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OÖ Stahlwasserbauprofis sanieren Grundablass von bayerischem Welterbe-Kraftwerk7 min read

2. Feber 2025, Lesedauer: 6 min

OÖ Stahlwasserbauprofis sanieren Grundablass von bayerischem Welterbe-Kraftwerk7 min read

Lesedauer: 6 Minuten

Es war absolut kein alltäglicher Auftrag für die versierten Stahlwasserbauexperten von Braun Maschinenfabrik: Der Sanierungsauftrag für den Grundablass des LEW-Traditionskraftwerks Meitingen am Lechkanal forderte das gesamte Know-how der erfahrenen Branchenprofis aus dem oberösterreichischen Vöcklabruck. Rund sieben Monate nahmen die Arbeiten in ­Anspruch, um die Optimierung des Grundablassschützes der Wehranlage fertig zu stellen. Seit April dieses Jahres ist das Verschlussorgan wieder in Betrieb – und erfüllt seinen Dienst heute besser denn je.

Wasserkraftwerk Meitingen
Im Frühling dieses Jahres konnte der komplett sanierte Grundablassschütz an der Wehranlage des bayerischen Welterbe-Kraftwerks Meitingen wieder remontiert werden. Der Auftrag stellte die Ingenieure von Braun Maschinenfabrik vor einige knifflige Herausforderungen.
© Braun

Weit mehr als nur ein Ökostromlieferant: Das Kraftwerk Meitingen am Lechkanal im Landkreis Augsburg zählt nicht nur zu den leistungsstarken Traditionskraftwerken des bayerischen Energieunternehmens LEW, sondern ist auch Teil des UNESCO-Welterbes, das unter dem Überbegriff „Augsburger Wassermanagement-System“ bekannt ist. 1922 hat LEW das Kraftwerk in Betrieb genommen, in dem drei Francis-Doppelturbinen installiert sind. Das Besondere daran: Noch heute ist der originale Maschinensatz aus der Gründerzeit in Betrieb, auch wenn dieser schon das eine oder andere Mal in der Vergangenheit ertüchtigt und modernisiert wurde. Aufgrund seiner historischen Bedeutung steht die Anlage für die Transition vom Kleingewerblichen hin zum Industriellen und für die Entwicklung der Wasserkraft in der Region. Nicht zuletzt aus diesen Gründen erfolgte die Aufnahme in die Welterbe-Liste.

Wasserkraftwerk Meitingen
Der Altbestand präsentierte sich in keinem guten Zustand: Die Schützentafel wies im Kopf- sowie im Sohldichtungsbereich unter voller Belastung eine zu hohe Durchbiegung auf und war daher nicht dicht.
© Braun

 

Wasserkraftwerk Meitingen
Nachdem die Schützentafeln im Braun-Werk gereinigt und präzise vermessen worden sind, kamen die Hauptmängel der Bauteile ans Tageslicht.
© Braun

Die Folgen starker Korrosion
Trotz stetiger Modernisierung durch den Eigentümer der Anlage zeigen die meisten Bauteile eines 100-jährigen Wasserkraftwerks, dass die Zeit nicht spurlos an ihnen vorübergegangen ist. Das trifft natürlich auch auf die Wehranlage zu, deren Betriebssicherheit vollständig gewährleistet war, deren Grundablass nun aber einer grundlegenden Sanierung unterzogen werden sollte. Zu diesem Zweck wandte sich der Betreiber LEW an den renommierten oberösterreichischen Stahlwasserbauexperten Braun Maschinenfabrik, der gerade im Bereich von Wehrsanierungen auf eine lange Referenzliste verweisen kann.

Wasserkraftwerk Meitingen
Die Hauptführungsschienen waren wellig, und die Armierungen nicht in der Lotrechten.
© Braun

Konkret umfasste der Auftrag, der im Sommer 2023 an die Braun Maschinenfabrik erging, die Revision der Hydraulikanlage, des Grundablassschützes und des Regulierschützes, die Überarbeitung der Armierung sowie die Montage und Inbetriebnahme der Anlage. Doch was hier wie ein Routineauftrag klingt, sollte sich zu einem wesentlich komplexeren Projekt entwickeln, wie Dipl.-Ing. (FH) Alfred Mayr, Leiter des Bereichs Verkauf Stahlwasserbau bei Braun bestätigt: „Dass sich das ursprüngliche Auftragsvolumen für die Umsetzung erhöhen würde, wurde uns schnell klar, als die beiden Schütze bei uns im Werk eingetroffen waren.“ Erste Gründe dafür wurden bereits bei der Demontage offensichtlich: „Im Rahmen der Demontage war das Ausbolzen des Grund­ablasses aufgrund von Korrosion nicht mehr möglich. Als Konsequenz mussten die Anhängelaschen mechanisch abgetrennt werden, was natürlich bedeutete, dass selbige neugefertigt und befestigt werden mussten.“ Für die Stahlwasserbauer der erste unerwartete Mehraufwand, doch weitere sollten nicht lange auf sich warten lassen.

