Effizientes Fischmonitoring mit KI-Unterstützung: Videomonitoring an Fischaufstiegsanlagen

5. Oktober 2025, Lesedauer: 6 min

Die Sicherstellung der Durchgängigkeit für migrierende Fischarten ist ein zentraler Aspekt bei der Modernisierung und dem Betrieb von Wasserkraftanlagen. Die technologischen Fortschritte im Bereich des Kameramonitorings, unterstützt durch künstliche Intelligenz (KI), bieten hierfür innovative Lösungen für eine effiziente Überprüfung an diesen Anlagen, Bypässen oder auch Fischschutzeinrichtungen. Die Systeme bieten eine kosteneffiziente Alternative zu den gängigen Monitoringmethoden und eröffnen neue Möglichkeiten für Betreiber, um den regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden und die ökologische Verträglichkeit ihrer Anlagen nachzuweisen.

Robuste Technik für den Dauereinsatz im Fließgewässer

Das Unterwasserkamerasystem I AM HYDROCam wurde für diese Anwendungen entwickelt, um auch dauerhafte Einsätze an wasserbaulichen Anlagen und in freien Fließgewässern zu überstehen. Mittlerweile sind europaweit über 70 Systeme für das kamerabasierte Monitoring von Fischen im Einsatz.

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Seeforelle während der Passage der Schleusenkammer (A), Forelle in der Netzkehle im Zählbecken (B) und die Längenhäufigkeitsverteilung der Seeforellen-Aufstiegs-Nachweise im Fischzählbecken (C)1. Hierbei wurde die Fischlänge bei den Kameranachweisen nur geschätzt, die Tiere im Zählbecken wurden gemessen.
© I AM HYDRO

Fallbeispiel Schweiz: Fischschleuse Interlaken am Schifffahrtskanal1

Moderne Fischwanderhilfe zwischen Brienzer- und Thunersee

Am Kraftwerk Schifffahrtskanal der Industriellen Betriebe Interlaken AG wurde eine nach modernsten ökologischen Standards konzipierte Fischschleuse installiert, um die Passage für Fische zwischen dem Brienzersee und dem Thunersee zu ermöglichen. Als Bemessungsfischarten wurden der Lachs (Salmo salar) und die Seeforelle (Salmo trutta) ausgewählt, deren Wanderverhalten besondere Anforderungen an das Monitoring und die Funktionsprüfung der Anlage stellt.

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Typische Einbauweisen A & C von Kamerasystemen in Vertical Slot Fischpässen mit Kameraausrichtung auf den Schlitz. B & D zeigen den jeweiligen Sichtbereich der Kamerasysteme Unterwasser.
© I AM HYDRO

Kameras liefern zuverlässige Daten zur Fangeffizienz

Für den Funktionsnachweis der Fischaufstiegsanlage wurden strategisch platzierte I AM HYDROCam Systeme sowohl am Einstieg und Ausstieg der Schleuse als auch innerhalb der vorgesehenen Monitoringeinrichtung, einem Zählbecken, installiert. Die Kameras wurden jeweils so ausgerichtet, dass der Wanderkorridor sowie die Netzkehle im Zählbecken überwacht wurden.

Die erfassten Daten zeigten deutlich mehr Fische, als durch die Zählkammer erfasst wurden. Die Fangeffizienz der Zählkammer lag über alle Arten – darunter Bachforelle, Hasel (Leuciscus leuciscus), Barbe (Barbus barbus), Trüsche (Lota lota), Flussbarsch (Perca fluviatilis) und Hecht (Esox lucius) – bei nur 36 %. Lediglich zwei der insgesamt 56 Seeforellen wurden mit dem Zählbecken nachgewiesen, alle 56 hingegen mit dem Videomonitoring.

Monitoring offenbart potenzielle Wanderhindernisse

Insbesondere die Bewegungen der Seeforellen wurden durch die Kameras umfassend dokumentiert, was auf eine mögliche Einschränkung der Funktionalität des Fischzählbeckens als Wanderhindernis hindeutete. Diese Erkenntnis führte zur vorübergehenden Außerbetriebnahme des Beckens, um eine ungehinderte Passage zu ermöglichen.

Die Auswertung bestätigte die Funktionsfähigkeit der Fischschleuse und zeigte, dass keine arten- oder größenbedingte Selektivität durch die Anlage besteht – ein zentraler Nachweis für die ökologische Verträglichkeit und die Effektivität der technischen Lösungen zur Biodiversitätserhaltung.

