Schweizer Salinen-Kraftwerk Bex erreicht nach Komplettmodernisierung neue Leistungsdimension
Im August 2024 feierte die Schweizer Salinen AG in der Waadtländer Gemeinde Bex den Abschluss der Modernisierung ihres Traditionswasserkraftwerks, das seit den 1940er Jahren für die Stromversorgung der lokalen Salzproduktion zuständig ist. Aufgrund des fortgeschrittenen Alters der Kraftwerksinfrastruktur hatten sich die Betreiber für eine weitrechende Erneuerung und Erweiterung entschlossen. Das Projekt umfasste im Wesentlichen den Bau eines neuen Maschinengebäudes mit drei Francis-Turbinen, die Verlegung einer neuen Druckrohrleitung sowie die Modernisierung des Stahlwasserbauequipments an der Wasserfassung. Dank des baulich aufwändigen Modernisierungsprojekts, das auch eine Erhöhung der Ausbauwassermenge beinhaltete, konnte die Leistungs- und Erzeugungskapazität des Wasserkraftwerks erheblich gesteigert werden. Nach der Fertigstellung gewährleistet die Anlage nicht nur die autonome Stromversorgung der Saline Bex, sondern erzeugt auch noch genügend Ökoenergie, um den Jahresbedarf von ca. 3.500 Haushalten abzudecken.

© Schweizer Salinen AG
Bei der Schweizer Salinen AG (vormals Schweizer Rheinsalinen AG) versteht man die unternehmerische Tätigkeit als gelebte interkantonale Solidarität. Das Unternehmen stellt im Auftrag der Kantone und des Fürstentum Liechtensteins die Salzversorgung der Schweiz zu einheitlichen Preisen sicher. Die Jahresproduktion der Schweizer Salinen beträgt bis zu 600.000 Tonnen Salz, das in den Bereichen Lebensmittel, Alltagsprodukte, Landwirtschaft, Industrie und Pharma zur Anwendung kommt. Den mit Abstand größten Anteil der Produktion nimmt Auftausalz ein, das in der kalten Jahreszeit gegen die Vereisung auf den Schweizer Straßen eingesetzt wird. Gefördert wird der weitaus größte Anteil der Salze traditionell an den Produktionsstandorten in Schweizerhalle im Kanton Basel-Landschaft und in Riburg im Kanton Aargau. Ein weiterer Standort im Kanton Waadt in der Gemeinde Bex ist 2014 dazugekommen. Damals erfolgte der Zusammenschluss der Schweizer Rheinsalinen AG mit der Saline de Bex SA, wodurch auch der Unternehmensname offiziell auf Schweizer Salinen AG geändert wurde.

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Kompletterneuerung beschlossen
Mit der Fusionierung der Waadtländer Saline im Jahr 2021 ging auch das betriebseigene Kleinwasserkraftwerk in das Eigentum der Muttergesellschaft über, erklärt François Sandoz, der Leiter Engineering der Schweizer Salinen AG: „Das Kraftwerk wurde während des zweiten Weltkriegs in den 1940er Jahren errichtet und diente zur Eigenversorgung der Salzproduktion am Standort Bex. Nach der jahrzehntelangen Betriebsdauer hatte der Zahn der Zeit an der Infrastruktur der Anlage seine Spuren hinterlassen. Anders ausgedrückt hatte das Kraftwerk sein technisches Lebensende erreicht, weswegen bereits vor ca. 15 Jahren die ersten Konzepte für eine umfassende Modernisierung erstellt wurden. Mit der Fusionierung der Schweizer Salinen AG standen auch die finanziellen Mittel zur Verfügung, um das Kraftwerk in Bex auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen.“ Das Projekt beinhaltete die Komplettsanierung der Anlage inklusive einer Erhöhung der Ausbauwassermenge, wobei das grundsätzliche Funktionsprinzip als Ausleitungskraftwerk erhalten blieb. Dazu gehörte die Errichtung einer neuen Kraftwerkszentrale mit nun drei anstatt vormals zwei Francis-Turbinen. Darüber hinaus wurde eine vergrößerte Druckrohrleitung verlegt und der Stahlwasserbau an der Wasserfassung grundlegend erneuert. Der Entsander und das Einlaufbauwerk wurden in ihrer Geometrie beibehalten, jedoch für die neuen betrieblichen Bedingungen angepasst und saniert.

