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Global Hydro fasst mit Refurbishment von KW Puhos erfolgreich Fuß in Finnland7 min read

17. Mai 2021, Lesedauer: 5 min

Global Hydro fasst mit Refurbishment von KW Puhos erfolgreich Fuß in Finnland7 min read

Lesedauer: 5 Minuten

Im Sommer 2020 hat der international renommierte Wasserkraftallrounder Global Hydro Energy in der Region Nordkarelien sein erstes Projekt in Finnland erfolgreich abgeschlossen.

Dabei wurde das nach einer kleinen Ortschaft benannte Kraftwerk Puhos im Südosten des Landes von den Oberösterreichern grundlegend saniert sowie in elektro- und leittechnischer Hinsicht modernisiert. Im Zentrum des Projekts stand die Komplett-Revitalisierung einer knapp 50 Jahre alten, auf 20 m³/s Ausbauwassermenge ausgelegten Kaplan-Turbine in horizontaler Pit-Ausführung. Zusätzlich lieferte Global Hydro einen direkt mit der Turbinenwelle gekoppelten Synchron-Generator. Das rundum erneuerte bzw. auf  Vordermann gebrachte Maschinengespann schafft nach der Wiederinbetriebnahme eine Engpassleistung von rund 800 kW. Dies entspricht – bei gleichbleibender Ausbauwassermenge und Fallhöhe – einem beachtlichen Leistungszuwachs von mehr als 10 Prozent. Zur Steuerung der zuvor nur rudimentär automatisierten Anlage kommt nun das selbst entwickelte Global Hydro Power Plant Management System HEROS zum Einsatz.

Für die im oberösterreichischen Niederranna am Nordufer der Donau ansässige Global Hydro Energy GmbH ist der Großraum Skandinavien schon länger ein interessantes Geschäftsfeld, erklärt Refurbishment-Teamleiter Daniel Altendorfer. Vor allem in Norwegen haben die international aktiven Turnkey Supplier in der jüngeren Vergangenheit eine ganze Reihe von Projekten aller Art realisiert. Auch im benachbarten Schweden kann Global Hydro mittlerweile auf mehrere Referenzprojekte verweisen. Mit dem Zuschlag für die Modernisierung des Wasserkraftwerks Puhos erhielt man 2019 schließlich den ersten Auftrag im „Land der tausend Seen“, besser bekannt als Finnland. Das Kraftwerk Puhos wurde in den 1970er-Jahren in der gleichnamigen kleinen Ortschaft weit im Südosten des Landes, rund 60 km von der russischen Grenze entfernt, errichtet. Die erst vor kurzem abgeschlossene Komplettrevitalisierung der Anlage resultierte laut Altendorfer in erster Linie aus dem durchwegs desolaten Zustand der Bestandstechnik: „Ein Betreibervertreter meinte bei einer Besprechung im Scherz, dass die Maschine nur mehr dann in Gang gesetzt wird, wenn es unbedingt sein muss, weil diese im Betrieb schon mehr Öl als Wasser verbraucht.“ Den Zuschlag für das Refurbishment-Projekt erteilte Betreiber „Pohjois-Karjalan Sähkö Oy“ (PKS), ein mittelständisches finnisches Elektrizitätsunternehmen, dessen Netze die Regionen Nordkarelien und Ost-Savo mit Strom versorgen, im Februar 2019. Insgesamt betreibt die auf erneuerbare Energiegewinnung fokussierte PKS zehn Wasserkraftwerke, darüber hinaus stammt ein wesentlicher Anteil des erzeugten und vertriebenen Stroms aus Photovoltaikanlagen.

Demontage im Herbst 2019
Altendorfer weist darauf hin, dass man sich im Rahmen der Projektbewerbung vor allem aufgrund des durchdachten Sanierungskonzepts von den Mitbewerbern abgehoben hat: „Unser Konzept basierte darauf, den Turbinen-Leitapparat, der sich trotz seines fortgeschrittenen Alters in einem grundsätzlich guten Zustand befand, nicht zu entsorgen, sondern wieder in Gang zu bringen. Verkürzt ausgedrückt konnten mit dieser Sanierungsvariante im Vergleich zu einer Neuausführung des Verstellmechanismus erhebliche Kosten eingespart werden.“ Dieses Konzept fand bei den PKS-Entscheidungsträgern großen Anklang, wodurch den Mühlviertlern schließlich der Zuschlag zur Ausführung eines elektrohydraulischen und leittechnischen Komplettpakets erteilt wurde. Die Revitalisierung und Neuanfertigung der Turbinenkomponenten erfolgte bei Global Hydro, die Demontage startete im Herbst des Vorjahres. Mit Ausnahme des fix einbetonierten Pits wurden sämtliche Bestandteile der Maschine ausgebaut und via Lkw nach Oberösterreich transportiert.

