Technik

Der WaveShaper aus Vöcklabruck versetzt Riversurfer in Euphorie10 min read

15. Feber 2021, Lesedauer: 6 min

Der WaveShaper aus Vöcklabruck versetzt Riversurfer in Euphorie10 min read

Lesedauer: 6 Minuten

Viereinhalb Jahre Planung und aufwändige Behördenverfahren sind der Umsetzung des spektakulären Projektes vorangegangen, das von einem kleinen Team von Riversurf-Enthusiasten rund um Initiator Max Neuböck auf Schiene gebracht wurde.

Das Herzstück der Anlage stellt der „Wave- Shaper“, eine 16 Tonnen schwere Klappenkonstruktion aus massivem Stahl dar, die von einem Stahlwasserbauspezialisten aus Oberösterreich, der Braun Maschinenfabrik, gefertigt und montiert wurde. Die aus „klassischen“ Wasserkraftprojekten bekannten und bewährten Stahlwasserbauer aus Vöcklabruck konnten dabei auch jede Menge eigene Erfahrung und Know-how einbringen.

Die Faszination, auf dem Rücken einer stehenden Flusswelle dahinzugleiten, ergriff im Jahr 2007 vom jungen Oberösterreicher Max Neuböck Besitz. Und ließ ihn bis zum heutigen Tag nicht mehr los. „Ich bin schon früh auf natürlichen Wellen in der Traun gesurft. Diese Erlebnisse waren prägend. Daraus hat sich mein Traum entwickelt, hier eine künstliche Welle zu schaffen, auf der Alt und Jung das Faszinosum Riversurfen erleben könnten“, erzählt Max Neuböck, der mit seinem kleinen Team vor rund fünf Jahren mit der konkreten Planung an dem Projekt THE.WAVE startete. Zu diesem Zeitpunkt stand man nicht nur vor der großen Herausforderung, die damit verbundenen technischen und ökologischen Fragen zu lösen, sondern auch aufwändige Behördenverfahren zu stemmen. „Da wir uns im Vorfeld bereits mit den zuständigen Behörden zusammengesetzt haben, war uns klar, was für die Umsetzung erforderlich sein wird. Und daher waren die Verfahren am Ende auch problemlos“, so Max Neuböck.

US-Profi an Bord geholt
Zu Beginn stand die Frage nach dem optimalen Standort im Vordergrund. Die wesentlichen Kriterien waren dabei vor allem ein ausreichender Höhenunterschied auf kurzer Strecke sowie genügend Durchfluss. „Der Standort, den wir hier gefunden haben, erfüllt diese Anforderungen perfekt. Wir haben einen Höhenunterschied von 1,30 m auf 50 m und ausreichend Wasser, da wir uns unmittelbar unterhalb des Zusammenflusses von Traun und Ischl befinden. Außerdem ist der Standort nur rund 400 m von jenem Ort entfernt, an dem ich das erste Mal in der Traun gesurft bin. Man könnte sagen: Hier schließt sich der Kreis – von der ersten Faszination, über die Vision bis zur realen Umsetzung“, so der Initiator des Projekts.
Er verweist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass man sich schon früh einen Partner an Bord geholt hatte, der sich auf Bauwerke für künstliche Flusswellen spezialisiert hat: Ben Nilson vom US-amerikanischen Branchenspezialisten McLaughlin Whitewater Design Group, kurz MWDG, aus Colorado. Max Neuböck: „Gemeinsam mit Ben Nilson vom MWDG haben wir bereits im Spätherbst 2017 erste Modellversuche angestellt. Insgesamt haben wir rund 1.000 Messpunkte aufgenommen und in rund 700 Arbeitsstunden zahlreiche Tests angestellt, um das Maximum aus unserer Welle rauszuholen.“ Damit waren die Voraussetzungen für die neue Surfwelle geschaffen.

Stahlwasserbauer gesucht
Nachdem sämtliche behördlichen Genehmigungen vorlagen, erfolgte der offizielle Startschuss für die Bauarbeiten am 7. August letzten Jahres. Seitdem tummeln sich die Bagger auf der Baustelle an der Traun. Ende November letzten Jahres war der erste Meilenstein im Bauverlauf erreicht: Die Bodenplatte, die aus rund 250 Kubikmeter Beton und 13 Tonnen Stahl besteht, wurde fertiggestellt. Die Struktur des künstlichen Kanals nahm langsam Formen an. Noch vor dem Jahreswechsel gelang es schließlich dem Bauteam, den gesamten Betonbau für den Wellenkanal abzuschließen. Die Grundstruktur war nun fertig. Was noch fehlte, war das eigentliche Herzstück des Projekts – der sogenannte „Wave Shaper“, der wenige Wochen später folgen sollte. Nahe liegender Weise legten die Betreiber größtes Augenmerk auf jenes Bauteil, das schließlich für die Erzeugung der stehenden Welle verantwortlich ist. „Wir haben uns am oberösterreichischen Stahlwasserbau-Markt umgesehen – und fanden den perfekten Partner in der Braun Maschinenfabrik aus Vöcklabruck. Wir haben relativ schnell gesehen, dass man bei Braun nicht nur enorme Erfahrung im Kraftwerksbau mitbringt, sondern auch dank vieler Sonderprojekte auch die erforderliche Offenheit für ein Projekt wie das unsere“, erzählt Max Neuböck und lässt dabei auch nicht unerwähnt, dass die Techniker von Braun wichtige Verbesserungsvorschläge einbrachten.

