Interview

Nur ein hochwertiges Isolieröl lässt den Transformator länger leben10 min read

16. Dezember 2024, Lesedauer: 8 min

Nur ein hochwertiges Isolieröl lässt den Transformator länger leben10 min read

Lesedauer: 8 Minuten

Speziell in Transformatoren, aber auch Kondensatoren und Schaltanlagen kommen in der Regel elektrisch isolierende Öle zum Einsatz. Die Qualität des Isolieröls stellt dabei den zentralen Faktor im Hinblick auf die Gesamtlebensdauer eines Öl-Transformators dar. Ein ausgewiesener Spezialist in Sachen Transformatoren und E-Motoren ist die BARTH GMBH E-Motoren & Trafos, die sich seit 1929 als kompetenter und verlässlicher Partner in Sachen Energieverteilung und Antriebstechnik am Energiemarkt behauptet. Seit 2003 tritt das Unternehmen als österreichischer NYNAS-Generalvertreter für Transformatoren-Isolieröle / Fassware auf. Welche Rolle die hochwertigen Isolieröle von NYNAS für die Erhaltung des gewohnt hohen Qualitäts- niveaus von BARTH-Lösungen spielen und was man im Detail zu dieser wichtigen Komponente der Energietechnik wissen und beachten muss, haben uns im Interview gemeinsam die BARTH-Geschäftsführer Ing. Georg Barth und Ing. Benedikt Elbling sowie der Global Account Manager von NYNAS Dr. Herbert Fruhmann verraten.

NYNAS Herbert Fruhmann
Global Account Manager NYNAS Dr. Herbert Fruhmann
© NYNAS

zek: Meine Herren, was macht ein gutes Trafo-Isolieröl aus?
Fruhmann: Wir als Hersteller von mineralölbasierten Transformatoren legen Wert auf höchste Oxidationsstabilität, was unmittelbar mit der Frage zusammenhängt, wie lange das Öl im Trafo seinen Dienst versehen kann, und zudem auf gute Kühl- (im Hinblick auf Verluste) und Tieftemperatureigenschaften, was mit der Sicherheit – auch jener des Netzes zu tun hat. Daneben werden aber auch andere Eigenschaften immer wichtiger: Etwa die Fragen, wie umweltschonend das Öl hergestellt wird und ob man es rezyklieren kann. Wie schon früher auch in Österreich, sind wir in ganz Europa in engem Kontakt mit den großen und kleineren Herstellern und Betreibern von Transformatoren. Dabei tun sich immer wieder neue Fragestellungen auf, die man am besten mit allen involvierten Parteien in Kooperation löst.

zek: Welche Rolle spielt die Qualität des verwendeten Isolieröls in der Praxis?
Barth: Die Qualität ist ein maßgeblicher Faktor hinsichtlich der Gesamtlebensdauer eines Öl-Transformators. Beim Einsatz hochqualitativer Öle können Alterungs- und Oxidationsprozesse verringert werden, wodurch der Lebenszyklus der Isolationsmaterialien und somit des gesamten Trafos wesentlich erhöht werden. Das erhöht natürlich auch die Betriebssicherheit des Trafos. Wirtschaftlich betrachtet bedeutet dies zwar höhere Anschaffungskosten, die sich jedoch über die erhöhte Lebensdauer jedenfalls bezahlt machen.

BARTH NYNAS
Bei BARTH in Wien hält man ständig 20 Tonnen NYNAS Isolieröl auf Vorrat.
© BARTH

zek: Wie sehen Sie die historische Entwicklung der Isolieröl-Hersteller in Österreich?
Fruhmann: Die Isolieröle von NYNAS sind Garant für die Aufrechterhaltung des international sehr hohen Qualitätsniveaus der Isolieröle in Österreich – und folgen der guten Tradition der TECHNOL-Isolieröle: Die 1948 gegründete TECHNOL Mineralölveredelungs GmbH, deren Kerngeschäft in der Produktion und ständigen Qualitätsverbesserung von Isolierölen bestand, wurde 1970 von der BP (British Petroleum) gekauft, 1996 in das Joint Venture der BP mit der MOBIL (Mobil Oil Corporation) – und in weiterer Folge 2000 in die Firma EXXON MOBIL eingebracht. Nach dem Rückzug der EXXON MOBIL aus dem Transformatorenisolierölgeschäft wurde die TECHNOL zu guter Letzt von NYNAS unter der Prämisse der Fortführung und Verbesserung der hohen Qualitätsstandards übernommen. Das mit österrei- chischen Labors zusammen erarbeitete Qualitätsniveau des Technol US 4000 (Vier-Periodenöl) wurde beibehalten und ist nach wie vor, heute als NYTRO® 4000X, eine der Säulen der hohen Verlässlichkeit der österreichischen Trafoflotte.

