Projekte

Buchtenkraftwerk an der Amper7 min read

12. Jänner 2015, Lesedauer: 5 min

Buchtenkraftwerk an der Amper7 min read

Lesedauer: 5 Minuten

Im Juni 2013 nahm im bayerischen Moosburg an der Amper das Kleinwasserkraftwerk Wittibsmühle seinen Betrieb auf. Ein Buchtenkraftwerk mit einer Leistung …

von 500 Kilowatt, für dessen Errichtung vor allem ein bereits bestehendes Wehr mit einer Fallhöhe von knapp drei Metern sprach. Innerhalb der Gemeinde wurde das Projekt von einer positiven Grundstimmung getragen, was einen weiteren Bonuspunkt für die Umsetzung des Projekts in der unmittelbaren Umgebung der historischen Wittibsmühle darstellte.

Bevor die Pläne für ein Kraftwerk unweit der historischen Wittibsmühle Wirklichkeit werden konnten, nahmen die Projektbetreiber den Standort genauestens unter die Lupe. Dabei zeigte sich: Die Voraussetzungen waren günstig. Eine bereits bestehende Wehranlage mit knapp 3 Meter Fallhöhe, die im Jahre 1992 im Zuge des Hochwasserschutzes komplett erneuert wurde, eignete sich dafür optimal. Für den Standort sprach weiters, dass sich das vom Ammersee gespeiste Gewässer auf die linke Flussseite des Kraftwerkstandortes dreht, wodurch mit erhöhten Strömungsgeschwindigkeiten in diesem Bereich zu rechnen ist. Das Planungskonzept führte in der Folge zu einem kompakten Einlauf samt kurzem Zulauf in den geplanten Turbinenschacht. Der Umstand, dass man ein bestehendes Querbauwerk hydroelektrisch zu nutzen gedachte, stellte sich zudem gerade aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes als äußerst sinnvoll dar. Eine entsprechende Infrastruktur, wie z.B. ein Zuweg für den Schwerlastverkehr und eine bereits vorhandene 20 kV-Leitung von den Stadtwerken München, war eine weitere Voraussetzung, die das Projekt begünstigte. Und zu guter Letzt stimmte die Stadt Moosburg mit einem einstimmigen Beschluss für das Projekt und die beteiligten Fachbehörden erteilten 2011 schlussendlich grünes Licht.

Planungsphase und Start des Projekts
Über drei Jahre erstreckte sich die Planungs- und Projektierungsphase, bevor im Jahr 2008 der Genehmigungsantrag an die Behörden gestellt wurde. Nach Vorliegen der Genehmigungen fiel schließlich im Herbst 2011 der lang ersehnte Startschuss für den Bau des Kraftwerks, bei dem man unter anderem mit dem Planungsbüro Grimmer und dem Betonbauer Ziegltrum aus Jetzendorf zusammenarbeitete. Im ersten Bauabschnitt entstand die Trafo-Station mit der Stromableitung. Zu diesem Zweck wurden über 450 m Leitungen verlegt. Im April des Folgejahres begann man mit den Erd-, Beton- und Schalungsarbeiten, die sich alles andere als problemlos erwiesen. Die spezielle Bodenbeschaffenheit stellte die beteiligten Unternehmen auf eine harte Probe, was letztlich auch eine Verzögerung im Terminplan nach sich zog. Als echte Herausforderung stellten sich die Spundarbeiten dar: Da es sich um typischen „Amper-Boden“ handelt, der aus sehr hartem Tegel besteht, konnte man die Spundwände nicht wie üblich ins Erdreich schlagen. Es wurde dafür spezielles, schweres Gerät angefordert. Mithilfe einer großen Bohrmaschine wurde ein sicheres Fundament für die Wände geschaffen. Die Verzögerung im Bauverlauf belief sich auf rund zwei Monate. Die Betreiber sehen dies im Nachhinein jedoch positiv, da man so auch ein sehr solides Fundament erschaffen habe. Eventuelle Problemfälle, wie etwa ein Grundwassereinbruch, seien kein Thema mehr. Und aufgrund der dementsprechenden Statik des Gebäudes sei das Kraftwerk für eine 500-kW-Anlage bestens fundiert.

Umfangreicher Stahlwasserbau
In Sachen Langlebigkeit und Robustheit spielt natürlich auch der Stahlwasserbau eines Kraftwerks eine ganz wesentliche Rolle. Die Betreiber setzten in dieser Frage auf das langjährige Know-how der oberösterreichischen Firma Danner Maschinenbau GmbH aus Pettenbach. Im Januar 2013 erging der Auftrag an die Spezialisten aus Oberösterreich. Ein Spülschutz mit integrierter Wegmessung sowie ein Kanaleinlaufschütz (als Klappschütz ausgeführt) wurden ebenso konstruiert und gefertigt wie ein Feinrechen und eine Knickarm-Rechenreinigungsmaschine, die sich über eine Breite von sieben Meter und einer Höhe von fünf Meter erstreckt. Ebenso wurde die gesamte Hydraulikanlage ausgelegt, konstruiert und installiert. Dabei konnte das Team von Danner neben seiner Kompetenz auch seine Flexibilität unter Beweis stellen: Da der Betreiber kein herkömmliches Einlaufschütz installieren wollte, galt es alternativ ein Klappschütz zu liefern. Auch dies wurde termingerecht bis zur Abnahme im Mai 2013 gemeistert.

