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Kraftwerk Erstfeldertal – von der Vision zur greifbaren Wirklichkeit6 min read

9. September 2019, Lesedauer: 4 min

Kraftwerk Erstfeldertal – von der Vision zur greifbaren Wirklichkeit6 min read

Lesedauer: 4 Minuten

Trotz nicht gerade günstiger Vorzeichen in den letzten Jahren steht das Kraftwerk Erstfeldertal im Kanton Uri dank eines Kraftakts aller Beteiligten nun vor der Umsetzungsphase.

Mit Erhalt der Konzession sowie der Baubewilligung im Herbst letzten Jahres gelangen zuletzt die entscheidenden Schritte in diese Richtung. Ende November wurde offiziell die Aktiengesellschaft „Kraftwerk Erstfeldertal AG“ gegründet, an der vier Partner aus der Region beteiligt sind. In Summe investiert die Gesellschaft rund 36 Mio. CHF in das Kraftwerksprojekt, das sauberen Strom für rund 7.200 Urner Haushalte erzeugen wird.

Der Alpbach im Erstfeldertal ist eines der größten Gewässer in Uri, die sich noch zur Stromgewinnung nutzen lassen. So erstaunt es auch nicht, dass die Vision eines Kraftwerks Erstfeldertal eine lange Geschichte hat. Bereits 1918, also vor gut 100 Jahren, wurden erste Stauversuche am Fulensee unternommen. In den 50er-, 60er- und auch 80er-Jahren rückte der Alpbach wieder in den Fokus der Energiegewinnung. Es wurden mehrere Projektstudien zur Nutzung des Bachs erstellt, die allesamt jedoch nie umgesetzt wurden. Vor rund 10 Jahren schließlich wurden nochmals verschiedene Projekte zur Wasserkraftnutzung im Erstfeldertal ausgearbeitet.
Trotz des großen Potenzials blieb die Vision eines Kraftwerks Erstfeldertal sehr lange ein Wunsch und drohte gar zu platzen. Es waren vor allem lokale Bedenken, die in den letzten Jahren ein Projekt für ein Wasserkraftwerk in weite Ferne rücken ließen.

Vision drohte zu platzen
Vor gut einem Jahr war ein Kraftwerk am Alp-bach im Erstfeldertal praktisch kein Thema mehr. Dem Kraftwerksprojekt drohte das endgültige Aus. Die KEV-Zusage (Anm. Kostendeckende Einspeisevergütung) für das Projekt zuhanden der Gemeindewerke Erstfeld wäre Ende 2017 endgültig ausgelaufen. Damit hätte das Projekt eine wichtige wirtschaftliche Basis verloren. Trotz der schwierigen Ausgangslage versuchte die Elektrizitätswerk Altdorf AG EWA, die Zusage für die kostendeckende Einspeisevergütung für das Kraftwerk verlängern zu lassen und erarbeitete gleichzeitig eine Vorstudie für ein kleineres Werk, sozusagen eine „abgespeckte Version“. Die Verlängerung der KEV-Zusage gelang Ende Dezember 2017. Das war der Startschuss für die Wiederbelebung des Projekts und einen damit verbundenen Wettlauf gegen die Zeit: Damit die KEV-Zusage nicht doch noch verfällt, mussten bis Ende 2018 die Konzession und die Baubewilligung für das Projekt vorliegen. Dieser Prozess nimmt in der Regel mehr als zwei Jahre in Anspruch.

Wettlauf gegen die Zeit
Ab Jahresende 2017 ging es Schlag auf Schlag mit dem Projekt Kraftwerk Erstfeldertal. Aus dem Fast-Stillstand nahm es rasch und rasant Fahrt auf. Im März 2018 einigten sich die Projektpartner – die Gemeindewerke Erstfeld, das EWA, der Kanton Uri und die Korporation Uri – über die neue Projektorganisation. Am 23. März 2018 reichten sie bereits das überarbeitete Konzessionsgesuch ein. Im Juni 2018 konnten wichtige Einigungen mit Direktbetroffenen erzielt werden. Ende Juli wurde das Baugesuch zur Vorprüfung eingereicht. Im August konnten sich die Träger des Projekts mit den Umweltschutzorganisationen einigen. Am 3. Oktober 2018 erteilte der Urner Landrat dem Projekt die Konzession ohne Gegenstimme. Am 19. Oktober 2018 wurde das Baugesuch publiziert und aufgelegt. Da keine Einsprachen eingingen, erhielt das Projekt Kraftwerk Erstfeldertal am 19. November 2018 schließlich die Baubewilligung.

