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Global Hydro rüstet Hochdruckanlage in Guatemala mit Rekord-Turbinen aus5 min read

14. Dezember 2016, Lesedauer: 4 min

Global Hydro rüstet Hochdruckanlage in Guatemala mit Rekord-Turbinen aus5 min read

Lesedauer: 4 Minuten

Mitten im regenreichen zentralguatemaltekischen Hochland wird derzeit am Ausbau der Wasserkraft-Kapazitäten gearbeitet. Erst unlängst wurde am Oxec River, rund 150 Kilometer von der Hauptstadt Guatemala City entfernt, …

… vom Projektbetreiber Energy Resources Capital Holding (ERC) das Kraftwerksprojekt Oxec I verwirklicht. Dabei setzten die Betreiber auf Wasserkraft-Technik aus Österreich: Im Maschinenhaus arbeiten zwei baugleiche Francis-Spiralturbinen vom oberösterreichischen Wasserkraftspezialisten GLOBAL Hydro, die zusammen rund 25,5 MW Leistung bereitstellen. Es handelt sich um die bisher leistungsstärksten Turbinen, die jemals von dem erfahrenen Turbinenbauer konstruiert, gefertigt und in Betrieb genommen worden sind. Oxec I wird im Regeljahr knapp 100 GWh sauberen Strom ans Netz liefern.

Im Vergleich zu einigen anderen Provinzen Guatemalas ist das zentral gelegene „Departamento“ Alta Verapaz größtenteils mit Wasser gesegnet. Zahlreiche Ströme durchziehen das Land, das eine geographische und klimatische Übergangszone zwischen dem kühlen Hochland im Südwesten und dem feuchtwarmen Tiefland im Osten und Norden darstellt. Schon seit geraumer Zeit setzt man in der Region auf die Nutzung der Wasserkraft, wie der Ausbau der vier Renace-Kraftwerke belegt, die in Summe auf nicht weniger als 310 MW installierte Leistung kommen.
Nicht weit davon entfernt hatten die Projektentwickler von ERC einen ebenfalls äußerst interessanten Wasserkraftstandort ins Auge gefasst – und zwar am Oxec River, der in seinem weiteren Verlauf in den Cahabon River mündet, welcher seinerseits Richtung karibische Küste zusteuert. „Basierend auf den hydrologischen Daten des Instituto Nacional de Electrificatión, kurz INDE, haben die Hydrologen und Ingenieure von ERC vor einigen Jahren das Konzept für den Kraftwerksbau entwickelt“, erklärt dazu Jose Gonzalez, dessen Vater der ERC als Präsident vorsteht. Er selbst war intensiv in die gesamte Abwicklung des Bauvorhabens eingebunden.

Komplexe geologische Situation
Was die Umsetzung des Projektes zu einer echten Herausforderung machte, war vor allem die gebirgige Topographie und die komplexen geologischen Bedingungen am Kraftwerksstandort. Der Auftrag über die Bauarbeiten war an die israelische Baufirma Solel Boneh International (SBI) vergeben worden, die nach Aussage von Jose Gonzalez einen profunden Hintergrund im Hinblick auf Wasserkraftwerksbau vorweisen konnte. Deren Kompetenz war letztlich auch voll gefordert, da aufgrund intensiver Niederschläge, einer ausgeprägten Hangrutschneigung, sowie gewisser Risiken hinsichtlich Erdbeben mehrfach innovative Lösungen erforderlich waren. So wurde beispielsweise ein w-förmiger, umgekehrter Siphon im Triebwasserweg installiert, um einerseits den gesamten Oberwasserkanal zu verkürzen und anderseits die heikelsten Erdrutschhänge zu umgehen. Nichtsdestotrotz blieb man von den Naturgewalten nicht verschont. „Wir wurden während der Bauarbeiten von einem heftigen Erdrutsch überrascht, der einen sechsmonatigen Bauverzug zur Folge hatte“, erinnert sich Jose Gonzalez. „Generell stellte auch die Entlegenheit des Standorts eine gewisse Herausforderung dar. Alleine die Anfahrt in die gebirgige Region nimmt über die schlecht ausgebauten Straßen von der Hauptstadt schon rund acht Stunden Zeit in Anspruch. Da ist eine exakte Planung unabdingbar, für Fehler blieb kaum Raum.“ Auch die logistische Koordination vor Ort war ein wichtiges Thema. Schließlich waren in Stoßzeiten bis zu 800 Arbeiter gleichzeitig an den verschiedenen Baustellen des Kraftwerksareals zu Gange. Insgesamt erstreckten sich die Bauarbeiten von Mai 2013 über zweieinhalb Jahre, ehe im Oktober letzten Jahres erstmals Strom erzeugt werden konnte. Ende November wurden beide Maschinensätze bereits im Volllastbetrieb eingesetzt.