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I AM HYDROCam-Unterwasserkamerasystem in einer Fischaufstiegsanlage an der Muota (Schweiz)
© I AM HYDRO

Fallbeispiel Österreich: Vertical-Slot-Pass an der Ötztaler Ache

Videomonitoring am Kraftwerk Tumpen-Habichen in Tirol

Am neu gebauten Kraftwerk Tumpen-Habichen an der Ötztaler Ache in Tirol wurde im Herbst ein Videomonitoring durchgeführt, um den Funktionsnachweis der Fischwanderhilfe (Vertical-Slot-Pass) zu erbringen.

Die Kamera wurde oberstrom des ersten Schlitzes und direkt unterstrom der zum Oberwasser führenden Ein- und Ausstiegsöffnung installiert. Ziel war es, passierende Fische mit Art, Größe und Wanderrichtung zu dokumentieren.

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Bei hohem Innwasserstand eingestauter Fischaufstieg zur Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit an den Pettnauer Gießen (Tirol).
© Martin Schletterer
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Fischaufstieg zur Wiederherstellung der ökolog. Durchgängigkeit an den Pettnauer Gießen (Tirol)
© I AM HYDRO

Erfassung der Hauptwanderzeit der Bachforelle

Das Monitoring fand über sechs Wochen – von Mitte Oktober bis Ende November – in der Hauptwanderzeit der Bachforelle (Salmo trutta) statt. Alle Größenklassen und sowohl auf- als auch absteigende Individuen wurden erfolgreich erfasst.

Die einfache Implementierung, Bewegungserkennung und KI-gestützte Auswertung machen das Videomonitoring zu einer effizienten, kostengünstigen Alternative zu herkömmlichen Verfahren wie Reusen oder Telemetrie.


Fallbeispiel Inn: Ökologische Durchgängigkeit an zwei Gewässermündungen

Flexible und autarke Lösung mit Photovoltaikbetrieb

Für die Funktionsprüfung zweier ökologisch sanierter Gewässermündungen in den Inn kam ein I AM HYDROCam-System zum Einsatz, das autark über eine Photovoltaik-Insellösung betrieben wurde. Dies ermöglichte einen schnellen und flexiblen Einsatz auch ohne feste Infrastruktur.

Nach rund sieben Wochen Monitoring am ersten Standort wurde das System an den zweiten Standort verbracht. Die Kamera war jeweils so montiert, dass sie einfach zur Reinigung aus dem Wasser gehoben werden konnte.

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Kamerainstallation von den deutschen Videomonitoringspezialisten I AM HYDRO mittels Taucher an der Tiroler Ache (Deutschland)
© I AM HYDRO

Erfolgreicher Nachweis der Wiederherstellung der Durchgängigkeit

Die Kamera dokumentierte den erfolgreichen Aufstieg verschiedener Fischarten wie Bachforelle, Äsche (Thymallus thymallus), Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss) und Aitel / Döbel (Squalius cephalus) aus dem Inn in die kleineren Nebengewässer. Dank Fernzugriff konnten Datensicherung und Auswertung nahezu in Echtzeit erfolgen, Wartung und Reinigung wurden bedarfsgerecht durchgeführt.

Der Einsatz an beiden Standorten in nur einer Saison mit einem einzigen System unterstreicht die Kosteneffizienz und Anwendungsflexibilität des kamerabasierten Monitorings.


Kamerabasiertes Fischmonitoring ist auf dem Vormarsch

Das kamerabasierte Monitoring von Fischen etabliert sich zunehmend als kosteneffiziente, flexible und verlässliche Methode zur Überprüfung von Fischwanderhilfen und Fischschutzeinrichtungen. Es bietet gegenüber traditionellen Methoden wie Reusen und Zählkammern klare Vorteile:

  • Nichtinvasiv und fischschonend
  • Standortspezifisch anpassbar
  • Geringere Betriebskosten durch Scheibenwischer und KI-Analyse
  • Einfache Integration in bestehende Anlagen
  • Autark betreibbar ohne Infrastruktur

Mit der Kombination aus moderner Kameratechnik und intelligenter Auswertung stellt Videomonitoring eine zukunftsfähige Lösung dar, um die ökologische Durchgängigkeit zu überwachen und regulatorische Anforderungen effizient zu erfüllen.

1 Haas, C., Meyer, M., Schmalz, M. & Tuhtan, J.A. (2024): Kamerabasiertes Monitoring von Fischen in Deutschland und der Schweiz. Springer Wasserwirtschaft 10/2024

Gastbeitrag von I AM HYDRO