Ökologie

Fischaufstiegsschnecke am KW Pilsing4 min read

5. April 2015, Lesedauer: 3 min

Fischaufstiegsschnecke am KW Pilsing4 min read

Lesedauer: 3 Minuten

Herkömmliche Fischaufstiegshilfen sind seit Jahren etabliert und funktionieren nach dem Prinzip eines Bypass-Systems. Aufgrund der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie kam nun etwas..

..Schwung in den Markt für Fischaufstiegshilfen. Mittlerweile werden einige kompaktere und preisgünstigere Systeme entwickelt. Eines der vielversprechendsten Konzepte sind hierbei Fischaufstiegsschnecken. Die Firma Rehart GmbH entwickelte so eine Fischaufstiegsschnecke und testete, in Zusammenarbeit mit der Firma Strasser & Gruber Wasserkraft, deren Funktionsweise in einem Pilotprojekt am Kraftwerk Pilsing in Niederösterreich. Die ersten Ergebnisse des Herbst Monitorings lieferten bereits vielversprechende Zwischenergebnisse.

Kommt man bei einem Spaziergang am Kraftwerk Pilsing an der Url vorbei, könnte sich selbst ein Kenner der Wasserkraft etwas wundern. Denn neben einer herkömmlichen Wasserkraftschnecke würde man eine zweite kleinere Wasserschnecke erblicken, die Wasser nach oben transportiert. Jetzt stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser zweiten Schnecke, da sie ja Energie verbraucht und das nach oben transportierte Wasser dies nie wettmachen könnte. In der Tat ist das Kraftwerk Pilsing kein gewöhnliches Kraftwerk, denn es handelt sich hierbei um ein Pilotprojekt für eine Fischaufstiegsschnecke der Firma Rehart GmbH. Diese in sich geschlossene Schneckenpumpe soll Fische helfen in den Oberwasserbereich des Kraftwerks zu gelangen.

Passiver Aufstieg
Man kann es wohl als das erste öffentliche Verkehrsmittel für Wasserlebewesen bezeichnen. Das Prinzip: Angelockt von der Lockströmung durch die Wasserkraftschnecke begeben sich die Tiere in die langsam rotierende Schneckenpumpe und werden so vorsichtig nach oben transportiert. Der Fisch muss hier, im Gegensatz zu herkömmlichen Aufstiegshilfen, nicht aktiv aufsteigen. Das kommt vor allem schwimmschwachen Fischen und Lebewesen zugute. Ein Konzept das viel verspricht und für viele Kraftwerksbetreiber eine kostengünstige und kompakte Alternative darstellen würde.

KW Pilsing als idealer Standort
Einen besseren Standort für eine Pilotanlage als mit dem des Kraftwerk Pilsing konnte man wohl kaum finden. Denn vor Realisierung des Pilotprojekts betrieb ein Kraftwerksbetreiber an jenem Standort eine 30 kW Anlage an einem 1 km langen Ausleitungskanal. Im Zuge der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie hätte er bis 2015 eine Fischaufstiegshilfe mit einer fixen Restwasserabgabe von 1,2 m3/s realisieren müssen. Die veranschlagten Kosten hierfür lagen bei 150.000 Euro und zudem drohte ein Stillstand der Anlage von drei Monaten. Für den Betreiber war dies nicht zu stemmen. Ein Paradebeispiel, mit welchen Problemen Betreiber derzeit konfrontiert werden.

Sehr geringer Energieverbrauch
Im Jahr 2013 übernahm die Firma Strasser & Gruber Wasserkraft den Standort und baute, in Zusammenarbeit mit der Firma Rehart GmbH, die Pilotanlage. Die Wasserkraftschnecke des Testkraftwerks verfügt über ein Schluckvermögen von 3,2 m3/s bei einer Fallhöhe von 3,6 m. Die elektrische Leistung der Anlage beträgt maximal 86 kW bei einer Nenndrehzahl von 4 – 24 Upm. Pro Jahr rechnete man mit einer Produktion von 400.000 kWh. Die parallel angeordnete kleinere Fischaufstiegsschnecke hat einen Durchmesser von 1,2 m und dreht sich mit 6 Upm. Sie ist für die gesetzliche Leitfischart, einen Huchen von 90 cm Körperlänge, ausgelegt. Der Energieverbrauch der Fischaufstiegsschnecke fällt laut der Rehart GmbH sehr gering aus und besteht lediglich aus den Verlusten der Einheit selbst. Das hinauftransportierte Wasser geht dabei nicht verloren, da es wieder zur Stromproduktion genützt werden kann. Durch den Einsatz der Fischaufstiegsschnecke kann auch das festgelegt Restwasser von 1,2 m3/sec, welches bei einer herkömmlichen Lösung abgegeben werden müsste, im Kraftwerkskanal verbleiben. Durch diese Eigenschaften der Anlage kann ein Teil des Stromverbrauchs der Fischaufstiegsschnecke (0,5 kW) wieder kompensiert werden. Insgesamt lässt sich an diesen Standort dadurch eine zusätzliche Einspeiseleistung von ca. 30 kW, gegenüber einer Anlage mit herkömmlicher Fischaufstiegslösung, generieren.

Herbstmonitoring erfolgreich
Anfang September 2014 ging das Kraftwerk Pilsing ans Netz, und mit 26. September wurde mit der Referenzbefischung des Unterwassers das Herbstmonitoring gestartet. Dabei konnten über 800 Individuen aus 15 verschiedenen Fischarten nachgewiesen werden. Darunter auch die vier Leitarten der Barbenregion (Epipotamal): Barbe, Aitel (Döbel), Nase und Schneider.
Das Monitoring lief bis 4. November 2014 und war der erste von zwei Teilen eines ausführlichen wasserwirtschaftlichen Versuchs. Das 39 Tage dauernde Reusenmonitoring  hat zum Ziel die freiwilligen Aufstiege über die Fischaufstiegsschnecke zu dokumentieren. Um diese Daten besser interpretieren zu können, wurde zur gleichen Zeit auch ein naturnaher Beckenpass an der Url untersucht. Das Ende der Untersuchung lieferte hervorragende Ergebnisse: Insgesamt wurde der freiwillige Aufstieg von insgesamt 380 Fischen aus 16 Arten, mit einer Länge von 30mm bis 480 mm, dokumentiert. Überraschenderweise fand man auch drei Signalkrebse, eine Köcherfliegenlarve und zwei Libellenlarven in der Reuse. Im etwa gleichen Zeitraum stiegen im naturnahen Beckenpass etwa 87 Individuen aus zehn Fischarten auf.

Weitere Untersuchung im Frühjahr
Das Zwischenergebnis aus dem Herbst konnte die Funktionsweise der Fischaufstiegsschnecke aus dem Hause Rehart GmbH bereits eindrucksvoll nachweisen und ist mit herkömmlichen Fischaufstiegen somit vergleichbar. Zur endgültigen Beurteilung der Anlage wird im Frühjahr 2015 jedoch noch ein weiteres Monitoring durchgeführt. In diesem zweiten Teil wird man einen Aufstiegsversuch mit einem 90 cm langen Huchen durchführen. Dies ist insofern wichtig, als dieser Fisch als maßgebliche Leitfischart für dieses Gewässer festgelegt wurde. Mit einem endgültigen Endergebnis ist mit Mitte 2015 zu rechnen.

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