Spezielle Siphonsysteme
Grundsätzlich handelt es sich beim Kraftwerk Oxec I um eine Hochdruckanlage mit einem kleinen Speicher, der von einem 24 m hohen Damm gebildet wird. Das dadurch geschaffene Speichervolumen reicht aus, um beide Maschinen für 4 Stunden auf Maximallast zu betreiben. Damit ist das Kraftwerk auch für die Bereitstellung von Spitzenlast befähigt. Im Anschluss an die Wasserfassung wurde ein Sandfangsystem installiert, von dem aus das von Sedimenten befreite Triebwasser in einen rund 5 km langen Beton-Freispiegelkanal mit einer Breite von 5,50 m gelangt und in dessen Verlauf auch zwei Siphonsysteme passiert. Der Kanal weist eine Neigung von 0,40 m auf 1.000 m auf. Über den Betonkanal wird das Triebwasser schließlich zur Druckrohrleitung geführt, die komplett aus Stahl ausgeführt wurde. Über eine Länge von 225 m gelangt das Triebwasser schließlich durch die Rohrleitung der Dimension DN3150 bis zu den beiden Maschinen im Krafthaus.
Das Herz der Anlage besteht aus zwei baugleichen Francis-Spiralturbinen, konstruiert, gefertigt, geliefert und in Betrieb genommen vom österreichischen Wasserkraftspezialisten GLOBAL Hydro Energy GmbH, der mit dem Auftrag für das gesamte „Water-to-Wire-Equipment“ betraut wurde.

Herz made in Austria
Die beiden Turbinen wurden speziell ausgelegt auf einen Ausbaudurchfluss von jeweils 12,5 m3/s und eine Nettofallhöhe von 110 m. Dabei erreichen die Francis-Spiralturbinen eine Nennleistung von jeweils rund 12,5 MW. Es sind dies die leistungsstärksten Maschineneinheiten aus dem Hause GLOBAL Hydro. Mit einer Nenndrehzahl von 514 Upm übertragen sie die Energie auf je einen Synchrongenerator des spanischen Herstellers INDAR. „Das Design der Turbinen ist optimal an die hydrologischen Gegebenheiten angepasst. Die Trocken- und Regensaisonen sind in der Region stark ausgeprägt. In der Trockenzeit kann das nutzbare Wasserdargebot bis auf 4 bis 6 m3/s sinken, während wir in der Regenzeit nicht selten Wassermengen von 60 bis 70 m3/s erleben. Tropische Stürme und Hurricanes sind aufgrund der relativen Nähe zur karibischen See auch keine Seltenheit“, erläutert Jose Gonzalez die Rahmenbedingungen.
Warum sich die Betreiber von ERS für den Wasserkraftspezialisten aus Österreich entschieden hatten, war mehreren Gründen zuzuschreiben. „Wir fühlten uns mit GLOBAL Hydro von Anfang an sehr wohl. Sie hatten ja bereits Maschinen in Guatemala erfolgreich in Betrieb genommen und diese machten einen sehr positiven Eindruck. Zudem haben wir auch die Produktionsstätte angesehen und waren von der hohen Qualität der Maschinen und des verwendeten Materials überzeugt“, so der Betreibervertreter. „Ich würde GLOBAL Hydro auch aufgrund seiner verantwortungsvollen Haltung im Zuge der Projektumsetzung weiterempfehlen.“

Oxec II in den Startlöchern
Für die Betreiber der ERS, die insgesamt aus sieben privaten Partnern besteht, ist die erfolgreiche Inbetriebnahme von Oxec I bereits der zweite Streich in Sachen Wasserkraftwerke in Guatemala. Und der nächste folgt zugleich. Denn das Kraftwerk Oxec II mit einer geplanten installierten Leistung von 60 MW steht bereits in den Startlöchern. Zusammen wird die neue Kraftwerkskette voraussichtlich 2018 rund 85 MW an neuen Wasserkraftkapazitäten für das „Land des ewigen Frühlings“ – wie sich der bevölkerungsreichste Staat Zentralamerikas selbst nennt – bereitstellen.
Für die Wasserkraftspezialisten aus Oberösterreich bedeutet die erfolgreiche „Mission“ in Guatemala einerseits eine wichtige, weitere Referenz in einem interessanten Wasserkraftmarkt. Andererseits markierte es mit der Überschreitung der 12 MW-Grenze auch einen Meilenstein in der eigenen Entwicklung. Man hat eindrucksvoll bewiesen, dass man damit noch nicht an die eigenen Leistungsgrenzen gestoßen ist.

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