Junger Kraftwerksbetreiber setzt an der Großen Mühl neue Leistungsstandards8 min read
Lesedauer: 6 MinutenDas traditionsreiche Kraftwerk Pfeffermühle im oberösterreichischen Mühlviertel startet in eine neue Ära. Nach einer Bauzeit von gerade einmal zehn Monaten …
… nahm der neue Betreiber der Anlage Markus Stockinger die Kleinkraftanlage in Steineck bei Rohrbach rundum modernisiert und vor allem energiewirtschaftlich optimiert wieder ans Netz. Mit einer nagelneuen doppeltregulierten Kaplanturbine von Global Hydro gelang es, die Engpassleistung des Kraftwerks gegenüber dem Altbestand nahezu zu verfünffachen. Das neue Kraftwerk Pfeffermühle liefert zukünftig im Regeljahr rund 780.000 Kilowattstunden.
Nein, Pfeffer wurde wohl nie am traditionsreichen Standort der „Pfeffermühle“ gemahlen, wie der Betreiber des Kleinkraftwerks bestätigt. „Der Name stammt wohl von einem der Besitzer, einem gewissen Herrn Pfeffer, in der langen Vergangenheit dieses Mühlenstandort. Die Wasserkraftnutzung hat hier eben eine lange Tradition. Die erste historisch belegte Erwähnung einer Mühle stammt aus dem Jahr 1456. Für eine Mühle und ein Sägewerk waren drei Wasserräder installiert. Erstmalig Strom wurde hier am Standort mit einer Gleichstrommaschine im Jahr 1910 produziert. Die letzte Maschine stammt aus den 1950ern“, erzählt Markus Stockinger, der die Pfeffermühle vor zweieinhalb Jahren gekauft hat. Trotz seiner jugendlichen 29 ist der Betreiber alles andere als ein „Wasserkraft-Greenhorn“. Seine Mutter betreibt im benachbarten Bayern seit vielen Jahren ein Kleinkraftwerk, er selbst war für einige Zeit beim Mühlviertler Wasserkraft-Allrounder Global Hydro Energy tätig. Er erkannte daher auch recht schnell, dass der Standort bislang nicht optimal genutzt wurde.
Wirtschaftlich nur mit mehr Triebwasser
„Das alte Kraftwerk war nicht schlecht beisammen, aber für eine wirtschaftliche Nutzung war es zu klein ausgelegt. Die Große Mühl weist ein Mittelwasser von 5,3 m3/s auf – und die alte Maschine konnte gerade einmal 2,5 m3/s schlucken. Über Monate hatte man daher am Wehr Überwasser“, so der neue Betreiber. Dass er überhaupt die Möglichkeit hatte, die Anlage zu erwerben, sieht er heute als „Glücksfall“. Es war das fortgeschrittene Alter, das den Vorbesitzer zum Verkauf bewog. Mit über 80 Jahren war ihm der Arbeitsaufwand zu viel geworden, seine Nachfahren waren auch nicht an einer Fortführung interessiert. Wichtig war dem Vorbesitzer, die Pfeffermühle in guten Händen zu wissen. Eine Sympathie war von Anfang an da, dadurch ist man sich schnell handelseinig geworden. „Noch im Frühling 2019 habe ich mit meinem Planer Dipl.-Ing. Helmut Mitterfellner mit den Planungen für den Umbau und die Erweiterung begonnen. Uns war sofort klar, dass die Wirtschaftlichkeit der Anlage nur über einen markanten Triebwasserausbau führt“, erklärt Markus Stockinger. Und das sollte auch gelingen. Letztlich erteilten die die Behörden dem Konzept mit einem Ausbaudurchfluss von 10,5 m3/s grünes Licht.
Behörden sehr aufgeschlossen
Mindestens ebenso aufwändig war die Erreichung eines weiteren Ausbauziels: Das Stauziel sollte um 17 cm erhöht werden. Was nach nicht allzu viel klingt, sollte sich jedoch als Herausforderung entpuppen, wie Stockinger bestätigt: „Dafür musste ich alle 11 Anrainer davon überzeugen, dass die Erhöhung keine wesentlichen Auswirkung auf das Grundwasserniveau hat. Am Ende ist man sich privatrechtlich einig geworden. Damit konnte die maximale Fallhöhe auf 2,52 m bei Qmax erhöht werden.“ Bis das neue Konzept in die Tat umgesetzt werden konnte, sollten allerdings noch ein paar Monate vergehen. Das Kraftwerk befindet sich im Natura 2000 Gebiet „Böhmerwald-Mühltäler“. Dementsprechend galt es die Richtlinien der Behörden exakt zu befolgen. Rückblickend sieht der Betreiber die Behördenverfahren aber durch die Bank positiv: „Ich muss den Behörden wirklich ein Kompliment machen. Man ist mir und meinen Plänen von Anfang an aufgeschlossen begegnet. Natürlich hat man uns Auflagen erteilt. Aber die waren begründet und nachvollziehbar – und letztlich für uns auch umsetzbar.“ Ende August letzten Jahres lagen sämtliche Genehmigungen auf dem Tisch. Die Bauarbeiten konnten beginnen.
Zeitgemäße Einlaufplanung
Gemäß den Planungen von Markus Stockinger und Ing. Roland Irregger von PI Mitterfellner GmbH war kein vollständiger Ersatzneubau vorgesehen. Teile des alten Kraftwerks sollten erhalten und in den Neubau integriert werden: „Von der alten Wehrmauer mit einer Gesamtlänge von 65 m haben wir rund 30 m erhalten. Und auch jenen Teil des Krafthauses mit der alten Francis-Turbine wollten wir beibehalten. Alles andere ist im Grunde neu gebaut worden“, so Stockinger. Hinzu kam eine Verlängerung des Auslaufkanals, der Neubau einer Fischaufstiegshilfe sowie ein komplett neu konzipierter Einlaufbereich. Letzterer wurde in einem 45-Grad-Winkel angelegt, um ein möglichst effektive Lenkwirkung auf die Fische in Richtung Fischaufstiegshilfe zu erzeugen. Am Grund des 11,5 m breiten Feinrechens wurde eigens ein Betonsockel errichtet. Dieser dient einerseits dazu, Geschiebe hintanzuhalten, aber auch um Krebsen und anderen Kleintieren am Flussgrund daran zu hindern, bis zum Rechen vorzudringen. „In all den ökologischen Belangen war uns Mag. Clemens Ratschan von ezb-TB Zauner GmbH eine sehr wertvolle Hilfe. Er hat auch alle ökologischen Pläne zu unserer vollsten Zufriedenheit erstellt“, so der Betreiber. Der Feinrechen selbst weist aus Fischschutzgründen den engen Stababstand von 13 mm auf. Damit sich dennoch nichts verklemmt und den Wasserzutritt blockiert, wurden die Stäbe mit einem speziellen, beidseitigen Fischbauchprofil ausgeführt. „Das funktioniert einwandfrei. Dank dieses Profils bleibt so gut wie nichts hier am Rechen hängen“, freut sich der Betreiber. Gereinigt wird der zweiteilige Rechen von zwei stationären Teleskoparm-Rechenreinigungsmaschinen. Der gesamte Stahlwasserbau, zu dem auch die beiden Dammtafeln zählen, wurde vom sächsischen Stahlwasserbau-Profi Onnen-Krieger geliefert.
Turbinenwahl stand fest
Auch was das maschinelle Herz seines Kraftwerks anging, hatte Markus Stockinger klare Vorstellungen: „Mir war wichtig, dass die alte Francis-Turbine nicht auf der Alteisendeponie landet – dafür war sie einfach noch zu gut. Daher haben wir – das heißt mein handwerklich sehr versierter Bruder Maximilian und ich – sie in Eigenregie saniert.“ Die beiden Brüder bauten die Maschine aus, nahmen sie auseinander, reinigten sie mittels Sandstrahlen, trugen Korrosionsschutz auf und montierten sie wieder in professioneller Weise. Sogar die Außenlackierung des Maschinengespanns wurde so gewählt, dass sie exakt zur direkt daneben installierten neuen Maschine passt. Natürlich wusste der junge Wasserkraftfachmann auch ganz genau, welcher Turbinentyp für den neuen Maschinensatz in Frage kommt: „Schon als ich die Idee hatte, hier ein Kraftwerk zu bauen, war mir klar, dass die Turbine nur von Global Hydro kommen kann. Aus meiner eigenen Zeit bei dem Unternehmen weiß ich einfach um die Qualität der Maschinen. Außerdem gibt mir der Service von Global Hydro ein gutes Gefühl. Ich weiß, dass – wenn es einmal ein Problem gibt – der Kunde nicht hängengelassen wird. Außerdem werden bei Global Hydro Problemlösungen immer ordentlich gemacht, Husch-Pfusch-Aktionen habe ich nie erlebt“, erzählt Stockinger. Das Maschinengespann ist keine billige Lösung. Aber das war es auch nicht, was der Betreiber wollte: „Ich will eine zuverlässige Maschine, die über viele Jahre hält, was man sich von ihr verspricht.“
Vier Wochen unter Volllast
Bei der neuen Turbine handelt es sich konkret um eine doppeltregulierte Kaplan-Turbine, die bei einer Netto-Fallhöhe von 2,52 m und einer Ausbauwassermenge 8 m3/s auf eine Nominalleistung von 179 kW kommt. Das knapp 1,6 m große Laufrad, das mit 150 Upm dreht, überträgt die Energie mittels Riemenantrieb an den Rotor des Generators. Dieser dreht mit 600 Upm. Im Regelbetrieb arbeitet die Maschine nicht nur effizient, sondern auch ex-trem geräuscharm. Ein weiterer Punkt, der Markus Stockinger in der Richtigkeit seiner Maschinenwahl bestätigt.
