Mobile Durchflussmessung – vom hydraulischen Blindflug zum optimierten Wasserkraftwerk
Die mobile Durchflussmessung unterstützt Kraftwerksbetreiber auf vielfältige Weise – sei es klassisch bei der Ermittlung des Wirkungsgrades am Kraftwerk oder durch die Kalibrierung der Fischwanderhilfe bzw. der Restwasserabgabe. Die gemessene Geschwindigkeitsverteilung liefert wertvolle Informationen über die Anströmung der Turbine und hilft oft, deren Leistung deutlich zu erhöhen. Durch das Beratungsprogramm Kleinwasserkraft des Klima- und Energiefonds werden Machbarkeitsstudien zur Revitalisierung mit bis zu 3.000 € unterstützt. Das Ingenieurbüro Lashofer bietet Dienstleistungen rund um die Wasserkraft seit 2014 in Österreich und Bayern an und ist seit 2019 als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger tätig.
Für den Bereich der Kleinwasserkraft mit Messungen zwischen 10 und 10.000 l/s eignen sich stangengebundene mobile Geräte, die rasch und kostengünstig sehr präzise Messungen ermöglichen. Je nach lokalen Gegebenheiten kommen dabei klassische Messflügel, elektronische MID-Geräte sowie moderne Ultraschall-Profiler zum Einsatz.Obwohl die zugrunde liegenden physikalischen Messungen unterschiedlich sind, basiert jede Methode auf derselben physikalischen Ausgangsgröße: Zunächst werden Fließgeschwindigkeiten (v) ermittelt und dann über den Fließquerschnitt (A) integriert, um den Durchfluss (Q) zu berechnen [Q = v x A]. Die Fließgeschwindigkeit kann 1) punktuell oder 2) in einem vertikalen Profilschnitt (Sektion) in vielen Punkten zeitgleich erfasst werden. Zweiteres Prinzip ergibt, insbesondere bei Fließtiefen ab 1 m, eine deutlich höhere Auflösung, also ein genaueres Bild der Verteilung der Geschwindigkeiten über den Fließ- bzw. Messquerschnitt.
Messungen im Wandel der Zeit
Bereits seit dem späten 18. Jahrhundert werden punktuelle Fließgeschwindigkeiten mit dem hydrometrischen Flügel gemessen. Die Messung funktioniert mechanisch nach dem Prinzip eines Turbinenlaufrads, das sich mit dem strömenden Wasser dreht. Seit den 1950er Jahren wird auch der magnetisch-induktive Durchflussmesser (MID) eingesetzt. Die MID-Messung hingegen ähnelt einem Generator, bei dem die durch das vorbeifließende Wasser im Messmagnetfeld induzierte Spannung gemessen wird. Beide Methoden sind heute mit digitaler Auswertung ausgestattet und liefern schnell Messwerte. Seit den frühen 1960er Jahren wird auch Ultraschall als Clamp-On-System für vollgefüllte Rohre zur Durchflussmessung eingesetzt. Diese Methode nutzt Wasser-Ultraschallwellen, ähnlich der Positionsbestimmung an Schützen oder der Wasserspiegelmessung mit Luft-Ultraschall.
Gamechanger Mikroprozessor
Erst das in den späten 1990er Jahren umgesetzte Ultraschall-Kreuzkorrelationsmessprinzip ermöglichte auch eine mobile Messung in offenen Gerinnen. Dabei werden die komplexen Echomuster der im Wasser enthaltenen Streuer (Partikel, Mineralien oder Gaseinschlüsse) von Mikroprozessoren interpretiert. Der große Vorteil dieser Technik liegt darin, dass ein vertikales Fließprofil in bis zu 16 Fließhöhenschichten (sogenannte Fließgates) gleichzeitig erfasst wird, ohne dass jeder Punkt einzeln angefahren werden muss. Durch Hunderte von Einzelmessungen entsteht ein detailliertes Bild der Strömungsverteilung im Querschnitt. Eine im Sensor integrierte Druckmesszelle sorgt für die zuverlässige Tiefenmessung, die zur Ermittlung des Sohlverlaufs und in Folge zur Erstellung des Messquerschnitts in Echtzeit genutzt wird.

© Lashofer
Praxiseinsatz
Das Ingenieurbüro Lashofer setzt sowohl den klassischen Messflügel Ott C31 als auch den erweiterten Ultraschall-Profiler NivuFlow Stick für Messungen ein. Beide Geräte haben ihr Einsatzoptimum, weshalb auf keines verzichtet werden kann. Warum? Das lässt sich gut anhand des typischen Messablaufs im Freiland erläutern. Für eine aussagekräftige Messung muss zunächst ein geeigneter Messquerschnitt gefunden werden, um Fehlerquellen zu minimieren. Idealerweise sollte der gewählte Querschnitt:
- eine möglichst gleichmäßige Strömung aufweisen,
- keine Bypassmöglichkeiten (Schotter, Spülkanal) bieten,
- nicht durch Bewuchs oder Einbauten beeinträchtigt sein.
