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Ökostrom aus Überleitungswasser4 min read

4. Dezember 2013, Lesedauer: 3 min

Ökostrom aus Überleitungswasser4 min read

Lesedauer: 3 Minuten

Zum 50er der Bayerischen Landeskraftwerke gibt es jede Menge zu feiern. Vorrangig zu nennen: die Inbetriebnahme der zwei neuen Kleinwasserkraftwerke Rothsee II und Leerstetten.

Das Kraftwerk Rothsee II arbeitet dabei mittels einer vierflügeligen Andritz-Kaplanturbine das Überleitungswasser aus dem Donaugebiet ins Maingebiet, das bislang ungenutzt in den Rothsee geflossen ist. Das neue Kraftwerk besticht nicht nur durch hochwertige Technik, sondern auch durch seine außergewöhnliche architektonische Gestaltung.

Gerecht ist der Wasserreichtum Bayerns keineswegs verteilt. Während die Alpen und das gesamte Donaugebiet in hohem Maße mit Wasser versorgt sind, kann im fränkischen Regnitz-Main-Gebiet durchaus von Wasserknappheit gesprochen werden. Um dieser Ungleichheit entgegen zu wirken, beschloss der Bayerische Landtag im Jahr 1970, einen überregionalen wasserwirtschaftlichen Ausgleich zwischen Donau- und Main-Gebiet und parallel dazu ein effizientes Hochwasserschutz-System zu schaffen.

Welche enorme Bedeutung dieser Wasserüberleitung zukommt, wurde auch in den Festreden der Ehrengäste deutlich, die am 4. September zur Eröffnungsfeier an den Rothsee gekommen waren. Bayerns Umweltminister Marcel Huber nahm dabei ganz konkret auf das Hochwasserereignis in diesem Jahr Bezug: „Durch den enormen Starkregen im Süden kam es an der Donau zu sehr bedrohlichen Szenarien.

In dieser Situation hat uns das Rückhaltesystem hier im Norden Bayerns enorm wichtige Hilfestellung geleistet, indem rund 17 Millionen Kubikmeter Hochwasser zwischengespeichert wurden. Dadurch konnte die bedrohliche Scheitelwelle an der Donau markant abgeschwächt werden. Man sieht also, dass durch den wasserwirtschaftlichen Ausgleich nicht nur der Norden vom Süden Bayerns profitiert, sondern durchaus auch umgekehrt.“

EIN PROJEKT MIT VIELEN BENEFITS
In den Jahren 1985 bis 1993 wurde das aufwändige
Talsperrenprojekt Rothsee realisiert.
Seit nunmehr 20 Jahren wird der künstlich
angelegte See also mit dem Überleitungswasser
aus dem Donaugebiet ins Maingebiet
gespeist. „Es ist schwer vorstellbar, wie viel
Wasser in diesen zwei Jahrzehnten überführt
wurde: 2,4 Milliarden m3 Wasser, oder an ders ausgedrückt ein Volumen von 2,4 km3“, ging der Umweltminister
ins Detail. Es sei eine echte Win-Win-Situation entstanden, so
Marcel Huber weiter, denn mittlerweile biete der Rothsee, das Herzstück
der Wasserüberleitung, auch einen hochwertigen Lebensraum für
viele Tier- und Pflanzenarten – und sei darüber hinaus auch ein beliebtes
Freizeit- und Naherholungsziel geworden, von dem starke wirtschaftliche
Impulse für die gesamte Region ausgehen.
Ein weiterer Mehrwert wurde nun von den Bayerischen Landeskraftwerken
durch den Bau des neuen Kraftwerks Rothsee II geschaffen.
Damit kann heute das bislang ungenutzte Überleitungswasser aus dem
Donau- ins Maingebiet der umweltfreundlichen Stromproduktion zugeführt
werden. Zwar wird das Kraftwerk nahe liegender Weise nicht
kontinuierlich Strom erzeugen, da Überleitungswasser eben nur zu bestimmten
Zeiten verfügbar ist, dennoch wird die Anlage genug Strom
erzeugen, um damit rund 2.000 Menschen versorgen zu können.
„MUSSTEN HIER ETWAS BESONDERES BAUEN“
Anlässlich seiner Festrede bedankte sich der Geschäftsführer der
Bayerischen Landeskraftwerke Dipl.-Ing. Josef Keckl bei den Partnern
aus den Behörden und Ministerien, sowie den ausführenden
Branchenunternehmen für die gute Zusammenarbeit, welche „mit
hoher Intensität“ abgewickelt worden sei. Er betonte, dass die ingenieurtechnische
Umsetzung keineswegs einfach gewesen sei und nahm
zudem auf die ungewöhnliche äußere Formgebung des Zentralengebäudes
Bezug: „Uns war klar, dass sich dieser Standort an exponierter
Stelle befindet und wir etwas ganz Besonderes machen müssen. Ein
nackter Zweckbau hätte dem nicht Rechnung getragen.“ Der Halbkreis
als Ansicht verweist nun auf die Lage des Kraftwerks am Dammkörper
des Rothsees – und die großen Schaufenster sollen Interessierte
einladen, einen Blick auf die moderne Technik im Inneren zu werfen.
Und diese kann sich in der Tat sehen lassen: Das technische Herz der
Anlage besteht aus einer 4-flügeligen Kaplanturbine aus dem Hause
Andritz Hydro, die einen direkt gekoppelten Synchrongenerator von
TES Vsetin antreibt. Ausgelegt ist die Maschine auf eine Ausbauwassermenge
von 14 m3/s. Bei einer Fallhöhe von 7,20 m beträgt die Ausbauleistung
898 kW. Das Triebwasser wird über einen neuen Abzweig
am bestehenden Druckkanal zum Krafthaus geleitet.