WaveShaper macht die Welle
Grundsätzlich handelt es sich beim „Wave Shaper“ um eine Klappenkonstruktion, bestehend aus zwei an der Längsseite gekoppelten, bewegliche Stahlklappen, die insgesamt 16 Tonnen auf die Waage bringen. „Die obere und kleinere der beiden Klappen entspricht im Wesentlichen einer Wehrklappe, wie man sie ähnlich auch bei Wasserkraftwerken kennt. Sie sorgt für die Regelung des Durchflusses im Kanal“, erläutert Max Neuböck das Prinzip. „Die untere dagegen hängt beweglich an der oberen Klappe und verändert dank ihres speziellen Designs den Ausgangswinkel des Wassers. Auf dieser Rampe gibt es einen kleinen Aufsatz, damit das Wasser nach oben weggeht.“ Auf diese Weise sorgt die Klappe dafür, dass es zum so genannten „hydraulischen Wechselsprung“ kommt, die Grundvoraussetzung einer stehenden Flusswelle. Dieses physikalische Prinzip erreiche man, so der Initiator von THE.WAVE, wenn schnelles Wasser über eine Rampe fließt und auf ruhigeres Wasser dahinter trifft. Dann könne es, wenn das Wasser nach unten wegströmt, zur Entstehung einer Walze kommen, oder aber zu einer stehenden Welle, wenn – wie im gewünschten Fall – das Wasser nach oben strömt. Für die Riversurfer ist es essentiell, dass die Welle dabei nicht bricht. Nur so können Sie – je nach Können – einige Zeit auf der Welle reiten, die Bewegung variiert dann nur jeweils zur Seite hin. Entscheidend dabei ist natürlich, dass diese Konstruktion beweglich ist und sich damit den stark schwankenden Wasserständen in der Traun anpassen kann. „Wir haben hier am Standort Pegelstände zwischen 1 m und 2,80 m. Die beweglichen Klappen passen sich den aktuellen Wasserständen automatisch an und sorgen dafür, dass wir immer eine konstante, optimale Welle haben – sogar bei Hochwasser“, freut sich Max Neuböck.

Modellversuche sind unerlässlich
Damit der „WaveShaper“ optimal für die Standortbedingungen designt werden konnte, wurden von Max Neuböck und seinem Team ein ganzes Jahr lang durchgehend Pegelmessungen durchgeführt. Neben einem zweidimensionalen Modell wurde auch ein reales Modell im Maßstab 1:8 realisiert, das bereits wichtige Aufschlüsse über das Design von Kanal und „WaveShaper“ liefern sollte. „Auf Basis dieser Erkenntnisse und Daten haben wir gemeinsam mit unserem Wellen-Ingenieur aus Colorado und der Fa. Braun das Design der Klappenkonstruktion entwickelt. Da steckt viel Arbeit, Gehirnschmalz und Know-how dahinter. Sie ist einfach die Grundlage für das Funktionieren der Welle“, so der Betreiber. Und noch einen Aspekt galt es zu berücksichtigen: Ein Höchstmaß an Sicherheit für die Surfer im Hinblick auf die Antriebszylinder. Diese wurden derart in Nischen der Betonwand versenkt und mit Abdeckblechen versehen, dass es einerseits zu keinen Verletzungen bei den Sportlern kommen kann und zugleich der Eintrag von Sedimenten in diesen Bereich vermieden wird. „Auch in diesem Punkt waren wir sehr froh, dass das Team von Braun Maschinenfabrik seine Ideen für die Umsetzung eingebracht hat.“ Dazu ergänzend meint der Projektleiter der Fa. Braun, Roman Unterberger: „Bei diesem Projekt konnten wir auf unser über Jahrzehnte aufgebautes Know-how zurückgreifen. Erfahrungswerte aus Sonderprojekten und dem Wasserkraftwerksbau sind hier hineingeflossen und wurden weiterentwickelt. Eine der größten Herausforderungen für uns war, dass es für spezifische Problemstellungen keine fundierten Unterlagen zu dieser spezifischen Anwendung gegeben hat. Das hat letztlich aber unsere Kreativität und unseren Einfallsreichtum angestachelt.“

Mit High-Tech zum idealen Design
Bereits im Rahmen der ersten Kontaktaufnahme zwischen dem Riversurf-Visionär und dem Stahlwasserbauer wurde ein grobes Konstruktionskonzept für den „WaveShaper“ aufs Tapet gebracht. „Diese Geometrie-Vorgaben wurden dann immer konkreter, je genauer und aussagekräftiger die Erkenntnisse aus den Modellversuchen des Kunden wurden. Wir haben dann unsererseits Entwürfe erstellt und gemeinsam mit Max Neuböck und seinem Team in iterativen Entwicklungsschritten versucht, die beste Lösung für die anspruchsvolle Klappenkonstruktion zu finden“, erinnert sich Roman Unterberger. Letztlich kamen dafür auch numerische Verfahren, wie die Finite­-Elemente-Methode (FEM), oder Strömungsmechanik – besser bekannt als CFD – zum Einsatz. Speziell auf die gelenkartige Verbindung der beiden Klappen wurde großes Augenmerk gelegt. Zu diesem Zweck wurden die beiden Bauteile bereits im Werk von Braun miteinander verbunden, um die entsprechenden Bewegungen im Wellenbetrieb zuvor im „Trockentest“ zu simulieren.