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Salinen-Kraftwerk speist Unterlieger
Während der Modernisierung des Salinen-Kraftwerks wurde wenige 100 Meter entfernt im Unterwasserbereich im Ortsteil Glarey zudem ein komplett neues Wasserkraftwerk gebaut – über dieses Projekt hat zek HYDRO bereits in der Internationalen Ausgabe 2024 berichtet. Obwohl das Kraftwerk Glarey von den Betreibern Romande Energie Holding SA und Forces Motrices de l’Avançon realisiert wurde, gibt es dennoch einen direkten Zusammenhang mit dem Kraftwerk der Saline. Denn das vom Salinen-Kraftwerk turbinierte Wasser wird zu einem neuen Übergabebecken geleitet, von dem es schließlich ohne separate Wasserfassung über eine Druckrohrleitung zum Kraftwerk Glarey gelangt. Diese Variante der Triebwasserzufuhr kam auch beim Salinen-Kraftwerk teilweise zur Anwendung. Im Zuge der Erneuerung wird die Übernahme des turbinierten Wassers vom Oberliegerkraftwerk Sublin nicht mehr im Entsander, sondern direkt mit einem Bypass-Kanal der Druckleitung zugeführt. Darüber hinaus wird beim Salinen-Kraftwerk weiterhin zusätzliches Triebwasser von der bestehenden Fassung am Fluss Avançon zur Stromerzeugung eingezogen.

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Südtiroler Profis am Werk
Während die Planungstätigkeiten und die Bauarbeiten des Projekts von Schweizer Unternehmen durchgeführt wurden, sollte der Stahlwasserbau an der Wasserfassung von einem Südtiroler Branchenspezialisten komplett erneuert werden. Konkret handelte es sich dabei um die Wild Metal GmbH, deren Lösungen weit über die italienische Grenze hinaus einen hervorragenden Ruf genießen. Die größte Einzelkomponente des Wild Metal-Lieferumfangs bildete ein 6,5 m langer und 1 m hoher Schutzrechen mit horizontalem Stabprofil für den nun mittels Seitenentnahme ausgeführten Triebwassereinzug. Vor dem Umbau war das Wasser an der Stirnseite der Fassung einzogen worden, wobei der alte Einlauf mit einem vertikalen Schutzrechen ausgestattet war. Komplettiert wird der neue Einlaufrechen durch eine dazugehörige Rechenreinigungsmaschine mit elektromechanischem Antrieb. Die Putzharke der pegelgeregelten Maschine befreit die Rechenfläche zuverlässig von jeglichem Geschwemmsel und befördert das entfernte Treibgut zu einem Doppelschütz, über den es auf direktem Weg in die Restwasserstrecke abgegeben wird. Ebenfalls von Wild Metal stammen diverse Absperr- und Regulierschützen sowie die Automatisierungstechnik der Wasserfassung. Eine der wesentlichen Projektherausforderungen bestand François Sandoz zufolge in der Verlegung der neuen Druckrohrleitung DN1600 mit einer Länge von ca. 1.080 m. Diese besteht jeweils ca. zur Hälfte aus geschweißten Stahlrohren bzw. aus glasfaserverstärkten Kunststoffrohren (GFK). Die anspruchsvolle Verlegung der ersten 600 m der Druckleitung und der Ausbau der Wasserfassung stellte die Projektverantwortlichen schon früh vor die Herausforderung, die Versorgung der Saline trotz zwischenzeitlicher Stilllegung des alten Kraftwerks mit grüner Energie zu gewährleisten. Dank einer vorausschauenden Bauplanung und einem straffen Zeitplan gelang es, den Zukauf von externem Strom so gering wie möglich zu halten. „Eigentlich war es geplant, die komplette Druckrohrleitung mit Stahlrohren auszuführen. Allerdings stellte sich während der Umsetzungsphase heraus, dass der Verlegungsaufwand mit Stahlrohren die finanziellen Prognosen deutlich überschreiten würde. Aus diesem Grund wurde während der Bauphase beschlossen, den finalen Abschnitt der Rohrtrasse mit kostengünstigeren und darüber hinaus leichter zu verlegenden GFK-Rohren herzustellen.“ Besonders herausfordernd bei der Rohrverlegung war dem Projektleiter zufolge der rund 300 m lange Trassenabschnitt entlang der Stützmauer der Bahnlinie Bex-Villars.

