Länge des Kanals, soweit diese nicht schon in der Vergangenheit ausgeführt wurden“, ergänzt Feldbauer. Wie beim Kraftwerk Danzermühl werden auch beim Neubau der Anlage Traunleiten die gesamten Hoch- und Tiefbauarbeiten durch eine Arbeitsgemeinschaft der Unternehmen Porr-Felbermayr ausgeführt.

Heimspiel für Stahlwasserbauer
Für die Bilfinger VAM Anlagentechnik GmbH, die den Großteil der Stahlwasserbauausrüstung für die Wehranlage und das Krafthaus liefert, stellt das Projekt im wahrsten Sinne des Wortes ein Heimspiel dar. Der Unternehmenssitz des international aktiven Branchenspezialisten liegt nur wenige Kilometer Luftlinie von der Anlage entfernt auf dem Gebiet der Stadt Wels. Die größten Bauteile des Lieferumfangs bilden zwei je 44 m breite Wehrklappen, erklärt Bilfinger VAM-Projektleiter Bernhard Brindl: „Obwohl ursprünglich nur eine Sanierung der bestehenden Wehrklappen geplant war, hat sich der Betreiber entschlossen, diese Bauteile inklusive der Lagerung ebenfalls komplett zu erneuern und die Anlage somit auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen. Im Gegensatz zu den alten Antrieben mit Triebstock und Zahnrad werden die neuen Klappen jeweils einseitig mittels Hydraulikzylindern bewegt. Wie die restlichen Stahlwasserbauteile werden auch die Wehrklappen im Bilfinger VAM Werk Wels gefertigt und via LKW auf die Baustelle geliefert.“ Jede Klappe wird im Prinzip aus drei Einzelteilen gefertigt, die vor Ort mittels Flanschverbindungen und Dichtungen fix zusammengebaut werden. Bei der Fertigung ist laut Brindl höchste Präzision unabdinglich. Schließlich müssen pro Klappe insgesamt 9 Lager eine exakte Flucht aufweisen und die Flanschstöße auf den Millimeter genau zusammenpassen. Auf logistischer Seite wird auch die Anlieferung der Elemente in Übergröße eine interessante Herausforderung. Um die Anrainer vom Baustellenverkehr möglichst zu entlasten, wurde bereits  für die erste Bauphase eine eigene temporäre Autobahnabfahrt eröffnet. Für den Einbau der Wehrklappen, deren Anlieferung über die B 1 im Norden erfolgen wird, ist ein relativ kurzer Zeitraum von wenigen Wochen ab dem November 2018 vorgesehen.

Schotterschleuse revitalisiert
Nach dem Beginn der ersten Bauphase im Herbst des Vorjahres konnte bereits Mitte Juni das neue Einlaufbauwerk in den Probebetrieb gehen. Die drei Einlaufschützen, ebenso von Bilfinger VAM gefertigt, mit Abmessungen von jeweils 7 x 4,9 m wurden ebenfalls mit hydraulischen Antrieben versehen und halten den Wehrkanal während der Bauarbeiten zuverlässig trocken. Neben dem Engineering und dem Fertigungs- und Montageauftrag umfasst das Bilfinger VAM-Portfolio für das Projekt Traunleiten auch die Sanierung bestehender Bauteile. „Die erst vor rund fünf Jahren sanierten Schotterschleusen am Einlaufbereich wurden einer umfangreichen Revitalisierung unterzogen. Weiters haben wir für die bestehende rechte Schotterschleuse einen komplett neuen zweiteiligen  Schützenkörper 8 x 6 m gefertigt. Diesen neuen Schützen auf die vorhandene Armierung sowie die Gewichtslimitierung des bestehenden Antriebs anzupassen, war durchaus eine anspruchsvolle Aufgabe“ erläutert Brindl. Neben den verschiedenen Schützen und Reguliereinrichtungen montierte Bilfinger seit dem Baustart einen Grobrechen und lieferte die Dammbalkenausstattung für den Einlaufbereich. Nach Abschluss des Engineerings startete noch im Juli die Fertigung der Wehrklappen.

Inbetriebnahme Ende 2019
Generalplaner Feldbauer zeigt sich mit dem bisherigen Baufortschritt sehr zufrieden: „Jeder Umbau einer bestehenden Anlage ist immer eine Herausforderung für sich. Beim Kraftwerk Traunleiten stellt sich die Situation so dar, dass das alte Krafthaus zur Gänze entfernt wird und das neue Gebäude in einer Baugrube daneben entsteht. Das ist von den Platzverhältnissen eine feine Sache. Viel Glück hatten wir auch mit den günstigen Bodenverhältnissen. Derart trockene Verhältnisse im Schlierboden direkt neben der Traun findet man nicht alle Tage vor.“ Aktuell sind die Betonarbeiten am neuen Krafthaus voll im Gange, mit dem Einbau der Wehrklappen im heurigen November beginnt für Bilfinger VAM die zweite Bauphase. Die dritte Bauphase mit der Montage der Stahlwasserbauelemente am Krafthaus folgt schon im Februar nächsten Jahres. Die Inbetriebnahme des neuen Traunkraftwerks soll im November 2019 erfolgen. Nach ihrer Fertigstellung wird die Anlage den durchschnittlichen Jahresstrombedarf von rund 30.000 Haushalten abdecken können.

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