Turbine von Grund auf erneuert
Neben der umfassenden Sanierung des Turbinen-Leitapparats, bei welchem die Leitschaufeln und Leitradringe erhalten blieben, wurde zusätzlich eine ganze Reihe von zentralen Komponenten neu ausgeführt. Bis auf die von einem Subunternehmen bezogene Turbinenwelle fertigte Global Hydro sämtliche Hauptkomponenten der doppeltregulierten Maschine aus eigener Hand. Beispielsweise das neue 4-flügelige Laufrad mit einem Durchmesser von 2.150 mm. Neu angefertigt wurden darüber hinaus der Stützschaufelring, der Laufradring, das Ausbaustück, der Saug­rohrkonus, die Lagerungen sowie die Wellenabdichtung der Turbine. Ebenfalls komplett neu ausgeführt wurden zentrale Hilfsgewerke wie das Hydraulikaggregat oder das Schmieraggregat des Generators, die von namhaften Herstellern bezogen wurden. Altendorfer sagt, dass ein zentraler Kundenwunsch darin bestand, eine direkte Kupplungsvariante zwischen Turbine und Generator anstelle der bestehenden Getriebeübersetzung zu realisieren, welche letztlich mit Leistungseinbußen verbunden ist. Dies brachte die in logistischer Perspektive größte Projektherausforderung mit sich. Bedingt durch die bestehende Getriebelösung handelte es sich um einen kompakten Schnellläufer mit geringen Abmessungen. Sein Nachfolger, eine langsam drehende Maschine, sollte deutlich größere Dimensionen aufweisen. Der neue, vom kroatischen Hersteller KONČAR stammende Energiewandler in luftgekühlter Ausführung, wiegt mit seinen rund 28 Tonnen Auslieferungsgewicht etwa das 7-Fache der alten Maschine. Die an die Turbine angeglichene Nenndrehzahl von 150 U/min des neuen Generators bewirkt aus technischen Gründen wesentlich umfangreichere Abmessungen der Maschine.  

Herausfordernde Generator-Einbringung
Weil die Montage des weitaus größeren und viel schwereren Generators mit der vorhandenen, unterdimensionierten Krananlage nicht bewerkstelligt werden konnte, mussten sich die Oberösterreicher eine andere Herangehensweise überlegen. So wurde für den Einsatz im Krafthaus ein zusätzliches Tragegestell konstruiert, um die Maschine in den Pit einheben zu können. Für den eigentlichen Hebevorgang bediente man sich eines mobilen Schwerlastkrans. Damit dieser Kran eingesetzt werden konnte, mussten zunächst an der direkt über den Krafthaus-Pit führenden Straße vier Kernbohrungen hergestellt werden. Durch diese Bohrlöcher konnte im Krafthaus schließlich eine eigens angefertigte Hebetraverse bewegt werden, die den Generator an seinen umständlich zu erreichenden Bestimmungsort beförderte. Altendorfer erwähnt, dass der neue Generator abseits seines höheren Wirkungsgrads auch hinsichtlich Servicefreundlichkeit eine deutliche Verbesserung darstellt. Die Lagerung der in horizontaler Richtung direkt mit der Turbinenwelle gekoppelten Synchron-Maschine wurde mit wartungsarmen Gleitlagern ausgeführt, ein separates Schmieraggregat macht regelmäßige manuelle Schmierintervalle obsolet.

