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Von Stahl auf Guss – Pinzgauer Betreiber ersetzen alte Druckrohrleitung7 min read

26. September 2019, Lesedauer: 5 min

Von Stahl auf Guss – Pinzgauer Betreiber ersetzen alte Druckrohrleitung7 min read

Lesedauer: 5 Minuten

Zwei Leckagen innerhalb weniger Monate waren Bestätigung genug: Die alte Druckrohrleitung des Kraftwerks Dürnbach I war am Ende ihrer technischen Lebensdauer angelangt.

Es bestand Handlungsbedarf für die Betreiber des E-Werk Lechner, eines kleinen Ökostrom­erzeugers aus Neukirchen am Großvenediger im Salzburger Pinzgau. Man beschloss, die alte Stahlrohrleitung nun  Zug um Zug durch eine robuste TRM­-Gussrohrleitung in schub- und zuggesicherter Ausführung zu ersetzen. Dabei bewies die Betreiberfamilie rund um Inhaber Christian Brugger ihr technisches Geschick, indem sie die ersten 120 m der Druckrohrleitung innerhalb von nur drei Tagen verlegen konnten. Die restlichen 400 m sollen in zwei weiteren Bauetappen folgen.

Die Gebrüder August und Alois Lechner gelten in der kleinen Gemeinde Neukirchen als Pioniere in Sachen Stromversorgung. Jahre, bevor der Landes­energieversorger die breitflächige Stromanbindung in die entlegeneren Regionen Salzburgs brachte, lieferten die Lechners mit ihrem Kraftwerk Strom an die Haushalte des Gebirgsdorfs. „Die Geschichte des E-Werks geht zurück auf ein Sägewerk, das von den Großvätern am Dürnbach betrieben worden ist. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben die beiden dann begonnen, ein Kraftwerk zu errichten – das KW Dürnbach I, das 1948 in Betrieb genommen wurde. Zuerst haben sie die Privat-Wohnhäuser mit Strom versorgt. In den Folgejahren sind dann immer mehr Abnehmer dazugekommen“, wirft der heutige Inhaber und Betreiber des Kraftwerks Christian Brugger einen Blick zurück in die Firmengeschichte, die natürlich zugleich ein Stück Familiengeschichte ist. Die Zeit als EVU hat das E-Werk Lechner noch nicht lange hinter sich gelassen. Erst im Herbst vergangenen Jahres beendete das Unternehmen seine Tätigkeit als Netzbetreiber. Das Netz, sowie die 330 Abnehmer, die das EVU zuletzt mit Strom versorgte, wurde an die Salzburg Netz übergeben. Seine Funktion als Ökostromproduzent hat das Unternehmen indes keineswegs aufgegeben. Neben dem KW Dürnbach I, das im Laufe der Jahrzehnte immer wieder angepasst und modernisiert wurde, betreibt das E-Werk Lechner mit dem KW Dürnbach II (Inbetriebnahme 1989) noch eine weitere Anlage, die hydraulisch den Oberlieger darstellt. Beide Maschinensätze, jeweils eine Peltonturbine mit horizontaler Achse, sind im selben Krafthaus untergebracht. Im Regeljahr erzeugen die beiden Kraftwerke rund 3,8 GWh sauberen Strom.  

Rohrbruch im Steilhang
Beim älteren der beiden Kraftwerke, dem KW Dürnbach I, sahen die Betreiber allerdings zuletzt akuten Handlungsbedarf. Christian Brugger: „Wir hatten vor zwei Jahren schon eine Leckage im obersten Teil der Leitung. Das haben wir mithilfe von Spiralrohren wieder in den Griff bekommen. Aber als sich letztes Jahr ein Rohrbruch in einem heiklen – weil sehr schwer zugänglichen Bereich – ereignete, war für uns klar, dass wir um einen Tausch der alten Stahlleitung nicht herumkommen.“ Gut 60 Jahre hatte die alte Stahl-Druckrohrleitung mit einem Innendurchmesser von 400 mm bereits auf dem Buckel, das Ende der technischen Lebensdauer kam nicht unerwartet. Den Umstieg von Stahl- auf Gussrohre von Tiroler Rohre GmbH (TRM) begründet Christian Brugger in mehreren Aspekten: „Für mich war der Werksbesuch bei TRM in Hall in Tirol ein sehr entscheidender Punkt, der mich positiv bestärkt hat. Man konnte sich ein gutes Bild vom Produkt und vom Umfeld machen. Zum einen spielt natürlich die Robustheit und die Lebensdauer der Rohre eine wichtige Rolle. Fast noch wichtiger war für uns aber die schnelle Verlegbarkeit. Je schneller die Rohre verlegt sind, umso kürzer die Ausfallszeit der Anlage.“