Spezialschalungen made by Mitterfelner
Für die umfangreichen Schalungsarbeiten beauftragt man die Firma Mitterfelner Schalungsbau GmbH aus dem niederbayerischen Reisbach, die sich in den letzten Jahren bereits einen guten Namen im Wasserkraftwerksbau gemacht hatte. Aus diesem Grund hatten die Bauherren ihre Einlaufschalung und noch die eine oder andere Spezialschalung bei Mitterfelner in Auftrag gegeben. „Die Dimensionen am Einlauf waren beachtlich – mit einer Höhe von über sechs Metern. Für den Transport mussten wir die Einlaufschalung in zehn Teile zerlegen, um damit einen reibungslosen LKW-Transport zu garantieren. Den Saugschlauch konnten wir für die Anlieferung in vier Teilen zerlegen. Auf der Baustelle wurden die einzelnen Elemente wieder zusammengeschraubt, gespachtelt und geschliffen. So war auch eine glatte Oberfläche für die Betonarbeiten gewährleistet“, berichtet Firmeninhaber Franz Mitterfelner. Er spricht damit einen Punkt an, für den die Schalungen seines Unternehmens bekannt sind: runde und sehr glatte Oberflächen. Sie tragen dazu bei, um am Ende die hydraulischen Verluste im Einlauf möglichst gering zu halten. Die Umsetzung erfolgte sehr rasch: So war die komplette Einlaufschalung samt Saugschlauch innerhalb von nur drei Tagen erledigt. Das Team von Mitterfelner Schalungsbau war von August bis Oktober 2012 mit der kompletten Realisierung beschäftigt.

Turbinenbau und Steuerung
Im September 2012 erfolgten die Anlieferung und der Einbau der Compact Riemen Rohrturbine von Andritz Hydro. Daran anschließend wurden die gesamten Elektrotechnikarbeiten umgesetzt, wobei das Südtiroler Traditionsunternehmen Troyer AG die komplette Steuerung samt Fernüberwachung realisierte. Bei der Wahl des Generators entschieden sich die Betreiber für einen Synchrongenerator von Hitzinger, der es auf eine Nennscheinleistung von 630 kVA bringt. Eine Maschinenensemble, das von den Kraftwerksbesitzer sehr gerne hervorgehoben wird: „Für den vorliegenden Standort ist die beste Technik zusammengetragen worden und diese verrichtet ihre Arbeit zu unserer vollsten Zufriedenheit“, so die Gesellschafter der Wasserkraftanlage Wittibsmühle GmbH & Co. KG.

Riemen ist immer noch up to date
Im unteren Leistungsbereich ist wieder ein zunehmender Trend hin zu Riemenantrieben zu bemerken. Andritz Hydro bietet für dieses spezielle Segment eine Riemen Rohrturbine an, die für niedrige Fallhöhen prädestiniert ist. Die Betreiber des Kraftwerks an der Amper entschieden sich deswegen für diese wirtschaftliche Lösung. Der gesamte Leistungsumfang von Andritz Hydro umfasste neben der Riemen Rohrturbine noch das Hydraulikaggregat, die Edelstahlleitungen zwischen Turbine und der Hochdruck-Ölversorgung sowie die komplette Montage inklusive der erfolgreichen Inbetriebnahme.
Die installierte Turbine erbringt im Kraftwerk Wittibsmühle bei einer Fallhöhe von 2,86 Metern eine Leistung von 508 kW. Der Drehzahlbereich liegt bei exakt 192 Umdrehungen pro Minute. Das knapp zwei Meter im Durchmesser große Laufrad mit den drei Laufradschaufeln treibt den Hitzinger-Generator über den Flachriemen an. Die Nenndrehzahl des Generators liegt bei 500 U/min.

Spezieller Flachriemen mit hohem Wirkungsgrad
Bei der Riemenwahl kam der Siegling Extremultus zum Einsatz. Der Flachriemen für den Wasserkrafteinsatz zeichnet sich durch eine besondere Langlebigkeit bzw. Elastizität aus und ist äußerst schwingungs- und stoßdämpfend. Dabei sind Riemengeschwindigkeiten bis zu 100 m/s kein Problem. Ein weiterer Pluspunkt ist der sehr hohe Wirkungsgrad von bis zu 98,2 %. Ein großer Vorteil gegenüber einem herkömmlichen Keilriemen, bei dem Energieverluste bei der Flankenreibung unumgänglich sind. Besonders in Kleinwasserkraftwerken, wie bei dem Buchtenkraftwerk Wittibsmühle, kommen diese Flachriemen zum Einsatz und garantieren so eine verlustarme Energieübertragung vom Wasser zum Verbraucher.

Krafthaus samt Tonnendach
Bei der Umsetzung des Krafthauses gab es diverse Überlegungen bezüglich der Dachkonstruktion. Optisch bekam das Tonnendach den Vorzug, da sich dieses am besten in die Landschaft integriert. Im Maschinenhaus ist nicht nur die Steuerung des Kraftwerks untergebracht, sondern auch jene für die historische Wehranlage. Die für die Wehrsteuerung zuständige Kompetenz Wasserwirtschaft zeigte sich dabei sehr kooperativ, sodass nun die gesamte Steuerungstechnik an einem Platz vereint ist. Dank modernster Technik sind sämtliche Parameter heute jederzeit und weltweit überwachbar und ein Eingreifen bei Bedarf über Fernwartung möglich.

Abschließende Arbeiten
Das seit Juli 2013 in Betrieb befindliche Kraftwerk Wittibsmühle im bayerischen Moosburg ist so gut wie fertiggestellt. Jetzt gilt es für die Betreiber noch bis zum Sommer 2014 diverse Restarbeiten, wie die Begrünung, Arbeiten an den Geländern, in und um die Anlage, und die Optimierung des bereits vorhandenen Fischpasses abzuschließen. Dann erstrahlt das Kraftwerk an der Amper in vollem Glanz und wird der gegenüberliegenden und auch namensgebenden Mühle, welche bereits im 17. Jahrhundert namentlich erwähnt wurde, ein modernes Pendant bieten.

Teilen: