Ein stiller Nachbar mit viel Energie6 min read
Lesedauer: 5 MinutenDie Gaal in den Niederen Tauern ist um ein weiteres Kleinwasserkraftwerk reicher. Im März 2012 ging das Kraftwerk Vorwitzbach in Betrieb, das von vier lokalen Partnern realisiert wurde.
Durch eine 4 Kilometer lange Druckrohrleitung aus DUKTUS Sphäroguss-Rohren wird das Triebwasser von der Fassung bis zum neuen Maschinenhaus geleitet. Mittels eines modernen Maschinensatzes, bestehend aus einer dreidüsigen Peltonturbine und einem direkt gekuppelten Synchrongenerator, erzeugt die Anlage rund 3,5 GWh pro Jahr. Dabei besticht das neue Kraftwerk neben Effizienz und Umweltverträglichkeit auch durch seine Geräuscharmut. Anfang Mai fand die feierliche Einweihung statt.
Die „Grüne Mark“ ist ein Land der Wasserkraft. Mehr als 600 Kleinkraftwerke tragen einen erheblichen Teil zur Energieversorgung der Steiermark bei. Laut einer Erhebung des Landes sind die Hälfte aller Kraftwerksanlagen jedoch schon über 40 Jahre alt. In dieser Hinsicht hebt sich das malerische Hochtal der Gaal am Südrand der Niederen Tauern positiv ab. Hier wurden in den letzten Monaten und Jahren gleich mehrere Kleinkraftwerke errichtet, die das industriefreie Tal zu einem wahren „Exporteur“ von Ökostrom machen. In Summe bringen es die Kleinwasserkraftwerke in der Gaal auf eine gesamte Erzeugungskapazität von 25 GWh. Eines der neuesten Gaaler Kraftwerke wurde am Vorwitzbach realisiert – das einzige Wasserkraftwerk an diesem Gewässer.
VIER PARTNER ZIEHEN AN EINEM STRANG
Sowohl die in der Gaal ansässige Forstverwaltung Wasserberg, ein Betrieb des Zister zienser- Stiftes Heiligenkreuz, als auch die Familie Kaltenegger verfügen über Erfahrung in der Kleinwasserkraft – und zeigten sich dementsprechend aufgeschlossen, als vor einigen Jahren die Idee auftauchte, am Vorwitzbach eine neue Kleinwasserkraftanlage zu errichten. Dem vorangegangen waren einige Monate, an denen am Vorwitzbach Abflussmessungen vorgenommen worden waren. Diese legten am Ende eine hydroelektrische Nutzung des Gewässers nahe. „Gemeinsam mit Forstdirektor Dipl.-Ing. Wolfgang Loidl von der Forstverwaltung Wasserberg, welcher der größte Teil des Trassenverlaufs der geplanten Druckrohrleitung gehört, und zwei weiteren Grundstückseigentümern, den Familien Sammt und Steiner, haben wir in der Folge unsere Betreiberfirma, die KKW Vorwitzbach GmbH, gegründet – und haben zusammen an einem Strang gezogen, um ein modernes, effizientes Kleinwasserkraftwerk am Vorwitzbach zu errichten“, erläutert Kaltenegger die Vorgeschichte des Projekts.
370 METER NUTZBARES GEFÄLLE
Nicht zuletzt aufgrund der guten Erfahrungen übertrugen die Projektbetreiber die Planung der Anlage sowie die Bauleitung dem Ingenieurbüro PITTINO ZT Gmbh aus Graz, das in der Folge die Planung für ein Ausleitungskraftwerk erarbeitete. Die Anlage am Vorwitzbach wurde mit einem „klassischen“ Tirolerwehr mit Vorbecken als Wasserfassung und anschließendem Entsander auf einer Seehöhe von rund 1.240 m geplant. Daran schließt eine circa 4 Kilometer lange Druckrohrleitung an, die sich bis zum auf 871 Meter Seehöhe situierten Maschinenhaus erstreckt. Demnach sollte dabei eine Bruttofallhöhe von knapp 369 m nutzbar werden. Die Anlage wurde für eine Ausbauwassermenge von 300 l/s ausgelegt. Dieses Wasserdargebot wird im Schnitt an 55 Tagen im Jahr überschritten. Die Restwasservorgaben sehen eine dynamische Abgabe von 40 l/s bis 95 l/s vor. Darüber hinaus sollte an der Wasserfassung auch eine kleine Fischpassage errichtet werden.
REGEN ERSCHWERTE DIE ARBEITEN
Nach Vorliegen sämtlicher Behördengenehmigungen konnte im Juni letzten Jahres mit den Bauarbeiten begonnen werden. Rudi Kaltenegger: „Die beiden Baufirmen haben zeitgleich mit den Arbeiten an der Wasserfassung und mit der Verlegung der Druckrohrleitung begonnen. Nachdem die Wasserfassung fertig gestellt war, hat man mit einer weiten Partie den Druckrohrleitungsbau forciert.“ Obwohl die Rohrleitung größtenteils im Untergrund der bestehenden Forststraße der Forstverwaltung Wasserberg verlegt werden konnte, befanden sich die größten Knackpunkte im Bauablauf dennoch im Rohrleitungsbau. Dies lag nicht zuletzt an widrigen Wetterbedingungen: Häufige Regenfälle erschwerten die Verlegearbeiten – und die lehmigen Bodenbedingungen erwiesen sich ebenfalls als ungünstig. Außerdem hatten wir auch mit dem einen oder anderen Felsen zu kämpfen, den wir aus dem Weg räumen mussten“, so Kaltenegger, der betont, dass die Arbeiten von Beginn an durch eine ökologische Bauaufsicht begleitet wurden.
