„Als Wasserkraftplaner steht man an der Spitze einer Pyramide“

14. Oktober 2025, Lesedauer: 12 min

Mit der Planung von Projekten im Bereich der Energiewirtschaft hat sich das steirische Planungsbüro PI Mitterfellner GmbH in Österreich und darüber hinaus einen Namen gemacht. Heuer feiert das Unternehmen sein 20-jähriges Bestandsjubiläum und blickt dabei auf eine spannende Firmenhistorie zurück. Mehr als 1.500 erfolgreiche Projekte für mehr als 500 Kunden vor allem in den Bereichen Wasserkraft, aber auch Aquakultur und Photovoltaik zeugen von Know-how, Weitblick und einem durchwegs positiven Mindset. Im Interview mit zek HYDRO nimmt Firmengründer und Geschäftsführer DI Helmut Mitterfellner nicht nur zu den aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen in der Wasserkraft Stellung, sondern analysiert darüber hinaus, was sich im Hinblick auf seine planerische Tätigkeit verändert hat – und erklärt, warum die Freude an der Arbeit der Schlüssel für einen guten Teamspirit und eine erfolgreiche Personalführung ist.

Kraftwerk Flitzenbach
Kraftwerk Flitzenbach in der Steiermark – eines von über 100 Kleinkraftwerksprojekten, das vom Büro PI Mitterfellner in den letzten Jahren von der Idee bis zur Ausführung umgesetzt worden ist.
© zek

zek: Herr Mitterfellner, Ihr Planungsbüro feiert heuer sein 20-jähriges Bestehen. Was hat sich für Ihre Arbeit am meisten verändert, wenn Sie an die Anfänge zurückdenken?

Mitterfellner: In erster Linie die Komplexität der Projekte – und damit auch unsere Werkzeuge. Früher reichte oft ein Flipchart. Heute nutzen wir spezielle Projektmanagement-Software, um Abläufe, Logistik und Zuteilungen zu koordinieren. Auch die Planungsdaten sind viel detaillierter geworden, etwa durch numerische Modellierung und KI-gestützte Auswertungen.

Ihr Büro hat an über 1.500 Projekten mitgearbeitet – vom Wasserkraftwerk bis zur Aquakultur. Wo liegen aktuell die Schwerpunkte?

Das ist unverändert. Nach wie vor bilden die Wasserkraft, ergänzt durch Photovoltaik und Aquakultur, unseren Schwerpunktbereich. Neu hinzugekommen ist das Thema „Energiegemeinschaften“, das viele Vorteile bieten kann – sowohl für den Betreiber, einen guten Preis für seinen Strom zu bekommen, als auch für den Abnehmer, der in der Regel einen deutlich günstigeren Preis bekommt, als ihn große Stromkonzerne anbieten. Unserer Erfahrung nach können Energiegemeinschaften zu einer echten Win-Win-Situation führen. Besonders vorteilhaft sind sie, wenn darin neben Photovoltaik auch Kleinwasserkraftwerke inkludiert sind. Damit kann der Betreiber Strom stabil einspeisen, und das Ganze unterliegt keiner hohen Volatilität. Mit den geplanten Reformen soll der bislang noch kritisierte bürokratische Aufwand nun auch rückgebaut werden.

Wie sehen Sie generell die Rolle der Kleinwasserkraft in der Energiewende?

Vorrangig muss man festhalten, dass Kleinwasserkraftwerke zuverlässig Grundlast liefern. Wenn ich mir unsere Photovoltaik-Anlage anschaue, die nur an rund 1.100 Stunden im Jahr Strom liefert, und dann mit unserem Wasserkraftwerk vergleiche, das im Jahr auf eine Betriebszeit von 8.760 Stunden kommt, ist eigentlich schon alles gesagt.

Wird das Thema Revitalisierung von Kraftwerken bedeutender?

Das Thema Revitalisierung bei Kleinkraftwerken war schon vor fünf Jahren wichtig – und ist es auch heute noch. Viele Bestandsanlagen lassen sich mit neuen Methoden und neuen Maschinen effizienter machen. Aber das heißt nicht, dass es keine interessanten Neuprojekte mehr gibt. Gerade RED III hat durch die Stärkung des öffentlichen Interesses für Ökostromanlagen für einen neuen Schub gesorgt. Wir arbeiten aktuell an einigen Neuprojekten.

Stichwort Digitalisierung: Sie haben mit KWKW.opt® ein eigenes Softwaretool zur Optimierung von Kraftwerken entwickelt, das für viel Aufsehen in der Branche gesorgt hat: Wie wird es eingesetzt und welche Vorteile bietet es?

Wir haben mit der Entwicklung von KWKW.opt® bereits 2008 begonnen, um die Energieeffizienz von Kraftwerken zu optimieren. Ein Tool, das sich sehr bewährt hat. Nicht nur dass wir damit weit über 340 Kleinkraftwerke berechnet haben: Es ist zudem auch ein sehr gutes Prüfinstrument für behördliche Zwecke, um über die Viertelstunden-Erzeugungsdaten auf den Turbinendurchfluss und damit auch auf die erforderliche Restwasserdotation rückrechnen zu können.

Kleinwasserkraftwerk KWKW_opt_Screenshots
Das Software-Tool KWKW.opt® wurde vom Ingenieurbüro PI Mitterfellner GmbH über Jahre hinweg entwickelt und dient prinzipiell der Optimierung der Energieeffizienz von Wasserkraftwerken. Aktuell wird es in Richtung eines „KI-Betriebsmanagers“ ausgebaut.
© PI Mitterfellner

Hat sich das KWKW.opt® verändert, sprich kann es heute mehr als noch vor zehn, fünfzehn Jahren?

Ja, ganz klar. Im Grunde hat es sich zu einer Art „Black Box“ entwickelt. Es wird als Smart Sensor in die Anlage implementiert und kann – unabhängig vom jeweiligen Steuerungssystem – sämtliche relevanten Daten auslesen und auf einen Server transferieren. Es sammelt Betriebsdaten, analysiert Leistung und erstellt automatisierte Berichte. Damit können Betreiber etwa auf einen Blick erkennen, ob ihre Anlage wirtschaftlich läuft oder nicht. Besonders spannend sind Trendanalysen, an denen man schnell erkennt, ob sich gegebenenfalls negative Trends abzeichnen – ein wichtiger Schritt in Richtung vorausschauender Instandhaltung.

Wohin soll die Reise mit dem KWKW.opt® gehen? Ist das absehbar?

Aktuell arbeiten wir daran, es zu einer Art KI-Betriebsleiter zu machen, das den Betreuer der Anlage sehr einfach und intuitiv unterstützt. Konkret soll ein Ampelsystem kommen, das ganz simpel aufgebaut ist: Steht die Ampel auf Grün, ist kein Eingreifen notwendig, steht sie auf Orange, ist ein Nachsehen vor Ort angeraten – und leuchtet Rot, dann heißt es: Anlage abstellen. Das lässt sich ganz einfach für jedes Kraftwerk nachrüsten.

Ist das System für einzelne Anlagen konzipiert, oder doch eher für Betreiber von mehreren Kraftwerken?

Sowohl als auch: Gerade wenn ein Betreiber über mehrere Kraftwerke verfügt, kann er mittels KWKW.opt® das Zusammenspiel seiner Anlagen in energiewirtschaftlicher Sicht optimieren – oder auch im Hinblick auf ein Schwall-Sunk-Problem. Speziell für jene ist es interessant, deren Kraftwerke an größeren Flüssen noch nicht mit den Ober- und Unterliegern kommunizieren – sprich keine klar koordinierte übergeordnete Regelung haben.

Für Aufsehen haben auch die von Euch entwickelten Wasserräder gesorgt, speziell jene aus Carbon: Habt Ihr diese Richtung weiterverfolgt?

Eigentlich nicht. Wir hatten Anfragen, eine sogar aus England, aber grundsätzlich müssen wir einräumen: Der Werkstoff Carbon ist zu teuer, als dass er sich bei dieser Anwendung wirtschaftlich darstellen lässt. Und wenn ich ein 4 Meter großes Wasserrad aus Stahl in Vorarlberg installieren möchte, zahlt es sich nicht aus, es hier schweißen zu lassen – und es vielleicht für den Transport dann noch einmal aufzutrennen. Da sind wir an dem Punkt gelangt, an dem wir sagen: Wir machen euch die Zeichnung und ihr baut das Wasserrad selbst vor Ort. Die Wasserkrafttechnologie ist ja eine sehr alte, da kann man nicht mehr viel an Wirkungsgrad rausholen.

Mitterfellner
Die Entwicklung eigener Carbon-Wasserräder zeigt vor allem eines: Helmut Mitterfellner und sein Team sind fachlich sehr breit aufgestellt.
© zek

Die Wasserkraft ist ein komplexes Feld: Wie wichtig ist es, gute Netzwerkpartner zu haben?

Extrem wichtig. Heute braucht man Ökologen, Geologen, Juristen, Statiker, Maschinenbauer, Elektrotechniker, Stahlwasserbauer und einige andere mehr. Entscheidend dabei ist: Komplexe Vorhaben lassen sich nur mit einem starken Netzwerk aus Experten umsetzen. Zum Glück können wir auf ein tolles Netzwerk zurückgreifen. Als Planer musst du die Sprache sprechen, die jeder versteht – und du selbst musst ebenfalls jeden der Spezialisten verstehen. Auch wenn das etwas abgehoben klingen sollte: Aber als Planer steht man an der Spitze einer Pyramide, die von vielen Fachleuten getragen wird.

Man sollte als Planer dann zumindest Wesentliches aus all diesen Fachgebieten verstehen, oder?

Ja, denn nur so kann ich abschätzen: Arbeitet mein Partner auf diesem oder jenem Feld gut. Denn letzten Endes fällt die Summe der gesamten Arbeiten auf das Planungsbüro zurück. Als Beispiel kann ich nur die Kooperation mit den uns vertrauten Ökologen anführen, die uns sehr klar und ohne ideologische Scheuklappen jene Bandbreite abstecken, die das Gesetz erlaubt und in dem wir uns planerisch bewegen können. Das funktioniert hervorragend.

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Eine weitere Referenzanlage: das Kraftwerk Kreuzer am Katschbach
© zek

Ist es denn schon einmal passiert, dass Ihr ein Projekt bei den Behörden nicht durchgebracht habt?

Nein, bisher noch nicht. Das hat viel damit zu tun, dass wir im Vorfeld versuchen, maximale Transparenz herzustellen und alle Stakeholder ins Boot zu holen. Das hilft immens.

Ist es schwierig, mehrere Projekte gleichzeitig abzuwickeln?

Ja, da kommt schon einiges zusammen. Für mich ist klar: Wenn man als Planer heute nicht Ordnung am Computer und Ordnung im Kopf hat, wird es schwierig.

Wo stehen Sie generell, wenn es um den Meinungsstreit zwischen den Befürwortern des Wasserkraftausbaus und den strikten Bewahrern der Fließgewässer geht?

Da schlagen bei mir tatsächlich zwei Herzen in einer Brust. Natürlich bin ich ein Fan der Wasserkraft, aber als leidenschaftlicher Kajakfahrer bin ich mir sehr wohl bewusst, dass Fließstrecken ohne Kraftwerke erhalten bleiben sollten. Und ganz ehrlich: Wenn man sich manche touristisch hoch genutzten Kajak-Strecken anschaut – dann ist auch klar: Hier wird mehr Umsatz lukriert, als ein Kleinkraftwerk erwirtschaften könnte.

Kommen wir zu Eurer Tätigkeit im Ausland: Ihr habt in den letzten Jahren Eure Visitenkarte in Ländern wie Rumänien, Aserbaidschan, Tadschikistan oder Papua Neuguinea abgegeben. Habt Ihr Eure internationalen Aktivitäten zuletzt weiter ausgebaut?

Eigentlich nicht. Das hat vor allem damit zu tun, dass wir mit den Aufträgen aus Österreich sehr gut ausgelastet sind. Und – was auch sehr wichtig ist – wir arbeiten sehr gerne hier in der Steiermark, wo wir einfach eine sehr hohe Lebensqualität genießen. Lange Auslandsaufenthalte sind nicht nur organisatorisch aufwendig, sondern auch nicht sehr familienfreundlich.

Das heißt: Arbeit muss auch Spaß machen?

Absolut: Wir stehen ja lange im Berufsleben, da sollte die Arbeit schon Freude machen. Insofern wird dieser Punkt bei uns im Team auch großgeschrieben.

Stichwort Team: Fachkräftemangel ist ja allgegenwärtig. Wie gelingt es Ihnen, Mitarbeiter langfristig zu halten?

Ich setze auf Vertrauen, Wertschätzung und Beteiligung. Jeder fährt ein Firmenauto oder nutzt das Bike-Leasing. Wir haben in den letzten Jahren unser Team um drei weitere Mitarbeiter aufgestockt, haben inzwischen auch einen Lehrling, der sich sehr gut schlägt. Meine Grundidee war immer: Die Firma ist für die Mitarbeiter da. Durch gezielte Aus- und Weiterbildung steigt auch der Wert jedes und jeder Einzelnen – Erfahrung ist eine wertvolle Ressource.

Mitterfellner
Das Team PI Mitterfellner besteht aus insgesamt zehn Personen. In den letzten Monaten wurde es um drei weitere Mitarbeiter/innen aufgestockt. DI Helmut Mitterfellner mit seinen „Neuen“: Vira Kuprii (Ingenieurin aus der Ukraine), Ing. Andreas Leitner (Bautechniker bzw. Projektleiter) und Lehrling Gabriel Ferchner (ausgezeichneter Erfolg im 1. Berufsschuljahr) v.l.
© PI Mitterfellner

Abschließend: Gibt es ein Leitbild, das Sie als Unternehmer begleitet?

Familienfreundlichkeit, Innovationsoffenheit und Bodenständigkeit. Wir wissen, was wir können – und was nicht. Persönlich orientiere ich mich gern an der Philosophie des Stoizismus: Wahrhaftigkeit, Tugend und das Bewusstsein für das Wesentliche. Das hat mich in der Vergangenheit sehr gut begleitet.

Vielen Dank für das Gespräch!

TitlePI Mitterfellner GmbH – Planung mit Verantwortung und Erfahrung

Das Ingenieur- und Sachverständigenbüro PI Mitterfellner GmbH mit Sitz in Scheifling (Steiermark) feiert 2025 sein 20-jähriges Bestehen – und zählt heute zu den ersten Adressen, wenn es um technische, planerische oder konzessionsrechtliche Fragen rund um Wasserkraft und Energie geht. Über 1.500 Projekte in Österreich und darüber hinaus belegen eindrucksvoll die Bandbreite des Unternehmens, das sich nicht zuletzt durch Fachwissen, Engagement und Verlässlichkeit einen Namen gemacht hat. Der Grundstein wurde früh gelegt: Nach dem Diplomstudium an der TU Graz, Berufserfahrung in Linz und ersten intensiven „Lehrjahren“ in einem steirischen Planungsteam gründete DI Helmut Mitterfellner 2005 sein eigenes Büro – zunächst noch gemeinsam geführt, später in Eigenregie. Als Standort wählte er bewusst die Gemeinde Scheifling im Bezirk Murau – strategisch ideal zwischen Graz, Salzburg, Wien und Klagenfurt gelegen. Wie sich bald zeigte, war das auch geographisch ein kluger Schachzug: Die Obersteiermark wurde in den Folgejahren zum Hotspot der Kleinwasserkraft in Österreich. Nirgendwo sonst wurden mehr Projekte realisiert – viele davon mit Beteiligung der PI Mitterfellner GmbH. Insgesamt hat das Unternehmen über 100 Wasserkraftwerke von der Idee bis zur Inbetriebnahme begleitet – hinzu kommen zahllose Gutachten, wasserrechtliche Verfahren, Einreichungen und Teilleistungen. Die Zahlen sprechen für sich: 1.500 Projekte, über 130 GWh Ökostrom – und nach interner Statistik auch 60.000 Tassen Kaffee. Neben der breiten Projektpalette beeindruckt auch die hochkarätige Kundenliste: Vom Verbund über die KELAG, Raiffeisen, die Steiermärkische Sparkasse, Wien-Energie, die ÖBB bis zu zahlreichen regionalen Kraftwerksbetreibern und Investoren reicht das Spektrum. Für viele Kunden ist PI Mitterfellner nicht nur ein technischer Dienstleister – sondern ein langjähriger, verlässlicher Partner, oft sogar über viele Projekte hinweg. Inhaltlich liegt der Schwerpunkt weiterhin auf der Wasserkraft, ergänzt um Photovoltaik, Aquakulturen, Trinkwasser- und Siedlungswasserbau. Unterstützt wird die Arbeit durch ein interdisziplinäres Team aus Bau-, Maschinenbau-, Elektrotechnik- und Softwareingenieuren sowie einem über Jahre gewachsenen Netzwerk an externen Fachleuten – von Ökologen bis Juristen. Nicht zuletzt bringt Firmengründer DI Mitterfellner auch seine Expertise als gerichtlich beeidigter Sachverständiger ein – sowohl national als auch im Rahmen einer Personenzertifizierung auf europäischer Ebene. Auch das gehört zum Selbstverständnis des Unternehmens: fundiertes Know-how, gekoppelt mit Bodenständigkeit und Weitblick. Die Projekte der PI Mitterfellner GmbH tragen entscheidend zur regionalen Energieautarkie, zur ökologischen Aufwertung bestehender Standorte und zur wirtschaftlichen Nutzung erneuerbarer Ressourcen bei. In einer Zeit, in der Energiefragen zunehmend auch Gesellschaftsfragen sind, bleibt das Büro aus Scheifling ein Kompetenzzentrum mit Haltung – und das wohl auch in den nächsten 20 Jahren.

Erschienen in zek HYDRO, Ausgabe 4/2025