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Norwegisches Kraftwerk geht mit bewährter Maschinentechnik ans Netz5 min read

9. Juni 2016, Lesedauer: 3 min

Norwegisches Kraftwerk geht mit bewährter Maschinentechnik ans Netz5 min read

Lesedauer: 3 Minuten

In der Gemeinde Røyrvik unweit zur schwedischen Grenze hat der Energieversorger Norsk Grønnkraft AS ein Hochdruckkraftwerk am Fluss Nyvikelva errichtet, das Strom für 300 regionale Haushalte bereitstellt.

Das garantiert das installierte Maschinengespann, das aus einer Francis-Turbine des norwegischen Wasserkraftspezialisten Spetals Verk und einem hochwertigen Synchrongenerator der österreichischen Firma Hitzinger besteht. Die norwegischösterreichische Maschinentechnik ist dabei auf eine Leistung von rund 2,1 MW ausgelegt.

Mit 0,32 Einwohnern pro Quadratkilometer gilt Røyrvik als die am zweitwenigst dichtbesiedelte Gemeinde Norwegens. Sie ist Teil des vier Gemeinden umspannenden Nationalparks Børgefjell, der sich bis an die Grenze zu Schweden erstreckt. Die charakteristischen Gebirgszüge und viel unberührte Natur prägen das Land. In Hinblick auf einen nachhaltigen Schutz für Natur und Landschaft genießt eine ökologisch vertretbare Stromproduktion in der Region hohe Akzeptanz und Zustimmung. Aus diesem Grund kommt der Wasserkraft im Nordwesten der Fylke – was soviel wie Provinz bedeutet – Nord-Trøndelag eine gehobene Bedeutung zu. In der Region wurden bereits in den 1960er und 1970er Jahren größere Anlagen errichtet. In den vergangenen Jahren wurden mit den Kraftwerken Havdalen und Svartvann auch moderne Kleinwasserkraftwerke errichtet, um nur zwei zu nennen.

MASCHINENGESPANN MIT BEWÄHRTER VORGESCHICHTE
Das neueste Kleinkraftwerk wurde nun in Røyrvik am Fluss Nyvikelva realisiert. Verantwortlich dafür zeichnet die Norsk Grønnkraft AS, die mittlerweile 38 Wasserkraftwerke in Norwegen betreibt und damit zu den zwei größten Wasserkraftbetreibern Norwegens zählt. Seit Ende 2014 ist das Unternehmen Teil der deutschen Beteiligungsgesellschaft Aquila Kapital. Vor vier bis fünf Jahren hatte Norsk Grønnkraft mit der Planung des Kleinwasserkraftwerks an der Nyvikelva begonnen. Seinen Abschluss fand das Projekt Anfang Mai 2015 mit der offiziellen Inbetriebnahme der neuen Anlage. Der Auftrag über die elektromechanische Ausrüstung wurde im März 2014 unterzeichnet. Wie bereits für die Anlagen Havdalen und Svartvann lieferte Spetals Verk die Turbine, während der passende Generator vom österreichischen Traditionshersteller Hitzinger in den Hohen Norden geliefert wurde. Das bewährte Gespann sollte nun im Falle des neuen Kraftwerks Nyvikelva erneut zum Einsatz kommen.

GFK ALS ROHRMATERIAL DER WAHL
Das Einzugsgebiet des Flusses Nyvikelva, der aus dem umgebenden Hochland kommt, beträgt rund 40 Quadratkilometer. Für den Kraftwerksbetrieb steht der Anlage eine nutzbare Ausbauwassermenge von 3,0 m3/s zur Verfügung. Das Triebwasser wird durch eine 850 m lange Druckrohrleitung, die zur Gänze unterirdisch verlegt wurde, bis zum Maschinenhaus geführt. Bei den eingesetzten Rohren handelt es sich um Rohrsysteme aus glasfaserverstärktem Kunststoff mit einem Durchmesser von DN1200. Das Krafthaus, das mit seiner Holzfassade möglichst naturnah in die Landschaft integriert wurde, befindet sich 460 m über dem Meer. Im Inneren des Maschinenhauses befindet sich das Herz der Anlage, welches optimal an die Gegebenheiten vor Ort angepasst wurde. „Dieses Maschinenarrangement ist typisch und eigentlich die einzige wirkliche Alternative für diese Kombination aus Fallhöhe und Wassermenge“, erklärt dazu der Geschäftsführer von Spetals Verk Magnus Jonassen. Einmal mehr kam aus seinem Hause die bewährte Francis Common Blade Turbinentechnologie zum Einsatz.