Zusammen mit der alten Francis-Turbine lässt sich nun das hydrologische Potenzial am Standort voll ausschöpfen. Dank der Stauzielerhöhung und der Verlängerung des Unterwasserkanals registrierte der Betreiber mit Freude auch eine Effizienzsteigerung bei der alten Maschine auf nunmehr 57 kW. Stockinger rechnet nun mit mindestens drei bis vier Wochen, in denen er seine Anlage mit voller Beaufschlagung betreiben und das energiewirtschaftliche Maximum aus seinem Kraftwerk holen kann.
Fernbedienbarkeit als Argument
Eine zentrale Bedeutung bei jedem modernen Kleinwasserkraftwerk kommt heute der Steuerungs- und Leittechnik zu. Das war auch beim neuen Kraftwerk Pfeffermühle nicht anders. Markus Stockinger vertraute dabei auf das weltweit erprobte Steuerungssystem HEROS 4.0 von Global Hydro als nahezu logische Ergänzung zum Maschinensatz. „Einerseits war für mich ganz wichtig, dass ich das Kraftwerk auch von der Ferne kontrollieren und steuern kann. Schließlich liegt mein Wohnort ja jenseits der bayerisch-österreichischen Grenze, rund 35 km entfernt. Anderseits war mir in diesem Punkt wichtig, nur einen Ansprechpartner zu haben. Damit fällt einfach eine Schnittstelle weg. Man muss sich ja auch vorstellen, dass die Kommunikation zwischen unterschiedlichen Firmen immer wieder über den Betreiber läuft. In diesem Fall kennen sich die Mitarbeiter und können sich damit auch alles untereinander ausmachen.“
Quantensprung für die Produktion
Am 15. Juli dieses Jahres war es schließlich soweit. Trotz einiger Corona bedingter Verzögerungen konnte die Anlage erstmalig in Betrieb genommen und der erste Strom ins Netz gespeist werden. „Seitdem läuft die Anlage ohne nennenswerte Unterbrechung durch. Selbst im Probebetrieb musste nicht mehr viel umgestellt werden“, erklärt ein zufriedener Betreiber. Bis Anfang November hat sie bereits rund 190.000 kWh produziert. Verständlich, dass Markus Stockinger zuversichtlich ist, die für ein Regeljahr avisierten 780.000 kWh zu erreichen. Im Nachhinein kann der Betreiber ein rundum positives Fazit über das Umbau- und Erweiterungsprojekt ziehen. „Gerade wenn man bedenkt, dass hier am Standort noch vor wenigen Jahren eine Wasserkraftschnecke mit gerade einmal 30 kW Leistung geplant war, ist die Lösung mit den zwei Turbinen doch ein Quantensprung in der energiewirtschaftlichen Nutzung“, so der Betreiber. Im gleichen Atemzug bedankt sich Markus Stockinger auch bei der Baufirma und den Nachbarn: „Die erfolgreiche Umsetzung war letztlich nur dank einem erfahrenen Polier und dem großen Verständnis der Nachbarn möglich.“ Angesichts der aktuellen Strompreise und der Tatsache, dass er eine Zusage für eine Tarifförderung durch die OeMAG in der Tasche hat, kann er den nächsten Jahren absolut beruhigt entgegenblicken. Mit seinem Maschinengespann wird er wohl noch ein paar Jahrzehnte Freude haben.
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