Ökologische Aufwertung und Leistungssteigerung am Kraftwerk Grépiac5 min read
Lesedauer: 4 MinutenDie ökologische und leistungstechnische Verbesserung bestehender Anlagen an der Ariége in Südfrankreich ist in vollem Gange: Sukzessive werden die dortigen in die Jahre gekommenen Kraftwerke mit modernen Fischpässen, Fischabstiegssystemen, effizienten Turbinen und neuester Elektronik aufgerüstet. In diesem Zuge wurde auch das Kraftwerk Grépiac an neueste Erkenntnisse zum Thema Durchgängigkeit angepasst und mit zwei neuen leistungsstarken DIVE-Turbinen à 560 kW ausgestattet.
Das Kraftwerk Grépiac liegt an der Ariége etwa 45 Autominuten südlich von Toulouse. Das Kraftwerk war seit 1960 mit einer Kaplanturbine am Netz und 1980 im Zuge einer Modernisierung mit einer zusätzlichen Francisturbine nachgerüstet worden. Da die erwartete Nennleistung nicht mehr erbracht wurde, entschied sich der Betreiber 2016 für eine Komplettsanierung des Kraftwerks. Die bestehenden Turbinenkammern wurden zurückgebaut bzw. geschlossen und uferseitig zwei neue Turbinenkammern eingebaut. Die Maßnahmen zur ökologischen Verbesserung des Kraftwerks waren der Bau eines Fischpasses, eines Feinrechens vor den Turbinenkammern sowie die Reaktivierung einer bestehenden Kayakschleuse an der gegenüberliegenden Uferseite.
Kraftwerksarchitektur
Im Zuge der Modernisierung wurden die bestehenden Turbinenkammern zurückgebaut und durch neue Turbinenkammern mit einem separaten mobilen Krafthaus ersetzt. Da es sich bei den Turbinen um hochwasserfeste DIVE-Turbinen mit direkt verbundenem Generator handelt, ist am Einbauort der Turbine kein Maschinenhaus notwendig. Die Leistungselektronik und Kraftwerkssteuerung wurden hochwasserfest in einem Transportcontainer installiert. Am Einlauf des Kraftwerks befinden sich vier Wehrtafeln und direkt dahinter ein sehr flach angestellter Vertikalrechen mit vier Abstiegsöffnungen zum Bypass ins Unterwasser. Die Turbinenkammern liegen auf der Wehrachse und sind mit zwei DIVE-Turbinen mit je 560 kW ausgestattet. Neben den beiden Turbinenkammern für die DIVE-Turbinen wurde der unterirdische Teil der Kaplan-Turbinenkammer erhalten. Bei ausreichendem Wasserdargebot kann dort eine weitere Turbine eingesetzt werden.
Fischtreppe in Vertical-Slot-Bauweise
Die neu erbaute Fischtreppe am Kraftwerk Grépiac ist als Schlitzpass mit 17 Kammern ausgeführt. Um die Attraktivität für den Aal zu steigern, wurden in den Kammern Zylinder eingesetzt, die dem Aal den Aufstieg attraktiver machen und auch als Versteckmöglichkeit dienen. Die Dotation ist auf einen Durchfluss von 1 m3/s ausgelegt.
Feinrechen mit Abstiegsöffnungen
Der flach angestellte Feinrechen mit 26° Neigungswinkel hat einen Stababstand von 20 mm bei einer Gesamtbreite von 22 m. Durch vier Abstiegsöffnungen mit einer Breite zwischen zwei und fünf Metern können die abstiegswilligen Fische, die nicht über das Wehr oder die Fischtreppe absteigen, über einen Bypass direkt ins Unterwasser gelangen.Dieser Bypass ist mit einer Wassermenge von 2,80 m3/s beaufschlagt. Der Rechenreiniger besteht aus drei nebeneinander angeordneten Harken. Gefertigt und eingebaut wurden die Rechenelemente sowie der Rechenreiniger vom langjährigen französischen Partner der DIVE Turbinen GmbH & Co. KG vor Ort.
Turbinen für schwankende Fallhöhen
Die besondere Herausforderung im Bereich der Turbinentechnik lag beim Projekt Grepiac darin, dass die Fallhöhe starken Schwankungen von 2,70 m bis 4,00 m unterliegt. Die Turbinenwahl fiel daher auf zwei DIVE-Turbinen, die sich in Frankreich im Bereich Niedergefälle in den vergangenen Jahren gut etabliert haben. DIVE-Turbinen haben im Vergleich zu Kaplanturbinen feste Laufradschaufeln und werden über die Drehzahl mit Umrichtern geregelt. Dies bietet die Möglichkeit, den Wirkungsgrad nicht nur bei schwankenden Durchflüssen, sondern auch bei stark variierenden Fallhöhen zu optimieren. Obwohl die Umrichterverluste äußerst gering sind, sind beim Kraftwerk Grépiac eine einfach geregelte, drehzahlfeste und eine doppelt geregelte drehzahlvariable Maschine kombiniert. So kann das Kraftwerk in jedem Betriebspunkt die optimale Leistung erbringen. Mit Blick auf die zunehmenden Extremwetterlagen bietet die DIVE-Turbine einen weiteren Vorteil: der Generator ist direkt mit der Turbinenwelle verbunden und dank eines patentierten Dichtsystems dauerhaft und physikalisch unumgänglich hochwasserfest. Am Kraftwerk Grépiac sind die Generatoren permanent überspült und somit auch triebwassergekühlt.
Fischverträgliche Turbinen
Trotz der Kraftwerksarchitektur, die einen Fischdurchgang durch die Turbinenkammer selbst sehr unwahrscheinlich macht, erfüllen die installierten DIVE-Turbinen auch sämtliche Maßgaben für fischverträgliche Turbinen: aufgrund der festen Schaufeln sind zwischen Nabe und Schaufeln keine Spalte, die ein Einklemmrisiko für durchschwimmende Fische darstellen. Auch der Spalt zum Laufradmantel ist kleiner als 2 mm, da die Schaufeln nicht verstellt werden müssen und somit keine Toleranzen für ein Lagerspiel etc. einzuhalten sind. Die Nenndrehzahl ist mit 150 rpm deutlich geringer als bei einer gleich dimensionierten Kaplanturbine und wird in Teillast noch deutlich reduziert, was das Kollisionsrisiko für die durchschwimmenden Fische auf nahezu null reduziert. Während die Empfehlung für Kaplanturbinen im Hinblick auf Fischverträglichkeit lautet, diese möglichst nur in Volllast bei voll geöffneten Schaufeln zu betreiben, kann die DIVE-Turbine den Vorzug der voll geöffneten Schaufeln über den gesamten Betriebsbereich bieten und vermindert sogar
das Kollisionsrisiko in Teillast bei geringerer Drehzahl.
Transport, Montage und Betrieb
Die DIVE-Turbinen wurden am Standort der DIVE Turbinen GmbH & Co. KG in Amorbach, Bayern gefertigt, vollständig montiert und pünktlich zum geplanten Einbauzeitpunkt per Schwertransport nach Südfrankreich versendet. Aufgrund der Tatsache, dass der Generator direkt mit der Turbinenwelle verbunden und die gesamte Einheit gekapselt ist, kann dieses Maschinengespann als Ganzes und mit sehr geringem Aufwand an die Bauwerkstoleranzen vor Ort eingebaut werden. Dies bietet den Vorteil, dass die Endmontage und umfangreiche Tests der gesamten Maschinen bereits im Werk stattfinden können. Die Turbinen wurden am Standort Grépiac innerhalb weniger Stunden eingebaut und verkabelt und sind seit Anfang November startbereit.
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