Das NEPTUN Fischschutz-System: Innovativ und langjährig bewährt

9. Mai 2025, Lesedauer: 7 min

Der Schutz wandernder Fischarten stellt eine der größten Herausforderungen für eine nachhaltige Nutzung der Wasserkraft dar. Obwohl Wasserkraftwerke im Allgemeinen eine erneuerbare und umweltfreundliche Energiequelle darstellen, können sie durch die Unterbrechung natürlicher Flussläufe die Migrationsrouten von Fischen erheblich beeinträchtigen. Zur Bewältigung dieses Problems sind wirksame Schutzmaßnahmen erforderlich, die sowohl die Erhaltung der Fischbestände sicherstellen als auch den effizienten Betrieb von Wasserkraftanlagen nicht beeinträchtigen. *Gastbeitrag von PROCOM SYSTEM S.A.

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Fischschutz an zwei Kühlwassereinläufen des Heizkraftwerks Żerań
© PROCOM SYSTEM

PROCOM SYSTEM S.A. hat mit über 30 Jahren Erfahrung in der industriellen Automatisierung und bei Umweltschutzsystemen das NEPTUN-System entwickelt. Diese innovative Technologie schützt Fische, indem sie diese sicher von kritischen Bereichen wie Turbineneinläufen fernhält und gleichzeitig die Fischwanderung durch Leitwirkungen unterstützt. Das System nutzt dafür ein speziell konzipiertes elektrisches Feld, das Fische lenkt, ohne sie zu schädigen. Diese Lösung hat sich bereits in zahlreichen internationalen Installationen als äußerst effektiv und wirtschaftlich erwiesen.
Im folgenden Artikel möchten wir die Funktionsweise, Vorteile und Anwendungsbereiche des NEPTUN-Systems vorstellen und zeigen, wie damit Wasserkraftanlagen vor dem Einschwimmen von Fischen effektiv und kostengünstig geschützt werden können, und es damit auch zur nachhaltigen Bewirtschaftung aquatischer Ökosysteme beitragen kann.

Technik und Funktionsweise des NEPTUN-Systems
Das NEPTUN-System basiert auf der Erzeugung eines nichtlinearen elektrischen Feldes im Wasser, welches Fische wirksam davon abhält, in für sie schädigende Bereiche wie Turbinen oder Pumpen zu gelangen. Die Anlagen bieten einen wirksamen Fischschutz und können dabei Fische vorbei an kritischen Strukturen hin zu Fischtreppen, Bypässen oder Abstiegseinrichtungen leiten. Das elektrische Feld wird standortspezifisch so angepasst, dass es zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für Fische, andere Wasserorganismen oder sich im Wasser befindlichen Menschen oder Tieren darstellt. Die hohe Anpassungsfähigkeit des Systems ermöglicht eine flexible Konfiguration entsprechend den Standortbedingungen wie Wassertiefe (auch stark schwankende Wasserstände), Strömungsverhältnisse und Fischartenspektrum.

