Fischwanderhilfe der Superlative5 min read
Lesedauer: 4 MinutenIm Zuge der Errichtung des Pumpspeicherkraftwerks Reißeck II investiert der VERBUND in umfangreiche ökologische Ausgleichsmaßnahmen in Kärnten. Insgesamt…
…25 Millionen Euro sollen aufgewendet werden, um 10 Drau Kraftwerke durchgängig zu machen. Eines dieser Projekte ist der Fischaufstieg am Wehr Rottau an der Möll in Mühldorf. Der enature Fishpass von Maba, ein optimierter Vertical Slot Beckenpass, weist eine Länge von 435 m auf und überwindet dabei 15,5 Höhenmeter. Er ist somit zurzeit Österreichs größte Fischwanderhilfe. Mittels GPS-Mapping und 3D Planung wurde das imposante Bauwerk innerhalb eines Jahres, mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 1,9 Millionen Euro, gebaut. Am 4. Oktober 2013 erfolgte die feierliche Eröffnung beim Wehr Rottau in Mühldorf.
Mit dem neuen Pumpspeicherkraft-werk Reißeck II erweitert der Verbund die Kärntner Kraftwerks-systeme Malta und Reißeck zu einer der stärksten Wasserkraftwerksgruppen Europas. Im Zuge dieser Erweiterung investiert der Verbund auch in umfangreiche ökologische Maßnahmen, um die Fischdurchgängigkeit gemäß EU Wasserrahmenrichtlinien Verordnung an ihren Kraftwerken an der Drau wiederherzustellen. Mit 25 Millionen Euro sollen die insgesamt zehn Drau-Kraftwerke durchgängig gemacht werden. Im Rahmen dieses ökologischen Maßnahmenpakets entstand auch die bis dato größte Fischwander-hilfe Österreichs beim Wehr Rottau an der Möll. Ein 435 m langer enature Fishpass von Maba verbindet nun die Möll rechtsufrig mit dem 15,5 m höher liegenden Ausgleichsbecken. Das imposante Bauwerk zählt somit auch zu den höchsten Fischwanderhilfen Europas.
Vertical Slot Fishpass machte das Rennen
Im Rahmen einer Variantenstudie im Herbst 2009 diskutierte eine Expertenrunde einerseits die Errichtung eines naturnahen Umgehungsgerinnes am linken Ufer und andererseits die Variante einer Organismenwanderhilfe des Typs „Vertical Slot Beckenpass“ am rechten Ufer. Als Resultat des Experten-Workshops einigte man sich auf die zweite Variante – die Errichtung eines Multi Struktur Slot Fishpass rechtsufrig der Möll. Zum Einsatz kommen soll das innovative Fertigteilsystem des enature Fishpass von Maba. Außerdem sollen zwei Verteilerbau-werke mit insgesamt 8 Verteilerschütze zur Regelung der Schwankungen im Oberwasserspiegel eingeplant werden. Als Leitfischart, der auch als Maßstab für die Dimensionierung der Pools dient, wurde der Huchen mit einer Größe von 100 cm ermittelt. Die Dimension der Beckenlänge hat auf die dreifache und die Beckenbreite auf die zweifache Länge der Leitfischart zu erfolgen. Außerdem ist die Einbringung von Laichplatzschotter-material in den Umkehrbecken bei den 180° Richtungsänderungen erforderlich.
Imposante Dimensionen
Nach einer intensiven Planungsphase erfolgte Ende 2012 der Startschuss zu den Bauarbeit-en. Diese wurden unter Zuhilfenahme Name von GPS-Mapping und 3D-Simulation gründlich vorbereitet. Dank des enature Fertigteilsystems von Maba konnte so der Erdbau zentimetergenau im Vorhinein geplant und schnell umgesetzt werden. Insgesamt wurden auf einer Strecke von 435 m 104 Pools mit einer Tiefe von 100 – 155 cm verbaut. Die Schlitzweite beträgt 35 cm und die Linienführung weist eine mäandrierende Charakteristik auf. Die daraus resultierende Strömung des Maba enature Fishpass soll so auch kleinen und schwimmschwachen Fischen den Aufstieg problemlos ermöglichen. Um diese Eigenschaften anbieten zu können, arbeitete die Maba Fertigteilindustrie bei der Entwicklung des enature Fishpass mit Professor Dipl.-Ing. Dr. Helmut Mader von der Universität für Bodenkultur in Wien zusammen. Mit einer Wasserdotation von max. 390 l/s benötigt er rund 38 % weniger Durchflussmenge als ein Standard Vertical Slot Beckenpass. Insgesamt wird eine Höhendifferenz von 15,5 m, bei einem durchschnittlichen Gefälle von 3 %, überwunden. Zum Energietanken und Laichen stehen den Fischen 16 Ruhe- und Laichzonen, sogenannte Fischhotels, in den Kehren (> 90°) zur Verfügung. Der enature Fishpass von Maba ist somit nicht nur ein künstliches „Überwindungsbauwerk“ zur Erfüllung aller Kriterien der EU-Wasserrahmenrichtlinie, er bietet allen Wasserorganismen auch ein ökologisch wertvolles Zuhause.
