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Eggentaler Kraftwerk fertig gestellt5 min read

9. Jänner 2014, Lesedauer: 4 min

Eggentaler Kraftwerk fertig gestellt5 min read

Lesedauer: 4 Minuten

Im Südtiroler Eggental stellte man bereits seit längerer Zeit intensive Überlegungen über neue Möglichkeiten zur Wasserkraftnutzung im unteren Talabschnitt an.

Im Jahre 2004 wurde dort schließlich ein erstes Ansuchen für eine Konzession zur Wasserableitung aus dem Eggentalerbach zur Erzeugung elektrischer Energie gestellt. Für die endgültige Vergabe hatten dann mehrere Parteien ihre jeweiligen Konkurrenzprojekte bei der Behörde eingereicht, aus denen schließlich im Mai 2011 die vom Brixner Ingenieurbüro EUT GmbH erstellte Kraftwerks-Variante von 5 Eggentaler Gemeinden als Sieger hervorging. Trotz eines gestrafften Zeitmanagements konnte der Kraftwerksbau im angestrebten Zeitrahmen erfolgreich realisiert und die beiden Turbinen am 16. Dezember 2012 ans Netz geschaltet werden.

An der von den 5 Gemeinden Karneid, Deutschnofen, Welschnofen, Tiers und Völs ursprünglich gegründeten „EWerk Eggental Konsortial GmbH“ beteiligten sich schließlich noch die SEL AG mit 37%
und die aus privaten Investoren zusammengesetzte Kaiserwarte GmbH mit 10% Anteil, somit war eine breite Basis für eine erfolgreiche Realisierung des ehrgeizigen Bauvorhabens geschaffen. Das bei der Vergabe erfolgreiche Anlagenkonzept des Planungsbüros EUT sah unterhalb des Ortsgebiets von Birchabruck die Wasserfassung mit Seiteneinzug vor. Nach Entsander- und Druckhaltekammer sollte das Triebwasser anschließend in eine 6 Kilometer lange Druckrohrleitung über ein Gefälle von rund
290 Meter bis zum Krafthaus oberhalb des Stausees des darauf folgenden Kraftwerks der Etschwerke geleitet werden. Die maximale Entnahmemenge aus dem Bach wurde mit 2,2 m3/s festgelegt, als Restwassermengen legte man eine ganzjährig fixe Abgabe von 400 l/s und zusätzlich von April bis November eine variable Abgabe von 25% der natürlichen Wasserführung fest. Im September 2011 konnten die Bauarbeiten mit diversen Vorarbeiten bereits beginnen, gegen Ende des ersten Halbjahres 2012 wurden schließlich sowohl die Arbeiten an der Wasserfassung als auch die Verlegung der unterirdischen Druckrohrleitung termingerecht abgeschlossen.

SEITENEINZUG FÜR TRIEBWASSER AM EFFIZIENTESTEN
„Da am Standort der Wasserfassung der Eggentalerbach mit ziemlich niedrigem Gefälle verläuft, wurde die Triebwasserentnahme als Seiteneinzug konzipiert“, erklärt der zuständige EUT-Projektleiter Ing.
Andreas Schrott, „bei einer Variante mit Tiroler Wehr hätten wir zum Beispiel rund 1,5 Meter Fallhöhe verloren.“ Am Wehr wurde eine Fischbauchklappe für die Spülung des Einlaufbereichs montiert, welcher
noch mit einem Grobrechen samt Rechenreinigungsmaschine und dahinterliegender Restwasserschleuse ausgestattet wurde. Im Anschluss an die beiden 25 Meter langen  Entsanderkammern samt Feinrechen und Spülschleuse sowie des darauffolgenden Druckhaltebeckens
folgt eine massive Rohrbruchklappe, bevor die Druckrohrleitung talwärts geführt wurde. Sämtliche Stahlwasserbau- und Hydraulikkomponenten der Wasserfassung wurden vom Südtiroler Branchenspezialisten Gufler Metal KG aus Moos im Passeier geliefert und montiert, der auch für das fachgerechte Verschweißen der anschließenden Stahlrohrtriebwasserleitung verantwortlich zeichnete.

