Südtiroler rüsten Schweizer Wehranlage an der Thur mit modernem Stahlwasserbau aus
In den Herbstmonaten 2024 hat die traditionsreiche Wehranlage in der Stadt Weinfelden im Kanton Thurgau (Schweiz) eine umfassende Modernisierung erfahren. Erneuert wurde dabei das am rechten Ufer der Thur gelegene Wehrfeld, das nach über acht Jahrzehnten sein technisches Lebensende erreicht hatte. Anstelle des veralteten Dachwehrsystems wurde nun eine moderne hydraulisch betriebene Stauklappe installiert, die vom Südtiroler Stahlwasserbau-Spezialisten Wild Metal GmbH geliefert wurde.

© Wild Metal
Dank gründlicher Vorplanung, günstiger Witterungsverhältnisse und dem engagierten Einsatz aller Beteiligten konnte die anspruchsvolle Maßnahme in nur zweieinhalb Monaten abgeschlossen werden – ein Projektverlauf, der laut Claudio Caflisch, stellvertretender Geschäftsführer der Entegra Wasserkraft AG, als äußerst gelungen gilt.
Schlüsselrolle für Hochwasserschutz und Stromproduktion
Die in ihrer Grundstruktur über 100 Jahre alte Wehranlage an der Thur erfüllt zwei zentrale Aufgaben: Einerseits dient sie dem Hochwasserschutz für Weinfelden (ca. 12.000 Einwohner), andererseits ermöglicht sie die gezielte Wasserführung für drei Kleinwasserkraftwerke an einem 2,5 Kilometer langen Werkskanal. Jährlich wird hier Ökostrom für tausende Haushalte produziert.

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Der Werkskanal teilt sich 150 m nach der Ausleitung in den Fabrikkanal und den Mühlekanal, an denen sich die Kraftwerke Model (seit 1942, 400 kW, 2,2 GWh) und Mühle (seit 1950, 400 kW, 2,3 GWh) befinden. Kurz vor der Rückleitung in die Thur wird das Wasser nochmals im Kraftwerk Widen (seit 1989) genutzt – mit 760 kW Engpassleistung die leistungsstärkste der drei Anlagen (4,2 GWh Regelarbeitsvermögen).
Trägerschaft und Planung durch erfahrene Partner
Seit 2008 firmieren die Anlagen unter der Wasserkraftwerke Weinfelden AG, deren Geschäftsführung 2019 an die Entegra Wasserkraft AG übertragen wurde. Entegra ist als erfahrener Dienstleister in der Planung, Errichtung und dem Betrieb von Kleinwasserkraftwerken in der Ostschweiz bekannt.
Die Entscheidung zur Erneuerung wurde im Spätherbst 2023 getroffen, nachdem sich am rechten Wehrfeld zunehmende Funktionsstörungen bemerkbar machten. „Die Sicherheit war zu keinem Zeitpunkt gefährdet, aber die selbsttätige Schließung funktionierte immer häufiger nicht mehr zuverlässig“, erklärt Claudio Caflisch. Zuvor kam hier ein Dachwehr mit Schwimmersteuerung zum Einsatz – ein bemerkenswert langlebiges System, das über acht Jahrzehnte hinweg gute Dienste geleistet hatte.
Moderne Stauklappe statt luftgefüllter Schlauch
Für die Erneuerung stand zunächst auch ein Schlauchwehr-System zur Debatte. Die Entscheidung fiel jedoch zugunsten einer hydraulisch betriebenen Stauklappe – eine Technologie, die sich weltweit bewährt hat und am mittleren Wehrfeld bereits in den 1990er-Jahren zum Einsatz kam. Die Vergabe der technischen Komponenten erfolgte an die Wild Metal GmbH aus Südtirol, die sich mit einer kurzen Lieferzeit und einem attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis gegen Mitbewerber durchsetzen konnte.

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Lokale Kompetenz aus dem Thurgau
Für die bauliche Umsetzung wurden erfahrene Regionalunternehmen aus dem Kanton Thurgau beauftragt. Die Tschanen AG aus Müllheim war für die Betonarbeiten zuständig, die Kreis-Wasserbau AG aus Weinfelden übernahm die Herstellung der Spundwand zur Wasserhaltung. Zudem war die Esolva AG, die den laufenden Betrieb der Kraftwerke betreut, maßgeblich in die Baustellenkoordination eingebunden.
Reibungslose Bauphase trotz anspruchsvoller Bedingungen
Um die Gefahr durch mögliche Starkregen im Sommer zu umgehen, wurde die Maßnahme im Herbst 2024 umgesetzt. Die massive Grundstruktur – inklusive Wehrpfeiler und -schwelle – blieb weitgehend erhalten, kleinere Betonmodifikationen ermöglichten die passgenaue Integration der neuen Klappe.

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Nach Einrichtung der Baustelle Ende August begannen im September die Spundwandarbeiten, die eine Stauhaltung während der Bauzeit sicherstellten. Zeitgleich liefen die Betonarbeiten an. Die neue Stauklappe – 17,2 Meter lang – wurde in zwei Teilen angeliefert, vor Ort zusammengesetzt und im Oktober durch das Wild-Metal-Team fachgerecht montiert. Auch der Hydraulikzylinder im rechten Wehrpfeiler wurde zeitgleich installiert.
Positive Bilanz und nächste Modernisierungsschritte
Bereits Ende Oktober 2024 konnte die modernisierte Wehranlage an der Thur wieder in Betrieb genommen werden. „Ein Projekt dieser Größenordnung bringt immer Nachbesserungsarbeiten mit sich, doch insgesamt verlief alles nach Plan“, resümiert Caflisch. Die Zuverlässigkeit des neuen Wehrverschlusses erfüllt nun wieder alle Anforderungen für den langfristig sicheren und effizienten Betrieb der Kleinwasserkraftwerke.

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Schon im Jahr 2025 steht bei der Anlage Model eine umfassende Erneuerung der Elektromechanik auf dem Programm. Darüber hinaus soll die Wehranlage Weinfelden in absehbarer Zeit mit einer Fischaufstiegsanlage ausgestattet werden, um die ökologische Durchgängigkeit im Sinne aktueller Gewässerschutzrichtlinien zu gewährleisten.
Erschienen in zek HYDRO, Ausgabe 2/2025