Projekte

Kraftwerksbetreiber versorgt eigene Anlagen im oststeirischen Strallegg5 min read

30. Dezember 2019, Lesedauer: 4 min

Kraftwerksbetreiber versorgt eigene Anlagen im oststeirischen Strallegg5 min read

Lesedauer: 4 Minuten

Mit dem Bau eines Kleinwasserkraftwerks in der oststeirischen Gemeinde Strallegg machte sich Betreiber Ernst Schweighofer weitgehend unabhängig von der öffentlichen Energieversorgung.

Die zu großen Teilen in Eigenregie errichtete Anlage deckt den fast kompletten Strombedarf von mehreren Wohn- und Wirtschaftsobjekten und eines ebenfalls im Eigenbesitz stehenden Heizwerks. Der überschüssige Strom wird ins Netz der Energie Steiermark eingespeist, von welchem bei geringem Wasserdargebot auch Strom bezogen werden kann. Realisiert wurde das 2017 innerhalb von fünf Monaten gebaute Kraftwerk nach dem klassischen Ausleitungsprinzip. Über ein Tiroler Wehr werden bis zu 130 l/s aus dem Arbesbach eingezogen und über eine rund 1,3 km lange Druckleitung zu einer 3-düsigen Pelton-Turbine geleitet. Das gesamte Rohrmaterial in Form hoch beanspruchbarer duktiler Gussrohre lieferte der oberösterreichische Vertriebsprofi Geotrade. Dank des flexiblen Muffensystems konnte die gesamte Rohrtrasse ohne den Einbau von Rohrkrümmern verlegt werden. Nach der Inbetriebnahme im März 2018 feiert die Anlage im heurigen Frühjahr ihr 1-jähriges Betriebsjubiläum.

Der heute 21 Jahre junge Ernst Schweighofer aus Strallegg im oststeirischen Bezirk Weiz hat sein Interesse für Wasserkraft schon früh entwickelt. Bereits 2009 zeichnete der damals Zwölfjährige erste Pläne für den Bau eines Wasserkraftwerks auf dem Grundstück der Eltern. Der Bauaufwand für eine Anlage mit maximal 5 kW Leistung wurde allerdings als zu hoch erachtet. Nachdem die Familie 2014 die Beratungsaktion für Kleinwasserkraftwerke in Anspruch genommen hatte, wurden die Pläne für ein eigenes Wasserkraftwerk wieder konkret. Im Rahmen der Beratung wurde ein jährliches Erzeugungspotential für rund 200.000 kWh festgestellt. Da der Fokus der Familie Schweighofer aber auf Eigenenergieversorgung ausgerichtet war und noch immer ist, wurde das Vorhaben wieder auf Eis gelegt. „Dies änderte sich im Jahr 2015, als wir unser eigenes Biomassewerk in Betrieb genommen hatten. Aufgrund des hohen Strombedarfs des Heizwerks war die Errichtung eines Wasserkraftwerks wieder sehr sinnvoll geworden“, erklärt Ernst Schweighofer.

Kraftwerksbau in kürzester Zeit bewilligt
Noch im Dezember 2015 wurde bei den zuständigen Behörden das Ansuchen für den Bau eines Kleinwasserkraftwerks am Arbesbach eingereicht. Geplant und ausgearbeitet wurde das Projekt vom auf Kleinwasserkraft spezialisierten Ingenieurbüro Mosbacher aus Niederösterreich. Schweighofer betont, dass die Grundbesitzer, Fischereiberechtigten und Behördenvertreter von Beginn an in das Projekt eingebunden waren und mit allen Beteiligten rasch ein Übereinkommen gefunden werden konnte. Dies erklärt auch die kurze Genehmigungsphase, bereits wenige Monate nach der Einreichung wurde im Mai 2016 die Baugenehmigung erteilt. Als ökologische Ausgleichsmaßnahme wurde ein Gewässerabschnitt beim Mündungsbereich des Bachs durch das Setzen von Niederwasser-Buhnen fischdurchgängig gemacht.

