Revitalisierung nach 90 Jahren5 min read
Lesedauer: 3 MinutenAm 20. September 2013 ging die feierliche Einweihung des generalsanierten Kleinwasserkraftwerks Holzrichter in St. Andrä im Salzburger Lungau über die Bühne.
Die neue Ökostromanlage an der Taurach ist mit einer modernen Kaplan-Turbine ausgestattet und bringt es auf ein Jahresarbeitsvermögen von 2,7 Mio. kWh. Eine Menge, die ausreicht, um damit rund 900 Haushalte mit Strom zu versorgen. Für den teilweisen Neubau investierte Besitzer Dr. Bernhard Holzrichter 1,2 Mio. Euro, um das ursprüngliche Werk aus dem Jahr 1923 auf den neuesten Stand der Technik zu bringen.
Sichtlich nicht ohne Stolz hatte Bernhard Holzrichter zur feierlichen Eröffnung seines runderneuerten Kleinwasserkraftwerks in St. Andrä im Salzburger Lungau geladen. Das Interesse der Besucher an der neuen Wasserkrafttechnik war entsprechend groß. In rekordverdächtiger Bauzeit von nur fünf Monaten wurde die 90 Jahre alte Anlage revitalisiert und auf den Letztstand der Technik gebracht. Eine Kaplan-Turbine aus dem Hause WATEC wurde installiert, die auf eine Ausbauleistung von 392 kW ausgelegt ist. Diese ist mit einem 480-kVA-Permanent-Synchrongenerator auf einer senkrechten Welle gekoppelt, der mit einer Kraft von 300 Umdrehungen pro Minute angetrieben wird.
Beachtliche Geschichte
Hinter dem Niederdruckkraftwerk steht eine imposante Geschichte, die über 100 Jahre zurückreicht. Der Urgroßvater von Dr. Bernhard Holzrichter hatte den Industriebesitz im Jahre 1898 erworben. Damals verfügte die Anlage über vier Jonval-Turbinen, die die damalige Holzschleiferei betrieben haben. Die dabei erzeugten Pappendeckel wurden der Papierindustrie zugeliefert. 1923 erfolgte der erste große Umbau: Zwei Francis-Turbinen ersetzten die alte Maschine und sorgten mit 300 kW für den direkten Antrieb der Holzschleifsteine. Erst 1978 wurde schließlich auf Stromproduktion umgerüstet. Da speziell der Beton des Kraftwerks über die Jahre immer spröder und rissiger wurde, hat sich der Betreiber vor drei Jahren entschieden die Anlage zu sanieren bzw. umzubauen. Dabei wollte er das bestehende und unbefristete Wasserecht aus dem Jahr 1923 nicht verändern und somit die hydrologische Auslegung der Anlage unangetastet lassen. Wie in der Vergangenheit wird daher auch die neue WATEC-Kaplan-Turbine mit einer Wasserentnahme von 6,12 m³/sec betrieben. „Von Seiten der Wasserrechtsbehörde wurde es als Sanierung anerkannt, die Förderstelle erkannte es als Neubau an. Gemäß den geltenden Förderrichtlinien wird ein Projekt als Neubau gewertet, wenn ein Bauteil des Altwerkes erhalten bleibt und alle anderen neu errichtet werden. Dann kann man als Betreiber mit einer 30%igen Förderung rechnen. In meinem Fall habe ich das Einlaufbauwerk bestehen lassen“, sagt Holzrichter über das neue Wasserkraftwerk, das exakt in der gleichen Baukubatur wie der Vorgänger hochgezogen worden ist.
Planung und schnelle Umsetzung
Nach den Vorstudien, Rentabilitätsrechnungen und Angebotseinholungen wurde das alte Kraftwerk am 5. März 2013 stillgelegt. Die fast minutiös anmutende Revitalisierung fasst Holzrichter folgendermaßen zusammen: „Einen Tag später wurde ein großer Damm gebaut, der das Wasser komplett über die Wehranlage leitete. Dies ermöglichte, dass es im Baubereich trocken war. Nach den Bauarbeiten wurde der Damm wieder abgetragen und am 6. August ist das Wasser zum ersten Mal durch das neue Kraftwerk geflossen. Wie exakt und perfekt alles abgelaufen ist, zeigt folgendes Beispiel: Ich habe die Turbine mit dem Generator als einen Bausatz ein Jahr vorher bestellt, der Liefertermin ist auf den Tag genau eingehalten worden, eigentlich auf die Viertelstunde genau. Zwei Stunden später war die Maschine eingebaut.“
Fast keine Probleme beim Bau
Während des umfangreichen Projekts gab es so gut wie keinerlei Probleme. Einzig die Bodenbeschaffenheit überraschte die Verantwortlichen ein wenig: „Geplant war, dass wir hier Spundwände in den Untergrund treiben, um die Bauarbeiten trockenen Fußes abwickeln zu können. Im Zuge der Bodenproben sind wir allerdings auf Fels gestoßen. Spundwände wurden somit unmöglich, und so hat man die Baugrube schließlich mit Spritzbeton und Betonanker gesichert“, erklärt Dr. Bernhard Holzrichter, der mit der hiesigen Baufirma Ehrenreich aus Tamsweg erfolgreich zusammengearbeitet hat. Für den Stahlwasserbau zeichnete sich das Unternehmen Danner aus dem oberösterreichischen Pettenbach verantwortlich und bei den elektrischen Arbeiten vertraute man auf die ebenfalls im Lungau ansässige Elektrofirma Esl.
Feierliche Eröffnung
Bei der Einweihungsfeier des Kleinwasserkraftwerks Holzrichter an der Taurach war auch der für Energie zuständige Landesrat Dipl.-Ing. Dr. Josef Schwaiger anwesend. Der meinte sichtlich beeindruckt: „Es ist bemerkenswert, mit welcher Akribie dieses beinahe schon 100 Jahre alte Wasserkraftwerk auf den Stand der Zeit gebracht wurde. Die Anlage wurde mit modernster Technik ausgestattet und kann inzwischen über das Internet gesteuert werden. Diese vorausschauende Projektumsetzung ist der Grundstein für eine nachhaltige Stromproduktion über viele Jahrzehnte.“ Auch Rolf Gschwind, Fachberater und Vertriebsleiter vom Turbinenlieferanten WATEC-Hydro, war von der gesamten Umsetzung begeistert und brach in seiner Rede eine Lanze für die Wasserkraft: „Die Wasserkraft ist wohl die umweltfreundlichste Energiegewinnung überhaupt. Sicherlich kann man nicht nur ausschließlich auf Wasserkraft setzen, aber diese Energiegewinnung ist mit ihrer Kontinuität den anderen überlegen.“ Weiters zeigte Gschwind auf, dass, wie an dem Paradebeispiel Holzrichter zu sehen, eine Investition in bereits bestehende Anlagen zukunftsweisend und lohnend sei.
Feinabstimmung und technische Details
„Derzeit läuft der Probebetrieb und wir werden die kommenden Wochen für die Feinabstimmungen nutzen. Meine Zielsetzung war, wieder die Voraussetzung für einen Betrieb über mehrere Generationen zu schaffen. Ich freue mich sehr über das Ergebnis“, meinte Holzrichter. Das erneuerte Kraftwerk mit einer Fallhöhe zwischen 7,2 bis 7,5 m ist auf 6.500 Volllaststunden kalkuliert und wird dabei 2,7 GWh im Schnitt erzeugen. Die Kohlendioxid-Einsparung beläuft sich auf 1.500 bis 2.000 Tonnen – hochgerechnet auf die nächsten fünf Dekaden wären dies 100.000 Tonnen. Ein durchaus beachtlicher Wert für ein kleines Wasserkraftwerk mit großer Tradition.
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