Sechs Donaukraftwerke in zehn Jahren – ODK und LEW vollenden Revisionsprojekt
Ende 2024 wurde ein über zehn Jahre laufendes Revisionsprojekt der Obere Donau Kraftwerke AG (ODK) erfolgreich abgeschlossen. Innerhalb einer Dekade wurden die sechs Wasserkraftwerke Gundelfingen, Offingen, Faimingen, Leipheim, Günzburg und Oberelchingen von der für die Betriebsführung zuständigen LEW AG auf den aktuellen Stand der Technik gebracht. Im Zentrum der umfangreichen Erneuerungen standen die maschinellen Revisionen der insgesamt zwölf Kaplan-Turbinen sowie die Modernisierung des regelungstechnischen Equipments. Eine wesentliche Optimierung des Kraftwerksverbunds stellt die nun vollautomatisch funktionierende Stauzielregelung an allen sechs Anlagenstandorten dar. In Summe investierte die ODK rund 22 Millionen Euro in die mustergültigen Revisionen ihrer Traditionskraftwerke.

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Donaukraftwerke zwischen Ulm und Dillingen – Bau und Leistung
Die sechs Laufwasserkraftwerke der ODK wurden zwischen 1960 und 1965 auf einem rund 35 Kilometer langen Abschnitt der Donau zwischen Ulm und Dillingen errichtet. Mit Ausnahme des Kraftwerks Faimingen, das auf eine Ausbauwassermenge von 240 m³/s ausgelegt wurde, nutzen die Anlagen Gundelfingen, Offingen, Leipheim, Günzburg und Oberelchingen jeweils 210 m³/s maximale Ausbauwassermenge für die saubere Stromproduktion. Bei der Errichtung der Kraftwerke, deren nutzbare Fallhöhe jeweils zwischen 5 und 6 m liegt, orientierten sich die Erbauer an einem identischen Funktionsprinzip. Alle Wehranlagen bestehen aus drei Wehrfeldern, die zur Stauhaltung mit Zugsegmenten und aufgesetzten Fischbauchklappen ausgerüstet sind. In den direkt neben den Wehranlagen angeordneten Maschinengebäuden befinden sich jeweils zwei doppeltregulierte Kaplan-Turbinen mit durchschnittlich 4,5 MW Engpassleistung in vertikalachsiger Bauweise mit direkt gekoppelten Synchron-Generatoren. Im Regeljahr erzeugt die ODK mit ihrem Anlagenverbund rund 280 GWh Ökostrom.

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ODK startet 2014 umfassendes Modernisierungsprogramm
„Seit ihrem Bestehen wurden die mittlerweile über 60 Jahre alten Kraftwerke regelmäßigen Revisionen unterzogen“, erklärt Dr. Jörg Franke, der Technische Vorstand der ODK. 2014 startete schließlich ein weitreichendes Modernisierungsprojekt, bei dem die maschinelle Ausrüstung der Anlagen umfassend saniert bzw. erneuert werden sollte. Darüber hinaus wurde auch das elektro- und leittechnische Equipment der Kraftwerke auf den aktuellen Stand der Technik gebracht. „Ein wichtiger Aspekt der Revisionen war zudem die Herstellung einer anlagenübergreifenden, vollautomatischen Stauzielregelung sowie die Einbindung der Anlagensteuerungen in die Zentralwarte der LEW, die für die Betriebsführung der Kraftwerke zuständig ist. Zudem wurde auch die Gebäudetechnik, wie Brandschutzanlagen oder Belüftungssysteme, erneuert.“ Jörg Franke betont, dass die Revisionen rein auf die Modernisierung der Kraftwerke abzielten: „Bei den durchgeführten Arbeiten handelte es sich nicht um Grundinstandsetzungen aufgrund von Schäden oder Baufälligkeiten. Die Kraftwerke waren schon zuvor in einem sicheren und ordentlichen Zustand, durch die umfassenden Maßnahmen wurde der moderne Stand der Technik hergestellt.“

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Kaplan-Turbinen umfassend überarbeitet
Als Generalauftragnehmer für die Maschinenrevisionen an allen sechs Kraftwerken wurde die baden-württembergische Wiegert & Bähr Turbinen- und Stahlwasserbau GmbH engagiert, die ihrem Ruf als kompetenter Wasserkraftallrounder einmal mehr gerecht werden konnte. Der Auftrag umfasste im Wesentlichen die Revisionen der Leitapparate, der Wellenlagerungen sowie die Erneuerungen der hydraulischen Turbinenregler inklusive der Umbauten von Laufradverstellungen und neuer Hochdruckservomotoren. „Die Umfänge der durchgeführten Maßnahmen bei den jeweiligen Kraftwerken bzw. Turbinen waren jeweils etwas unterschiedlich. Grundsätzlich wurde bei allen Anlagen der hydraulische Raum entleert und die Maschinen individuell begutachtet. Nach der Inspektion wurde schließlich festgelegt, welche Maßnahmen durchgeführt werden“, so Jörg Franke. Zu den von Wiegert & Bähr umgesetzten Maßnahmen zählten die Überarbeitung der Laufradflügel und Leitschaufeln, die Inspektionen und Ausbesserungen der Laufradmäntel sowie die kompletten Anpassungen der Laufradservomotoren und der Einbau von hydraulischen Sicherheitslenkern an den Leitschaufeln. Zudem wurden die zuvor mechanisch ausgeführten Turbinenregler durch elektrohydraulische Varianten ersetzt und die Lagerungen der Maschinen überarbeitet. An den luftgekühlten Generatoren, die während der Revisionen ebenfalls auf ihre ordnungsgemäße Funktion hin überprüft wurden, waren keine Sanierungen notwendig, diese wurden lediglich einer gründlichen Reinigung unterzogen. Trotz der laufenden Sanierungen konnten die Kraftwerke fast ununterbrochen Strom produzieren – während eine Turbine revisioniert wurde, blieb die andere Maschine am Netz. Lediglich für die vorlaufenden Arbeiten zum Umbau der Elektrotechnik war jeweils eine ca. dreiwöchige Stilllegung der Anlagen notwendig.

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KIMA modernisiert Steuerungstechnik und Stauzielregelung
Den Zuschlag für die elektro- und leittechnischen Modernisierungen der Kraftwerke konnte sich der in Nordrhein-Westfalen ansässige Automatisierungsspezialist KIMA sichern. Neben der Erneuerung des regelungstechnischen Equipments, der vollständigen Neuprogrammierung der Steuerungssoftware und der Anbindung der Kraftwerke an die Zentralwarte der LEW zählte die Herstellung der nun vollautomatisch funktionierenden Stauzielregelungen und Turbinenregler an allen sechs Anlagen zum Leistungsumfang von KIMA. Eine in Zusammenarbeit mit der Universität Kassel neu entwickelte übergeordnete Regelung mittels Vorhersagemodellen dient zur Vergleichmäßigung des Abflusses. Die Stauziele konnten zwar schon vor den Revisionen via Fernzugriff reguliert werden, allerdings mussten die dazu notwendigen Schritte manuell getätigt werden. Im Rahmen der Revisionsprojekte fanden außerdem innovative Feldversuche zur Notstromversorgung statt, an denen KIMA ebenfalls beteiligt war. Das von mehreren Projektpartnern und Forschungseinrichtungen durchgeführte Projekt zeigte, dass mit einem inselbetriebsfähigen Wasserkraftwerk der Strombedarf kritischer Infrastrukturen bei einem großflächigen Blackout abgedeckt werden kann. Das Ziel war es, den Notstrombetrieb möglichst automatisiert und ohne zusätzlichen Personaleinsatz laufen zu lassen. Zudem konnte die Notstromversorgung per Fernsteuerung gestartet werden, ohne dass Mitarbeiter vor Ort sein mussten.

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Projektkoordination zwischen ODK, LEW und Partnern
Der für den Bereich Elektrotechnik zuständige Christian Dellmann, Projektleiter LEW Wasserkraft GmbH, nennt die Koordination der vielen am Projekt beteiligten Unternehmen und Personen als eine zentrale Projektherausforderung: „Auch das Thema Hochwassersicherheit hatte oberste Priorität, denn während der Umbauarbeiten gab es immer wieder Hochwassersituationen. Bei diesen Ereignissen war es besonders wichtig, die Anlagen dichtzuhalten und keine Gefährdung aufkommen zu lassen – sowohl für das Personal, als auch für die elektromechanische Ausrüstung. Das Projekt fiel außerdem in die Zeit der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Komplikationen. Schließlich kam auch noch der Kriegsausbruch in der Ukraine dazu, der erhebliche Auswirkungen auf die Preisentwicklung der benötigten Ausrüstung und Materialien hatte. Es ist den beteiligten Firmen und Unternehmen zu verdanken, dass das Projekt dennoch gut auf Kurs geblieben ist und trotz aller Widrigkeiten erfolgreich über die Bühne gebracht werden konnte.“

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Vorteile der Revisionen für Betrieb und Ökologie
Nach dem Projektabschluss hebt Jörg Franke die Vorteile der modernen Stauzielregelung hervor: „Die nicht einfach herzustellende automatische Stauzielregelung für alle sechs Anlagen im Verbund wurde vorbildlich umgesetzt. Da die Stauziele nicht mehr manuell, sondern vollautomatisch eingestellt werden, ist es nun möglich, dass die Maschinen in einem noch besseren Betriebspunkt gefahren werden können – somit könnten die Anlagen durchaus eine etwas erhöhte Stromausbeute generieren. Generell wurden durch die Modernisierungen ein erhöhter Bedienkomfort und weitaus mehr Möglichkeiten zur Fernüberwachung geschaffen.“ Christian Dellmann zieht ebenfalls ein positives Resümee zum Projekt: „Es war sehr erfreulich, dass es während der zehn Jahre dauernden Umsetzung zu keinen schweren Arbeitsunfällen gekommen ist. In technischer Hinsicht konnte eine einheitliche Bedien- und Betriebsphilosophie an den Anlagen geschaffen werden, was für uns als Betriebsführer natürlich eine wichtige Thematik darstellt. Zudem stehen uns durch die digitale Technik nun wesentlich mehr Datenpunkte und Messwerte zur Verfügung. Dadurch entstanden Ansatzpunkte, um die Betriebsführung künftig möglicherweise mit Künstlicher Intelligenz zu verknüpfen.“

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Neben den technischen Modernisierungen der Kraftwerksgruppe, die sich auf rund 22 Mio. Euro summierten, investiert die ODK zudem kräftig in die ökologische Verträglichkeit ihrer Kraftwerke. Nachdem beim Kraftwerk Gundelfingen bereits im Sommer 2023 eine neue Fischaufstiegsanlage in Betrieb gegangen ist, wird 2025 noch die Fischdurchgängigkeit beim Kraftwerk Faimingen hergestellt werden. Bei den anderen Donaukraftwerken werden die Fischaufstiegsanlagen in den kommenden Jahren in die Realität umgesetzt werden. Für diese sechs Bauprojekte nimmt die ODK rund 23 Mio. Euro in die Hand.
Erschienen in zek HYDRO, Ausgabe 4/2025