TERMINGERECHTE UMSETZUNG
Mit 272 Umdrehungen pro Minute dreht
sich der Rotor im Stator des hochwertigen
Generators aus tschechischer Herstellung. Er
zählt bereits zur neuesten Generation von
Synchrongeneratoren aus dem Hause TES.
Durch einen erweiterten Luftspalt konnte die
Effizienz der Stromerzeuger gerade im Leistungsbereich
bis 20 MVA noch weiter verbessert
werden. Mittlerweile kann der renommierte
Hersteller bereits auf über 500 erfolgreiche
Wasserkraftanlagen verweisen, die mit
der Technik von TES ausgerüstet sind.
Die vertikalachsige Kaplanturbine mit einem
Durchmesser von 1.600 mm wurde von der
Firma Andritz Hydro in Ravensburg nach
modernsten Kriterien gefertigt, an die Baustelle
geliefert und von den Montage-Spezialisten
installiert. Letztlich wurde sie termingerecht
Anfang Mai diese Jahres eingebaut,
die Erstinbetriebnahme folgte wenig später
Anfang Juli. Offiziell in den Regelbetrieb
wurde sie im September genommen.
Der Maschinensatz punktet nicht nur aufgrund
seiner ruhigen, vibrationsarmen Laufweise,
sondern vor allem auch aufgrund ausgezeichneter
Wirkungsgrade. Im Regeljahr
soll die Anlage immerhin rund 2 Mio. kWh
Strom aus der Energie des Überleitungswassers
erzeugen.

STROM FÜR 15.000 HAUSHALTE
Gemeinsam mit dem ebenfalls neu errichteten
Kraftwerk Leerstetten stocken die Bayerischen
Landeskraftwerke ihre Erzeugungskapazitäten
somit um rund 4,5 GWh zusätzliche
Jahresproduktion auf. In Summe bedeutet
dies, dass der bayerische Erzeuger regenerativer
Energie aus Wasserkraft nun mit seinen
19 Kraftwerken im Schnitt rund 55
GWh Strom ans Netz liefert. Damit ist eine
Versorgung von rund 15.000 bayerischen
Haushalten mit CO2-freiem Strom möglich. Zu den Aufgaben der Bayerischen Landeskraftwerke
zählen der Betrieb, die Verwaltung
und das Errichten von Kraftwerken an
Talsperren, Hochwasserrückhaltebecken,
Kanälen und Gewässern im Freistaat Bayern.
Die Anlagen übernehmen die Funktion von
Regelorganen und -instrumenten zur Steuerung
der Talsperren. Dabei hat sich die Energieerzeugung
den wasserwirtschaftlichen
Zielen, insbesondere Hochwasserschutz,
Niedrig wasseraufhöhung und Trinkwasserbewirtschaftung
unterzuordnen.

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