Salinenkraftwerk nach Revitalisierung wesentlich leistungsstärker – und leise obendrauf7 min read
Lesedauer: 5 MinutenEin weit über 100 Jahre in Betrieb stehendes Kleinkraftwerk in der Salzstadt Hallein wurde vom oberösterreichischen Wasserkraftprofi Jank GmbH in bemerkenswerter Weise revitalisiert.
Bis auf die bestehende Gebäudestruktur wurde die Traditionsanlage, die jahrzehntelang für die Stromversorgung der städtischen Saline gesorgt hat, in elektromechanischer Hinsicht auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Bei unveränderter Ausbauwassermenge und Fallhöhe konnte die vormals auf etwa 50 kW limitierte Engpassleistung durch den Einbau einer hydraulisch für den Standort optimierten Kaplan-Schacht-Turbine aus Jank-Eigenproduktion um mehr als 50 Prozent gesteigert werden. Für den Generatorenpezialisten Hitzinger stellte der Auftrag für das Jank Kraftwerk Saline eine besondere Premiere dar – zum ersten Mal in der Firmengeschichte fertigten die Linzer einen auf Permanent-Magnet-Technologie basierenden Wasserkraftgenerator.
In der rund 15 Kilometer südlich von Salzburg gelegenen Stadt Hallein waren Abbau und Handel mit dem weißen Gold Salz für viele Jahrhunderte die maßgeblichen wirtschaftlichen Faktoren. Die ältesten urkundlichen Aufzeichnungen zur Salzgewinnung reichen zurück bis Ende des 12. Jahrhunderts, noch viel früher bauten die Kelten Salz im Untertagebau ab – und zwar bereits ab 600 v. Chr. Heute wird das über 2.500 Jahre gepflegte Handwerk nur mehr in historischer Hinsicht – höchst anschaulich etwa im Keltenmuseum Hallein – am Leben erhalten, die städtische Saline hat ihren Betrieb bereits 1989 eingestellt. Die heute für kulturelle Veranstaltungen genutzten Produktionsanlagen der Saline waren im Zuge einer wirtschaftlichen Rationalisierung ca. Mitte des 19. Jahrhunderts auf der Pernerinsel im Halleiner Stadtkern errichtet worden. Rund 60 Jahre danach wurde die sukzessive modernisierte Produktionsstätte um ein eigenes Wasserkraftwerk ergänzt. Das etwa 1912 an einem Mühlbach im Stadtteil Neualm gebaute Kraftwerk war ursprünglich für die Versorgung einer örtlichen Zementfabrik genutzt worden. Nachdem das Kraftwerk den Besitzer gewechselt hatte, konnte die Saline über eine Direktleitung mit Strom versorgt werden.
Moderne Kaplan ersetzt Francis
Von der Salinenverwaltung wurde das Kraftwerk später an einen privaten Betreiber veräußert, 2001 übernahm der Innviertler Kleinwasserkraftspezialist Jank GmbH die Anlage. Siegi Jank, Konstruktionsleiter des in 4. Generation geführten Familienbetriebs betont, dass die Anlage bis zuletzt trotz ihres hohen Alters technisch gut in Schuss war: „Die über 100 Jahre alte Francis-Turbine und das später eingebaute mechanische Getriebe, das ein hölzernes Kammradgetriebe ersetzte, stammten beide von namhaften Herstellern. Zusätzlich hatte der Vorbesitzer, der offenkundig Wert auf regelmäßige Wartungen legte, eine elektrische Schaltanlage einbauen lassen. Früher wurde die Anlage von einem eigenen Kraftwerkswärter beaufsichtigt und manuell gesteuert, dieser lebte mit seiner Familie in einer dem Krafthaus angeschlossenen Wohnung.“ Gleich nach der Übernahme des Kraftwerks installierte Jank einen horizontalen Einlaufrechen inklusive vollautomatischem Rechenreiniger, im Herbst des Vorjahrs war schließlich die Zeit für die längst geplante Komplettsanierung gekommen. Vom Baustart im September 2018 bis zur Wiederinbetriebnahme im heurigen Frühjahr verging knapp ein halbes Jahr. Der Projektstart wurde an die alljährlich im Herbst stattfindende Abkehr des Mühlbaches gekoppelt, wodurch der Aus- und Einbau der Stahlteile bei trockenen Bedingungen erfolgen konnte. Dank des millimetergenau gefertigten neuen Saugrohres der Kaplan-Schacht-Turbine ersparte man sich gröbere Stemmarbeiten am Betonbau, noch vor dem Jahreswechsel waren die aufwändigsten Schritte der Bauphase abgeschlossen.
Oberstes Ziel: schall- und SCHWINGUNGSEmissionen vermeiden
Siegi Jank betont, dass das rundum erneuerte Kraftwerk Saline gleichzeitig den Status einer Versuchs- und Referenzanlage inne hat: „Wie bei unseren Eigenkraftwerken üblich, an denen verschiedenste Optimierungen vor der Übergabe an unsere Kunden ausführlich getestet werden, probieren wir auch beim Kraftwerk Saline wieder neue Dinge aus. Bei der Anlage in Hallein trifft das sowohl baulich-mechanisch als auch in elektrotechnischer Hinsicht zu.“ Den Hintergrund der Maßnahmen bilden die Pläne zur zukünftigen Nutzung der vorhandenen Wohnflächen im Kraftwerksgebäude. Aus der ehemaligen Dienstwohnung und dem Generatorraum sollen zwei separate Wohneinheiten entstehen. Damit die zukünftigen Bewohner und Nachbarn nicht durch Betriebsgeräusche oder Vibrationen des Maschinensatzes beeinträchtigt werden, wurde diesen Aspekten höchste Aufmerksamkeit zuteil. Um der Vibrationsthematik Herr zu werden, arbeitete Jank mit einem auf Messtechnik spezialisierten Unternehmen aus Wien zusammen. Basierend auf exakten Frequenzmessungen und Berechnungen konnte eine optimal für den Standort Saline abgestimmte Körperschalldämmung eruiert und eingebaut werden.
Hitzinger scheut keine Innovationen
Damit das inmitten eines Wohngebiets gelegene Kraftwerk nach dem Umbau auch in Sachen Schallemissionen Bestnoten erhält, beschritt die Jank GmbH in elektrotechnischer Hinsicht neue Pfade. Zum ersten Mal setzten die Innviertler bei einem ihrer Kraftwerke einen Hitzinger-Permanent-Magnet-Generator (PMG) ein. Diese in der Wasserkraftbranche noch relativ wenig verbreiteten Energiewandler zeichnen sich neben höchsten Wirkungsgraden vor allem durch ihren leisen Betrieb aus, kurzum die perfekte Lösung für das Kraftwerk Saline. Mit der Fertigung des PMG beauftragte Jank den Generatorenspezialisten Hitzinger, die oberösterreichischen Traditionsunternehmen verbindet mittlerweile eine über Generationen gepflegte Geschäftsbeziehung. Für die Hitzinger Electric Power GmbH, die auf mehr als 70 Jahre Erfahrung bei der Fertigung von Synchron-Generatoren für den Wasserkraftsektor verweisen kann, bedeutete der Auftrag ebenfalls Neuland, erklärt Hitzinger-Produktmanager Generatoren Gregor Bauer: „Die 2017 von der Fa. Jank erfolgte Anfrage zur Fertigung einer PMG-Maschine hat sofort unser Interesse geweckt, als ein für seinen Innovationsgeist bekanntes Unternehmen wollten wir uns federführend an dem Projekt beteiligen. In Summe haben unsere engagierten Mitarbeiter schließlich mehrere 100 Stunden Arbeitszeit in die Entwicklung und Fertigung des PMG investiert.“
Hochmagnetische Eigenschaften
Im Gegensatz zu Synchron-Generatoren, bei denen der elektrische Polradfluss am Rotor durch die Zuführung von Erregerstrom erzeugt wird, erfolgt der Aufbau des Polradflusses bei einem PMG durch den Einsatz starker Magnete. Die aus einer Neodym-Eisen-Bor-Legierung gefertigten Hochleistungsmagnete des Generators machten eine ganze Reihe von Sondermaßnahmen erforderlich, betont Gregor Bauer. Für die Fertigung des PMG wurde in der Hitzinger Zentrale im Linzer Stadtteil Wegscheid ein eigener, von der Haupt-Produktion abgetrennter Bereich geschaffen. Damit war sichergestellt, dass die Neodym-Eisen-Bor-Komponenten nicht durch feinen Metallstaub verunreinigt werden. Trotz des Wissens um die enormen Anziehungskräfte der verwendeten Bauteile mussten so manche Mitarbeiter körperliches Lehrgeld bezahlen, erwähnt Produktmanager Bauer mit einem Schmunzeln. „Die hochmagnetischen Bauteile haben bei der Fertigung mehrmals zu eingeklemmten Fingern geführt, ab dem Unterschreiten eines gewissen Abstands ziehen die Magnete kleine Metallteile, wie etwa einen lose in der Hand gehaltenen Schraubenschlüssel, mit Höchstgeschwindigkeit an.“ Um die elektrische Sensorik der Wuchtmaschine beim Wuchten des Rotors nicht zu beeinträchtigen, wurde diese speziell präpariert. Für das Umpressen des hochmagnetischen Rotors auf die Welle unter Zuhilfenahme von flüssigem Stickstoff wurde ebenfalls eine eigene Vorrichtung gebaut. Bauer betont, dass sich die Entwickler während des Projekts intensiv mit dem sogenannten „Grid Code“, den Netz- und Systemregeln der heimischen Übertragungsnetzbetreiber, auseinandersetzen mussten. Dazu konnte Hitzinger die bereits vorhandenen Berechnungsmodelle nutzen, die das elektrische Verhalten des Generators bis zum Einspeisepunkt simulieren. Dabei beschäftigte man sich im Speziellen mit dem bei PMG-Technologie besonders relevanten Themenfeld Blindleistungsregelung und der Zertifizierung von Anlagen.
PMG hält was er verspricht
Ein Lokalaugenschein im Krafthaus in Hallein beweist, dass der erste PMG von Hitzinger auffällig unauffällig arbeitet, direkt neben der Maschine stehend ist ein Gespräch in normaler Zimmerlautstärke problemlos möglich. Dafür verantwortlich sind vor allem zwei konstruktionsbedingte Eigenschaften: Zum einen die vergleichsweise langsame Drehzahl des direkt mit der Turbinenwelle gekoppelten Generators, pro Minute dreht der Maschinensatz mit 231 U/min. Zum anderen ist das Innenleben des PMG völlig luftdicht ausgeführt, wodurch die Schallemissionen aus einer ansonsten ins Gehäuse integrierten Luft- oder Wasserkühlung wegfallen. Für ideale Betriebstemperaturen sorgt stattdessen ein spezielles Kühlsystem, bei dem der Innenraum durch permanente Luftumwälzungen gekühlt wird. Laut Bauer plant Hitzinger für die Zukunft eine Erweiterung der Produktpalette. Die Technologie ist grundsätzlich sehr interessant für die Linzer. Entsprechende Kundenanfragen nimmt man bei Hitzinger gerne entgegen, versichert Bauer. „Im Zuge des rund 2-jährigen Projekts haben wir viel über die Konstruktion und Eigenheiten von PMG gelernt, anwenden können wir dieses Wissen aber in vielen verwandten elektrotechnischen Bereichen.“
KW Saline kann besichtigt werden
Nach der Inbetriebnahme des rundum erneuerten Kraftwerks im heurigen März wurde der leistungsstarke Maschinensatz einem ausgiebigen Probebetrieb unterzogen. Siegi Jank ist mit der Revitalisierung des Kraftwerks Saline grundsätzlich sehr glücklich. „Als Betreiber ist es für uns in erster Linie natürlich erfreulich, dass mit dem Umbau eine beachtliche Leistungssteigerung erzielt wurde. Trotz gleichbleibender Bruttofallhöhe von 2,8 m und 3,5 m³/s Ausbauwassermenge konnte die früher auf rund maximal 50 kW begrenzte Engpassleistung nun auf 77 kW erhöht werden, das ist schon sehr ordentlich.“ Obwohl der Einsatz des PMGs und die speziell angepasste Körperschalldämmung bereits sehr gute Ergebnisse liefern, will Jank die bereits im untersten Bereich liegenden Emissionen noch stärker minimieren. „Wir wollen bei der Anlage Saline im Sinne eines ‚proof of concept‘-Versuchs austesten, wie weit Lautstärke und Vibrationen vermieden werden können.“ Wer sich einen Eindruck von dem rundum erneuerten Kleinkraftwerk in Hallein machen möchte, stößt bei Betreiber Jank und Hitzinger definitiv auf offene Ohren und Türen – Termine zur Besichtigung vor Ort können bei den Wasserkraftprofis jederzeit telefonisch oder auf digitalem Wege per Mail ausgemacht werden.
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