- einen sicheren Zu- und Ausstieg haben, der auch nach einem unfreiwilligen Bad bewältigt werden kann.
Messlotrechte und Messnetzeinteilung
Jede Messung unterteilt sich in viele sogenannte Messlotrechten. Diese gedachten vertikalen Linien bestehen aus mehreren Geschwindigkeitsmessungen in verschiedenen Tiefen, wobei sich idealerweise ein gleichmäßiger Verlauf der Strömungsgeschwindigkeiten ergibt. Die ÖNORM EN ISO 748 definiert dabei Messtiefen für Verfahren mit reduzierter Messpunktzahl (1, 2, 3, 5 oder 6 Punkte).
Es gibt zwei gängige Messmethoden:
1.) Messung im Gewässer: Hier kann je nach Fließgeschwindigkeit bis ca. 1,4 m Tiefe gemessen werden (oberes Ende der Wathose).
2.) Messung von einer Brücke oder Brückenkonstruktion: Hier genügt bereits ein stabiler Holzpfosten um eine exakte Messung zu ermöglichen. Messungen sind bis zu einer Fließtiefe von 4 m möglich.
Eine Herausforderung besteht in der exakten Positionierung der Messlotrechten entlang des Messquerschnitts. Auf Brücken können Maßbänder befestigt werden, oder bei der Messung im Gewässer kann ein langes Maßband von Ufer zu Ufer gespannt werden.
Anwendungsbeispiele
-) Quellschüttungsmessung: Bei kleinen, klaren Rinnsalen mit hohen Turbulenzen und Querströmungen und wenigen Streuern im Wasser ist der Ultraschall-Profiler ungeeignet, während der Messflügel über Mittelwertbildung dennoch brauchbare Werte liefert.
-) Niederdruck-Turbinenzulauf: In tiefen Rechteckgerinnen wäre eine Messung mit dem Flügel extrem aufwendig. Der Ultraschall-Profiler kann hier innerhalb von ca. 15 Minuten ein vollständiges Geschwindigkeitsprofil liefern um zu sehen, wie (un-)gleichmäßig der Leitapparat angeströmt wird.
-) Große Stauräume oder Niederwassersituationen: Falls dem Ultraschall-Profiler die Streuer fehlen, kann es sinnvoll sein, im Unterwasserkanal nach der „Belebung“ des Wassers durch die Turbinen zu messen.
-) Fischwanderhilfen bzw. sehr ungleichmäßige Strömungsbereiche: Ohne ein entsprechend beruhigtes Fließprofil leidet die Genauigkeit bei jeder Messmethode. Der Messflügel hat den Vorteil, dass er durch Mikro-Turbulenzen oder leicht schräge Anströmung nicht beeinflusst wird. Hier kommt auch eine Eigenheit des Ultraschallsystems zum Tragen, das von der Sohle aus mit einer, je nach Sensor, um 35° oder 50° zur Horizontalen geneigten Messachse flussaufwärts misst. Dieser Umstand macht bei guten Messverhältnissen bzw. bei geringen Fließtiefen keinen Unterschied, mindert aber bei möglichen Sekundärströmungen oder ungleichmäßiger Querschnittsentwicklung die Aussagekraft der Messung, bzw. liefert erkennbare Abweichungen.
Effizienter Ablauf
Aufgrund der schnellen Messung, der hohen Auflösung des Fließgeschwindigkeitsprofils, der Echtzeit-Auswertung am Handy und der sofortigen Visualisierung als PDF-Messprotokoll ist der NIVUS-Profiler die bevorzugte Wahl – immer, wenn es die Messbedingungen zulassen. Speziell mit dem vom Ingenieurbüro Lashofer im Haus maßgeschneiderten Messgestänge und der auf 4 m Wassertiefe erweiterten Sensorik, die in Zusammenarbeit mit Ing. Johannes Bugl (österr. Repräsentant der NIVUS GmbH) entwickelt wurde, ist der Messablauf äußerst effizient.
Qualitätssicherung
Eine sorgfältige Handhabung und regelmäßige Kalibrierung der Geräte sollten für jeden Anwender selbstverständlich sein. Als Gutachter und allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger ließ das Ingenieurbüro Lashofer den adaptierten Profiler zu Beginn des Einsatzes 2022 vom Institut für Wasserbau und Hydrometrische Prüfung in Wien, einem Teil des Bundesamtes für Wasserwirtschaft (BAW), überprüfen. Die Ergebnisse waren hervorragend – mit mittleren Abweichungen von lediglich 1 Prozent vom Referenzwert.
Autor: DI Alois Lashofer
Erschienen in zek HYDRO, Augabe 1/2025