Vorteile des NEPTUN-Systems

  • Regelkonformität und Sicherheit: Das NEPTUN-System wurde gemäß geltender europäischer Normen entwickelt und verfügt über alle erforderlichen Sicherheitszertifikate einschließlich der CE-Kennzeichnung.
  • Hohe Wirksamkeit: Unabhängige Tests belegen eine Effizienz von bis zu 100 Prozent bei der Abwehr von Fischen aus Gefahrenbereichen. Die Wirksamkeit wurde unter verschiedenen hydraulischen Bedingungen erprobt und unabhängig bestätigt.
  • Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Das System kann an örtliche Gegebenheiten angepasst werden, so dass standortspezifisch die beste Wirksamkeit der Fischschutzeinrichtung gewährleistet wird. Die technische Ausführung der Anlage kann unter der Einhaltung eines wirksamen elektrischen Feldes stark variieren und durch die Flexibilität in der Ausführung kann das Neptun-System flexibel an einer Wasserkraftanlage oder in deren Umfeld eingesetzt werden, so dass artspezifische, kritische Fließgeschwindigkeiten nicht überschritten werden und Fische weiträumig abgehalten werden.
  • Mobilität: Das System ist in zwei Versionen erhältlich. Eine stationäre und eine mobile Version namens NEMO, die den Einsatz an schwer zugänglichen Orten auch ohne feste Stromversorgung ermöglichen.
  • Niedrige Betriebskosten: Dank eines optimierten Energieverbrauchs und minimalem Wartungsaufwand gewährleistet das System eine wirtschaftliche und zuverlässige Lösung für den langfristigen Fischschutz.
  • Widerstandsfähigkeit gegen Schäden: Die Barriere ist robust gegenüber äußeren Einflüssen wie Temperaturschwankungen, Verschmutzungen, Eisbildung oder mechanischer Beschädigung.
Procon Neptun Fischschutz Switzerland_KWO_ Gelmersee_Lake_200 x 150 mm
Im November 2021 erfolgte die temporäre Installation des NEPTUN-Systems am Grundablass der Stauanlage Gelmersee in der Schweiz.
© PROCOM SYSTEM

Fallbeispiele aus Deutschland und der Schweiz
Deutschland verfügt über eine Vielzahl von Wasserkraftanlagen, insbesondere in Bayern und Baden-Württemberg. Das NEPTUN-System wird an mehreren Standorten in Deutschland erfolgreich zum Fischschutz an Wasserkraftanlagen sowie Industrie- und Trinkwasserentnahmestellen eingesetzt. An den Laufwasserkraftwerken spielt die Anströmgeschwindigkeit der Anlage bei der Schutzwirkung und der Ableiteffizienz von sehr wanderwilligen Arten wie dem Aal eine große Rolle.
In der Schweiz werden NEPTUN-Systeme bisher an Pumpspeicher- und Speicheranlagen sowie temporär zum Fischschutz und Fischrückhalt bei Seeentleerungen erfolgreich eingesetzt. Auch bei diesen Einsätzen sind die Anströmgeschwindigkeiten ein kritischer Aspekt für die Effizienz der Anlagen. Die älteste NEPTUN Anlage in der Schweiz am Genfer See wurde bereits 2015 in Betreib genommen.

