Technik

Österreich: Revitalisierung boomt8 min read

19. Dezember 2014, Lesedauer: 5 min

Österreich: Revitalisierung boomt8 min read

Lesedauer: 5 Minuten

Das aktuelle Förderprogramm der OeMAG unterstützt Revitalisierungen von Kleinwasserkraftanlagen in Österreich. Dementsprechend groß ist die Nachfrage. Das merkt man auch…

…beim Tiroler Wasserkraftspezialisten Geppert, bei dem es derzeit an Anfragen nicht mangelt. Seit 2012 kümmert sich im Hause des Haller Turbinenherstellers deshalb eine eigene Abteilung für die Planung und Ausführung von Revitalisierungsprojekten. Eines dieser Projekte ist das KW Trumau im gleichnamigen Ort in Niederösterreich. Das von der Wien Energie GmbH betriebene Kraftwerk wurde im Jahre 1908 in Betrieb genommen und nun einer Generalüberholung unterzogen. Wir haben uns das Projekt angesehen und trafen Ing. Bernhard Zimmerling, Leiter der Revitalisierungsabteilung der Geppert GmbH, bei den Wirkungsgradmessungen vor Ort in Trumau. Nach der Kraftwerksbesichtigung baten wir Ihn um ein Interview.

Für die Revitalisierung einer Kleinwasserkraftanlage mit einer Engpassleistung von bis zu 2 MW kann in Österreich bei der OeMAG eine Förderung über den Weg der Einspeisetarife beantragt werden. Dabei gilt es, eine Erhöhung der Engpassleistung oder des Regelarbeitsvermögens um mindestens 15 % zu erzielen. Eine Revitalisierung ist im Sinne der Förderung immer dann gegeben, wenn mindestens zwei der wesentlichen Anlagenteile, wie Turbine, Wasserfassung, Druckleitung, Triebwasserkanal, Krafthaus oder Stau-mauer bzw. Wehranlagen, welche vor Baubeginn bereits bestanden haben, weiter verwendet werden. Dabei gibt es neben der Förderstufe von 15 % noch eine weitere. Sollte die Erhöhung der Engpassleistung oder des Regelarbeitsvermögens mehr als 50 % betragen, kann man diese in Anspruch nehmen. Diese Förderstufe wollte die Wien Energie GmbH mit dem Kleinwasserkraftwerk in Trumau erreichen und engagierte die Firma Geppert GmbH aus Hall in Tirol für die Umsetzung.

Alte Kraftwerke bieten viele Chancen
Das Baujahr der Turbinenanlage 1 und 2 im Kraftwerk Trumau am Ausleitungskanal der Triesting, ist mit dem Jahr 1908 angegeben. Der technische Zustand der Anlagen entsprach deren Alter und die beiden Turbinen konnten deshalb nicht mehr mit den Auslegungswirkungsgraden gefahren werden. So entschloss man sich die beiden Turbinen komplett zu revitalisieren und das Krafthaus baulich zu sanieren. „Bei Anlagen dieses Alters ergeben sich natürlich viele Ansatzpunkte für die Revitalisierung“, so Ing. Bernhard Zimmerling, Abteilungsleiter für Revitalisierungen bei Geppert.

Digitale Rekonstruktion der Laufräder
Ursprünglich wurde die Energie der Maschinen des Kraftwerks Trumau rein mechanisch genützt. Erst im Jahre 1985 wurde das Kraftwerk zur elektrischen Energiegewinnung umgerüstet. In den 90ern wurde auch die Elektro- und Steuerungstechnik erneuert, sodass man sich bei der aktuellen Revitalisierung hauptsächlich auf die Maschinen konzentrierte. Das Ziel war, mit beiden Maschinen eine Gesamtleistung von 85 kW zu erreichen. Besonders die größere Turbine Nr. 1 wies merkbare Abnützungserscheinungen im Bereich des Laufrades auf. Es wurde deshalb in einem aufwändigen 3D Scan Verfahren digitalisiert um ihre ursprüngliche Form am Computer wieder herzustellen. Bei Turbine Nr. 2 wurde eine neue hydraulische Laufradgeometrie eingesetzt. Dies war bei Turbine Nr. 1 aufgrund der Abmessungen nicht möglich und so wurde auf die Bestandshydraulik zurückgegriffen. Bei der Turbine Nr. 2 ergab sich dadurch eine leichte Drehzahlerhöhung. Weil die Generatoren mittels Riemenscheibe gekoppelt sind, passte man diese an die Drehzahländerung einfach an. Weitere Maßnahmen bestanden in der Neufertigung der Kammlager, Sanierung der Leitapparate und Tausch der Saugrohre. Außerdem wurden die Hydraulikaggregate auf Panolin Bio-Öl umgestellt.