OPTIMAL ANGEPASST
Konkret wurde die Maschine von den Turbinenspezialisten aus Süd-Ost Norwegen auf eine Ausbauwassermenge von 3,0 m3/s und eine Fallhöhe von 79,7 m ausgelegt. Die Nennleistung der Turbine beträgt 2.139 kW. Für die nötige Spannung sorgt der direkt gekoppelte Synchrongenerator der Firma Hitzinger, der bei einer Drehzahl von 750 Upm auf eine Nennleistung von 2.350 kVA ausgelegt ist. „Tradition, Erfahrung, Qualität und Preis-Leistung“, nennt Magnus Jonassen als die vier stärksten Argumente, die letztlich für die Wahl eines Hitzinger-Generators sprachen. Was allerdings auch ein wichtiger Punkt ist, der beinahe schon zum Markenzeichen des österreichischen Generator-Herstellers geworden ist: Jede einzelne Maschine wird perfekt an die Einsatzbedingungen angepasst und dahingehend optimiert. Speziell der so entscheidende Anteil des Elektroblechs wird bei Hitzinger für eine Maschine stets so definiert, dass die Verlustdichte auf ein Minimum beschränkt bleibt. Aus diesem Grund weisen die Generatoren auch sehr hohe Wirkungsgrade auf. Die speziell für das KW Nyvikelva designte Maschine kommt sogar im Teillastbereich auf Wirkungsgrade von 97% und knapp darüber. In Relation zum Generatorgewicht von 11 Tonnen bringt die 8-polig ausgeführte Maschine die sehr hohe Leistung von 2.350 kVA.

SPEZIELLE HEIZUNG ERLEICHTERT „KALTSTART“
Was die spezifische Sonderausstattung des Maschinensatzes angeht, so wurde der Generator in Hinblick auf die Beherrschung möglicher Druckstoßszenarios werksseitig mit einer Schwungscheibe ausgestattet. Die Scheibe hat einen Durchmesser von 1.920 mm und ein Gewicht von ungefähr 3,5 Tonnen. Somit ergibt sich ein gesamtes Trägheitsmoment von etwa 1.900 kgm2. Auch dem strengen skandinavischen Klima wurde bei der Konzeption des Generators Rechnung getragen. Wie die Ingenieure von Hitzinger erklärten, habe man eine neue Art von leistungsfähigeren Stillstandsheizungen installiert. Diese erlaubt auch bei subarktischen Temperaturen einen problemlosen Re-Start nach einem Stillstand in der kalten Jahreszeit.

STROM FÜR 300 HAUSHALTE
Mittlerweile beweisen das norwegisch-österreichische Maschinengespann im neuen Krafthaus von Røyrvik ihre hohe Qualität und Verfügbarkeit über Monate hinweg. Seit Mai letzten Jahres liefert das neue Kleinkraftwerk am Fluss Nyvikelva zuverlässig sauberen Strom ins Netz von Norsk Grønnkraft AS. In Summe speist das Kraftwerk durchschnittlich rund 6,8 GWh pro Jahr ein. Diese Strommenge reicht aus, um aktuell circa 300 mittelnorwegische Haushalte zu versorgen.

Der Stromertrag liegt also deutlich über dem Bedarf der knapp 500 Bewohner der dünn besiedelten Nationalpark-Gemeinde. Wie in vielen anderen Ländern auch, war für die Betreiber von Norsk Grønnkraft AS ein wesentlicher Aspekt, dass das Kraftwerk von staatlicher Seite über ein spezielles Zertifikate-Modell gefördert wird. Auf diese Weise konnte die Wirtschaftlichkeit sichergestellt werden. Basierend auf der großen Erfahrung der Kraftwerksbetreiber konnte trotz des gegebenen wirtschaftlichen Drucks eine sehr hochwertige Ausführung gewährleistet werden, die einen verlässlichen und effektiven Betrieb der Anlage für die nächsten Jahrzehnte garantiert.

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