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Val di Sole macht sich energieautark4 min read

12. August 2019, Lesedauer: 3 min

Val di Sole macht sich energieautark4 min read

Lesedauer: 3 Minuten

Die Gemeinde Malè im Val di Sole im Trentino setzt seit einigen Jahren auf die Wasserkraft. Am hiesigen Wildbach, dem Rabbies, realisierte ein lokales Nutzungskonsortium …

… zwischen 2014 und 2016 gleich vier Wasserkraftanlagen, die großteils umgebaut, erneuert und saniert wurden. Den Abschluss dieser neuen Kaskade bildete das Kraftwerk Rabbies 4, das im August 2016 offiziell in Betrieb genommen wurde. Das Kleinwasserkraftwerk wurde mit zwei baugleichen vertikalen Francis-Turbinen aus dem Hause Tschurtschenthaler ausgerüstet, die beide auf jeweils 414 kW Nennleistung kommen. Für Malè, den Hauptort des Val di Sole, ein echter Meilenstein. Schließlich kann sich die Gemeinde mittlerweile als vollständig energieautark bezeichnen.

Das Ziel „Energieautarkie“ hatte die Gemeinde Malè, auf Deutsch: Freien- thurn, schon länger als Ziel vor Augen. Kritiker sahen dies jedoch stets sehr skeptisch. „Bis vor wenigen Jahren schien unsere geplante Energieautarkie vielen eine Utopie zu sein. Daher sind wir sehr stolz, dass wir unser Versprechen halten konnten, Malè energieautark zu machen“, sagte Malès Bürgermeister Bruno Paganini anlässlich der Eröffnung des Kraftwerks Rabbies 4 im August 2016. In den Jahren zuvor wurden zu diesem Zweck die Kraftwerke Rabbies 1 + 2 und später auch noch das Kraftwerk Rabbies 3 renoviert, saniert oder ganz neu gebaut. Alleine die beiden Anlagen Rabbies 1 + 2 erreichen zusammen heute ein Arbeitsvermögen von rund 24 GWh im Jahr. Initiiert und gebaut wurden die Anlagen von dem Unternehmen Rabbies Energia, betrieben werden sie von der Consorzio per i Servizi Territoriali del Noce. Das Kraftwerk Rabbies 4 stammte noch aus den frühen 1980er Jahren. Im Krafthaus waren zwei Francisturbinen, Baujahr 1981/1982, installiert, die zwei Synchrongeneratoren vom Fabrikat Ansaldo angetrieben hatten. Die elektromechanische Ausrüstung der Anlage war veraltet, speziell im Hinblick auf den avisierten modernen Betrieb der gesamten Kaskade war ein umfassender Tausch von Maschinen- und Elektrotechnik unumgänglich.

Wirkungsgradoptimierte Maschinen
Dass die hydrologischen Voraussetzungen am Fluss Rabbies günstig für eine hydroelektrische Nutzung sind, war den Betreibern – nicht zuletzt aufgrund des früheren Kraftwerksbetriebs – bekannt. Der Triebwasserzufluss schwankt zwar jahreszeitlich bedingt, fällt in der Regel aber nicht unter 300 l/s ab. Bei einer Ausbauwassermenge von 2.200 l/s liegt der Mittelwert etwa bei 1.100 l/s. Bei einer Fallhöhe von rund 38 m durchaus gute Bedingungen für den Einsatz moderner Francisturbinen, die bekannt sind für die Vorzüge im Volllastbereich. Damit auch bei geringeren Triebwassermengen immer noch sehr gute Wirkungsgrade erzielt werden können, wurden die Turbinen vom beauftragten Turbinenbauunternehmen, der Firma Tschurtschenthaler aus dem Südtiroler Sexten gemeinsam mit der Firma EFG aus Feldkirchen, speziell im Hinblick auf eine flachere Wirkungsgradkurve hin optimiert. Zusätzlich trägt die Aufteilung des Triebwassers auf zwei Maschinensätze zu einer bestmöglichen Gesamtperformance bei.