zek: Wie ist es zur Kooperation zwischen NYNAS und BARTH gekommen – und welche Vorteile ergeben sich für den Kunden?

BARTH-Geschäftsführer Ing. Georg Barth
BARTH-Geschäftsführer Ing. Georg Barth
© BARTH

Barth: BARTH hat von jeher aufgrund der Qualität NYNAS Öle beim Öltausch eingesetzt und war deshalb der größte Kunde im Bereich Fassware. NYNAS hat einen Partner für den Vertrieb der Fassware in Österreich gesucht – es war daher naheliegend, dass BARTH den Vertrieb in Österreich für alle Kunden im Bereich der Fassware übernimmt. Die Qualität der Produkte („best in class“) und nicht zuletzt das Vertrauen in die fachliche Kompetenz unseres Gegenübers haben die Partnerschaft begründet – die sich mittlerweile seit Jahrzehnten bewährt hat. Was den Vorteil für den Kunden anbelangt: Die unmittelbare Verfügbarkeit ist ein großer Vorteil für den Kunden – wir haben ständig 20 Tonnen NYNAS Isolieröl in Wien vorrätig und beliefern bei Bedarf umgehend Industriekunden und E-Werke in ganz Österreich.

zek: Herr Barth, arbeiten Sie mit unterschiedlichen Öl-Typen, oder bevorzugen Sie eine Linie?
Barth: Wie bereits erwähnt, verwenden wir seit jeher bei der Revision und beim Öltausch ausschließlich NYNAS-Öle, im Speziellen NYNAS Nytro 4000X – das ist ein vollin- hibiertes, naphthenisches Isolieröl – und das beste verfügbare Öl. Das garantiert unseren Kunden, dass alle von uns servicierten Trafos wieder mit maximaler Lebensdauer und Ausfallssicherheit in Betrieb gehen.

Ölaufbereitungsmaschine
Ölaufbereitungsmaschine
© BARTH

zek: Wo liegen die Vorteile naphthenischer Öle gegenüber paraffinischen Mineralölen?
Fruhmann: Generell unterscheiden sich naphthenische Basisöle von ihren paraffinischen Verwandten durch tendenziell bessere Tieftemperatureigenschaften, höheres Lösungsvermögen (für Verunreinigungen) und durch einen niedrigeren Viskositätsindex. Dieser verhindert den Einsatz naphthenischer Basisöle in Motorölen, kann aber im Trafo einen Vorteil bedeuten, da das Öl bei Temperaturerhöhung schneller dünnflüssig wird und damit den Wärmetransport, der ja durch den Ölfluss gewährleistet wird, verbessert.

zek: Welche Produkte sind am österreichischen Markt etabliert und warum?
Fruhmann: Das NYTRO® 4000X kann als das Arbeitspferd des österreichischen Markts beschrieben werden. Es handelt sich um eines der hochwertigsten Produkte, die im Rahmen der IEC 60296 verfügbar sind – also keineswegs um einen „Ackergaul“, sondern um ein echtes „Rennpferd“. Wie schon erwähnt, war die Ursprungsidee des Technol US 4000, ein sehr langlebiges Öl zu produzieren, welches dem Betreiber damit viel Sicherheit bietet. Aus dieser Langlebigkeit ergibt sich eine intrinsische Nachhaltigkeit: Man wechselt weniger oft und spart allein schon deshalb Ressourcen. Diesen Gedanken weiterführend haben wir im Herbst 2024 eine neue Version, NYTRO® 4000X EVO, entwickelt. Dabei handelt es sich um dasselbe Produkt, allerdings mit einem um 15 Prozent reduzierten CO2-Fußabdruck. Erreicht wird das, indem wir das bis dato zur Wasserstoff-Herstellung verwendete Erdgas durch Biogas ersetzen.

NYNAS_Leistungstrafo TRO 6
Leistungstrafo im Umspannwerk
© NYNAS

zek: Gibt es Zusatzstoffe, die den natürlichen Alterungsprozess von Isolierölen verlangsamen?
Fruhmann: Bei mineralölbasierten Transformatorenölen entsprechend der IEC 60296 gibt es grundsätzlich zwei Kategorien: nicht inhibierte und inhibierte Öle. Historisch haben verschiedene Länder, Regionen oder auch Betreiber unterschiedliche Präferenzen entwickelt, oft auch aus guter oder schlechter Erfahrung. Wie der Name es schon nahelegt, kommen nicht inhibierte Öle ohne Additive aus, hier wird die Alterung des Öles über Moleküle, die in den Basisölen vorhanden sind, gesteuert. Tendenziell altern diese Öle aber vom Tag 1, dies jedoch relativ kontrolliert und relativ linear. In Österreich wird seit Jahrzehnten erfolgreich auf die 2. Kategorie, die inhibierten Öle gesetzt. Hier sind die Basisöle höher ausraffiniert. Zum Alterungsschutz werden ihnen künstliche Inhibitoren, Zusatzstoffe, beigesetzt. Grundsätzlich gilt: je höher ausraffiniert die Basisöle, desto besser das Ansprechverhalten für die Inhibitoren. Im Betrieb kann sich der Inhibitor verbrauchen, üblicherweise wird der Gehalt aber überwacht und kann gegebenenfalls nachdosiert werden. Darüber hinaus sollten den Ölen aber keinerlei nicht deklarierte Zuschlagsstoffe beigemengt werden. Dies gilt so auf jeden Fall für unsere Produkte, insbesondere für unser NYTRO® 4000X.

BARTH_Benedikt_Elbling
Im Labor wird der Oxidationsstabilitätstest durchgeführt.

zek: Gibt es auch Isolieröle auf pflanzlicher Basis die sich als Isolieröle für Trafos eignen?
Fruhmann: Ja, es gibt eine Reihe von Ölen, die auf verschiedenen pflanzlichen Estern basieren. Diese Öle sind bereits seit längerer Zeit in Transformatoren verschiedener Bauart und Größe im Einsatz, stellen aber einen verhältnismäßig geringen Anteil der flüssigisolierten Trafos dar. Bei uns relativ neu im Portfolio ist hier das NYTRO® BIO 300X, ein kohlenwasserstoffbasiertes (sprich: kein Ester, es gilt IEC 60296), aus biologischem Abfall gewonnenes Transformatorenöl mit hervorragenden Kühleigenschaften, das am Ende seines ersten Lebens wieder neu raffiniert werden kann, also, so wie alle unsere Transformatorenöle, ein Ausgangsprodukt für die Kreislaufwirtschaft, das darüber hinaus biologisch abbaubar ist.

zek: Unter welchen Anforderungen werden biologisch abbaubare Isolieröle eingesetzt?
Fruhmann: Biologisch abbaubar wird in der Regel über einen Test, OECD 301 definiert. Das natürliche Habitat für solche Öle sind Transformatoren, die in besonders schützenswerten oder ökologisch besonders empfindlichen Gebieten und Regionen stehen. Klassische Beispiele dafür: Offshore-Windparks, oder Nationalparks. Seitens der Normierung gelten die gängigen Standards wie IEC 60296 oder IEC 61099, die biologische Abbaubarkeit ist als zusätzliche, von der Norm selbst nicht geforderte, Eigenschaft zu sehen.