Wirkungsgrad Messungen erfolgreich
Als wir Herrn Ing. Bernhard Zimmerling im Kraftwerk Trumau zum Interview trafen, wurden gerade die abschließenden Wirkungsgradmessungen zur Überprüfung der erfolgten Revitalisierungsmaßnahmen durchgeführt. Die abschließenden Ergebnisse zeigten: Die Gesamtwirkungsgrade unter Volllast konnten bei Maschine Nr. 1 und bei Maschine Nr. 2 auf etwas die Auslegungswerte gesteigert werden. Auch die Schluckfähigkeit der Turbinen erreichte wieder jene Werte, für die sie einst ausgelegt waren. Die maximal mögliche elektrische Leistung an der Generatorklemme konnte für die gesamte Turbinenanlage in etwas verdoppelt werden. Auf Grund dieser Effizienzsteigerungen an der Gesamtanlage kann die Wien Energie nun die höchste Stufe der geförderten OeMAG-Tarife in Anspruch nehmen.

Nach den Wirkungsgradmessungen stellte sich Herr Ing. Bernhard Zimmerling noch unseren Fragen und informierte uns über die Möglichkeiten der Revitalisierung:

Seit wann bietet die Firma Geppert Revitalisierungen von Wasserkraftwerken an?
Revitalisierungen wurden eigentlich immer schon gemacht – seit 2012 betreiben wir diese Sparte jedoch getrennt in einer eigenen Abteilung. Einerseits um diesen Aufgabenbereich gezielt vom anderen Geschäft intern zu trennen und andererseits auch deshalb, weil Revitalisierungen aufgrund der OeMAG Förderungen für Anlagenbetreiber sehr interessant geworden sind und deshalb die Nachfrage zurzeit groß ist.

Wie viele Personen sind in der Revitalisierungs-Abteilung tätig?
Das ist sehr flexibel und richtet sich nach der aktuellen Auftragslage im gesamten Unternehmen – was jetzt die Abwicklung des Projektes selbst betrifft. Im administrativen Bereich – Ansprechpersonen, Verkauf, Kundenkommunikation und Angebotserstellung – sind wir zu zweit nur für den Bereich Revitalisierungen tätig.

Wie groß ist dieser Geschäftsbereich bereits bzw. wie sehen die Planungen diesbezüglich aus?
Unser Ziel wäre, 10 % von unserem Umsatz durch Revitalisierungsprojekte zu generieren – es kommt aber auch darauf an, was man jetzt alles als Revitalisierung zählt. Wann hört quasi Reperatur auf und fängt Revitalisierung an.

Ab welchem Betriebsalter macht es Sinn eine Anlage zu revitalisieren?
Extremfälle wie hier in Trumau mit Baujahr 1908 sind eher die Ausnahme. Natürlich ist das individuell verschieden, aber grundsätzlich kann eine Revitalisierung schon ab 30 Betriebsjahren Sinn machen. Es kann natürlich auch schon eine jüngere Anlage zur Revitalisierung anstehen.

Von welchen Faktoren ist das abhängig?
Wenn sich z.B. die Wasserführung oder die Wasserrechtsauflagen geändert haben. Auch Änderung der hydraulischen Daten oder auch technische Neuerungen im Bereich der Steuerungstechniken spielen hier eine Rolle.

Welche Möglichkeiten habe ich mein Kraftwerk zu revitalisieren?
Grob gesagt gibt es zwei Ansatzpunkte: Erstens können Verbesserungen an den Maschinen selbst vorgenommen werden und zweitens kann ich durch modernere Steuerung die Betriebssicherheit erhöhen und so Ausfallzeiten stark reduzieren. Das Kraftwerk kann also effizienter betrieben werden.

Was für Leistungen erbringt Geppert hierbei selbst und welche Arbeiten werden ausgelagert?
Wir machen das Maschinenbauliche alles selbst. Wenn aber gewisse Fertigungsschritte  aus Gründen der Kapazität für uns nicht möglich sind, kaufen wir diese auch zu. Das machen wir aber nur bei untergeordneten Fertigungsaufgaben. Unsere Kernkompetenz bleibt im Haus und „Know-how“ Teile fertigen wir immer selbst. So können wir unseren Qualitätsstandard kontrollieren und hoch halten.

