Die im Herbst 2022 erfolgte Fertigstellung der Fischaufstiegsanlage beim VERBUND-Kraftwerk Feistritz-Ludmannsdorf markierte einen gewässerökologischen Meilenstein. Mit der Inbetriebnahme der Aufstiegsanlage war an der Drau auf ihrem 160 Kilometer langen Verlauf durch Österreich erstmals seit 80 Jahren wieder die komplette Fischdurchgängigkeit hergestellt. Eine Besonderheit des Kärntner Fischaufstiegs stellt eine Dauermonitoring-Anlage dar, bei der zur Fischzählung und Artenidentifikation Videokameras und eine KI-gestützte Auswertungssoftware kombiniert werden. Damit die Videoerfassung durch zwei Sichtfenster ordnungsgemäß funktioniert, ist die ungetrübte Sicht auf die beiden Beobachtungspassagen von höchster Priorität. Für die Entfernung des natürlich auftretenden Biofilmbelags an den Sichtfenstern wurde von der Jank GmbH ein robotergesteuerter Schrubbreiniger entwickelt, der den Innovationsgeist der oberösterreichischen Kleinwasserkraftallrounder einmal mehr unter Beweis stellt.

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VERBUND setzt auf ökologische Nachrüstung an der Drau
Zwischen 1943 und 1988 wurden an der Drau im Bundesland Kärnten zehn Laufwasserkraftwerke errichtet, die im Regeljahr mehr als 2.600 GWh saubere Energie erzeugen. In den vergangenen Jahren wurden von VERBUND beträchtliche Investitionen getätigt, um die ökologische Durchgängigkeit an den Draukraftwerken gemäß der Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie herzustellen. Nachdem VERBUND im Herbst 2020 am Kraftwerk Annabrücke die höchste Fischwanderhilfe Europas mit einem Höhenunterschied von 26 m fertiggestellt hatte, wurde zwei Jahre später ein weiterer Meilenstein erreicht. Seit der Inbetriebnahme des Fischaufstiegs beim Kraftwerk Feistritz-Ludmannsdorf im Herbst 2022 ist die Drau auf ihrem gesamten Verlauf durch Österreichs südlichstes Bundesland nach über 80 Jahren wieder komplett durchgängig für die Gewässerbewohner.