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Francis-Turbinen im Dreierpack
Bei der elektromaschinellen Ausstattung der neuen Kraftwerkszentrale setzten die Betreiber auf eine Lösung mit drei Francis-Turbinen. So kommen zwei gleich große Turbinen und eine zusätzliche, kleiner dimensionierte Maschine zum Einsatz. „Die Variante mit drei Maschinensätzen ist natürlich etwas teurer als der Einsatz von zwei Turbinen. Allerdings können wir mit der dritten Turbine auch bei geringerem Wasserdargebot mit maximaler Effizienz Strom für den Salinenbetrieb produzieren. Darin liegt auch der Hauptfokus des Projekts – wir wollen die erzeugte Energie in erster Linie zur Deckung des Eigenbedarfs verwenden“, bekräftigt François Sandoz. Geliefert wurden die horizontalachsigen Maschinensätze vom italienischen Hersteller ZECO. Die beiden größeren Turbinen wurden auf einen Ausbaudurchfluss von jeweils 2,8 m³/s ausgelegt, die kleinere Maschine auf 1,4 m³/s. Bei einer Bruttofallhöhe von 76,6 m erreichen die größeren Turbinen bei vollem Wasserdargebot je 1.850 kW Engpassleistung, die kleinere Turbine schafft 1.000 kW Engpassleistung. Komplettiert werden die Maschinensätze durch drei jeweils direkt mit den Laufrädern gekoppelte Synchron-Generatoren in wassergekühlter Ausführung mit zweimal 2.100 kVA Nennscheinleistung und einmal 1.250 kVA Nennscheinleistung.
Grund zum Feiern
Die Inbetriebnahme der ersten Turbine erfolgte zum Ende der Bauphase im September 2023, der Probebetrieb der anderen Maschinen konnte wenige Zeit später in Angriff genommen werden. „Wir sind grundsätzlich sehr zufrieden mit dem Endergebnis der Kraftwerkserneuerung. Zwar gibt es noch einige kleinere technische Probleme zu beheben, diese stellen den Projekterfolg aber keinesfalls in Frage. Es hat sich herausgestellt, dass der Einbau von drei Maschinensätzen definitiv eine gute Entscheidung war. Dies zeigt sich sowohl bei der gesteigerten Leistungskapazität als auch bei der Produktion der Anlage, das Regelarbeitsvermögen konnte von vormals rund 10 GWh auf ca. 15,5 GWh gesteigert werden,“ so François Sandoz, der nicht unerwähnt lässt, dass mit dem von der Saline nicht benötigten Überschussstrom der Jahresbedarf von rund 3.500 Haushalten abgedeckt werden kann. Offiziell eingeweiht wurden das modernisierte Salinen-Kraftwerk und das Unterliegerkraftwerk Glarey, das seit Februar 2024 am Netz ist, im Rahmen einer offiziellen Inbetriebnahmefeier Ende August 2024, wobei sich auch die lokale Bevölkerung einen Eindruck von den mustergültig realisierten Ökostromanlagen verschaffen konnte.
Erschienen in zek HYDRO, Ausgabe 6/2024