Der FishProtector – Fischschutz unter Spannung4 min read
Lesedauer: 4 MinutenDer neuartige FishProtector hilft, Fische vor einer Turbinenpassage zu schützen und die Tiere zu einem seitlichen Bypass zu leiten. Die Technologie des FishProtectors basiert auf der Kombination einer mechanischen Barriere (Rechen) mit einem elektrischen Feld als verhaltensbiologische Barriere für Fische. Unterschiedliche Bauformen sind je nach standortspezifischen Gegebenheiten möglich. Anhand erster Pilotanlagen konnten die hervorragende Funktionalität und Fischschutzwirkung gezeigt werden.
Um die Wasserkraft als erneuerbare Energiequelle ökologisch noch verträglicher zu gestalten, werden immer größere Anforderungen an die Fischdurchgängigkeit der Gewässer gestellt. Dabei gilt es nicht nur den Fischaufstieg an Querbauwerken zu ermöglichen, sondern auch flussabwärts schwimmende Fische vor einer möglicherweise schädlichen Turbinenpassage zu bewahren. Zu diesem Zwecke wurde an der Universität Innsbruck der FishProtector entwickelt und in umfangreichen Forschungsprojekten hinsichtlich seiner technischen Machbarkeit sowie der Fischschutz- und Fischleitwirkung untersucht und optimiert.
Innovatives System
Der FishProtector besteht grundsätzlich aus einer mechanischen Barriere, welche mit einer Verhaltensbarriere kombiniert wird. Die mechanische Barriere des FishProtectors besteht je nach Ausführungsform aus einem klassischen vertikalen oder horizontalen Einlaufrechen, oder auch aus einem neuartigen Seilrechen (bestehend aus horizontal gespannten Seilen). Die Verhaltensbarriere wird durch ein elektrisches Feld im Wasser gebildet, das auf Niederspannungsimpulsen beruht, welche an elektrisch leitenden Bauteilen (Elektroden) in der Rechenebene angelegt werden. Die Fische werden effektiv davon abgehalten den FishProtector zu durchschwimmen und können gleichzeitig an der Barriere entlang geleitet werden, bis sie zu einer sicheren Abstiegsmöglichkeit (z.B. Bypass) oder zu einer alternativen Wanderroute (z.B. Hauptstrom eines Gewässers, Wehrüberfall) gelangen. Die sehr gute Fischschutz- und Fischleitwirkung konnte in einer Reihe von ethohydraulischen Untersuchungen (Fischversuchen) im Freilandlabor, in Großversuchen und an ersten Pilotanlagen in Bayern und Südtirol gezeigt werden.
Mögliche Bauformen
Die Bauformen der FishProtector-Technologie sind vielseitig. Sie eint die Tatsache, dass jeweils eine mechanische Barriere mit einer Verhaltensbarriere kombiniert wird. Der FishProtector wird hinsichtlich der Bauformen unterteilt in:’
• Flexible FishProtector: Bewegliche (d.h. zu Reinigungszwecken ablegbare) Seile
• Fixed FishProtector: Fixe Seile, in einem Rahmen gespannt
• Bar Screen FishProtector: Stabrechen, mit Elektroden ausgestattet
Zur Erreichung einer hohen Fischschutzrate sind lichte Seilabstände von mehreren Zentimetern möglich, sodass die hydraulischen Verluste am Rechen gering gehalten werden. Die großen Abstände erweisen sich auch im Betrieb als günstig, da Verlegungen deutlich seltener auftreten als bei Feinrechenanlagen mit vergleichbarer Barrierewirkung.
Für Standorte mit normalem bis hohem Treibgutaufkommen, bei welchen die Fische über länger Strecke zu einem geeigneten Abstieg geleitet werden sollen, ist der Flexible FishProtector die richtige Wahl. Zu Reinigungszwecken und im Hochwasserfall können die Seile an die Sohle abgelegt werden. Die Verwendung des Fixed FishProtectors empfiehlt sich bei Wasserentnahmen, wo wenig Treibgut auftritt (z.B. in einem Hochgebirgsstausee) und daher auf eine permanente Reinigungsvorrichtung verzichtet werden kann. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit bietet sich im Unterwasserkanal von Wasserkraftanlagen, bei denen das Einschwimmen der Fische in eine Sackgasse verhindert werden soll.
Der Bar Screen FishProtector basiert auf der nachträglichen Ausrüstung von bestehenden Einlaufrechen mit Elektroden, welche auf der Stabvorderseite (dem Oberwasser zugewandt) angebracht werden und so die Verhaltensbarriere erzeugen. Eine vorhandene Rechenreinigungsanlage kann möglicherweise durch Ausnehmungen an den entsprechenden Stellen angepasst werden.
Erste Erfahrungen an Pilotanlagen
Die erste Pilotanlage eines flexiblen FishProtectors besteht seit Oktober 2020 an der Wasserkraftanlage Leinau an der Wertach in Kaufbeuren (Bayern). Die ersten Erfahrungen aus dem Betrieb und der Reinigung der Anlage sind sehr positiv. Aus anfänglichen Schwierigkeiten, die vor allem die Steuerung der Reinigungszyklen (Ablegen der Seile auf die Gewässersohle) und die Korrosion der Seile im Wasser betrafen, konnten wertvolle Erkenntnisse für die weitere Entwicklung erlangt werden. Die biologische Erfolgskontrolle in Form von Fischuntersuchungen im Sommer 2021 zeigte die erwartete Reaktion der Fische an der Barriere und die gute Leitwirkung hin zum Fischabstieg. Aktuell wird noch ein weiteres Monitoring mittels Imaging Sonaren (Aris) betrieben, das die natürliche Fischfauna zu unterschiedlichen Zeitpunkten während des Jahres beobachtet. Die Anlage steht im Sinne einer Demonstrationsanlage dem interessierten Publikum zur Besichtigung zur Verfügung. Die zweite Pilotanlage wurde in Form eines Fixed FishProtector – also eines mit Seilen bespannten Rahmens – im Südtiroler Ultental errichtet. Dort dient die Fischschutzeinrichtung dazu, die Fische in einem hochalpinen Speicher von dem Einschwimmen in die Wasserfassung abzuhalten. Standortspezifisch kommt es nur selten zu Verlegungen des Rechens, weswegen auch keine permanente Reinigungsmöglichkeit vorgesehen ist. Das Monitoring zur Dokumentation der Wirksamkeit wurde mittels Videokamera durchgeführt und zeigte wie erwartet die typische Fluchtreaktion der Fische, sobald sie ins elektrische Feld geraten.
Weitere Anlagen
Die FishProtector-Technologie ist an vielen Standorten und Einsatzgebieten gefragt. Weitere Projekte an Laufwasserkraftwerken und an Wasserentnahmen werden derzeit von der HyFish GmbH – dem mit diesem Thema betrauten Spin-off der Universität Innsbruck – ausgearbeitet, sodass die FishProtector Technologie in Zukunft einen wichtigen Beitrag zum Fischschutz in unseren Gewässern leisten wird.
Teilen: