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3-fache Stromausbeute15 min read

22. Feber 2016, Lesedauer: 10 min

3-fache Stromausbeute15 min read

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Mit der feierlichen Inbetriebnahme des neuen Kleinkraftwerks Kanzingbach setzte die TIWAG-Tiroler Wasserkraft AG öffnete ein neues Kapitel der Wasserkrafthistorie an einem traditionsreichen Standort.

 

Die neue Hochdruck-Anlage ersetzt als moderne Einstufen-Lösung zwei betagte Kleinwasserkraftwerke aus den Jahren 1905 und 1962. Rund 12,5 Mio. Euro investierte das Tiroler Energieversorgungsunternehmen in die Realisierung einer Anlage, die mit einem Regelarbeitsvermögen von 16,4 GWh im Jahr heute mehr als dreimal so viel sauberen Strom erzeugt als die beiden Altanlagen zusammen. Das neue Kraftwerk glänzt dabei nicht nur mit einem fundierten Planungskonzept, sondern auch mit State of the Art-Kraftwerkstechnologie. Für die Druckrohrleitung aus duktilem Guss wurde sogar eine spezielle, neue Legierung entwickelt, die das „Leck-vor-Bruch-Verhalten“ auf einen neuen Standard hebt.

Die kleine Gemeinde Fraurling im Tiroler Inntal zählt in Sachen Elektrizität zu den Pioniergemeinden des Landes. Bereits 1905 wurde das erste Kleinkraftwerk am Kanzingbach vom ortsansässigen Kloster in Betrieb genommen. Gut 50 Jahre später baute man unterhalb eine weitere Kleinwasserkraftanlage, die 1962 den Betrieb aufnahm. Zu dieser Zeit wurden bereits beide Kraftwerke von der Gemeinde Flaurling betrieben. Sie wurden 1972 von der TIWAG erworben, in deren Diensten sie bis zuletzt standen. „Beide Kraftwerke waren in keinem guten Zustand mehr, vor allem die ältere Oberstufe war von ihrer Bausubstanz her am technischen Ende angelangt. Aus diesem Grund haben wir hausintern bereits 2010 mit den ersten Planungen für einen Neubau begonnen“, erzählt TIWAG-Projektleiter Ing. Werner Rudig. Nach einigen Variantenüberlegungen und Umplanungen stand das Konzept für ein neues Kraftwerk, das als Ein-Stufen-Lösung die zwei betagten Anlagen ablösen sollte. Im Februar 2012 wurden die Unterlagen beim Amt der Tiroler Landesregierung eingereicht. Gut ein Jahr später lagen die Genehmigungen als rechtsgültige Bescheide auf dem Tisch.

Eineinhalb Jahre Bauzeit
Durch das Konzept der Ein-Stufen-Lösung – also ein Kraftwerk ersetzt vormals zwei – kann das zur Verfügung stehende Wasser deutlich besser genutzt werden. Gleichzeitig wird damit auch die ökologische Situation am Kanzingbach verbessert. Dies nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die in der Restwasserstrecke verbleibende Wassermenge nun deutlich erhöht wurde. Startschuss für die Bauarbeiten war Anfang Oktober 2013, wobei das Querbauwerk für die Wasserfassung noch im selben Jahr fertiggestellt werden konnte. Mit dem Bau der Druckrohrleitung konnte die beauftragte Baufirma im Frühjahr 2014 beginnen, nachdem die Natur im Flaurling Tal ausgeapert war. Nach einem zügigen Bauverlauf in den folgenden Monaten fand Anfang Oktober letzten Jahres die Firstfeier statt, die sich auch die TIWAG-Vorstandsmitglieder nicht entgehen ließen. Mit der feierlichen Inbetriebnahme am 11. Juni dieses Jahres, bei der neben zahlreichen Festgästen auch Landeshauptmann Günther Platter anwesend war, fand das Bauprojekt nach einer Bauzeit von rund anderthalb Jahren einen würdigen Abschluss.

Optimaler Fassungsstandort
Grundsätzlich handelt es sich beim neuen Kraftwerk Kanzingbach um eine Hochdruckanlage, die ein Bruttogefälle von 573 m nutzt. Die Ausbauwassermenge beträgt 800 l/s. Auf 1.192 m Seehöhe wurde die Wasserfassung in Form eines Querbauwerks mit Tirolerwehr und angeschlossenem Doppelkammer-Sandfang errichtet. Was die Wasserfassung schon optisch so markant macht ist, dass das Fassungsgebäude in einem massiven Zyklopenwall integriert wurde, der auch extremen Lawinen widersteht. Dies kommt nicht von ungefähr. Im näheren Umfeld des Fassungsareals war laut Aussage des Waldaufsehers vor einigen Jahren die größte Lawine niedergegangen, die man bislang in Tirol gemessen hatte.

In den Entsanderkammern sind Sohlmembrane integriert, die bei Überschreiten vorgegebener Messwerte vollautomatisch die Spülung der jeweiligen Kammer in Gang setzen. An deren Ende ist ein Horizontalrechen untergebracht, an dem die Reinigung des Wassers vom anfallenden Laub stattfindet. „Wir haben bewusst eine große Spaltbreite von 16 cm am Tirolerwehr gewählt. Dadurch ziehen wir praktisch das ganze anfallende Geschiebe ein, das über den Entsander wieder automatisch in den Kanzingbach weiter gespült wird“, erklärt Ing. Werner Rudig. Auf diese Weise kann der Betreuungsaufwand minimiert werden. Der Standort für die Wasserfassung wurde von den Verantwortlichen der TIWAG so gewählt, dass die vorhandenen Forstwege verwendet und gleichzeitig die topographischen und hydrologischen Verhältnisse optimal genutzt werden konnten. Rudig: „Am Ende sind wir mit der Fassung rund 350 Höhenmeter oberhalb der alten Fassung der alten Oberstufen-Anlage gerückt. Das hat sich als bestmögliche Variante herauskristallisiert.“ Gesamt gesehen wurde die Kraftwerks-Infrastruktur auf Gemeindegebiet von Flaurling gebaut. Lediglich der linke Flügel der Staumauer ragt in das angrenzende Gemeindegebiet des Nachbarn Oberhofen. Der Kanzingbach bildet die natürliche Grundstücksgrenze zwischen den Gemeinden.

Hohe Qualität des Maschinensatzes
Die Rohrtrasse verläuft über teils felsiges, teils bewaldetes Terrain und erstreckt sich über eine Gesamtlänge von 4,5 km. Sie mündet schließlich in das Hosenrohr unmittelbar vor dem Krafthaus, wo das Betriebswasser auf die beiden installierten Maschinensätze aufgeteilt wird. Aufgrund des vorteilhaften Untergrunds am Flaurlinger Schotterkegel konnte das Maschinenhaus ohne größere Probleme in der vorgegebenen Zeit errichtet werden. Es befindet sich am orographisch rechten Ufer des Kanzingbachs, unweit der ÖBB-Strecke. Dank seiner auffälligen blauen Farbe ist es heute schon von weitem sichtbar. Im Krafthaus sind zwei baugleiche Maschinensätze, ausgelegt auf 3,6 MW Leistung, installiert. „Es hat sich alleine aus wirtschaftlichen Gründen angeboten, zwei baugleiche Turbinen einzubauen. Ersatzteile sind besser verfügbar, im Revisionsfall kann ich noch immer mit dem zweiten Maschinensatz ‚fahren‘ und außerdem ist der Kostenunterschied zu einer großen Ein-Maschinen-Lösung nicht eklatant“, argumentiert Ing. Rudig. Die Wahl fiel auf zwei 2-düsige Peltonturbinen aus dem Hause Kössler, die den hohen Ansprüchen der TIWAG-Ingenieure von Anfang an mehr als gerecht wurden. Innovationen an den Turbinen stellen einerseits die innenliegenden Düsen bei einer 2-düsigen Maschine sowie die seitliche Ausbaumöglichkeit des Laufrades dar. Die hohe Qualität hätten bereits die durchgeführten Wirkungsgradtests bestätigt, heißt es.

Generator mit einigen Extras
Die gleich hohen Qualitätsansprüche wurden selbstredend auch an den gewählten Generatortyp gestellt. Zum Einsatz kam ein bürstenloser Synchrongenerator vom renommierten Branchenspezialisten Hitzinger aus Linz, der durchaus mit einigen speziellen Attributen aufwarten kann. So sind die 2,4 MVA-Boliden mit einem Gleitlager mit Hydrostatik ausgerüstet – eine Ausführung, die in dieser Baugröße noch eher unüblich ist. Ein Wälzlager wäre ebenso möglich gewesen. „Die Lagerhebevorrichtung soll dazu beitragen, dass das Lager eine deutlich längere Lebenszeit aufweist. Geht man normalerweise von rund 10 Jahren aus, sollte diese Lösung eine Lebensdauer von bis zu 30 Jahren möglich machen“, erklärt der Projektleiter. Positiv sollte sich auch der Korrosionsschutz am Wellenende auf die Lebensdauer auswirken. Hier wurde werkseitig mit „Metcoloy2“ ein ganz spezielles Material aufgetragen. Grundsätzlich wurde die gesamte Lackierung des Generators in einem 3-Schichtaufbau durchgeführt. Ein weiterer, nicht unwesentlicher Punkt betraf den Schallschutz. Seit Jahren arbeitet man in der F&E-Abteilung des Linzer Herstellers daran, das elektromagnetische Geräusch immer mehr zu minimieren. Ein spezieller Schallschutz sorgt nun auch bei der gegenständlichen Maschine für einen ruhigen Arbeitsalltag. „Die Maschine ist wirklich sehr ruhig, es ist auch kein Pfeifen zu vernehmen, wie man es bei anderen Anlagen manchmal hört“, bestätigt Ing. Rudig.

Bausteine für eine hohe Lebensdauer
Der rund 10 Tonnen schwere Generator toleriert bei einer Nenndrehzahl von 1.000 Upm Überdrehzahlen von knapp 2.000 Upm, also in etwa das Doppelte. Für eine hohe Betriebssicherheit und eine lange Lebensdauer spricht, dass alle mechanisch belasteten Generatorbauteile diversen Prüfungen unterzogen wurden, wie etwa einer Magnetpulverprüfung, einer Farbeindringprüfung, oder einer Röntgenprüfung. In dieselbe Kerbe schlägt die Maßnahme, dass man die Fertigung der Welle vom Abnahmeinstitut von German Lloyd überwachen ließ. Natürlich wurde auch auf eine umfassende Betriebsüberwachung an den mechanischen und elektrischen Komponenten großer Wert gelegt. Diverse Teilabnahmen sowie die Hauptabnahme wurden von den Spezialisten der TIWAG durchgeführt. Heute schätzen viele Betreiber weltweit die extrem hohe Drehzahlfestigkeit der Hitzinger-Generatoren. Das Geheimnis dahinter liegt zu einem großen Teil beim grundmagnetischen Schnitt, bei dem vor allem auch die Rotorgeometrie eine große Rolle spielt. Im Jänner 2015 wurden die beiden Generatoren an ihren Bestimmungsort geliefert. Am 20. April speisten sie erstmalig Strom ins Netz.

Herausforderung im Leitungsbau
Bevor die Montagearbeiten im Krafthaus beginnen konnten, war allerdings ein wesentlich aufwändigerer Arbeitsschritt vonnöten: die Verlegung der 4,5 km langen Druckrohrleitung. Dabei kamen durchgehend duktile Gussrohre DN600 des Tiroler Traditionsherstellers TRM zum Einsatz. Im obersten Streckenbereich verläuft die Rohrtrasse – von ca. 300 m abgesehen – in bestehenden Almwegen. Hier wurden bis auf 25 bar zugfeste BLS®/VRS-T®-Verbindungen eingesetzt, wodurch der Bau von betonierten Fixpunkten entfiel. Im darunter liegenden Abschnitt, in dem auch zahlreiche Rohrkrümmer verbaut wurden, war die Errichtung von dauerhaften Ankern in Form von betonierten Festpunkten unumgänglich. In diesem Trassenbereich verwendeten die Bauherren Gussrohre mit herkömmlicher Steckmuffenverbindung – der so genannten TYTON®-Verbindung. Im Zuge der Verlegung wurde bewusst nicht die alte Rohrtrasse gewählt. Dies erlaubte es den Betreibern, die alten Kraftwerke über die gesamte Bauzeit von anderthalb Jahren in Betrieb zu halten. Ein vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht wichtiger Aspekt. Auf der anderen Seite brachte das aufgrund der schwierigen topographischen Bedingungen aber zum Teil erhebliche Herausforderungen mit sich. „Eine dieser Herausforderungen war, dass wir zur Zeit des Almbetriebs zwischen 15. Juni und 15. September kein Rohr in diesem Bereich verlegen durften, um den Almbetrieb nicht zu stören. Zum Glück setzte der Winter erst sehr spät ein. So konnten wir noch bis Mitte Dezember an der Rohr- und Kabeltrasse arbeiten“, so der TIWAG-Projektleiter.