Kompakte Maschinen für kleines Krafthaus
Konkret fertigte, lieferte und montierte der Wasserkraftspezialist aus den Dolomiten bis Juni 2016 zwei moderne vertikalachsige Turbinen, die als Ersatz für die alten Maschinensätze aus den 1980er Jahre installiert werden sollten. Bei einer Fallhöhe von 38,50 m und einer Ausbauwassermenge von insgesamt 2.200 l/s sind die Turbinen auf eine Nennleistung von 414 kW ausgelegt. Sie treiben mit einer Nenndrehzahl von 750 Upm je einen Synchrongenerator vom Fabrikat Hitzinger an. Beide Generatoren des Linzer Branchenspezialisten wurden mit einer Wasserkühlung ausgeführt und sind jeweils auf eine Nennscheinleistung von 450 kVA ausgelegt.
Was die Turbinen in diesem Fall durchaus speziell macht, ist nicht nur die Tatsache, dass sie konzeptionell wirkungsgradoptimiert wurden. „In dem bestehenden Krafthaus herrschten sehr beengte Platzverhältnisse. Daher war es unbedingt erforderlich, die Maschinen möglichst kompakt zu halten. Auch dies hat sich letztlich im Design der beiden Francisturbinen niedergeschlagen“, erklärt dazu der Geschäftsführer der Firma Tschurtschenthaler, Paul Tschurtschenthaler.

Komplettpaket aus einer Hand
Die Wasserkraftspezialisten aus Sexten konnten bei dem Auftrag im Val di Sole ihre Qualitäten als Water-to-Wire-Betrieb unter Beweis stellen. Schließlich lieferte die Firma  Tschurtschenthaler für das KW Rabbies 4 nicht nur die Turbinen, sondern darüber hinaus auch den manuell bedienbaren 5-Tonnen-Hallenkran, die beiden wassergekühlten Generatoren, das Verteilrohr, die Absperrorgane, Hydraulik­aggregate, den Transformator, die Mittelspannungsschaltanlage und mehrere Schaltschränke. Und so übernahm die Firma Tschurtschenthaler auch die Verantwortung für die elektrische und automatisierungstechnische Ausrüstung des Kraftwerks. Diese vergaben die Sextener an den E-Technikspezialisten Beros srl. aus Lavis, welche eine moderne Leittechnik, die auch eine umfassende Fernwartung und -steuerung der Anlage möglich macht, realisierten.

Um ein Drittel mehr Stromertrag
Vom gesamten Anlagenkonzept her, wird das abgearbeitete Triebwasser direkt aus dem Auslauf des Oberlieger-Kraftwerks Rabbies 3 übernommen. Von einem Beruhigungsbecken mit Überlauf gelangt das Triebwasser danach in die bestehende Druckrohrleitung, eine Stahlrohrleitung der Dimension DN1000, in der das Triebwasser die natürliche Gefällestufe von circa 38,50 m überwindet.
Nicht zuletzt dank dem neuen strömungstechnisch optimierten Design des Verteilrohrs, vor allem aber dank der verbesserten Effizienz der beiden Francis-Turbinen hat die Stromgewinnung am Standort im trentinischen Malè im Vergleich zum Altbestand einen markanten Sprung gemacht. Heute erzeugt das Maschinen-Duo im Regeljahr rund 2,2 Millionen Kilowattstunden sauberen Strom aus der Kraft des Rabbies. Das bedeutet laut Angaben der Betreiber ein Erzeugungsplus von rund 30 Prozent. Doch damit ist das Potenzial der Anlage noch nicht ausgeschöpft. Kurz- bis mittelfristig ist nun geplant, dass die bestehende Rohrleitung DN1000 durch eine weitlumigere Leitung der Dimension DN1200 ersetzt werden soll. Damit soll eine weitere Leistungssteigerung möglich werden.

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