BARTH_Benedikt Elbling
BARTH-Geschäftsführer Ing. Benedikt Elbling
© BARTH

zek: In welchen Abständen müssen die Isolieröle einer altersbedingten Funktionsprüfung unterzogen werden?
Elbling: Das Intervall der Isolieröl-Analysen ist abhängig von den Betriebsbedingungen, wie zum Beispiel Belastung und Temperatur – und vor allem von der produktionsrelevanten Bedeutung des Trafos. Im Speziellen der Wiederbeschaffbarkeit. In der Regel beproben wir die Trafos unserer Kunden alle zwei bis drei Jahre. Der Umfang der Ölanalysen ist sehr unterschiedlich und wird in jedem einzelnen Fall hinsichtlich technischer Notwendigkeiten und Kundenbedürfnisse abgestimmt. Die Versicherungen der Kunden – vor allem im Industriebereich – fordern zunehmend regelmäßige und umfassende Öl-Analysen zur verbesserten Gewährleistung der Betriebssicherheit ein.

zek: Wie gehen die Isolieröl-Analysen vonstatten? Kann die Prüfung vor Ort erfolgen? Welche Parameter sind für die Analyse die ausschlaggebenden?
Elbling: Wir nehmen jedes Jahr weit über tausend Ölproben. Ja, die Ölproben können vor Ort auch unter Betrieb entnommen werden – jedoch nur wenn die Sicherheit des Monteurs nicht gefährdet ist, sprich wenn die Mindestabstände zu den spannungsführenden Teilen eingehalten werden können. Im selben Zuge erfolgt auch eine Zustandskontrolle der Trafos auf Dichtheit. Die Ölproben werden dann im chemischen Labor auf die vorher mit dem Kunden vereinbarten Parameter analysiert. Die häufigsten Parameter sind Wassergehalt, Neutralisationszahl, Durchschlagspannung, Grenzflächenspannung und immer öfter Gas-in-Öl-Analysen. Wesentlich ist dabei der Trend – also die Entwicklung der einzelnen Parameter über einen längeren Zeitraum hinweg. Letztlich bekommt der Kunde dann ein Prüfprotokoll mit den analysierten Parametern des Öls und zusätzlich eine Auflistung aus der Zustandserhebung: Dabei wird zum Beispiel angeführt, ob die Hochspannungsdichtungen oder die Kesseldichtung undicht sind, ob die Schutzgeräte Auffälligkeiten zeigen etc. Danach kann der Kunde entscheiden, welche Maßnahmen er bei der Revision umsetzen will. Dafür wird dann ein Angebot erstellt.

Trafo-Isolierölproben
Trafo-Isolierölproben
© BARTH

zek: Wie lange dauert der Öl-Tausch? Kann der auch vor Ort vorgenommen werden, oder passiert das in Ihrem Werk?
Elbling: Ja, der Öl-Tausch kann auch vor Ort beim Kunden durchgeführt werden. Die Arbeiten können bei Verteil-Transformatoren innerhalb eines Tages ausgeführt werden. Dabei muss der Transformator selbstverständlich außer Betrieb sein. In unserem Reparaturwerk führen wir den Öl-Tausch selbstverständlich auch im Zuge einer Generalrevision durch – dabei werden auch alle Dichtungen erneuert und der Aktivteil kann gereinigt, mechanisch nachgepresst und evakuiert werden.

zek: Wie verläuft die Isolieröl-Aufbereitung in der Praxis?
Elbling: Die BARTH GMBH verfügt über zwei moderne mobile Aufbereitungsanlagen. Die Ölaufbereitung kann unter Betrieb des Trafos erfolgen und dauert meist mehrere Wochen – je nach Wassergehalt und Verunreinigung der Ölfüllung. Bei der Aufbereitung werden Wasser aus dem Öl und aus dem Isolationsmaterial und auch Feststoffpartikel mittels Filter dem Öl entnommen. Die entnommene Menge an Wasser wird mittels Online-Monitoring während der Aufbereitung an uns übermittelt – dadurch kann die nötige Dauer bzw. der Erfolg der Isolierölaufbereitung festgestellt werden. Für unsere Kunden ist dieses Verfahren vorteilhaft, weil der Trafo nicht ausgebracht, nicht transportiert und auch nicht abgeschaltet werden muss. Das senkt Kosten und reduziert Stillstandzeiten.

zek: Vielen Dank für das Gespräch!

Erschienen in zek HYDRO, Ausgabe 5/2024

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