Beachtliches Leistungsplus
Die umfassende Sanierung sämtlicher elektromechanischer Turbinen-Komponenten, vom Verstellapparat über das Laufrad bis hin zum Saugrohr, bewirkte natürlich eine Vielzahl von betrieblichen Verbesserungen. Dies betrifft sowohl das generelle Verhalten des Maschinensatzes in einem konstruktionsbedingt breiten Betriebsband, als auch dessen generelle Leistungsfähigkeit. Bei der Wiederinbetriebsetzung des Kraftwerks im Juli stellte die generalüberholte Turbine ihre wiedergewonnene Effektivität gleich unter Beweis. „Im Vergleich zum Altbestand, der im Prinzip ans Ende seiner technischen Lebensdauer angelangt war, haben wir definitiv einen erheblichen Leistungszuwachs erreicht. Generell kann man von einem Leistungsplus von mehr als 10 Prozent sprechen, bei der Engpassleistung schaffen wir nun rund 800 kW. Außerdem konnte natürlich auch das Teillastverhalten bei stark verringertem Wasserdargebot optimiert werden. Wir gehen davon aus, dass die Anlage während der Wintermonate nur mehr selten abgestellt wird“, so Altendorfer, der ergänzend darauf hinweist, dass die weltweiten Auswirkungen der Corona-Pandemie auch vor der finnischen Landesgrenze nicht Halt machten. Ein temporärer Baustopp und die Einführung von europaweit gültigen Reisebeschränkungen führten zu einer Projektverzögerung von mehreren Wochen.

HEROS regelt die Anlage
Das von Global Hydro geschnürte Elektrotechnikpaket setzte sich aus der gesamten Niederspannungsverteilung, der Mittelspannungsschaltanlage, den Transformatoren sowie dem Turbinenregler inklusive SCADA-System zusammen. Komplettiert wurde die elektrotechnische Ausstattung mit einem Batteriesystem, das bei einem großflächigen „Blackout“ die Stromversorgung der Steuerung aufrechterhält. Zusätzlich versorgen die Batterien die an den Generator gekoppelte Schmierpumpe. Die Pumpe bleibt somit auch bei einem Stromausfall zuverlässig in Betrieb und verhindert mit einem Schmierausfall einhergehende Abnützungen oder Beschädigungen. Als leittechnisches Herzstück des Projekts Puhos setzt Global Hydro einmal mehr auf seine Leittechniklösung HEROS. Die von den Automatisierungsexperten ständig weiterentwickelte Software stellt ein bis ins Detail optimiertes Produkt dar, mit dem bei allen Betriebszuständen eine vollautomatische und maximal effektive Stromproduktion gewährleistet wird. Altendorfer merkt an, dass HEROS stets individuell an die Bedürfnisse eines jeweiligen Kraftwerks angepasst wird – „keine Anlage ist gleich, auch wenn man das oft nicht glauben möchte“, so Altendorfer. Die ebenfalls von Global Hydro hergestellte Internetverbindung der Kraftwerkssteuerung erfüllt natürlich die hohen Standards sicheren Datenverkehrs. Zum digitalen Austausch über das Internet verfügt HEROS über eine ganze Reihe von Kommunikationsschnittstellen. Eines dieser gängigen und genormten Kommunikationsprotokolle kam auch bei der Online-Anbindung zur zentralen PKS-Leitwarte im nordkarelischen Verwaltungshauptsitz Joensuu zum Einsatz.

Markteinstieg geglückt
Im Anschluss an die erfolgte Modernisierung der Krafthaustechnik plant die Betreibergesellschaft als nächste Sanierungsmaßnahme die Erneuerung der Stahlwasserbaukomponenten. Altendorfer bestätigt, dass Global Hydro als Turnkey Supplier, dessen Portfolio prinzipiell sämtliche Gewerke einer Kleinwasserkraftanlage umfasst, natürlich auch die Umsetzung der anstehenden hydromechanischen Revitalisierung anbieten wird. Nach der erfolgreichen Inbetriebsetzung zieht Altendorfer im zek HYDRO-Interview ein positives Resümee über die Global Hydro-Premiere in Finnland: „Wir sind in erster Linie sehr glücklich darüber, dass der Refurbishment-Einsatz zu einer ganzen Reihe von betrieblichen Optimierungen und einer deutlichen Leistungssteigerung geführt hat. Ich würde sagen, der Einstieg in den finnischen Markt ist uns mit dieser Referenz-Anlage gut geglückt.“ Abschließend erwähnt Altendorfer, dass Betreiber PKS weitere Revitalisierungsmaßnahmen seiner Kraftwerksflotte ins Auge gefasst hat. Die Chancen stehen also gut, dass die Oberösterreicher ihre Kompetenzen bald wieder im „Land der tausend Seen“ unter Beweis stellen können.

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