Ökologie

Patentierte Fischschleuse für ökologische Durchgängigkeit5 min read

12. Dezember 2014, Lesedauer: 4 min

Patentierte Fischschleuse für ökologische Durchgängigkeit5 min read

Lesedauer: 4 Minuten

Das fast 100 Jahre alte Wasserkraftwerk Höllenstein am bayerischen Höllensteinsee ist mit einer modernen Fischschleuse ausgerüstet worden. Damit haben die Betreiber nicht nur eine Auflage aus den europäischen …

Wasserrahmenrichtlinien erfüllt, sondern auch gleichzeitig einen einzigartigen und auch zum Patent angemeldeten Durchlauf realisiert. Seit Herbst 2013 ist diese innovative Fischschleuse in Betrieb, die vom oberösterreichischen Vorzeigeunternehmen Braun Maschinenfabrik installiert wurde. Somit ist eine Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit am niederbayerischen Höllensteinsee im Landeskreis Regen garantiert.

Bereits seit 1926 erzeugt die „Kraftwerk am Höllenstein AG“ am Schwarzen Regen am Standort Höllensteinsee und seit 1963 am Ausgleichswerk Pulling Strom. Der Betrieb beider Kraftwerke wurde erst unlängst nach einem langjährigen Genehmigungsverfahren für weitere drei Dekaden bewilligt, jedoch mit der unbedingten Auflage, die Durchgängigkeit bei den Talsperren wiederherzustellen. Demnach sollen laut der europäischen Wasserrahmenrichtlinie bis 2015 alle Binnengewässer einen guten ökologischen Zustand erreichen. Am Kraftwerk Pulling, ca. fünf Kilometer flussaufwärts vom Höllensteinsee entfernt, wurde dieser Auflage schon Rechnung getragen und im Jahr 2011 eine klassische Fischwanderhilfe installiert und in Betrieb genommen. Beim Kraftwerk Höllensteinsee war dies aufgrund der topografischen Gegebenheit nicht so einfach zu realisieren, doch die Betreiber fanden eine äußerst innovative Lösung.

Neue Funktion für Grundablass
Werksleiter Johann Fischer erklärt die Ausgangslage: „Bedingt durch eine sehr spezielle topografische Situation hier in diesem Tal, war es äußerst schwierig ein Umgehungsgerinne klassischer Art, wie etwa zum Beispiel einen Tümpelpass oder einen Vertical Slot, zu installieren. Und da die gesamte Anlage auf einem felsigen Untergrund gebaut ist, mussten wir nach anderen Varianten suchen.“ Das Kraftwerk verfügt über gleich zwei Grundablässe bzw. Grundablassschützen. So überlegte man, einen davon für eine zukünftige Fischschleuse zu nutzen. Die Ablässe waren während der Bauphase der Staumauer im Einsatz, doch nach der Inbetriebnahme wurde nur mehr einer funktionsgerecht genutzt, der andere mit einem zusätzlichen Verschlussorgan verschlossen. Und genau in dieser Öffnung sah Fischer die Möglichkeit für eine integrierte Schleuse.

Die ersten Überlegungen
„Unser erster Gedanke war, dass man diesen stillgelegten Grundablass verwendet und auf der Unterwasserseite mit einem zweiten Verschluss ausrüstet. Für die Einschwimmphase ist der unterwasserseitige Verschluss geöffnet und der oberwasserseitige so weit geöffnet, dass die Lockströmung durchfließen kann. Nach einem gewissen Zeitintervall wird das Unterwasserschott geschlossen, das Oberwasserschott komplett geöffnet und anschließend mit dem unterwasserseitigen Verschluss wieder eine Lockströmung eingestellt, damit die Fische eine Orientierung zum Ausschwimmen in Richtung Oberwasser haben“, erläutert Johann Fischer die ersten theoretischen Überlegungen. Auf diese Grundidee folgten diverse Diskussionen mit den Fischereifachstellen über mögliche Problematiken wie Strömungsgeschwindigkeit oder Positionierung der Mündung in den Hauptabfluss des Kraftwerks.

Ökologie und Wirtschaftlichkeit zugleich
Bei den Überlegungen der verschiedenen Varianten, hinsichtlich Gleitwände, Strömungslenkung etc. entstand noch die Idee, dass man zwischen den Auslaufpfeilern eine zusätzliche Schlitz-Stahlwand einzieht, die über eine Öffnung in Richtung Kraftwerkabfluss verfügt. Dadurch fließt die Strömung gebündelt in den Kraftwerksabfluss. Auf diese Weise sollte eine Durchgängigkeit realisierbar sein, und dieses Projektdetail hat schlussendlich auch die Fischereifachstelle überzeugt. Für diese neuartige Umsetzung im Stahl-Gewand beauftragte man die Firma Braun Maschinenfabrik aus Oberösterreich. Das Traditionsunternehmen bietet speziell für dieses innovative Projekt ein dafür notwendiges und umfangreiches Fachwissen an. Zusätzlich war es den Betreibern ein Anliegen das Wasser auch energetisch zu nutzen. Durch ein entsprechendes Rohrsystem kann das Betriebswasser in den jeweiligen Phasen zu einer Turbine gelenkt werden. Dabei kam eine „Turbinen-Variante“ der einfachsten Art zum Einsatz, die im Prinzip einer umgekehrt betriebenen Kreiselpumpe entspricht und entsprechend der Auflage werden 500 Liter abgegeben. „Auf diese Weise entstehen uns nur minimale Verluste, da unsere ‚Turbine‘ perfekt und optimal auf diese Wassermengen ausgelegt ist“, erläutert Johann Fischer von der „Kraftwerk am Höllenstein AG“.

Der exakte Ablauf
Mit einer Lockströmung werden die Fische in die Schleusenkammer gelockt. In variabel einstellbaren Zeitintervallen wird das unterwasserseitige Einstiegsschott geschlossen und in der Schleusenkammer mittels Ventile der Oberwasserdruck aufgebaut. Herrscht in der Schleusenkammer der gleiche Druck wie im Oberwasser, wird der oberwasserseitige Schott geöffnet. Durch einen einstellbaren Abfluss aus der Schleusenkammer entsteht eine Lockströmung, die die Fische zum Ausschwimmen gegen die Strömung ins Oberwasser animiert. Anschließend wird der Fischausstieg (Oberwasserschott) wieder geschlossen und der Unterwasserdruck erneut hergestellt. Bei Druckgleichheit wird das Unterwasserschott abermals geöffnet und die Einschwimmphase beginnt von Neuem.

Mit Braun den idealen Partner gefunden
Bei der Umsetzung dieses herausfordernden Projekts setzten die Betreiber auf das langjährige Know-how von der Braun Maschinenfabrik aus Vöcklabruck. Der gesamte Lieferumfang umfasste neben den Stahlkammern mit Schützen inklusive Hydraulikzylindern unter anderem auch die gesamten Rohrleitungen, eine manuelle Absperrklappe, eine Notverschlusstafel sowie die Strömungsleitwand. Die Techniker begannen mit ihrer Arbeit am 28. April 2013 und bis zur Erstinbetriebnahme im Herbst gingen die Umsetzungen reibungslos und termingerecht über die Bühne. Nach den ersten erfolgreichen Versuchen im Oktober folgte schließlich am 7. November 2013 die Abnahme von den Genehmigungsbehörden und der Fachstelle.

Anerkanntes Patent vom Land gefördert
Dieses komplett neue Verfahren wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie als Pilotprojekt gefördert. Darüber hinaus haben die Betreiber die gesamte Planung zum Patent angemeldet, welches national bereits anerkannt wurde. Am 12. Februar 2014 wurde die innovative Fischschleuse dem breiten Publikum feierlich vorgestellt. Die gesamten Investitionen für das doch sehr umfangreiche Projekt beliefen sich auf ca. EUR 850.000,–.

Feineinstellung und Monitoring
„Die genauen Anpassungen müssen wir noch durchführen, damit wir die exakten Zyklen kennen. Daher ist in diesem Jahr noch ein umfangreiches Monitoring notwendig. So werden im Frühjahr für sechs Wochen Kameras an der Öffnung und am Ausstieg installiert, um genau festzustellen, wie es von den Fischen angenommen wird und ob die ökologische Funktion auch tatsächlich gegeben ist. Im Sommer folgen dann noch weitere Monitorings, um das Fischverhalten auch während der Hauptwanderzeiten ganz genau kontrollieren zu können“, erklärt Werksleiter Johann Fischer abschließend über das innovative und erfolgreich durchgeführte Projekt am Wasserkraftwerk Höllenstein.

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