NEPTUN-Systemimplementierungen
In den letzten fast 20 Jahren wurden die Systeme NEPTUN und NEMO weltweit über 80-mal in mehr als zehn Ländern implementiert. Dabei wurden die für den Fischschutz relevanten elektrischen Felder im Wasserkörper durch unterschiedlichste Strukturen realisiert. Durch die Implementierungen in Ländern wie Brasilien und den USA wurden neue technische Lösungen entwickelt, die mittlerweile auch in Europa erfolgreich eingesetzt werden. Die größten NEPTUN-Fischschutzsysteme wurden an großen Wasserkraftanlagen in Brasilien installiert, mit Ausbauwassermengen bis zu 500 m³/s pro Turbine, was bedeutet, dass die Systeme unter sehr hohen mechanischen Belastungen arbeiten. Die weltweite Umsetzung der NEPTUN- und NEMO-Systeme beinhaltete auch Verhaltensstudien an Fischen, nicht nur zu ihrem Schutz, sondern auch zum Schutz von Gewässersystemen vor der Ausbreitung invasiver Arten. In den USA und Kanada wurden Forschungs- und Feldversuche zu Lösungen durchgeführt, die auf die Bekämpfung invasiver Arten wie Karpfen und Meerneunaugen abzielen. Die Studien wurden mit Partnern und Regierungsbehörden durchgeführt, darunter USGS (United States Geological Survey) und GLFC (Great Lakes Fishery Commission). Gegenwärtig werden die entwickelten Lösungen zum Fang invasiver Arten mithilfe von elektrischen Barrieren (Barriere- und Leitwirkung) effektiv eingesetzt, um ungewünschte Arten in Fangeinrichtungen zu leiten. Die längste elektrische Barriere (200 m) befindet sich in Polen an einem Laufwasserkraftwerk an der Oder in der Nähe der Stadt Brzeg Dolny. Das NEPTUN-System bietet hier effizienten Fischschutz im Zulauf der Anlage und leitet die abstiegswilligen Fische zu einem Bypass. In Deutschland und Belgien wurden Forschungs- und Feldversuche zur Barrierewirkung der Anlagen für Aale durchgeführt, die zeigen, dass die elektrische Barriere eine wirksame Lösung zum Schutz dieser Art ist. Aufgrund der erfolgreichen Untersuchungen wurden in Belgien NEPTUN-Systeme an zwei Standorten an der Maas zum Aalschutz installiert. Die Systeme NEPTUN und NEMO sind auch wirksame Lösungen, die als temporäre Fischschutzeinrichtung eingesetzt werden. Ein solcher temporärer Einsatz fand beispielsweise bei der Seeentleerung des Gelmersees in der Schweiz statt, um Fische daran zu hindern, den Restsee über den Grundablass zu verlassen. Die von PROCOM SYSTEM angebotenen Fischschutzsysteme können auch aus einer Kombination von Systemen bestehen: dem akustischen Scheuchsystem SONARIS und dem Fischschutz- und Fischleitsystem NEPTUN. Diese Kombination wurde in Polen an zwei Standorten an den Flüssen Weichsel und Nysa Kłodzka eingesetzt. Weitere interessante Umsetzungen sind die in Brasilien und Polen eingesetzten elektrischen Scheuchsysteme, mit denen Fische aus Gefahrenzonen vor der Inbetriebnahme von technischen Anlagen wie Turbinen und Pumpen oder dem Öffnen von Grundablässen vertrieben werden. Die Wirksamkeit dieser Systeme wurde durch Feldtests nach der Umsetzung bestätigt und liegt bei über 90 Prozent.

NEPTUN-Tool3: Systemüberwachung und -steuerung
NEPTUN ist mit dem speziellen NEPTUN-Tool3 ausgestattet, das es dem Benutzer ermöglicht:

  • Systemleistung in Echtzeit zu überwachen und anzupassen
  • die Funktion der Fischschutzeinrichtung nachzuvollziehen
  • Ereignisse und Alarme automatisiert zu protokollieren
  • Systemeinstellungen auf veränderte Bedingungen zu adaptieren
  • Datenhistorie und Berichte nachzuvollziehen
  • Datenvisualisierung über einen Webbrowser zu erhalten

Die NEPTUN-Tool3-App ist in unterschiedlichen Sprachen verfügbar, so dass das System für Benutzer in verschiedenen europäischen Ländern und auf der ganzen Welt leicht zu bedienen ist. Das NEPTUN-System kann auch mit zusätzlichen Sicherheitssystemen ausgestattet werden, wie z. B. Kameras mit intelligenten Analyse- und Entscheidungsalgorithmen, welche den Bereich der Anlage überwachen und das System abschalten, wenn sich bspw. eine Person der Anlage nähert.

Fazit
Das NEPTUN-System bietet eine innovative und wirksame Lösung für den Fischschutz an wasserbaulichen Anlagen. Seine Vorteile wie hohe Effizienz, Sicherheit und Flexibilität sowie die langjährig bewährte Technologie und die niedrigen Betriebskosten machen es zu einer attraktiven Alternative für mechanische Fischschutzeinrichtungen. Fallstudien, wie das LIFE4FISH-Projekt, bestätigen die hohe Wirksamkeit des NEPTUN-Systems beim Schutz von Fischen auch unter sich stark ändernden Umweltbedingungen.

Gastbeitrag von PROCOM SYSTEM S.A.

Erschienen in zek HYDRO, Ausgabe 2/2025