Kampf mit dem Untergrund
Eine weitere Herausforderung für das beauftragte Bauteam war der felsige Untergrund im oberen Almweg. Der Vorteil einer Rohrkünette im Fels liegt vor allem darin, dass die Standfestigkeit einer darin verlegten Druckrohrleitung markant erhöht wird. Allerdings war die Herstellung alles andere als einfach. Die Baumannschaft setzte dafür eine Baggerfräse ein, zudem weitere Bagger, die das ausgefräste Material entfernten und welche, die für die Rohrverlegung herangezogen wurden. Auf diese Weise waren zeitgleich nicht selten sechs bis acht Bagger an der Trasse im Einsatz, um die Verlegearbeiten in den engen Terminvorgaben zu bewerkstelligen. „Die wochenlange Arbeit an der Felstrasse gestaltete sich sehr aufwändig und verlangte dem Bauteam alles ab. An manchen Stellen war der Fels so widerstandsfähig, dass man an manchen Tagen lediglich 12 bis 15 m vorankam. An guten war es mehr als das Doppelte. Dazu war der ständige Staub, der diese Arbeiten begleitete, eine große Belastung“, erinnert sich Rudig. Insgesamt erstreckten sich die Fräsarbeiten für die Rohrtrasse über eine Länge von 2km.

Synergieeffekt bringt Kraftwerk
Ein nicht unwesentlicher Synergieeffekt wurde im Zuge der Rohrverlegung zugunsten der Gemeinde genutzt. Von einem Hochbehälter aus führte eine ältere, drucklose Leitung zu den Trinkwasserquellen auf der Flaurlinger Alm, welche die TIWAG ohnehin ersetzen hätte müssen. Aus diesem Grund wurde nun eine kleine Druckrohrleitung – ebenfalls aus duktilem Guss – mit dem Durchmesser DN200 im Rohrgraben mitverlegt, wodurch die Gemeinde Flaurling nun die Option auf ein Trinkwasserkraftwerk bekommt, das heute bereits in Umsetzung ist. Dazu Ing. Rudig: „Im Sinne der Gemeinde war das natürlich ein sehr guter Synergieeffekt. Sie hatte nur die Kosten für ihre Rohre zu tragen, wir stellten den Rohrgraben frei zur Verfügung. Damit liegt die neue Leitung für das kommende Trinkwasserkraftwerk nun zu 70 bis 80 Prozent im Fels. So etwas alleine für ein Trinkwasserkraftwerk zu erstellen, wäre aus Kostengründen undenkbar. In diesem Fall machte es aber der Synergieeffekt möglich.“

Rohrmaterial aus neuer Legierung
Speziell die Wahl des richtigen Rohrwerkstoffs spielte in den Überlegungen der Ingenieure der TIWAG eine wichtige Rolle. Dass man sich für Rohre aus duktilem Guss aus dem Hause TRM entschied, hatte gute Gründe. Zum einen konnte man sich dadurch die Anlieferung von Bettungsmaterial in das zum Teil schwer zugängliche Gelände ersparen. Das vor Ort gegatterte Aushubmaterial reichte dafür hinlänglich. Zum anderen sprachen die bewährten Verbindungs-systeme für die Rohrsysteme des Haller Herstellers. Die Rohre wurden mit einer speziellen äußeren Zementmörtelbeschichtung geliefert. Diese stellt einen zweifachen Schutz dar, zum einen mechanisch und zum anderen auch gegen Korrosion. Was in diesem Fall aber das Rohrmaterial von allen anderen bisher verlegten Gussrohrleitungen der Firma TRM unterscheiden sollte, war die Zusammensetzung der Gusslegierung – das so genannte ferritische Gefüge. „Die Ingenieure der TIWAG kamen mit der Anfrage auf uns zu, ob wir noch eine Möglichkeit sehen, das so genannte ‚Leck-vor-Bruch-Verhalten’ unserer Rohre zu optimieren. Woraufhin wir vor zwei Jahren hausintern zu forschen begannen“, erzählt Ing. Christian Auer von TRM und klärt auf, was darunter zu verstehen ist. „Das ‚Leck-vor-Bruch-Verhalten’ wird so definiert, dass ein Versagen der Druckrohrleitung in Form eines Gewaltbruchs erst dann eintreten kann, wenn ein die gesamte Rohrwand durchdringender Fehler schon eine derartig große Länge erreicht hat, dass sich der aufgetretene Riss durch Leckageverluste bemerkbar gemacht hat.“ Auf diese Weise ist es einem Betreiber möglich, die Anlage vom Netz zu nehmen, bevor der „Worst Case“ des Bruches eintritt.