Herausforderungen bei der Montage
Besonderes Kopfzerbrechen bereitete den Verantwortlichen die Montage der Klappenkonstruktion, die durch die örtlichen Gegebenheiten gleich mehrere Knackpunkte bereithielt. „Ein wesentlicher Punkt, den es zu berücksichtigen galt, war die Hochwassersicherheit, da die Traun in diesen Breiten nach Regenfällen abrupt anschwellen kann. Daher waren wir auf gutes Wetter angewiesen. Bei einem Wetterumschwung hätte der Kran innerhalb eines Tages abgebaut werden müssen“, erklärt Unterberger, warum dann auch die geplante Montagewoche in Kalenderwoche 6 verschoben werden musste: „Nach mehreren Tagen Regen war die Baustelle völlig überschwemmt und die Baustraße, auf der der Autokran postiert werden sollte, war weggespült. Nun galt es, zuerst einmal die Hochwasserschäden zu beheben und die Genehmigung für den 3,8 m breiten Sondertransport zu erwirken.“ Ein weiteres Problem auf der Baustelle stellte die 110-kV Hochspannungsleitung dar: Um bei der Montage mit dem Autokran nicht in die direkt darüber führende Stromleitung zu kommen, wurde eine Abschaltung in die Wege geleitet.  Auch die beengten Platzbedingungen waren für das Montageteam ein Thema: Schließlich gab es nur eine Baustraße auf der Traun-Seite, die für Arbeiten auf der Traun-Seite bzw. im Oberwasserbereich für alle Firmen essenziell war. Somit war auch eine optimale Abstimmung mit allen Beteiligten unumgänglich. Am 18. Februar war es dann soweit: Nachdem die Hochspannungsleitung abgeschaltet war, konnten bei Prachtwetter die beiden Klappen ohne größere Schwierigkeiten eingehoben und montiert werden. Für Max Neuböck und sein Team einer der größten Meilensteine im Projektverlauf.

Software vom Stahlwasserbauprofi
Das Know-how eines erfahrenen Stahlwasserbauunternehmens war nicht nur bei der Fer-tigung und Montage der großen Hauptkomponenten, wie der Klappen, Lagerböcke, Antriebsträger, Abdeckbleche, Sicherheitsrechen, oder Hydraulik-Einheiten, gefordert, sondern auch bei der Steuerung des Klappensystems. Dieses soll ja einfach auf die Pegelstände der Traun angepasst werden können, um die Qualität der Welle konstant zu halten. „Nicht nur die Schaltschränke wurden von unseren Spezialisten verkabelt und zusammengebaut. Darüber hinaus wurde auch die erforderliche Software für die Steuerung des ‚WaveShapers‘ von unserer eigenen Elektroabteilung entwickelt“, erklärt Roman Unterberger.  
Die Steuerung der Anlage erfolgt entweder über die Knöpfe am Schaltschrank, oder über den internetbasierten Fernzugriff mittels mobilem Endgerät, wodurch der Bediener direkt neben der Anlage stehen kann und die Surfwelle im Handumdrehen an die Bedürfnisse der Surfer anpassen kann. Zudem genügt auch im Falle eines Hochwassers ein Knopfdruck, damit die Klappenkonstruktion umgelegt werden – und der Surfkanal als Hochwasserabfuhr dienen kann.

Endspurt bis zur Eröffnung
Noch stehen einige Restarbeiten an der Baustelle in Ebensee aus. So wird etwa letzte Hand an die Fischaufstiegshilfe angelegt, die parallel zum Wellenkanal als Vertical-Slot-Pass realisiert wurde. „Das Gelände muss noch begrünt und die Sitzstufen am Ufer müssen auch noch errichtet werden. Aber wir sind zum Glück voll im Zeitplan. Wenn uns die Corona-Krise keinen Strich durch die Rechnung macht, werden wir die Welle Anfang Mai für die Surfer freigeben können“, freut sich Max Neuböck. Bis dahin werden auch noch das Kiosk und die Sanitär-Container fertiggestellt, schließlich will man den Riversurfern auch moderne Dusch- und Sanitärmöglichkeiten bieten. Rund 1,5 Millionen Euro haben Max Neuböck und seine Mitinitiatoren in das Projekt investiert und haben sich damit ihren Traum erfüllt. Riversurfen an der Traun könnte damit zur nächsten angesagten, coolen Trendsportart werden.

 

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