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Siemens realisiert mit KW Felberbach neueste Referenzanlage im Salzburger Land6 min read

24. Mai 2021, Lesedauer: 4 min

Siemens realisiert mit KW Felberbach neueste Referenzanlage im Salzburger Land6 min read

Lesedauer: 4 Minuten

In der Oberpinzgauer Gemeinde Mittersill speiste Ende März 2020 das in Rekordzeit errichtete Wasserkraftwerk Felberbach den ersten Ökostrom ins Netz ein.

Rund 2.500 Durchschnittshaushalte kann der von der Felberbach Kraftwerk GmbH realisierte Neubau im Regeljahr mit nachhaltig produzierter Energie versorgen. Zur ganzjährig effektiven Strom­gewinnung nutzt die Anlage zwei unter­schiedlich groß dimensionierte Fran­cis-Turbinen, die aus dem fluktuierenden Durchfluss des alpinen Ge­wäs­sers ein Maximum an Effizienz ge­ne­rieren. Die Fertigstellung der ge­sam­t­en Hoch- und Tiefbauarbeiten so­­wie die Ausführung und Montage sämt­licher elektrohydraulischer Gewerke in einer Bauzeit von nur zehn Monaten ist einer bewährten Konstellation kompetenter Unternehmen zu verdanken. Für die Ausführung des kompletten elektro- und leittechnische Anlagen­equip­­ments sorgte das Kom­petenz­zentrum Wasserkraft der Siemens Energy Austria GmbH aus der Stadt Salzburg.

Auf Initiative der in Lend ansässigen Achen Kraftwerke AG entwickelte bereits um das Jahr 2011 das Ingenieurbüro Kohlhofer in Salzburg erste Ideen zum Bau eines neuen Kleinwasserkraftwerks am Felberbach in der Oberpinzgauer Gemeinde Mittersill. „Dazu wurde südlich des Ortskerns ein geeigneter Gewässerabschnitt zwischen zwei bestehenden Wasserkraftwerken ins Auge gefasst“, sagt Felberbach Kraftwerk GmbH-Geschäftsführer Thomas Mayr: „Allerdings gab es zwischen dem Ober- und Unterlieger bereits eine kleine Bestandsanlage. Den Eigentümer mit ins ‚Boot‘ zu bringen war der Schlüssel zum Erfolg. Das Kraftwerk Großbruck war einst zum Zweck der Eigenversorgung des landwirtschaftlichen Anwesens der Familie Rohr­egger errichtet worden. Um das neue, weitaus leistungsstärkere Kraftwerk an der Gewässerstrecke realisieren zu können, wurde eine sehr gute einvernehmliche Lösung gefunden. So beteiligte sich Robert Rohregger, der Besitzer des Kraftwerks Großbruck, als Mitgesellschafter an der 2017 gegründeten Felberbach Kraftwerk GmbH. Im Rahmen der Verhandlungen wurde festgelegt, dass der geplante Neubau wieder inselbetriebs- bzw. schwarzstartfähig ausgeführt werden sollte, wodurch die Eigenversorgung und Energieunabhängigkeit des Bauernhofs weiterhin gewährleistet blieb. Da über den sogenannten Begleitweg der Felbertauern Straße AG der Großteil der Druckrohrtrasse verläuft, war auch rasch der dritte Partner im Bunde gefunden. Einen besonderen Dank spricht Mayr den ortsansässigen Projektpartnern nicht nur für die hervorragende Zusammenarbeit während der Bauphase aus .

Rekordverdächtige Bauzeit
Im Anschluss an das Behördenverfahren, dem Erhalt des Wasserrechts und der öffentlichen Ausschreibung konnte im Frühjahr 2019 schließlich in die Bauphase des Projekts übergegangen werden. Entworfen wurde das neue Kraftwerk am Felberbach nach dem klassischen Ausleitungsprinzip. An der Wasserfassung wird das Gewässer durch eine einseitig hydraulisch betriebene Wehrklappe aufgestaut und eine maximale Ausbauwassermenge von 4,5 m³/s mittels Seitenentnahme ausgeleitet. Zur Turbinierung ins Krafthaus gelangt das Triebwasser über eine insgesamt ca. 1,6 km lange, komplett in GFK-Rohren DN1500 verlegte Druckrohrleitung, wobei eine Gefällestufe von 54,55 m überwunden wird. Den an der Umsetzung beteiligten Unternehmen, die dank ihres überdurchschnittlichen Engagements eine Fertigstellung innerhalb von rekordverdächtigen zehn Monate ermöglichten, spricht Thomas Mayr allgemein ein großes Lob aus. Diese Firmenkonstellation, zusammengesetzt aus durchwegs namhaften Branchenexperten, hatte sich bereits 2011 beim Bau des Kraftwerks Dientenbach, dem Mayr ebenfalls als Geschäftsführer vorsteht, bestens bewährt. So stammt das Maschinengespann im Krafthaus vom mittlerweile operativ in die Small Hydro-Sparte von Voith integrierten niederösterreichischen Turbinenbauer Kössler. Sämtliche Stahlwasserbauteile lieferte die GMT Wintersteller GmbH aus Salzburg. Für die Durchführung aller Hoch- und Tiefbauarbeiten sowie der Herstellung des Kraftabstiegs wurde das Mittersiller Unternehmen Empl Bau beauftragt. Das bekanntlich hochwertige GFK-Material der Marke Amiblu Flowtite für den Kraftabstieg stammt vom Rohrspezialisten Etertec GmbH & Co KG aus Niederösterreich.