Variation im ferritischen Gefüge
Schon bisher galt der Werkstoff duktiler Guss aufgrund seiner speziellen Zusammensetzung als hoch flexibel. Gerade bei Gewalteinwirkungen, die nicht aus betrieblichen Ereignissen, wie etwa Hangrutschungen, Felssturz oder Erdbeben resultieren, zeigte das Gussmaterial aus Tiroler Herstellung seine großen Reserven. Nun ging man daran, Bewährtes noch leistungsfähiger zu machen. „Wir arbeiten zwar laufend an der Verbesserung unseres Produktes, aber an einer Variation im ferritischen Gefüge wurde hausintern schon länger nicht mehr geforscht. Daher war dieses Projekt besonders spannend für uns – und höchst erfreulich, dass die Arbeiten erfolgreich waren“, sagt Christian Auer. Schließlich gelang es, durch eine Variation in der Graphit-Struktur im Eisen das Rohrmaterial dahingehend zu modifizieren, dass es noch bessere Eigenschaften in Hinblick auf das „Leck-vor-Bruch-Verhalten“ erlangte. Rund ein Jahr an Forschungs-, Entwicklungs-, sowie Prüf- und Zertifizierungsaufwand stecken in dem neuen Rohrmaterial, das speziell für das TIWAG-Projekt entwickelt wurde, und das auf Anfrage nun auch für andere Kraftwerksprojekte zur Verfügung steht. Für das neue Kraftwerk Kanzingbach bedeutet dieser Aspekt auch eine weitere Aufwertung im Hinblick auf die Betriebssicherheit und Lebensdauer der Anlage.

Hochwertiger Stahlwasserbau
Innovative und dabei zugleich hoch robuste Lösungen konnten auch im Rahmen der stahlwasserbaulichen Ausrüstung des Kraftwerks umgesetzt werden. Der Auftrag wurde an das branchenbekannte Stahlbauunternehmen Gufler Metall aus dem Südtiroler Passeiertal vergeben, das seit Jahren für hochwertige Stahlwasserbauausrüstungen in alpinen Wasserkraftwerken sorgt. Im Auftragsumfang enthalten waren sämtliche erforderlichen Schützen, wie etwa der Wehreinlauf-schieber, zwei Einlaufschieber, zwei Spülschieber und zwei Entnahmeschieber. Dabei wurden diese Komponenten – sowohl Rahmen als auch Tafel – in Edelstahl rostfrei ausgeführt wurden. Aufgrund der Bauweise der Entsanderanlage mussten die Schieberrahmen in geschlossener Ausführung realisiert werden. Die Gleitschienen wurden vom Team Gufler mit einer Heizung versehen. Zusätzlich wurden alle Schieber mit Hydraulikzylindern mit integrierten Wegmesssensoren versehen. Des weiteren lieferte Gufler den Feinrechen mit Tauchwand, den Grobrechen mit integrierter Heizung, die Dotiereinrichtung mit Antriebsmotor, einen klappbaren Bediensteg mit Elektroantrieb, sowie eine komplexe Hydraulikanlage. Alle Hydraulikleitungen wurden in Edelstahl rostfrei ausgeführt. Die Auftraggeber zeigten sich sichtlich zufrieden mit der Arbeit, die vom Stahlwasserbau-Spezialisten aus dem Passeiertal abgeliefert wurde.