Wie sieht es im Bereich der Steuerungen aus?
Diesen Bereich haben wir früher auch selbst gemacht, haben das aber reduziert und arbeiten jetzt mit Partnerunternehmen zusammen. Es kann aber in Zukunft auch passieren, dass wir das wieder verstärkt selbst durchführen. Je nachdem wie sich die Abteilung entwickelt. 

Werden Revitalisierungen von Generatoren gänzlich durch Partnerfirmen übernommen?
Was den elektrotechnischen Teil angeht schon, aber sollten Dinge wie z.B. ein Lagertausch oder sonstige maschinenbauliche Maßnahmen anfallen, mach wir das selbst.

Wo liegt eigentlich das größte Potential bei Revitalisierungen – eher bei den Maschinen oder in der Steuerung?
Das ist schwierig zu sagen. Grundsätzlich wenn die Turbine vor 20 oder 30 Jahren richtig ausgelegt wurde, dann ist es sehr schwierig hier mehr Leistung raus zu holen. Da liegen die Verbesserungen beim Wirkungsgrad eher im kleineren einstelligen Prozentbereich. Daher ist hier sicherlich mehr Potential in der Verbesserung der Steuerung zu heben. Speziell bei kleineren Kraftwerken. Allein durch die Reduktion der Stillstandzeiten aufgrund der Fernmeldetechnik lässt sich einiges an zusätzlicher Jahresarbeit generieren. Auch die Wasserführung kann mit moderner Technik viel effizienter erfolgen.

 Wo liegen die besonderen Schwierigkeiten bei  einem Revitalisierungsprojekt?
Oft gibt es bei sehr alten Anlagen keine oder nur unvollständige Pläne. Das macht die Planung natürlich sehr schwierig. Da tun wir uns bei Fremdanlagen sicherlich schwerer als bei Anlagen die wir selbst realisiert haben. Unsere Pläne und Unterlagen haben wir auch von 70 Jahre alten Kraftwerksprojekten im Archiv liegen.  Weitere Schwierigkeiten in der Praxis sind z.B. festsitzende Schrauben und alte Gewindearten, die heute nicht mehr üblich sind. Das kann durchaus kompliziert werden, da es dafür passendes Werkzeug nicht mehr gibt. Altersbedingt machen auch noch verzogene Flansche, die man nicht mehr abdichten kann, Probleme. Da gibt es aber noch so einiges. 

Was ist besonders wichtig bei Revitalisierungen?
Natürlich muss immer die Wirtschaftlichkeit im Auge behalten werden, denn technisch ist oft viel möglich. Außerdem ist ja Wasserkraft eine saubere Energie und deshalb sollten auch ökologische Gesichtspunkte stets ins Auge gefasst werden. Beim Kraftwerk in Trumau haben wir deshalb auch auf biologisches Öl zurückgegriffen.

Sie sagten ja vorhin, dass derzeit die Nachfrage sehr groß ist – beschränkt sich das jetzt nur auf Österreich?
Derzeit sind wir hauptsächlich in Österreich unterwegs, weil hier auch die Nachfrage wegen der Förderungen sehr groß ist. Wir werden aber auch aus anderen  Ländern Projekte annehmen, wenn es sich ergibt. Es hängt halt immer sehr stark von Förderprogrammen, die gerade in den jeweiligen Ländern vorhanden sind, ab. Da muss man flexibel sein – was wir auch sind.

Wie viele Projekte werden zurzeit umgesetzt und sind demnächst geplant?
Derzeit sind fünf Projekte in Bearbeitung. Ansonsten gibt es laufend Anfragen – das ist ein kontinuierlicher Prozess.

Wenn ich Kraftwerksbetreiber wäre und jetzt gerne wissen möchte ob meine Anlage revitalisiert werden kann: wie gehe ich vor?
Am besten mit uns Kontakt aufnehmen, wir sehen uns die Situation an. Sehr wichtig ist, dass der Kunde über sein Wasserrecht genauestens Bescheid weiß. Wenn wir das Projekt evaluiert haben, legen wir ihnen Verbesserungsvorschlag vor. Das machen wir natürlich kostenlos.  Zudem übernehmen wir die Projektleitung und helfen auch bei den Fördermaßnahmen.

Vielen Dank Herr Zimmerling für Ihre Ausführungen

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