„MAN MUSS LANGFRISTIG PLANEN“
In der Frage des verwendeten Rohrmaterials vertrauten die Betreiber auf eines der bewährtesten und leistungsfähigsten im Druckrohrleitungsbau: auf duktilen Guss. Die Gründe dafür bringt Rudi Kaltenegger klar auf den Punkt: „Beim Bau von Wasserkraftwerken muss man langfristig planen. Du musst das Beste vom Besten einbauen, denn das soll ja auch das nächste halbe Jahrhundert halten. Es zahlt sich aus, Qualität zu verwenden.“ Aus diesem Grund kamen duktile Gussrohre aus dem Hause DUKTUS DN500 zum Einsatz, die statischen Drücken von 38 bar standhalten müssen. Die Rohrsysteme garantieren höchste Sicherheit, sie werden bereits werksseitig druckgeprüft. Ein weiterer Pluspunkt der DUKTUS Gussrohre liegt in der Abwinkelbarkeit der Verbindungen bis zu 5 Grad. Das vereinfacht das Verlegen im schwierigen Gelände und spart Formstücke, sowie die zumeist damit erbundenen Beton-Festpunkte. Im Fall des neuen Kraftwerks Vorwitzbach war aufgrund der Detailplanung entlang der ruckrohrleitung kein Betonfestpunkterforderlich. Im Grunde konnte die gesamte Druckrohrleitung über eine änge von 4.060 Meter durchgehend mit der bewährten Steckmuffenverbindung TYTON realisiert werden. Dank der einfachen Verlegbarkeit, die vergleichsweise witterungsunabhänig erfolgen kann, blieben auch die Verlegearbeiten im vorgegebenen Zeitplan. Im Dezember letzten Jahres konnten sämtliche Baurbeiten abgeschlossen werden.
TURBINE BIRGT SONDERLÖSUNG
Somit war das Maschinenhaus zu Jahresbeginn bereit für die Montage des neuen Maschinensatzes. In der Frage der elektromaschinellen Ausrüstung setzten die Betreiber auf einen Maschinensatz made in Austria – bestehend aus einer vertikalachsigen, 3-düsigen Peltonturbine aus dem Hause Geppert und einem bürstenlosen Synchrongenerator vom Linzer Traditionshersteller Hitzinger. Bei einer Bruttofallhöhe von 369 m und einer Ausbauwassermenge von 300 l/s ist die Turbine auf eine Ausbauleistung von 950 kW ausgelegt. Die Turbine entspricht nicht nur dem neuesten Stand der Wasserkrafttechnik, sondern wartet darüber hinaus auch mit einer technischen Sonderausstattung auf: „Ungefähr 50 Meter unterhalb unseres Maschinenhauses liegt schon die Fassung des Unterlieger-Kraftwerks. Sollte unsere Anlage – aus welchen Gründen immer – abschalten, wollten wir eine einfache Möglichkeit schaffen, dass das Triebwasser ohne Unerbrechung die Anlage passieren kann. Dadurch sollten Pegelschwankungen im Unterwasser vermieden werden, die zu einem Folge-Ausfall des Unterliegers führen würden. Realisiert wurde dabei eine Lösung, die über den Strahlablenker gewährleistet wird. Ein eigenes Bypass- System brauchte daher nicht angelegt werden. Neu dabei ist, dass die Anlage auch direkt aus dem Strahlablenkerbetrieb wieder starten kann“, so Rudi Kaltenegger.
LÄRMENTWICKLUNG VERMIEDEN
Ein anderes wichtiges Thema für den Kraftwerksbetrieb ar der Lärmschutz. Schließlich befinden sich einige Wohnhäuser in näherer Umgebung zum Maschinenhaus. Aus diesem Grund wurde vom Planungsbüro PITTINO ZT mbH ein Lärmtechniker beigezogen,der im Vorfeld Lärmprognosen erstellte und Lärmmessungen vornahm. Als wichtigste Maßnahme wurde dabei auf die Wasserkühlung des Generators gesetzt, wodurch die Geräuschemissionen des Generators deutlich reduziert werden. Die Kühlung erfolgt über Wärmetauschplatten, welche im Unterwasserkanal situiert sind. Darüber hinaus wurde versucht, den Geräuschpegel beim Austritt des Triebwassers aus dem Unterwasserkanal auf ein Minimum zu begrenzen. „Zu diesem Zweck haben wir eine Tauchwand im Unterwasserkanal errichtet und eine Lärmschutzabdeckung mit Gummimatten am Auslaufbauwerk installiert. Heute hört man sogar unter Volllast nur den Bach rauschen“, zeigt sich Rudi Kaltenegger zufrieden.
STROM FÜR 900 HAUSHALTE
Am 1. März dieses Jahres ging das Kraftwerk Vorwitzbach erstmals in Betrieb – und läuft in den letzten Wochen dank ausreichendem Schmelzwasser auf vollen Touren. Mit seiner modernen elektromaschinellen Ausrüstung wird das raftwerk nun im Regeljahr rund 3,5 Mio. kWh erzeugen und ins Netz der Steweag-Steg einspeisen. Eine Strommenge, die ausreicht, um knapp etwa 900 Haushalte mit sauberem Strom zu versorgen. Am 6. Mai wurde die Anlage im ahmen einer feierlichen Einweihung ihrer Bestimmung übergeben. Ein schöner Anlass, sich über einen neuen Ökostrom-Produzenten in der Gaal zu freuen, der das malerische Hochtal noch ein wenig „grüner“ macht.
Bericht aus zek HYDRO – Juni 2012
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