Bedacht auf die Ökologie
Doch nicht nur auf die Lebensdauer und die Robustheit der neuen Kleinkraftanlage wurde großer Wert gelegt, auch auf eine möglichst naturverträgliche Umsetzung: So wurde im Bereich des Krafthauses ein ca. 150 m2 großes Feuchtbiotop errichtet. Dieses Feuchtbiotop wurde nach ökologischen Gesichtspunkten gestaltet und dient mittlerweile vor allem Amphibien, aber auch anderen Tier- und Pflanzenarten als Lebensraum. Von der Projektumsetzung wurden keinerlei Schutzgebiete berührt. Die Teile der Altanlage werden rückgebaut, derzeit ist ein so genanntes „Auflassungsoperat“ in Ausarbeitung. Hinzu kommt, dass nun eine den strengen gewässerökologischen Vorgaben entsprechende Restwasserabgabe in die Restwasserstrecke des Kanzingbachs gewährleistet ist. Dies stellt eine markante Verbesserung gegenüber dem Altbestand dar. Konkret werden nun 15 Prozent des natürlichen Aufkommens, mindestens aber 100 l/s in der Niederwasserzeit, an die Restwasserstrecke abgeführt. Die Regelung des Dotierwassers erfolgt vollautomatisch.

Breite Akzeptanz von Anfang an
Ein weiteres Qualitätsmerkmal des Projektes im Flaurling Tal betraf die hohe Akzeptanz in der Bevölkerung, die immerhin anderthalb Jahre mit den Begleiterscheinung einer regen Baustellenaktivität leben musste. „Es war nicht nur so, dass der Gemeinderat von Flaurling von Anfang an dahinter gestanden ist. Die positive Stimmung ist auch geblieben, nachdem wir den Bürgern das Projekt in allen Details vorgestellt hatten. Zudem hatten wir mit unserem Mitarbeiter, Herrn Weiss, immer einen Mann vor Ort, der ein offenes Ohr für alle Anliegen der Bewohner gehabt hat. Aus diesem Grund gab es auch nie Probleme“, sagt Ing. Werner Rudig. Die hohe Akzeptanz zeigte sich nicht zuletzt im regen Interesse der Gäste, als die TIWAG kürzlich zum Tag der offenen Tür geladen hatte. Nicht weniger als 250 Interessierte waren der Einladung gefolgt. Mit der neuen Anlage liefert die TIWAG zugleich einen weiteren Beweis der eigenen Ingenieurskompetenzen ab. Die gesamte Planung der Anlage konnte hausintern abgewickelt werden. „Das hat für uns natürlich auch ganz konkrete praktische Vorteile. Schließlich hat man nur ausgesprochen kurze Wege und kann einfach mit dem entsprechenden Kollegen kommunizieren, wenn man eine Änderung hier, oder eine Anpassung dort noch vornehmen möchte.“

Anlage mit Vorbildcharakter
Insgesamt hat die TIWG 12,5 Mio. Euro in die Errichtung des neuen Kraftwerks investiert. Am 11. Juni hatten sich die TIWAG-Vorstandsmitglieder sowie zahlreiche Ehrengäste, allen voran Landeshauptmann Günther Platter, in Flaurling eingefunden, um den neuen Ökostromerzeuger in feierlicher Manier seiner Bestimmung zu übergeben. In seiner Festrede erklärte Platter: „Mit dem Ersatz der beiden alten Kraftwerke durch einen Neubau ermöglicht die TIWAG die effizientere Nutzung des Kanzingbachs und sichert die Stromversorgung von immerhin 4.000 Haushalten. Damit setzt die TIWAG einen weiteren positiven Schritt zur Umsetzung der Tiroler Stromautonomie.“ Ganz ähnlich klang dies in der Festrede von TIWAG-Vorstand Dr. Bruno Wallnöfer: „Mit diesem neuen Ökostrom-Wasserkraftwerk leisten wir einen kleinen Beitrag zu einem großen Ziel: dem ökologischen, effizienten und nachhaltigen Ausbau der heimischen Wasserkraft.“ „Die TIWAG möchte nicht nur große Wasserkraftprojekte umsetzen, sondern geht auch mit kleinen Wasserressourcen sorgsam um“, ergänzte TIWAG-Vorstand DI Johann Herdina. Nicht zuletzt aufgrund der hochwertigen und teilweise auch hoch innovativen technischen Ausrüstung ist es gelungen, trotz einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld im Tiroler Oberland ein Kraftwerk mit Vorbildcharakter zu verwirklichen.

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