3-Generationen-Bauteam zeigt Klasse
Das nötige Know-how vorausgesetzt, gewährleistet das Rohrsystem der Tiroler Rohre GmbH in der Tat beachtliche Verlegeleistungen. Dies stellten auch die Bruggers unter Beweis, die im Familienverband den betroffenen Rohrabschnitt von 120 m in gerade einmal drei Tagen verlegten. „Für uns war es eine Art ‚3- Generationen-Baustelle‘. Gemeinsam mit meinem Sohn Maximilian und meinem Vater Josef ist es uns gelungen, die Rohre in der   kurzen Zeit zu verlegen. Nach Ende der in diesem Jahr ungewöhnlich lange andauernden Schmelz­wasserphase haben wir Anfang Juli  die Gelegenheit genutzt und das Sanierungsprogramm in Angriff genommen“, erzählt Christian Brugger. Er betont, dass es auch beruhigend gewesen sei, dass man die Rohrspezialisten von TRM jederzeit zu Rate ziehen konnte. So waren Georg Arnold (Anwendungstechniker der TRM) und Igor Roblek, Bereichsleiter TRM für Salzburg und Kärnten, für einen Tag in Neukirchen, um das Bauteam in die Technik des Verlegens einzuschulen. „Im Grunde ist die Kupplungstechnik des patentierten VRS-T-Systems ganz einfach, wenn man es einmal gezeigt bekommen und selbst ausprobiert hat. Trotzdem mein Kompliment an die Familie Brugger, die alles in Eigenregie verlegt hat – und das tipptopp“, so Igor Roblek. Dass die Arbeiten derartig zügig und reibungslos erfolgen konnten, überraschte letztlich doch alle Beteiligten. Schließlich handelt es sich beim gegenständlichen Rohrabschnitt um den mit Abstand steilsten – mit Neigungen bis zu 50 Prozent. Zudem war die alte Rohrleitung kaum mehr auffindbar, da sie aufgrund jahrzehntelanger Aufschüttung in einer Tiefe von 6 Metern lag. (siehe Factbox zum Thema Dürnbach) Für die Grabungs- und Verlegearbeiten setzten die Bruggers gemeinsam mit der beauftragten Baufirma Erdbau Keil einen 17-Tonnen-Bagger ein, der sich auch im steilen Gelände bewährte. „Wir haben in der Rohrkünette kein spezielles Bettungsmaterial verwendet, sondern ungefähr 120 Tonnen Kies. Der hat den Vorteil, dass er sich später kaum mehr verdichtet“, erklärt Brugger.

Höchste Widerstandsfähigkeit garantiert
Im Hinblick auf die Stabilität der Rohrleitung stellte natürlich auch die Frage der Rohrverbindung einen zentralen Aspekt dar. „Heute spielt es schon in versicherungsrechtlicher Hinsicht eine Rolle, wie stabil eine Druckrohrleitung ist, welchen äußeren und inneren Belastungen und Einflüssen sie widerstehen kann. Daher war in diesem Fall geradezu logisch, dass man auf unsere bewährte VRS-T-Verbindung, also auf ein schub- und zuggesichertes System, setzt“, sagt Igor Roblek. Die längskraftschlüssige Verbindung vom Typ VRS – Tiroflex® bietet nicht nur eine hohe Scheiteldruckfestigkeit, sondern zudem eine extreme Flexibilität, mit der sie sogar Hangrutschungen, oder Muren überstehen kann. Betonierte Fixpunkte sind damit obsolet. Hinzu kommt, dass die Rohre der Dimension DN400 innerhalb der Verbindungen bis zu 3 Grad abwinkelbar sind, und sich die Leitungsführung daher optimal an das Gelände anpassen lässt. „Bei 5 Meter-Rohrschüssen waren das immerhin 25 cm, die man aus der Achse verlegen konnten. Auf diese Weise haben wir Richtungsänderungen vornehmen können, die wir vorher kaum für möglich gehalten hatten“, räumt Christian Brugger ein und ergänzt: „Wichtig ist dabei natürlich, dass man etwas vorausschauend arbeitet. Die Abwinkelung in der Rohrmuffe kann man erst dann vornehmen, wenn die Riegel in der Verbindung eingerastet sind.“

Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor
Für Christian Brugger und sein kleines Team fiel das Resümee nach der ersten Bauetappe durchwegs positiv aus. Nicht nur die rasche Verlegbarkeit der Rohre bestätigte das Vertrauen der Pinzgauer, sondern darüber hinaus auch noch zwei andere Punkte: „Ich denke, dass Wasserkraft und Nachhaltigkeit einfach zusammengehören, und Rohre von TRM für Nachhaltigkeit stehen.“ Er verweist dabei auf den hohen Recyclinggrad – im­merhin werden die Rohre zu 100 Prozent aus wiederverwertetem Metall hergestellt. Und die Rohre werden ausschließlich am Standort Hall in Tirol hergestellt, von wo sie zumeist nur einen kurzen Weg zur Baustelle zurücklegen müssen – und damit unnötiger CO2-Ausstoß vermieden wird.
Für den Übergang von der bestehenden Stahlrohrleitung auf die neue Gussrohrleitung musste ein spezielles Flanschstück angeschweißt werden, um das anschließende Gussrohr über das patentierte Verriegelungssystem kuppeln zu können. Auch diese Aufgabe übernahmen die Bruggers in Eigenregie – mit Erfolg. Im Zuge der Verlegearbeiten wurden dann auch noch eine Datenleitung und ein Stromkabel in der Rohrkünette mitverlegt. Die Überdeckung der neuen Leitung beträgt im Schnitt circa 1,20 Meter.

Mehr Druck dank neuer Leitung
In Summe haben die Betreiber des E-Werks Lechner bereits 280 m der gesamten Druckrohrleitung auf den neusten Stand gebracht. Die restlichen 400 m sollen in zwei Bauetappen in den nächsten Jahren folgen, so viel steht fest. Dem weiteren Programm blickt Christian Brugger zuversichtlich entgegen: „Der untere Trassenabschnitt verläuft durch ein wesentlich flacheres Gelände. Das sollte baulich keine Herausforderung für uns sein – zumal wir beim Handling mit den TRM-Rohren mittlerweile schon geübt sind.“ Nachdem die Druckprobe auf Anhieb erfolgreich verlaufen war, machten die Oberpinzgauer Betreiber in den folgenden Betriebswochen eine interessante Entdeckung: Das Manometer im Krafthaus zeigte eine Erhöhung des Drucks um 0,2 bar an. „Damit ist bei uns natürlich die Hoffnung geweckt, dass sich der Druck noch einmal erhöht, wenn wir den Rest der alten Leitung ausgetauscht haben“, freut sich Christian Brugger. Generell stehen die Zeichen für das Kraftwerk Dürnbach II auf Leistungssteigerung. Schließlich wurde erst kürzlich auch das Laufrad ausgebaut, es wird von den Kärntner Wasserkraf­tspezialisten von EFG gegen ein neues getauscht. Zugleich werden Welle und Lager saniert, sodass auch hier eine Effizienzsteigerung machbar sein sollte. Damit geht das traditionsreiche Kraftwerk einem neuen Kapitel in seiner Geschichte entgegen.

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