Wasserkraftwerk Meitingen
Seit 1922 mit bauzeitlicher Maschinenausstattung in Betrieb: Das UNESCO-Welterbe-Kraftwerk Meitingen am Lechkanal.
© Wikipedia_Jkü

Undichte Schützentafel
Nachdem die Bauteile geprüft und hochpräzise vermessen wurden, gewannen die Stahlbauexperten einen ersten Überblick über die kleinen und größeren Unzulänglichkeiten der Schützen bzw. der Armierung. Einen zentralen Punkt stellte etwa die Durchbiegung der Schützentafel dar, welche die Ingenieure von Braun mithilfe einer FE-Berechnung genauer unter die Lupe genommen hatten. „Das heißt, dass die Tafel in der Theorie und auch in der Praxis nie völlig dicht gewesen war“, erklärt der erfahrene Fachmann Thomas Oberanzmair von Braun Maschinenfabrik. In der Folge wurde die Statik nachgerechnet und festgestellt, dass der Grundablassschütz im Sohlbereich stahlwasserbaulich von Haus aus etwas stärker dimensioniert hätte sein können. „Für unser Team bedeutete das: Statik komplett neu rechnen, zudem die Struktur des Schützes teilweise aufschneiden und neue Träger und Versteifungen einschweißen“, erläutert Thomas Oberanzmair einen weiteren unerwarteten Mehraufwand. Mit der Durchbiegung der Schützentafel hing offensichtlich auch das unerwünschte Schwingungsverhalten im geschlossenen Zustand zusammen. Mit der erfolgten Verstärkung der Tafel konnte man auch diesem Problem beikommen.

Wasserkraftwerk Meitingen
Die Struktur des Schützes wurde teilweise aufgeschnitten und neue Träger und Versteifungen eingeschweißt.
© Braun

Armierungsleisten mit Präzisionsdefizit
Als weitere Herausforderung kamen die Armierung mit den Führungsschienen und Dichtflächen hinzu, die sich bei den Vermessungsarbeiten nach Ausbau der Schützen als sanierungsbedürftig herausgestellt hatten. Auf beiden Schützenseiten stellten die Techniker von Braun Abweichungen zur Lotrechten im zweistelligen Millimeterbereich fest. Hinzu kam, dass sich die Hauptführungsschienen für die Laufrollen sehr wellig präsentierten. Um die Abweichungen größtenteils zu egalisieren, wurden die Hauptlaufschienen sowie die Gegenführungen in geringerem Maß partiell abgefräst, sowie neue Niroleisten als Dichtflächen aufgeschweißt. Um Platz für den Spurkranz zu schaffen, musste außerdem der Beton unmittelbar neben der Schiene ausgeschnitten werden. „Die Änderungen an der Geometrie der Armierungsleisten zog entsprechend auch eine weitere notwendige Anpassung nach sich: Die Durchmesser der Laufräder mussten dahingehend adaptiert werden. Konkret bedeutete dies die Neufertigung sämtlicher Laufräder“, erklärt Alfred Mayr.

Wasserkraftwerk Meitingen
Nach Lackierung und der Versiegelung mit Korrosionschutz war das Regulierschütz bereit zum Rücktransport an den Lechkanal.
© Braun

Umfangreiches Sanierungsprogramm
Ungeachtet der umfangreichen Sonderspezifikationen, mit denen die Ingenieure von Braun Maschinenfabrik konfrontiert waren, wurden die Stahlwasserbaukomponenten natürlich den üblichen Sanierungsmaßnahmen lege artis unterzogen. Das begann nach der Demontage mit Reinigung, Sandstrahlung, Vermessung und der anschließenden Befundung sämtlicher Bauteile, inklusive Rissprüfung. Nach der Erstellung des Maßnahmenkatalogs ging es an die Umsetzung der erforderlichen und kundenseitig gewünschten Maßnahmen. Darauf folgte die Vormontage der Schützen im Braun-Werk in Vöcklabruck, sowie die Aufbringung des Korrosionschutzes. Nach dem Transport und der Remontage des Regulierschützes im Leerschuss standen am Ende diverse Funktionsprüfungen auf dem Programm. Grundsätzlich also schon ein durchaus umfangreiches Maßnahmenpaket, das von den Oberösterreichern in gewohnter Manier umgesetzt werden konnte. Doch durch die zahlreichen zusätzlichen Aufgabenstellungen konnte der ursprünglich vom Kunden avisierte Zeitplan mit einer Wiederinbetriebnahme im Dezember letzten Jahres nicht gehalten werden. Wie mit den erfahrenen Stahlwasserbauern von Braun Maschinenfabrik akkordiert, wurde der Zeitplan letztlich bis in den April dieses Jahres verlängert. Zu diesem Zeitpunkt konnten die Gewerke schließlich erfolgreich an den Kunden übergeben werden, und der Leerschuss konnte wieder den regulären Betrieb aufnehmen.

Wasserkraftwerk Meitingen
Das sanierte Verschlussorgan wird wieder eingebaut.
© Braun

Erste Adresse im Stahlwasserbau
Natürlich freute es die erfahrenen Stahlwasserbauer aus Vöcklabruck, dass sie am Ende ein weiteres kniffliges Projekt ihrer langen Referenzliste hinzufügen konnten. Noch mehr freute sie aber das Lob und das positive Feedback des Auftraggebers, der sich persönlich für die gute Zusammenarbeit und dafür bedankte, dass man „ein nicht alltägliches Projekt erfolgreich umsetzen konnte.“ Mit der Sanierung des Leerschusses am Welterbe-Kraftwerk Meitingen bewies das Team von Braun Maschinenfabrik einmal mehr, dass das Unternehmen zu den absolut ersten Adressen im europäischen Stahlwasserbau gehört – gerade, wenn es einmal keinen 08/15-Auftrag zu erledigen gilt. Schließlich zeigt sich an den schwierigen Aufgaben, die Know-how, Erfahrung, Fingerspitzengefühl und Verantwortungsbewusstsein erfordern, welche Firmen den Herausforderungen im wichtigen Bereich Stahlwasserbau tatsächlich gewachsen sind.

Wasserkraftwerk Meitingen
Bei der Sanierung des Grundablasses konnte das gesamte Team von Braun Maschinenfabrik seine Kompetenz unter Beweis stellen.
© Braun

Erschienen in zek HYDRO, Ausgabe 5/2024

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