Außergewöhnliche Anstrengung aller Beteiligter
Dieser Prozess im Zeitraffer, der einen Projektfortschritt bis hin zur Baubewilligung in weniger als der Hälfte der sonst üblichen Zeit möglich machte, ist eine einmalige und außergewöhnliche Leistung. „Wir wurden am Anfang fast belächelt und unser Vorhaben als nahezu unmöglich und zum Scheitern verurteilt taxiert“, erklärt Werner Jauch, Verwaltungsratspräsident der Kraftwerk Erstfeldertal AG. „Und es war tatsächlich ein sehr großer Effort von allen Beteiligten nötig, damit das Projekt nicht am äußerst engen Zeitplan scheiterte. Die Projektmitarbeitenden leisteten unzählige Überstunden und verzichteten auf Ferien und Freizeit im 2018. Sonst hätte es nicht gereicht.“ Ein weiterer Erfolgsfaktor für das Projekt ist die langjährige Erfahrung und das umfassende Know-how in allen Bereichen des Kraftwerkbaus. „Aus unseren zahlreichen Kraftwerksprojekten kennen wir die einzelnen Schritte der Projektierung und des Bewilligungsverfahrens ganz genau“, führt Werner Jauch aus. „Wir wissen, wie die Schritte ineinandergreifen, wie viel Zeit sie in Anspruch nehmen oder wer die wichtigen Anspruchsgruppen sind. Beim Kraftwerk Erstfeldertal kam uns weiter zugute, dass wir mit unserem Projekt aus dem Jahr 2008 schon Vorarbeit geleistet hatten, auf die wir zurückgreifen konnten.“

Kraftwerk Erstfeldertal AG gegründet
Das Kraftwerk Erstfeldertal ist ein Gemeinschaftswerk. Am 21. November 2018 gründeten die beteiligten Partner EWA (38 %), Gemeindewerke Erstfeld (38 %), Kanton Uri (16 %) und Korporation Uri (8 %) offiziell die Kraftwerk Erstfeldertal AG. Anschließend an die Gründungsversammlung fand die erste Sitzung des Verwaltungsrats statt, der Werner Jauch (Vorsitzender Geschäftsleitung EWA) als Verwaltungsratspräsident vorsteht. Vizepräsident ist Peter Dittli (GF Gemeindewerke Erstfeld). Rolf Müller (Generalsekretär Amt für Finanzen Kanton Uri), Kurt Schuler (Verwalter Korporation Uri) sowie Ruedi Cathry (Leiter Installation EWA) sind Mitglieder.

Überzeugendes Anlagenkonzept
Beim nun konzessionierten Kraftwerksprojekt handelt es sich im Vergleich zu den ursprünglichen Plänen um eine kleinere Nutzungsvariante. Das Triebwasser wird im Gebiet Schopfen auf 730 m Seehöhe gefasst, wobei maximal 5,5 m3/s eingezogen werden. Die Fassung besteht im Wesentlichen aus einer 9 m breiten Stauklappe, einem Grobrechen, zwei Einlaufschütze, einem Spülschütz, dem Feinrechen, einer horizontalen Rechenreinigungsmaschine und einem HSR-Entsandersystem. Daran anschließend gelangt das Triebwasser in eine Druckrohrleitung aus Stahl der Dimension DN1.400. Auf seinem Weg zur Maschinenzentrale strömt es durch die circa 1.000 m lange Rohrleitung, die zum Teil auch durch einen neu zu errichtenden Stollen führt, bevor es auf die Turbinen in der Maschinenzentrale trifft, die auf 484 m Seehöhe situiert wird. Hier sind drei Maschinen- einheiten mit einer Engpassleistung von insgesamt 11,5 MW untergebracht. Konkret handelt es sich um zwei baugleiche, größere Peltonturbinen mit einer Nennleistung von jeweils 5,75 MW und eine kleinere Winterturbine – ebenfalls eine Peltonturbine mit 0,65 MW. Alle drei Turbinen treiben dabei jeweils einen direkt gekoppelten Synchron- Drehstromgenerator an. Der erzeugte Strom wird auf eine gemeinsame 5,5-kV-Sammelschiene geführt und über einen Reguliertransformator 50/5,5-kV und via 50-kV GIS Schaltanlage ins Netz der Elektrizitätswerk Altdorf AG eingespeist.

Inbetriebnahme Dezember 2020
Die Inbetriebnahme der Winterturbine ist für Dezember 2020 geplant. „Wir investieren 36 Millionen Franken in das Kraftwerk Erstfeldertal“, erklärt Verwaltungsratspräsident Werner Jauch. „Im Betrieb wird es Strom für rund 7.200 Haushalte liefern. Die Energiestrategie des Kantons Uri feiert heuer ihr 10-Jahr-Jubiläum. Der Ausbau der Wasserkraft ist darin eine zentrale Stoßrichtung. Das Kraftwerk Erstfeldertal unterstützt zusammen mit den anderen neuen Kraftwerken Bristen, Gurtnellen, Schächen und Palanggenbach diese Strategie und auch die Energiestrategie des Bundes. Diese Kraftwerke sind wichtige Säulen einer erneuerbaren und sicheren Energieversorgung.“ Darüber hinaus sind die Kraftwerke auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für den Kanton Uri. Das gilt auch für das Kraftwerk Erstfeldertal. „Der überwiegende Teil der Wertschöpfung soll in und für Uri realisiert werden“, führt Werner Jauch aus. „Das Kraftwerk wird pro Jahr rund 500.000 Franken Wasserzinsen generieren und für zusätzliche Steuereinnahmen für die Gemeinde Erstfeld und den Kanton Uri sorgen. Und schließlich sichert das Projekt auch bestehende Arbeitsplätze.“

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