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Österreichische Stahlwasserbautechnik besteht Herausforderungen im Südkaukasus6 min read

19. November 2018, Lesedauer: 5 min

Österreichische Stahlwasserbautechnik besteht Herausforderungen im Südkaukasus6 min read

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Um ihre Abhängigkeit von ausländischen Energieimporten zu reduzieren, setzt die georgische Regierung auf eine der ganz großen Qualitäten des Landes: die Wasserkraft.

Bereits heute deckt die georgische Wasserkraft rund 80 Prozent des Strombedarfs ab. Mit Stand Ende 2015 waren in dem Land am Kaukasus circa 70 Wasserkraftwerke mit einer gesamten installierten Leistung von 2.730 MW in Betrieb. Geprägt von einer gebirgigen Topographie und ausgeprägtem Wasserreichtum ist Georgien ein klassisches „Wasserkraftland“. Das ist natürlich auch mit Nachteilen verbunden: Zwar können die Stromüberschüsse im Sommer in die angrenzenden Nachbarländer exportiert werden, doch in den Niederwasserphasen im Winter ist man immer noch von vorrangig fossiler Energie aus dem Ausland abhängig. Um die eigene Autarkie zu stärken, ist man in Georgien daher schon seit einigen Jahren um den weiteren Ausbau seiner Wasserkraftressourcen bemüht. Nach 2004 wurden dafür bereits die politischen Weichen gestellt, sodass mittlerweile auch ausländische Investoren auf den Wasserkraftausbau im Kaukasus setzen. Ein Musterbeispiel dafür: das Doppelprojekt Mestiachala 1 & 2, an dem seit Sommer letzten Jahres gebaut wird.

Strategischer Wasserkraftausbau
„Das ist ein weiterer Schritt in Richtung unserer Energieunabhängigkeit“, sagte der georgische Energieminister Kakha Kaladze anlässlich der Spatenstichfeier Anfang Juli letzten Jahres. Er verwies in seiner Rede zudem auf den Ausbau der lokalen Infrastruktur und die Arbeitsplätze für die Menschen in der Region auf der Baustelle, die mit dem Kraftwerksprojekt einhergehen. Entwickelt wurde das Projekt von Svaneti Hydro, einem Joint Venture der Georgia Capital Gruppe, die 65 % der Anteile hält, und der RP Global Investment, auf die die restlichen 35 Prozent entfallen. Bei der Georgia Capital Gruppe handelt es sich um eine Investment-Plattform, die an der Londoner Börse notiert ist. Die RP Global Investment ist ein internationaler, strategischer Investor und Betreiber aus Österreich mit über 30-jähriger Erfahrung im Bereich der erneuerbaren Energien. Zusammen haben die beiden Partner eine strategische Ausrichtung entwickelt, um die regenerativen Energieressourcen in Georgien auszubauen. Rund 500 MW Leistung sollen in Sonne, Wind und Wasserkraft installiert werden. Die Wasserrechte für das Doppelprojekt sicherten sich das Joint Venture im Rahmen einer internationalen Ausschreibung. In den Jahren 2014 und 2015 wurde jeweils eine Absichtserklärung mit der georgischen Regierung für die Umsetzung der Wasserkraftprojekte in der Svaneti-Region unterzeichnet. „Wir haben sehr viel Unterstützung vom georgischen Energieministerium erfahren, das entschlossen ist, Georgiens enormes Energiepotenzial auszubauen“, meinte dazu Gerhard Matzinger, CEO von RP Global.

50 MW aus 5 Turbinen
Konkrekt handelt es sich bei den beiden Kraftwerken Mestiachala 1 & 2 um Ausleitungskraftwerke am gleichnamigen Fluss Mestiachala in der Gemeinde Mestia. Rund 207 m Fallhöhe stehen dabei den zwei baugleichen Peltonturbinen im KW Mestiachala 1 zur Verfügung. Diese sind auf ein Schluckvermögen von jeweils 6 m3/s ausgelegt und kommen auf eine Engpassleistung von etwa 23,7 MW. Ganz ähnlich stellt sich die Gefällstufe von KW Mestiachala 2 mit 229 m  dar. Allerdings kann die Anlage dank einer zusätzlichen Wasserfassung am Fluss Chalaati um weitere 6 m3/s Triebwasser einziehen. Damit erreichen die drei installierten Peltonturbinen, ebenfalls ausgelegt auf je 6 m3/s, eine Engpassleistung von rund 30 MW. Insgesamt weisen beide Anlagen somit drei Wasserfassungen, zwei Ausgleichsspeicher und zwei Krafthäuser auf. Imposant vor allen Dingen auch das Rohrleitungssystem. Für die Oberliegeranlage wurden Stahlrohre-Rohre über eine Länge von 1.900 m verlegt, beim Unterliegerwerk 3.800 m GFK-Rohre plus  3.460 m Stahl, in Summe sogar 7.260 m.

250 Tonnen Stahlwasserbauteile
Bei einem derart umfangreichen Wasserkraftprojekt kommt natürlich auch einer soliden Stahlwasserbau-Ausrüstung höchste Bedeutung zu. Daher fiel die Wahl der Verantwortlichen auf ein Branchenunternehmen, das seit Jahrzehnten Stahlwasserbaulösungen auf höchstem Niveau anbietet – und das weltweit: die Braun Maschinenfabrik. „Wir haben den Auftrag im Juli 2016 erhalten, wobei wir das Enddesign aller Bauteile von Herbst 2016 bis Mai letzten Jahres erarbeitet haben. Produziert wurden die gesamten Bauteile bei uns im Werk dann über ein knappes Jahr hinweg bis April dieses Jahres“, erzählt Michael    Habring, Projektleiter von Braun Maschinenfabrik. Insgesamt liefert das Unternehmen aus Vöcklabruck die komplette stahlwasserbauliche Ausrüstung für die drei Wehranlagen, die beiden Speicherbecken und die Krafthäuser, inklusive der gesamte Hydraulik, Elektrik und Steuerung. Das macht in Summe 250 Tonnen an Stahlwasserbaukomponenten, die von Oberösterreich mittlerweile in den Südkaukasus geliefert wurden. „Es waren rund 20 Lkw, die den langen Weg – immerhin rund 3.300 km Wegstrecke – bewältigt haben“, so Habring. Die erste Lieferung erfolgte im Juni letzten Jahres, bei der die gesamten Ankerplatten mit ca. 15 Tonnen für die beiden Kraftwerke transportiert wurden.  Seit Juli dieses Jahres befinden sich sämtliche Stahlwasserbaukomponenten in Mestia.

Individuelle Lösungen inklusive
Der Lieferumfang der Braun Maschinenfabrik stellt sich durchaus beachtlich dar. Neben zwei 19 m breiten Wehrklappen für die beiden Wasserfassungen am Mestiachala Fluss beinhaltete dieser auch eine weitere stählerne Wehrklappe mit einer Breite von 10,5 m am Fluss Chalaati. Hinzu kommen mehrere Dammbalken Armierungen, Grundablass- Schütze, drei Grobrechen für die drei Wasserfassungen, sowie jeweils einen Feinrechen für die beiden Speicherbecken. Die Ausgleichsbecken wurden darüber hinaus von Braun Maschinenfabrik mit jeweils einem Enteisungssystem ausgerüstet. Außerdem kommt hier jeweils eine Seilrechenreinigungsmaschine an den Speichern zum Einsatz. Diese Maschinen setzen seit Jahrzehnten aufgrund ihrer Effizienz bei der Reinigung von tiefen Feinrechen die Standards und genießen daher einen ausgezeichneten Ruf. Abgerundet wird das gesamte Stahlwasserbau-Paket durch die Hydraulik, die dazugehörige elektrotechnische Ausrüstung und die Steuerungseinheiten.
Was die Stahlwasserbaulösungen von Braun auszeichnet, ist der Umstand, dass in ihnen nicht nur jede Menge Know-how steckt, sondern dass diese oft auch individuelle Antworten auf spezifische Anforderungen darstellen. Für die beiden Kraftwerke am Mestiachala Fluss wurden anstelle von herkömmlichen Einlaufregulierschützen, welche den Zulauf zu den Zwischenspeicherbecken regulieren sollten, Klappen eingebaut. „Dies hat den Vorteil, dass diese über ein Gegengewicht verschließbar sind und somit den Speicher im Fall der Fälle vor Überflutung schützen. Bei Energieausfall schließen sich also die Klappen selbsttätig, ohne Energiezufuhr von außen“, erklärt der Projektleiter von Braun.

Stauklappe für Transport halbiert
Mit Stand Mitte September befindet sich das Montageteam unter der Führung von Braun Maschinenfabrik mitten in der Montage der Hauptkomponenten, wie etwa dem Einbau der 19 x 3 m großen Stauklappen. Diese wurden für den Transport und aufgrund der Situation vor Ort in der Mitte auseinander getrennt und werden im eingebauten Zustand nun wieder verschweißt. „Wir haben mit den gesamten Montagearbeiten im Juli dieses Jahres begonnen. Aufgrund einiger Terminanpassungen ist der Zeitpunkt ein wenig nach hinten gerutscht. Dennoch befinden wir uns noch im Zeitplan.“ Mittlerweile sind mehr als 80 Prozent der Armierungen und Seitenschleifbleche bereits montiert. Im Oktober steht der Start der Installation von Hydraulik und Steuerung auf dem Programm. Dafür wird sich ab Mitte Oktober ein zweiter Spezialmonteur für Elektrik und Inbetriebnahme von Vöcklabruck aus auf den Weg nach Mestia machen. Derzeit arbeiten zwei getrennte Montagemannschaften an den beiden Kraftwerksanlagen. Es deutet alles darauf hin, dass mit Ende November die Vorab-Inbetriebnahme erfolgen kann – immer vorausgesetzt, dass auch das Wetter mitspielt.

Erster Qualitätsbeweis in Georgien
Für die Braun Maschinenfabrik stellt der Auftrag im Nordwesten Georgiens nicht nur einen weiteren Kompetenzbeweis im internationalen Umfeld dar, sondern ist zugleich der erste Einsatz in dem Land am Kaukasus. Die Verantwortlichen des oberösterreichischen Branchenspezialisten freuen sich daher zu Recht, dass man im Rahmen dieses Kraftwerksprojektes die große Kompetenz und Qualität auf ­breiter Front unter Beweis stellen konnte. Schließlich gilt Georgien durchaus noch als auf­strebender Hoffnungsmarkt für die Wasserkraft. Die beiden Kraftwerke, die vermutlich noch vor dem Jahreswechsel ihren Betrieb aufnehmen werden, stellen einen nicht unwesentlichen Baustein in der Energiestrategie Georgiens dar. Deren Ausführung könnten zudem Mustercharakter für noch folgende Projekte haben.

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