FIFTY-FIFTY-LÖSUNG BEI DER DRUCKROHRLEITUNG
Laut ursprünglicher Planung sollte die gesamte Druckrohrleitung aus Stahlrohren gefertigt werden, aus Gründen der Kosteneinsparung dachte man aber bald über zumindest eine Teillösung mit GFK-Rohren
nach. „Das Einsparungspotential für die obere Hälfte des Rohrleitungsstranges war dadurch ca. 300.000 bis 400.000 Euro, deshalb haben wir dann die ersten 3 km der Druckrohrleitung mit GFKRohren der Firma AMITECH verlegt“, erklärt EUT-Projektleiter Andreas Schrott den Meinungsumschwung im Planungsteam. Auf die FLOWTITE-Wickelrohre aus glasfaserverstärktem Polyesterharz DN1200 folgten auf den unteren 3 km aufgrund des höheren Druckes und den Gegebenheiten der Trassenführung die  ursprünglich angedachten spiralgeschweißten Stahlrohre mit einem Durchmesser von DN1100.

STANDORTVERLEGUNG DES KRAFTHAUSES STRAFFT DEN ZEITPLAN
Im Verlaufe der Bauarbeiten stellte der Bauherr E-Werk Eggental Konsortial GmbH ein Ansuchen auf Verlegung des Krafthausstandortes rund 300 Meter flussabwärts des ursprünglich vorgesehenen Areals.
Diese neue Konzession wurde dann Ende Juli von den Behörden schlussendlich erteilt, somit war das Projektteam der EUT einige Wochen hinter den ursprünglichen Zeitplan für die Fertigstellung des Krafthauses samt elektromaschineller Einrichtung bis spätestens Ende 2012 zurück gerutscht. Denn dieser Termin war von enormer Wichtigkeit, um bei Fertigstellung der Anlage bis 31.12.2012 noch in
den Genuss einer durch Ökoforderungen erhöhten Einspeisevergütung für das neue Wasserkraftwerk zu gelangen. Aus diesem Grund wurde das Baukonzept des Krafthauses kurzerhand umgeplant und die Geometrien vereinfacht, damit es schneller fertiggestellt werden konnte. Die Firma Globalbau aus Karneid, welche bereits für die Betonbauarbeiten an der Wasserfassung verantwortlich zeichnete,
lieferte für Wände und Decken des Krafthauses die entsprechenden Betonfertigteile, die rasch  aufgestellt und anschließend ausgegossen werden konnten. Durch die zeitsparende Fertigteilbauweise
konnte das neue Krafthaus schließlich in nur zweieinhalb Monaten Bauzeit fertig gestellt werden und somit einen würdigen Rahmen für Turbinen und Generatoren bereitstellen.

GUTES TEILLASTVERHALTEN BEI TURBINEN GEFRAGT
Um das Abflussregime des Eggentalerbaches mit teilweise extremen, saisonal bedingten Schwankungen bestmöglich für die Energieerzeugung nutzen zu können, wurde das neue
Krafthaus mit zwei baugleichen Peltonturbinen mit jeweils vier Triebwasserdüsen aus der Werkstatt des renommierten Südtiroler Turbinenspezialisten Troyer AG aus Sterzing ausgestattet. Dadurch kann nun das gesamte verfügbare Abflussspektrum mit hohen Wirkungsgraden in allen Teillastbereichen
abgearbeitet werden, die darauf abgestimmte Kraftwerkssteuerung stammt ebenfalls aus dem Hause Troyer. Für die verlässliche und effiziente Umsetzung der mechanischen Turbinenwellenleistung in elektrische Energie sind zwei baugleiche Synchron-Generatoren vom Schwarzwälder Traditionsunternehmen Wasserkraft Volk AG mit einer Leistung von jeweils 3.300 kVA verantwortlich.

AKKORDARBEIT BEI FERTIGSTELLUNG HAT SICH GELOHNT
Die Montage von Turbinen und Generatoren begann durch die Verzögerungen beim Bau des Krafthauses erst gegen Ende Oktober 2012, trotzdem konnte das engagierte Team der Troyer AG die beiden Maschinensätze fristgerecht für die angestrebte Einspeisevergütung installieren und bereits am 16. Dezember 2012 schließlich in Betrieb setzen. Bei einer installierten Leistung von 2,7 MW pro Maschinensatz können vom neuen Wasserkraftwerk am Eggentalerbach bei einer Nettofallhöhe von 276 Meter nun durchschnittlich 20 Gigawattstunden pro Jahr ins Südtiroler Netz eingespeist werden, damit können rund 4.000 Haushalte der Region mit CO2-freiem Ökostrom versorgt werden. Die E-Werke Eggental Konsortial GmbH hat den laufenden Betrieb der neuen Anlage der Welschnofner Energiegewinnungs-Genossenschaft übertragen, welche am Eggentalerbach bereits mehrere  Wasserkraftwerke betreibt. Somit wurde das letzte Mosaiksteinchen im Rahmen dieses ambitionierten
Wasserkraftprojektes eingepasst und damit ein weiterer wichtiger Schritt für eine autonome Energieversorgung in der Region gesetzt.

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