Siemens als E-Technik Systemlieferant
Das gesamte elektro- und leittechnische Equipment wurde wie beim Kraftwerk Dientenbach vom in der Stadt Salzburg ansässigen Kompetenzzentrum für Wasserkraft der Siemens Energy Austria GmbH ausgeführt. Siemens Energy verweist im Kleinwasserkraft­sektor auf eine jahrzehntelange Erfahrung, die auf der Umsetzung hunderter Anlagen weltweit basiert. In der Branche ist das global renommierte Unternehmen bekannt für seine technologische Kompetenz und das fundierte Know-how bei der Errichtung und Modernisierung von Wasserkraftwerken sowie seinen hervorragenden Serviceleistungen. Als System­­anbieter verfügt Siemens Energy darüber hinaus über umfassende Kenntnisse bei der Realisierung schlüsselfertiger Projekte. Beim Kraftwerk Felberbach bestand der Auftrag grundsätzlich aus der Automatisierung der gesamten Kraftwerksanlage und aller damit in Verbindung stehender Gewerke. Der größere der beiden horizontalen Francis-Maschinensätze speist mit bis zu 1.700 kVA über einen Blocktransformator direkt in das regionale 30 kV-Netz der Salzburg AG ein. Wie das größere Gegenstück ist auch dieses Maschinengespann direkt an einen wassergekühlten Synchron-Generator gekoppelt. Der kleinere Maschinensatz kommt auf eine maximale Leistung von 880 kVA und erzeugt auf der 400 V-Schiene, um den Kraftwerkseigenbedarf und die Stromversorgung des nahegelegenen Bauernhofs decken zu können. Dank der inselbetriebs- und schwarzstartfähigen Ausführung der Anlage bleibt das Anwesen von Miteigentümer Rohregger somit auch weiterhin zuverlässig bei einem großflächigen Blackout sicher mit Energie versorgt.

Komplexe Regelfunktionen erforderlich
Die Gewerke der Wasserfassung werden über eine eigene 950 V-Übertragungsstrecke mit selbst erzeugtem Strom versorgt, erwähnt Siemens-Projektleiter Andreas Lienbacher und weist ergänzend darauf hin, dass hinsichtlich der Steuerung der Wasserfassung komplexe Berechnungen und Regelfunktionen realisiert werden mussten. „Beispielsweise wird durch ein automatisches Umlasten der Wassermenge von der Stauklappe auf die Maschinensätze respektive umgekehrt ein äußerst konstanter Oberwasserspiegel erreicht. Eine behördenkonforme Restwasserabgabe sowie die Dotation der Fischaufstiegshilfe sind somit auch bei wechselndem Zufluss und unterschiedlicher Betriebsweise des Kraftwerks stets garantiert“, so Simon Hausmaninger, Automatisierungstechniker von Siemens Energy Austria. Das regelungstechnische Herzstück stellt der Siemens-Turbinenregler Sipocon-H dar. Basierend auf der jeweils verfügbaren Wassermenge wird automatisch entschieden, welche Maschine mit welcher Leistung zum Einsatz kommt, um einen permanent wirkungsgradstarken Betrieb zu gewährleisten. Je nach Situation können sowohl eine als auch beide Maschinen gleichzeitig das aktuell verfügbare Wasser abarbeiten.

Inbetriebnahme während Corona-Krise
Neben der Anlagenleittechnik umfasste der Siemens-Lieferumfang in Sachen Hardware die komplette Gebäudetechnik inklusive Beleuchtung, die Brandmeldeanlage, die 950 V Übertragungstransformatoren der Wasserfassung, die Mittelspannungsschaltanlage sowie die Maschinentransformatoren. Lienbacher bestätigt, dass der straffe Zeitplan eine wesentliche Herausforderung des Projekts darstellte. In diesem Zusammenhang hebt der Projektleiter die Leistung des Siemens-Montageteams unter Günther Lukatsch und Gerhard Miesenberger hervor, das den avisierten Zeitplan mehr als eingehalten hat. Nach dem Spatenstich im April des Vorjahres konnte dank unternehmensübergreifend guter Zusammenarbeit im heurigen März bereits ins Netz eingespeist werden. „Die Inbetriebnahme der Anlage fiel genau in die Einführung der Corona-Beschränkungen. So mussten Arbeiten unter besonderen Sicherheitsmaßnahmen erfolgen – Mund-Nasen-Schutz, Abstandsregeln und regelmäßiges Desinfizieren inklusive“ sagt Lienbacher, der weiter ausführt, dass eine Anlagen-Inbetriebsetzung auch unter diesen außergewöhnlichen Bedingungen möglich ist. Die erforderlichen Maßnahmen stellten aber definitiv eine spezielle Herausforderung für alle Beteiligten dar. „Es erfüllt mich mit besonderem Stolz, bei diesem außerordentlichen Projekt mitgewirkt zu haben“, so Lienbacher.

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