Druckleitung aus duktilen Gussrohren
Die eigentlichen Bauarbeiten starteten mit dem Aushub des Krafthauses Anfang Juni 2017, in rund drei Wochen war der Betonbau des Gebäudes hochgezogen. Im Anschluss folgte die Verlegung der rund 1,3 km langen Druckrohrleitung, die wie die Erd- und Stahlwasserbauarbeiten von Schweighofer in Eigenregie mit der Unterstützung von Montagehelfern umgesetzt wurde. Der obere Trassenabschnitt wurde in der Dimension DN350 verlegt, nach einer Verjüngung wurden die restlichen rund 950 m Richtung Krafthaus in DN300 ausgeführt. Zusätzlich mitverlegt wurden Leerrohre für die jeweils separat geführten Strom- und Glasfaserkabel zur energietechnischen Anbindung der Wasserfassung. Beim Rohrmaterial setzte der Betreiber auf duktile Gussrohre des Herstellers Jindal SAW, die vom Vertriebsspezialisten Geotrade aus Oberösterreich geliefert wurden. Die qualitativ hochwertigen Rohre stehen für hohe Druckbeständigkeit, Resistenz gegen schädliche Umwelteinflüsse, optimale Fließbedingungen durch hochglatte Innenflächen und sind für schwierigste Einbau­bedingungen geeignet. Darüber hinaus ­können die Rohre ohne zusätzliches Bettungsmaterial im Erdreich verlegt werden. Dank der Abwinkelbarkeit der Rohrstöße innerhalb der Verbindungsmuffen erlaubt das System die Ausführung weitläufiger Richtungsänderungen der Rohrtrasse ohne die Verwendung spezieller Formstücke. Dies traf auch bei der Druckleitung des Kraftwerks Arbesbach zu, deren Verlegung inklusive einer Bachunterquerung komplett ohne Rohrbögen in rund 1,5 Monaten bewerkstelligt werden konnte.

Pelton-Turbine für Teillast optimiert
Die Wasserfassung wurde von Schweighofer mit einem selbst gefertigten Tiroler Wehr ausgestattet, zur Restwasserabgabe dient ein in das Querbauwerk integrierter Schieber. In der Wehrhütte, in der die elektrotechnischen Bauteile untergebracht wurden, kann für den Wintereinlauf ein zusätzlicher Feinrechen eingesetzt werden. Nach dem Einzug wird das Triebwasser in ein Entsanderbecken geleitet, gleich danach beginnt der Kraftabstieg. „Da die maximale Ausbauwassermenge von 130 l/s relativ hoch angesetzt wurde, sollte die Turbine ein möglichst breites Betriebsband abdecken können. Darüber hinaus musste die pegelgeregelte Maschine an einen gebraucht erworbenen und generalüberholten  Synchron-Generator von Hitzinger angepasst werden“, sagt Schweighofer. Die Maschinenbau Unterlercher GmbH aus Osttirol fertigte eine für diesen Einsatzweck optimierte 3-düsige Pelton-Turbine mit horizontaler Welle. Als Verbindung zwischen Turbinen- und Generatorwelle kommt ein Riemenantrieb zum Einsatz, der auch gleichzeitig zur Drehzahl-Übersetzung genutzt wird. Bei einer Bruttofallhöhe von 64 m schafft die Turbine eine Engpassleistung von 70 kW. Wenn sich das Wasserdargebot jahreszeitlich bedingt verringert, sorgen die drei elektrisch geregelten Düsen für ein Maximum an Effizienz. Ein Krafthauskran der Firma Mayrhofer aus Wenigzell erleichtert die Wartungsarbeiten an der technischen Ausrüstung. Die neben dem Krafthaus bereits vor dem Anlagenbau angelegten Fischteiche beziehen ihre Wasserversorgung aus der Restwasserstrecke.

Seit 2018 stromunabhängig
Neben der Eigenversorgung war die Inselbetriebsfähigkeit des Kraftwerks ein wichtiger Punkt für den Betreiber. Diese Anforderung wurde durch den Lieferumfang der für die Elektrotechnik und Steuerung zuständigen SOWA-Control GmbH sichergestellt. Die Elektrotechnik im Krafthaus sowie die Energieableitung wurden ebenfalls von Schweighofer selbst geplant. Um das Heizkraftwerk sowie die im Gemeindegebiet verstreuten Objekte an das eigene Versorgungsnetz anzubinden, wurden vom Betreiber rund 4 km Stromkabel verlegt. Bei ausreichend Wasserdargebot werden die Objekte völlig autark mit Strom versorgt, wenn das Kraftwerk stillsteht, wird automatisch Strom aus dem Netz der Energie Steiermark bezogen. Nachdem die Anlage im März des Vorjahres ihren Regelbetrieb aufgenommen hat, zeigt sich Schweighofer mit der bisherigen Erzeugungsleistung durchaus zufrieden: „Obwohl das Kraftwerk mehrere Monate stillgestanden hat, konnten 2018 rund 80 Prozent unseres Eigenenergiebedarfs gedeckt werden. Darüber hinaus wurde rund die Hälfte des erzeugten Stroms in das öffentliche Netz eingespeist.“

Teilen: