7. KW der Gebr. Kaiser geht in Betrieb5 min read
Lesedauer: 4 MinutenWasserkraft und Familie Kaiser scheint eine gute Kombination zu sein. Mit dem Kraftwerk Tegernau im Südschwarzwald nehmen die Gebrüder Kaiser bereits ihr siebtes Wasserkraftwerk in Betrieb. Schwierige Bauarbeiten..
..und eine komplizierte Planungsphase liegen hinter den beiden Wasserkraft-Enthusiasten. So durfte zum Beispiel für den Bau der Wasserfassung keine durchgehende Querverbauung in der Kleinen Wiese vorgenommen werden, und bei der Rohrverlegung stellte sich massiver Granit in den Weg. Trotz all dieser Herausforderungen konnten die beiden Brüder ihr Kraftwerk im Dezember 2013 pünktlich wie geplant ans Netz schalten. 2,5 Millionen Euro wurden investiert und man erwartet sich eine Jahresarbeit von mindestens 1,3 Millionen kWh.
Die Wasserkraft spielte im Leben von Bernhard und Herbert Kaiser schon von Kindheit an eine zentrale Rolle. Bereits 1935 erwarb der elterliche Betrieb, eine Schifabrik im Schwarzwald, ein Wasserkraftwerk zur Grundlaststromversorgung. 1978 kam ein zweites Kraftwerk, diesmal unter Mithilfe der Brüder, hinzu. Ab diesem Zeitpunkt hatten sich die Kaisers offensichtlich vollkommen der Wasserkraft verschrieben, denn es folgten vier weitere Kraftwerke. Mit dem neuen Kraftwerk Tegernau im Kleinen Wiesental besitzt die Kraftwerke Kaiser KG nun bereits sieben Wasserkraftwerke. Den Brüdern gefallen die Herausforderungen, die ein neues Kraftwerksprojekt mit sich bringt, und an diesen sollte es bei ihrem neuesten Projekt nicht mangeln. Strenge Genehmigungsauflagen, schwierige Geländetopologie, umfangreiche ökologische Ausgleichsmaßnahmen und harter Granit forderte ihnen alles an Erfahrung ab. Mit den Spezialisten der Hydro-Energie Roth GmbH aus Karlsruhe holte man sich ein erfahrenes Ingenieurbüro mit ins Boot. Mit über 650 erstellten, reaktivierten oder modernisierten Wasserkraftanlagen weltweit, verfügen die Experten aus Baden-Württemberg über viel wertvolle Erfahrung im Bereich der regenerativen Energiegewinnung aus Wasserkraft.
Keine durchgehenden Querbauwerke
Schon bevor die erste Schaufel in Tegernau in die Hand genommen werden konnte, hatten die Planer und die Gebrüder Kaiser einige Hürden zu überwinden. Ursprünglich war sogar vorgesehen, das Kraftwerk im Gemeindegebiet von Niedertegernau zu bauen. Dieser Bachabschnitt gilt aber als Wiederansiedlungsgebiet des Lachs und ist deshalb für Wasserkraftwerke eine Tabu-Zone. Doch nach intensiver Suche erwies sich ein neuer Anlagenstandort etwas weiter bachaufwärts in Tegernau als genehmigungsfähig. Doch auch hier machten es die ökologischen Vorgaben alles andere als einfach. Diesmal ging es aber um die Kriterien für die Inanspruchnahme des deutschen Modells der Einspeisevergütung. Das EEG Gesetz sieht vor, dass keine neue Aufstauung bzw. keine durchgehende Querverbauung stattfinden darf. So musste also für die Wasserfassung ein Standort gefunden werden, der entweder bereits eine Querverbauung aufweist, oder alternativ über genügend Längsgefälle verfügt, damit ein seitliches Streichwehr mit Entnahme möglich ist. Für letztere Variante fand man eine geeignete Stelle mit ausreichend Längsgefälle. Auf einer Breite von 2,5 m hat man den Bachlauf hier nicht unterbrochen und die Mindestdotation von 240 l/s wird direkt durch eine Öffnung vor dem Streichwehr weitergegeben. Die Ausbauwassermenge von max. 1.500 l/s wird seitlich gefasst und in zwei Abschnitten von Grob- und Feinsediment getrennt. Die Spülung dieser Abschnitte wird über die jeweiligen Schütze geregelt.
Granit stellt sich in den Weg
Nicht nur die Fassung, auch die Planung der Rohrtrasse war eine Herausforderung. Eine Felsnase und ein Steilhang aus hartem Granit standen der Rohrtrasse im Weg. Dieser Fels grenzte unglücklicherweise direkt ans Gewässer und an die Landstraße in der letzten Kurve zum Krafthaus. „Eine Umgehung dieser Kurve war planungstechnisch nicht möglich“, so Bauherr Bernhard Kaiser. Grundsätzlich boten sich zwei Möglichkeiten an dieses Hindernis zu bewältigen: Zum einen mittels Bohrung eines Druckstollens und zum anderen mittels Felsabtrags und Verlegung an der Landstraße. Nach Prüfung beider Varianten entschied man sich aus Kostengründen für die zweite Option. „Eine Bohrung hätte laut Experten von zwei Seiten erfolgen müssen und bedingt durch das harte Gestein, wären die Bohrköpfe nach 400 m bereits verbraucht gewesen“, so Dipl. -Ing. A. Roth, GF der Hydro-Energie Roth GmbH. Die Kosten für die Bohrarbeiten im harten Felsgestein hätten das Budget überbelastet.
Felsverankerungen für die Rohre
Im März 2013 erfolgte nach intensiver Planungszeit der Startschuss zu den Bauarbeiten. Mit der Verlegung der Druckrohrleitung konnte bereits im darauffolgenden Monat begonnen werden. Bei der Wahl des Rohrsystems vertraute man auf die bewährten FLOWTITE Rohre von AMITECH. Bereits bei ihren vorigen Projekten haben die Brüder sehr gute Erfahrungen mit den GFK-Druckrohren gemacht und entschieden sich auch dieses Mal wieder dafür. Für die 1,4 km lange Rohrstrecke lieferte AMITECH Rohrstücke mit den Dimensionen DN1300. Langgezogene Kurven wurden durch Abwinkeln der Rohrstücke in den Steckmuffen – bis zu max. 1° – genommen. Bei stärkeren Richtungsänderungen hat man bis zu 30° Bögen verwendet. Eine Überdeckung von min. 1 m hält die Rohre zuverlässig im Boden. Im Bereich der Felsnase wurden die Rohre durch Felsverankerungen gesichert und sollen den seitlichen Druck in der Böschungsaußenkurve auffangen.
6 Wochen Stillstand im Sommer
Dank Betonguss konnte die Zentrale sehr schnell errichtet und die Maschine eingebaut werden. Bei einer Fallhöhe von 28,8 m und einer max. Ausbauwassermenge von 1.500 l/s, setzte die Familie Kaiser auf eine Diagonalturbine aus dem Hause Geppert. Sie besitzt eine Nennleistung von 381 kW bei 600 Upm. Die Diagonalturbine ist eine Spezialanfertigung der Turbinenbauer aus dem österreichischen Hall in Tirol und ist eine doppeltregulierte Überdruckturbine die im Mitteldruckbereich zum Einsatz kommt. Sie kann im Teillastbereich noch mit hohen Wirkungsgradenarbeiten. Trotzdem wird im Sommer die Turbine vermutlich 6 Wochen, wegen der großen Restwassermenge, stillstehen müssen. Der Generator mit einer Leistung von 450 kVA wurde von der Firma Hitzinger geliefert. Im Regeljahr erwartet man sich eine Jahresarbeit von 1,3 Millionen kWh/a.
Durchgängigkeit herstellen
Pünktlich im Dezember 2013 konnte das Kraftwerk ans Netz gehen. Die beiden Brüder zeigen sich sehr erfreut über die sehr gut verlaufenen Bauarbeiten. „Wir waren von allen beteiligten Firmen sehr begeistert, und dank der guten Planungsarbeit der Firma Hydro-Energie Roth konnten wir alle Herausforderung mit Bravour meistern“, so Bernhard Kaiser. Im Frühjahr wurden im Bachbett noch einige ökologische Ausgleichsarbeiten durchgeführt. An insgesamt sieben Stellen soll die Kleine Wiese noch durchgängig gemacht werden.
Zusammengerechnet investierten die beiden Kaiser Brüder 2,5 Millionen Euro in ihr neuestes Projekt. „Die Endabrechnung haben wir noch nicht durchgeführt, aber so wie es aussieht, könnten wir womöglich sogar darunter liegen“, so Bernhard Kaiser. Sieben Kraftwerke betreiben die Kaisers nun bereits, und Nummer 8 dürfte bei den engagierten Brüdern wohl nur eine Frage der Zeit sein.
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