Dotations- und Verteilbauwerk
Die Dotation der Fischaufstiegshilfe erfolgt über eine 100 cm breite und 80 cm hohe Öffnung in der bestehenden Ufermauer und über das Dotationsbauwerk. Um im Hochwasserfall, oder zu Revisionszwecken die Fischaufstiegshilfe absperren zu können, wurde ein elektrisch betriebenes Schütz installiert. Über das Dotationsbauwerk gelangt das Wasser in die Vorlaufstrecke und in weiterer Folge in die beiden nacheinander geschalteten, und durch ein Schütz voneinander getrennten, Verteilbauwerke. Diese wurden zur Beherrschung der Schwankung-en im Oberwasserspiegel, mit einer maximalen Höhe von 1,5 m, installiert. Außerdem wurde auch ein Notdotationssystem mit einer Förderleistung von 20 l/s in die Anlage integriert. Sollte etwa der Wasserspiegel im Stauraum unter die Dotieröffnung absinken, oder der Zulauf durch Überstau geschlossen werden, kann durch die Notdotation ein Überleben von Organismen der besiedelten Sohle ermöglicht werden. Eingewanderte Fische wandern dabei mit absinkendem Wasserspiegel aus der Anlage aus und sind deshalb nicht gefährdet. Die Notdotation erfolgt über ein fix installiertes Pumpsystem, welches Wasser vom Unterwasserbereich hinaufbefördert.
Einjähriges Monitoring
In Zusammenarbeit mit der BOKU Wien unter der Leitung von Univ. Prof. Dipl.-Ing. Dr. Helmut Mader erfolgt auch eine Funktionsüberprüfung des Maba Fischaufstiegs. Das Fisch-Monitoring erfolgt dabei einerseits durch eine tägliche Zählung der aufgestiegenen Fische mittels Fangreusen, und andererseits wird das Aufstiegsverhalten der Fische visuell mittels Videoaufzeichnung beobachtet. Hier betreibt man auch Grundlagenforschung über ein halbautomatisches Monitoring-Verfahren, um die Fangreusen in Zukunft zu ersetzen. Das Monitoring soll mindestens über ein Jahr erfolgen. Offizielle Studienergebnisse wurden noch nicht veröffentlicht aber erste Beobachtungen fielen sehr positiv aus. „Grundsätzlich kann man bereits jetzt sagen, dass der Fischaufstieg von allen vorhandenen Fischarten angenommen wird“, so Univ. Prof. Dipl.-Ing. Dr. Helmut Mader.
Erlebnis Fischwanderung
Um vorbeikommenden Wanderern und Spaziergängern ein kleines Highlight zu bieten, wurde der obere Teil der Fischwander-hilfe begehbar gemacht und mit zahlreichen Informationstafeln ausgestattet. So kann man sich sowohl über die technischen als auch ökologischen Hintergründe der Anlage informieren. Ein Sichtfenster im Verteiler-bauwerk ermöglicht es Besuchern außerdem, einen Blick unter die Wasseroberfläche zu werfen und – wenn man Glück hat, kann man aufsteigende Fische beobachten. Schon kurz nach der ersten Flutung bei der Eröffnung am 4. Oktober 2013 konnten bereits erste Fische von den begeisterten Besuchern ausgemacht werden. Rund 150 Gäste, sowie die Volksschulen aus Mühldorf und Reißeck beehrten die Verantwortlichen.
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