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Projektleitung mit Expertise: Sabine Käfer prägt den Durchbruch
Einen wichtigen Anteil an der Realisierung der Fischaufstiegsanlagen an der Drau hatte VERBUND-Expertin Sabine Käfer. In ihrer Funktion als Projekt- und Bauleiterin war sie sowohl für die Projektierung, Einreichung, Ausschreibung als auch für die Bau- und Funktionskontrolle der ökologischen Maßnahmen an den Draukraftwerken zuständig. Einen umfassenden Überblick über die Kärntner Fischwanderhilfen ermöglicht das auf der VERBUND-Webseite kostenfrei in digitaler Form verfügbare Buch „Grüne Lebensader – Renaturierungsprojekte an der Drau“, an dessen Erstellung Sabine Käfer ebenfalls federführend beteiligt war.
Fischwanderhilfe mit 160 Becken und niedriger Fließgeschwindigkeit
Die Fischaufstiegsanlage am Wasserkraftwerk Feistritz-Ludmannsdorf, das bei einer Ausbauleistung von 88 MW im Regeljahr rund 354 GWh Ökostrom erzeugt, überwindet auf 650 m Gesamtlänge einen Höhenunterschied von 22,4 m zwischen Unter- und Oberwasser. Die Fischwanderhilfe wurde mit dem „enature® Fishpass System“ realisiert, das im Vergleich zum Standard-Vertical-Slot-Fischpass eine verbesserte ökologische und ökonomische Funktion aufweist.
Der eingesetzte Multistruktur-Beckenpass wurde für das breite Fischartenspektrum der Drau ausgelegt und zeichnet sich durch eine reduzierte Dotation und dadurch sehr geringe Fließgeschwindigkeiten in den insgesamt 160 Becken aus. Das obligatorische Monitoring des Fischaufstiegs, welches unter der Ägide des emeritierten Universitätsprofessors Helmut Mader durchgeführt wurde, startete bereits kurz nach der Fertigstellung der Anlage. Innerhalb des rund 23-wöchigen Beobachtungszeitraums zwischen 2022 und 2023, bei dem der Aufstieg von insgesamt 20 Fischarten festgestellt wurde, konnte der Nachweis der vollen Funktionsfähigkeit erbracht werden.
Modernes Videomonitoring mit KI im Einsatz
Der vorbildlich realisierte Fischaufstieg des Kraftwerks Feistritz-Ludmannsdorf wird von VERBUND für ein dauerhaftes videobasiertes Monitoring genutzt. Dazu wurde am Kraftwerksgelände eine mit modernster Technik ausgestattete Forschungsstation errichtet.
Im Inneren des Gebäudes teilt sich der Fischaufstieg auf zwei Erfassungstunnel mit jeweils 40 cm Breite und 100 cm Höhe auf, die mit integrierten Bodenstrukturen, Weißabgleichkarten und einer umrahmenden Beleuchtung ohne Bodenlicht ausgestattet wurden. Die permanent laufende Überwachung erfolgt auf den beiden Seiten der Erfassungstunnel durch zwei jeweils 1 x 2 m große Sichtfenster, vor denen sich die Videokameras im Trockenen befinden.
Für die vollautomatische Identifikation der vorbeischwimmenden Fische kommt die KI-gestützte Auswertungssoftware „Fishnet“ zum Einsatz, die in Zusammenarbeit zwischen der Gesellschaft für Kulturtechnik, Ökologie und Rechtsgutachten mbH, der VERBUND Hydro Power GmbH und der Universität für Bodenkultur Wien entwickelt wurde.
Jank GmbH entwickelt Reinigungslösung für das Monitoringfenster
„Damit das Auswertungsprogramm die Fische optimal identifizieren kann, ist es von höchster Wichtigkeit, dass die Kameras ein möglichst ungetrübtes Bild auf die Beobachtungstunnel erhalten. Da sich an den wasserbenetzten Sichtfenstern stets ein die Sicht beeinträchtigender Biofilm bildet, der zuvor durch mühevolle Handarbeit entfernt werden musste, haben wir in Kooperation mit der VERBUND Hydro Power GmbH eine automatische Reinigungslösung entwickelt“, erklärt Siegi Jank, Konstruktionsleiter bei der Jank GmbH in Oberösterreich.
Im Austausch mit Helmut Mader wurde Jank auf das Dauermonitoringprojekt aufmerksam. Die Problematik mit den verschmutzten Sichtfenstern weckte sein Interesse: „Ich war mir von Beginn an sicher, dass wir als traditionell innovativ ausgerichtetes Unternehmen in der Lage sind, eine passende Lösung zu finden.“

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CNC-gesteuerter Putzroboter mit modularem Aufbau
Die Entwicklung des automatischen Reinigungssystems verlief rasch. Erste Konzepte entstanden im Frühjahr 2023, der Einbau erfolgte bereits im Herbst. Ein CNC-gesteuertes kartesisches Portal mit einem schwenkbaren Schrubbkopf wurde konstruiert, das sämtliche Positionen im Beobachtungskanal erreichen kann. Der Reinigungskopf saugt sich selbsttätig an der Glasfläche fest und säubert diese effizient von Verschmutzungen.
„Ich war während meiner Studienzeit in einer Firma aus der Werkzeugmaschinenbranche tätig und mit CNC-Technik gut vertraut“, so Jank. Die Jank GmbH nutzt auch intern CNC-gesteuerte Maschinen. Für das Reinigungsrobotersystem kamen Komponenten eines renommierten deutschen Baukastensystems mit programmierbarer Steuerung zum Einsatz. Der elektrisch angetriebene Reinigungskopf stammt aus dem Poolreinigungsbereich und ist mit einem Planetengetriebe ausgestattet.

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Reinigungssystem überzeugt bei Inbetriebnahme
Nach Aufbau und Testläufen in der Jank-Werkstätte wurde das System im September 2023 am Fischaufstieg Feistritz-Ludmannsdorf installiert. „Die Installation vor Ort verlief zügig – innerhalb eines Tages war alles betriebsbereit. Kleinere Startprobleme wurden schnell behoben“, berichtet Jank. Die Rückmeldungen von VERBUND seien durchweg positiv.

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Präsentation am World Fish Migration Day 2024
Am World Fish Migration Day am 25. Mai 2024 wurde die Fertigstellung der Fischwanderhilfe bei einem Tag der offenen Tür gefeiert. Besucher:innen konnten die Funktionsweise des innovativen Putzroboters live erleben. Im Rahmen der Veranstaltung wurde außerdem das Kunstwerk „FishDNA“ enthüllt, das Sabine Käfer, Helmut Mader und Siegi Jank gemeinsam geschaffen haben.
Erschienen in zek HYDRO, Ausgabe 2/2025