Ökologie

Modifizierter Denilpass bringt große und kleine Fische ins Oberwasser6 min read

11. Jänner 2025, Lesedauer: 5 min

Modifizierter Denilpass bringt große und kleine Fische ins Oberwasser6 min read

Lesedauer: 5 Minuten

Beim steirischen Wasserkraftwerk Leims an der Liesing überwinden die Fische das ca. 8 m hohe Wehrbauwerk seit gut 1,5 Jahren durch ein innovatives Fischaufstiegssystem. Aufgrund der begrenzten Platzverhältnisse am Wehrstandort entschieden sich die Betreiber, die Unternehmensgruppe Gebr. Haider, für den Einsatz des Modifizierten Denilpass (eco²-Fischpass), der den Gewässerbewohnern eine barrierefreie Passage ins Oberwasser ermöglicht. Durch die namensgebenden Modifikationen gewährleistet der eco²-Fischpass auch schwimmschwächeren bzw. sohl­orientierten Arten einen mühelosen Aufstieg über große Höhenunterschiede hinweg. Seinen Funktionsnachweis lieferte der eco²-Fischpass von der Grazer eco² fish solutions GmbH beim Kraftwerk Leims durch ein biotisches Monitoring, das im Vorjahr erfolgreich absolviert wurde.

Kraftwerk Leims Titelbild
Der eco²-Fischpass sorgt bei der Wehranlage des Kraftwerks Leims für die gewässerökologische Durchgängigkeit.
© Gebr. Haider

Die Unternehmensgruppe Gebr. Haider hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als zuverlässiger Partner in der Wasserkraftbranche etabliert. Davon zeugen eine Vielzahl realisierter Kraftwerke unterschiedlicher Bauart und Leistungsklassen, die von den Fachleuten der Unternehmensgruppe errichtet wurden. Neben der Projektierung, Finanzierungs- und Behördenabwicklung sowie der Umsetzung der gesamten Hoch- und Tiefbauarbeiten für Kundenanlagen sind die Gebr. Haider auch als Errichter und Betreiber von Eigenkraftwerken aktiv. Eine der ersten selbst gebauten und betriebenen Anlagen ist das Kraftwerk Leims an der Liesing, das seit Ende der 1980er Jahre im steirischen Bezirk Leoben sauberen Strom erzeugt. Nach über drei Jahrzehnten Dauerbetrieb wurde die Anlage zwischen 2020 und 2021 im Rahmen einer Komplettrevitalisierung auf den modernen Stand der Technik gebracht. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Erneuerung des hydroelektrischen und leittechnischen Equipments im Maschinengebäude. Dank der Erneuerung der beiden Kaplan-Turbinen mit ca. 600 kW Gesamtleistung sowie der Restwasser-Turbine konnte das Regelarbeitsvermögen des Kraftwerks durch die wiedergewonnene Betriebssicherheit um ca. 50 Prozent gesteigert werden.

Kraftwerk Leims Anlieferung Denil Elemente 122 x 79 mm
Die insgesamt sechs Modifizierten Denilpässe wurden komplett vormontiert angeliefert.
© Gebr. Haider

Neuer Fischaufstieg notwendig
Für die Wiederverleihung der Wasserrechtskonzession war auch die Erneuerung der vorhandenen Fischaufstiegshilfe gefordert, deren Funktionalität nicht mehr den aktuellen Erfordernissen entsprach, erklärt der Gebr. Haider Bereichsleiter Energie Christian Mandl: „Wegen der begrenzten Platzverhältnisse an der Wehranlage und des großen Höhenunterschieds zwischen Ober- und Unterwasserbereich von ca. 8 m hatte man zunächst ein kombiniertes System geplant. Dabei sollten ein technisch­er Schlitzpass und eine Fischaufstiegsschnecke zum Einsatz kommen, um die beträchtliche Höhendifferenz auf möglichst geringer Fläche zu überwinden.“ Diese im Zuge des Behördenverfahrens bereits bewilligte Variante stellte sich laut Christian Mandl in der Ausführungsplanung allerdings als zu aufwändig dar: „Bei näherer Betrachtung musste man sich eingestehen, dass die Kombination aus Schlitzpass und Fischaufstiegsschnecke für diesen Standort mit zu hohem Bauaufwand und Gestehungskosten verbunden war, weswegen eine alternative Lösung angestrebt wurde.“ Fündig wurden die Betreiber bei der in Graz ansässigen eco² fish solutions GmbH, deren Geschäftsführer Georg Seidl ein traditionelles Fischaufstiegssystem funktionell auf den nächste Level gehoben hat.

Kraftwerk Leims Ruhebecken verdichtete 122 x 91 mm
Für die fachmännische Herstellung der neuen Fischaufstiegshilfe beim Liesing-Kraftwerk sorgten die Gebr. Haider natürlich in Eigenregie.
© Gebr. Haider

Auch für schwache Schwimmer geeignet
„Der Modifizierte Denilpass (eco²-Fischpass) stellt eine Weiterentwicklung des Standard­-Denilpasses dar, welcher aufgrund seiner platzsparenden, einfachen Errichtung und der geringen Baukosten bis in die 90er-Jahre auch in Europa vielerorts umgesetzt wurde. Allerdings war dieser Bautyp gegenüber kleinen schwimmschwachen Fischen sehr selektiv, und für die Passage von bodenorientierten Fischen ungeeignet“, erklärt der Entwickler. Das weiterentwickelte System, das in enger Kooperation mit der TU Graz entstanden ist, un­terscheidet sich vom herkömmlichen Denilpass durch das Einbringen einer Substratgabione und einer neuartigen Lamellengeome­trie. Die damit verbundenen Optimierungen der Strömungseigenschaften konnten im Rahmen mehrerer Versuchsanordnungen im Wasserbaulabor bestätigt werden. In der Praxis stellt der eco²-Fischpass seine Tauglichkeit an mittlerweile 24 Standorten unter Beweis, wobei an 21 Anlagen die Funktionsfähigkeit auch für Kleinfische und bodenorientierte Arten mittels biotischen Monitorings bestätigt wurde. „Der Vorteil dieses Bautyps liegt neben den reduzierten Kosten, der deutlich verringerten Dotation und dem geringen Platzbedarf auch in der einfachen Wartung. Durch einfache Drosselung der Dotation kann der Wartungszustand der Fischaufstiegshilfe schnell und effizient überprüft werden. Die ziehbaren Lamellen ermöglichen eine einfache und schnelle Wartung. So erhöht sich bei gezogenen Lamellen der Durchfluss und die Fließgeschwindigkeiten im System, wodurch der Fischaufstieg effizient gespült werden kann“, so Georg Seidl.

Kraftwerk Leims Ruhebecken leer 122 x 91 mm
Zwischen den Ruhebecken überwinden die Fische jeweils 107 cm Höhendifferenz.
© Gebr. Haider

Unkomplizierte Montage
Nachdem die Änderung des Fischaufstiegskonzepts auch von behördlicher Stelle bewilligt worden war, konnten die Gebr. Haider die bauliche Umsetzung Ende 2021 starten. Im Wesentlichen besteht der Fischaufstieg aus sechs Denil-Elementen und sieben Ruhebecken, die jeweils alternierend angeordnet sind. Bei der baulichen Umsetzung wurden zunächst die Ruhebecken, zwischen denen ein Höhenunterschied von jeweils 130 cm besteht, betoniert. Als nächster Schritt folgte das Einbringen der inklusive Substratgabionen angelieferten Denil-Elemente, die mit einem mobilen Schwerlastkran eingehoben wurden. Finalisiert wurde der Einbau durch das Fixieren und Abdichten der einzelnen Elemente und dem abschließenden Einschottern. Die Inbetriebnahme und Funktionstests der neuen Fischaufstiegsanlage konnten schließlich im Herbst 2022 erfolgen. Weiterhin in Betrieb belassen wurde auch der alte Beckenpass, der mit 35 l/s dotiert wird und somit ein Trockenfallen des Tosbeckens im Unterwasserbereich verhindert. Der neue eco²-Fischpass wird mit konstant 260 l/s dotiert. Im Vergleich zum Vertical-Slot-Pass, der zum Betrieb mindestens 400 l/s benötigt hätte, steht somit mehr Wasser zur Verfügung, das von der Restwasser-Turbine des Kraftwerks abgearbeitet werden kann.

Kraftwerk Leims FAH begrünt 122 x 91 mm
Die Funktionalität des Modifizierten Denilpass wurde im Rahmen eines biotischen Monitorings im Jahr 2023 nachgewiesen.
© Georg Seidl
Kraftwerk Leims FAH Becken montiert 90 x 120 mm
Der eco²-Fischpass benötigt erheblich weniger Wasser als ein technischer Schlitzpass.
© Gebr. Haider

Funktionalität erneut bestätigt
Christian Mandl zieht ein positives Resümee über den ersten eco²-Fischpass bei einem Kraftwerk der Gebr. Haider: „Unter dem Strich kann man sagen, dass das gewählte System aufgrund der beengten Platzverhältnisse und der Topographie die kostengünstigste und auch die vernünftigste Variante dargestellt hat. Alles andere wäre mit höheren Kosten, längerer Bauzeit und aufwändigerer Abwicklung verbunden gewesen. Dabei hat auch die Zusammenarbeit mit Georg Seidl, der das Projekt von Beginn an mit großem Engagement begleitet hat, sehr gut funktioniert.“ Georg Seidl betont neben den Faktoren Flächen- und Kosteneffizienz auch die ökologische Funktionalität des eco²-Fisch­pass: „Während des im Jahr 2023 durchgeführten Monitorings konnte die Funktionsfähigkeit der Fischaufstiegshilfe beim Kraftwerk Leims bestätigt werden. Trotz des schlechten Fischbestandes im Unterwasser war es möglich, während des Beobachtungszeitraums mehrere hundert Fische zu zählen. Darunter waren auch mehrere Koppen, eine bodenorientierte Fischart, welche die alten herkömmlichen Denil-Fischpässe nicht passieren konnte.“ Sehr erfreut zeigt sich Georg Seidl über die Tatsache, dass bei der aktuellen Überarbeitung des Leitfadens für Fischaufstiegshilfen der eco²-Fischpass für einige Regionen zum Stand der Technik erklärt wird.

Erschienen in zek HYDRO Ausgabe 2/2024

Teilen: