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Turbinenrevitalisierung bewirkt Leistungsschub für Kraftwerk Hallweger4 min read

6. Juni 2016, Lesedauer: 3 min

Turbinenrevitalisierung bewirkt Leistungsschub für Kraftwerk Hallweger4 min read

Lesedauer: 3 Minuten

1968 errichtete der Großvater von Johann Hallweger jun. ein Kleinkraftwerk im oberbayerischen Ruhpolding, welches er mittlerweile gemeinsam mit seinem Vater betreibt.

Nach 47 Betriebsjahren war es höchste Zeit für eine Generalüberholung für die auf 3,2 m³/s Ausbaudurchfluss ausgelegte Kaplan-Turbine geworden. Natürliche Verschleißerscheinungen und Materialermüdung hatten besonders den Laufradschaufeln des Turbinensatzes zugesetzt. Den Auftrag zur Revitalisierung erteilten die Betreiber dem unter anderem auf Revitalisierungen spezialisierten Traditionsunternehmen Geppert aus Tirol. Dass man sich zur Generalüberholung der Turbine den richtigen Partner ausgesucht hat, beweist die enorm verbesserte Leistungsfähigkeit nach der Sanierung.

Dass sich zwischen den bayerischen Kraftwerksbetreibern und den Tiroler Turbinenbauern eine gute Geschäftsbeziehung entwickeln würde, stand für die Hallwegers schon früh fest. Den Anfang dazu machte Geppert Revitalisierungsprofi Ing. Bernhard Zimmerling im Rahmen einer ersten Begutachtung des Maschinensatzes Ende 2014. Dabei zeichnete sich bereits ab, dass an den Laufschaufeln der Kaplan-Turbine umfangreiche Sanierungsschritte durchgeführt werden müssen. Vollends überzeugt waren die Betreiber schließlich nach einem Besuch am Geppert-Unternehmenssitz bei Hall in Tirol: „Die Werkstätten und die professionelle Herangehensweise haben uns sofort sehr zugesagt. Mit diesem guten Eindruck konnten wir den Auftrag bedenkenlos an die Tiroler vergeben“, erklärt Johann Hallweger sen.

SCHADEN GRÖSSER ALS ERWARTET
Beim Ausbau der Turbine am 28. Jänner 2015 stellte sich heraus, dass die Sanierungsmaßnahmen sich nicht auf die stellenweise bereits papierdünnen Laufradschaufeln beschränken würden. So klaffte zwischen Laufrad und Laufradmantel ein bereits 6 mm breiter Spalt. „Mit diesem Verschleiß erhöhte sich über die Zeit das Schluckvermögen. Die Turbinenleistung reduzierte sich sukzessive geringfügig, der Wirkungsgrad jedoch brach schlagartig ein. Zusätzlich haben Kavitationseinflüsse von fast 50 Betriebsjahren deutliche Spuren am Laufradmantel hinterlassen, weswegen dieser Bauteil gänzlich neu angefertigt werden musste“, beschreibt Geppert-Projektleiter Ing. Gabriel Schöpf den zusätzlichen Arbeitsaufwand von rund 1 Monat. Völlig neu angefertigt wurden zudem die 4 Laufschaufeln aus verschleißfesten Edelstahl 1.4313, die Lagerbuchsen an den Leitschaufeln, die Lagerbolzen am Stellring sowie die Zwischenhebel inklusive wartungsfreier Buchsen. Zusätzlich baute man neue Wellendichtungen ein und sorgte für den Korrosi-onsschutz der Turbine. Außerdem waren der Tausch zweier Turbinenlager und Anpassungsarbeiten am Laufrad sowie am Turbinendeckel auf der Saugseite nötig.

ZWANGSPAUSE OPTIMAL GENUTZT
Den zusätzlichen Anlagenstillstand von 4 Wochen wegen der aufwändigen Neuanfertigung des Turbinenmantels nutzten die Betreiber optimal aus. Somit stand mehr Zeit zur Verfügung für den Austausch der alten Seilzug-Rechenreinigungsmaschine (RRM) und ein Service am riemengetriebenen Generator. Geliefert beziehungsweise durchgeführt wurden die Arbeiten von der Aigner Maschinenbau GmbH aus Traunreut, mit welcher die Hallwegers schon bei diversen Aufträgen für den Sägewerksbetrieb der Familie gute Erfahrungen gemacht hatten. Für den Schutzrechen fertigte die Firma Aigner einen hydraulischen Rechenreiniger in massiver Knickarmausführung. Dieser verfügt über eine Putzbreite von 3 m sowie eine Putztiefe von 5 m und hält den Einlaufbereich des Kraftwerks zuverlässig frei von Schwemmmaterial. Zusätzlich installierten die Maschinenbauer das Hydraulikaggregat zum Antrieb des Rechenreinigers und tauschten die schadhaften Lager der Generatorwelle.

ENORME LEISTUNGSSTEIGERUNG
Die Wiederinbetriebnahme des Kraftwerks fand nach etwas mehr als zweimonatiger „Maschinenkur“ am Karfreitag des Vorjahres statt. Inwiefern sich der Revitalisierungsaufwand der Kaplan-Turbine hinsichtlich ihres Leistungsvermögens bezahlt gemacht hat, beschreibt Ing. Schöpf folgendermaßen: „Gemäß Typenschild hat man die Turbine 1967 auf eine Leistung von 150 kW ausgelegt. Abzüglich der normalen Verluste durch Generator und Riementrieb konnten im Normalbetrieb allerdings maximal 130 kW elektrische Leistung erzielt werden. Seit dem Einbau der neuen Laufschaufeln werden an den Generatorklemmen nun bis zu 150 kW an elektrischer Leistung abgegeben. Zudem ist dem Betreiber aufgefallen, dass die Turbine ihre optimierte Maximalleistung nun auch bei deutlich geringerer Durchflussmenge erreicht.“ Der Projektleiter rechnet vor, dass die erzielte Leistungssteigerung von 20 kW einer Verbesserung von etwa 15% gegenüber dem Auslieferungszustand der Turbine vor gut 50 Jahren entspricht. Rückzuführen sei diese Wirkungsgradsteigerung auf die Weiterentwicklungen der hydraulischen Laufschaufelgeometrien.

BETREIBER LOBEN GEPPERT
Es erscheint wenig überraschend, dass sich die Kraftwerksbetreiber vollauf zufrieden mit den durchgeführten Leistungen zeigen. Johann Hallweger jun. merkt an, dass man beim letztjährigen Rekordsommer mit ungewöhnlich geringen Niederschlagsmengen „in Sachen Stromproduktion mit der nicht-sanierten Turbine ordentlich in die Knie gegangen wäre.“ Dennoch war die Energieausbeute dank der durchgeführten Revitalisierung sogar sehr zufriedenstellend. Während man vor den Umbauarbeiten jährlich rund 1. Mio. GWh Strom erzeugte, waren es im Vorjahr trotz mehrmonatigem Anlagenstillstand in Verbindung mit den geringen Durchflussmengen noch immer mehr als 800.000 kWh. Ein positives Fazit zieht auch Projektleiter Ing. Gabriel Schöpf beim Gespräch mit zek Hydro: „Die Umsetzung des Projektes war durchwegs anspruchsvoll und definitiv keine leichte Herausforderung. Mit der erzielten Leistungssteigerung und dem zufriedenen Kunden zeigt sich aber, dass unser Team offensichtlich hervorragende Arbeit abgeliefert hat.

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