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Regelenergie für Europa4 min read

31. August 2015, Lesedauer: 3 min

Regelenergie für Europa4 min read

Lesedauer: 3 Minuten

Mit dem Atomausstieg und der gleichzeitigen Zunahme von erneuerbaren Energiequellen im europäischen Raum stieg in den letzten Jahren auch der Bedarf an..

..Spitzen- und Regelenergie. Sie sollen die Netzschwankungen im europäischen Stromnetz ausgleichen, die unter anderem von nicht planbaren Energiequellen verursacht werden. Die Vorarlberger Illwerke AG reagierte auf diese hohe Nachfrage nun mit dem Bau des Pumpspeicherkraftwerks Obervermuntwerk II im Vorarlberger Silvretta-Gebiet. Verläuft alles nach Plan, so soll im Dreiländereck Österreich, Schweiz und Deutschland ab 2018 ein hochflexibles Pumpspeicherkraftwerk, mit einer Pumpen- und Turbinenleistung von 360 MW, zur Verfügung stehen. Obervermuntwerk II ist auch ein Vorarlberger Vorzeigeprojekt, da der dort heimische und weltweit erfolgreiche Stahlwasserbau-Konzern Künz in die Umsetzung mit einbezogen ist.

Die Energiewende ist im vollen Gange. Neben der Wasserkraft werden auch Wind- und Solarenergie in Europa stetig ausgebaut. Zwar lässt sich damit umweltschonend Strom produzieren, das Problem ist aber, dass diese Energiequellen nicht planbar sind und daher Schwankungen im europäischen Stromnetz verursachen. Abhilfe schaffen hierbei Pumpspeicherkraftwerke, die zuverlässig Regel- und Spitzenenergie liefern und so in der Lage sind, diese Netzschwankungen zu glätten. Ein Anbieter solcher Regel- und Spitzenenergie ist die Vorarlberger Illwerke AG. Auf die hohe Nachfrage nach Netzregelenergie reagierten die Vorarlberger nun mit dem Projekt Obervermuntwerk II. In 1.700 m Seehöhe, zwischen den beiden Speicherseen Silvretta und Vermunt, entsteht auf dem Gemeindegebiet von Gaschurn-Partenen zurzeit das neue Parallelkraftwerk zum 1943 in Betrieb gegangenen Obervermuntwerk. Das Obervermuntwerk II ergänzt dabei die bestehende Kraftwerkskette der Illwerke AG im Montafon, der bisher neun alpine Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke angehören.

Keine Nutzung zusätzlicher Ressourcen
Die Projektanfänge reichen bis in das Jahr 2011 zurück, als der Vorarlberger Landtag beschloss, die Wasserkraft im Ländle auszubauen. Das Potential wurde dabei von heimischen Experten auf 500 GWh geschätzt. Auf dieser Basis machten sich die Experten der Illwerke AG Gedanken, wie man dieses Potential so umweltverträglich wie möglich nützen kann. Aus diesen Überlegungen heraus entstanden zwei Projekte: Das Obervermuntwerk II und das im Vergleich dazu kleinere Kraftwerk Rellswerk. Der Baustart beider Projekte war der Sommer 2014. Das kleinere Kraftwerk Rellswerk bei Vandans wird mit 2016 rund zwei Jahre vor dem Obervermuntwerk II in Betrieb gehen. Wie eingangs erwähnt, legte man bei der Projektsuche viel Wert auf eine möglichst umweltschonende Nutzung der vorhandenen Ressourcen. So nützt das Obervermuntwerk II, da es als Parallelkraftwerk des Obervermuntwerk I ausgeführt ist, ausschließlich bestehende und bereits zuvor genehmigte Wasserreserven. So kann vorhandenes Potential effizienter genützt werden, ohne einen zusätzlichen Tropfen Wasser zu benötigen. Auch unnötige Einschnitte in die Natur können somit vermieden werden. Der Bau selbst soll darüber hinaus ebenfalls so umweltverträglich wie möglich durchgeführt werden. So wird beispielsweise auf Brut- und Balzzeiten sowie auf Wildeinstandsgebiete Rücksicht genommen. Der für den Kraftwerksbau benötigte Beton wird – das Obervermuntwerk II wird als Kavernenkraftwerk ausgeführt – direkt auf der Baustelle aus dem Ausbruchmaterial hergestellt. Somit werden unzählige LKW-Fahrten in das Hochgebirge eingespart.

Hochmodernes Kraftwerk
Das Pumpspeicherkraftwerk Obervermuntwerk II wird als hochmodernes Kavernenkraftwerk ausgeführt. Im Berginneren entsteht dafür ein 120 m langer, 25 m breiter und 35 m hoher Hohlraum. Oberwasserseitig, im Silvretta Speichersee, besteht das Kraftwerk aus einem Einlaufbauwerk mit einem Schützenschacht. Dieser beinhaltet zwei baugleiche Betriebs- und Revisionsschütze mit einer LW von 4,4 m und einer LH von 6,8 m aus dem Hause Künz.
Mit dem Vorarlberger Stahlwasserbauunternehmen Künz arbeitet man nicht nur mit einem regionalen Partner zusammen, sondern auch mit einem der weltweit renommiertesten Unternehmen im Bereich Stahlwasserbau. Es ist auch nicht das erste Projekt, das die beiden Vorarlberger Unternehmen miteinander realisieren. So lieferte Künz auch schon beim Kopswerk II Stahlwasserbauprodukte in „high-end“ Qualität.
Dem Einlaufbauwerk anschließend folgt ein ca. 3 km langer Druckstollen mit einem Wasserschloss. Am Ende des Druckstollens folgt ein Druckschacht mit Verteilrohrleitungen zu den beiden horizontalen Maschinensätzen. Die beiden Maschinen nützen zur Energieproduktion einen Höhenunterschied von ca. 300 m. Die Anlieferung der beiden Maschinensätze ist für das Frühjahr 2016 geplant. Auch im Unterwasser zeigt sich Künz für die Lieferung sämtlicher Elemente des Stahlwasserbaus verantwortlich. Diese sind: zwei Turbinenauslauf  und zwei Pumpenschützen samt Schützengehäuse sowie ein Rollschütz für das Auslaufbauwerk und drei Stück Auslaufrechen im Vermuntsee.

Fertigstellung 2018
Das Projekt Obervermuntwerk II befindet sich jetzt im zweiten Baujahr und soll planmäßig im Jahr 2018 in Betrieb gehen. Das Kraftwerk wird mit zwei hochflexiblen und über einen weiten Bereich regelbaren Maschinensätzen ausgerüstet sein, um so auf die individuellen Anforderungen des Strommarktes optimal reagieren zu können. Mit einer Leistung von 360 MW im Pump- und Turbinenbetrieb wird es zudem das zweitgrößte Kraftwerk der Illwerke AG werden. Es wird im Turbinenbetrieb die Gesamtleistung der Illwerke um 21 % von derzeit 1.698 MW auf 2.058 MW steigern. Die Regelenergie wird dabei über ein 220 kV erdverlegtes Kabelsystem von Vermunt bis zur Schaltanlage des Kopswerk I nach Partenen geleitet. Dort gelangt es über 220 kV Freileitungen bis nach Bürs und kann von dort im Bedarfsfall in weitere europäische Länder transportiert werden.

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