Bayerischer Stahlwasserbauspezialist MUHR saniert Kugelschieber im Pumpspeicherkraftwerk Happurg
Kugelschieber gelten allgemein als das sicherheitstechnische Herzstück in einem Hochdruck-Wasserkraftwerk. Als primäres Sicherheitsorgan sorgen sie dafür, die anstehende Wassersäule sicher von den Maschinen zu trennen, dadurch können bei Notabschaltungen Kräfte von mehr als 400 Tonnen auf die Absperrorgane wirken. Im Fall des Pumpspeicherkraftwerks Happurg in Mittelfranken, das seit 2011 wegen Schäden im Oberbecken stillsteht, werden aktuell die Kugelschieber einem umfassenden Retrofitprogramm unterzogen. Umgesetzt wird dieses anspruchsvolle Teilprojekt vom bayerischen Stahlwasserbauspezialisten MUHR, der auch in Sachen Kugelschieber-Technik über großes Know-how und entsprechende Erfahrung verfügt.

© MUHR
Wiederauferstehung eines Wasserkraftwerksklassikers
Es geht um nicht weniger als die technische und energiewirtschaftliche Wiederauferstehung eines bayerischen Kraftwerksklassikers – des Pumpspeicherkraftwerks Happurg im Landkreis Nürnberger Land, das aktuell wiederbelebt wird. Zu diesem Zweck startete der Betreiber Uniper 2024 ein umfassendes Sanierungs- und Modernisierungsprogramm mit einem Investitionsvolumen von rund 250 Millionen Euro, das 2028 abgeschlossen sein soll. Damit kehrt die Anlage als wichtiger Baustein der Energiewende in das deutsche Stromnetz zurück.
Das Kraftwerk Happurg wurde 1958 nach nur vierjähriger Bauzeit in Betrieb genommen und galt lange Zeit als technisches Vorzeigeprojekt. Es war bis zu seiner Stillsetzung das größte Pumpspeicherkraftwerk in Bayern und eines der bedeutendsten seiner Art in Deutschland. Mit seinen vier Francis-Pumpturbinen ist die Anlage auf eine installierte Gesamtleistung von 160 MW ausgelegt. Das Anlagenkonzept sieht die Nutzung der Gefällstufe zwischen dem Oberbecken, einem künstlich angelegten Speichersee auf dem Deckersberg, sowie dem ebenfalls künstlich angelegten Happurger See als Unterbecken über eine Höhe von 209 Meter vor. Das Betriebskonzept entspricht der klassischen Nutzung eines alpinen Pumpspeicherkraftwerks: Bei Stromüberschuss – etwa nachts oder bei hoher Windkraft- bzw. Photovoltaikeinspeisung – wird Wasser ins Oberbecken gepumpt. Bei Spitzenbedarf wird es wieder abgelassen, um Strom zu erzeugen. Auf diese Weise dient das System der Speicherung von elektrischer Energie – eine Qualität, die in einem zunehmend volatilen Energiemarkt von unschätzbarem Wert ist. Zudem sind Pumpspeicherkraftwerke in der Lage, innerhalb von Sekunden anzufahren und auch von Stromerzeugung auf Speichern umzuschalten.

© MUHR
Georisiken führten zum Stillstand
Seit 2011 stand das Werk jedoch still. Es wurde damals vom Betreiber vorsorglich abgestellt, da Schäden im Oberbecken festgestellt wurden. Durch Undichtigkeiten in der Beckensohle kam es zu Ausspülungen im Untergrund und in der Folge zu lokalen Sackungen der Beckensohle. Was danach sehr schnell klar war: Eine Sanierung war unumgänglich, stellte sich aber nach ersten geotechnischen Bewertungen als komplex und kostspielig heraus. Verschiedene Ansätze für die Sanierung wurden entwickelt und geprüft, und auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse wurde eine Planung ausgearbeitet, die auf einer neuen Machbarkeitsstudie aufbaute. Als höchst positiv wird von Uniper die gute Zusammenarbeit mit den bayerischen Behörden bewertet: Vom Planfeststellungsantrag bis zum -beschluss habe es nur eineinhalb Jahre gedauert, heißt es von Seiten Unipers. Das zeige, dass Großprojekte durchaus in kurzer Zeit realisierbar seien.

© MUHR
Zukunftssichere Sanierung mit umfassenden Maßnahmen
Im Juni 2024 gab Uniper schließlich bekannt: Happurg wird reaktiviert. Dabei wurde zugleich das technische Konzept zur Ertüchtigung des Oberbeckens und der Maschinentechnik im Krafthaus präsentiert. Die Zeit des Dornröschenschlafes war endgültig vorbei. Als größter Brocken des Großprojekts gilt natürlich die Sanierung des Oberbeckens mit neuen Dichtungssystemen, mit Asphalt- und Kunststoffabdichtungen. Zudem wird die Beckensohle mittels Stopfsäulen und Geogittern massiv verstärkt. Weiters wird unter dem Oberbecken ein Kontrollgang errichtet, um in Zukunft Schäden leichter detektieren zu können. Diesem Zweck dienen auch die neuen, zahlreich angebrachten digitalen Messpunkte, die Bewegungen im Untergrund feststellen sollen.
Neben den umfangreichen Bauarbeiten umfasst das Gesamtprojekt die Generalüberholung der Maschinensätze, also der Turbinen und Generatoren, außerdem ist im Paket unter anderem die Anbindung an eine moderne zentrale Leitwarte in Landshut geplant. Im Hinblick auf die Sicherheit des Kraftwerksbetriebs spielen natürlich auch die Verschlussorgane, in diesem Fall acht Kugelschieber, eine wichtige Rolle. Sie sollten ebenfalls einer umfassenden Revision unterzogen werden. Dabei setzten die Verantwortlichen auf das Know-how und die Erfahrung des international tätigen bayerischen Stahlwasserbauspezialisten MUHR.

© MUHR
MUHR saniert Kugelschieber für sicheren Betrieb
Im Rahmen der Instandsetzung des Speicherwerks Happurg übernahm die Firma MUHR ein umfassendes Leistungspaket, das neben dem Projektmanagement in Sachen Kugelschieber auch die Koordination mit anderen Losen umfasste. Zum technischen Lieferumfang zählten die Demontage, der Transport, die Rehabilitierung und die Remontage von insgesamt vier Kugelschiebern für Francis-Turbinen (DN 1600), zwei Kugelschiebern für Speicherpumpen (DN 1700) sowie zwei Ringschiebern gleicher Nennweite. Darüber hinaus wurde die Absperrölversorgung von vier Systemen mit jeweils 4,5 MPa Betriebsdruck instandgesetzt. Ergänzend erfolgte die vollständige Erneuerung sämtlicher Dichtungen, Sensorik und Instrumentierung. Trotz der Tatsache, dass die ursprünglich eingebauten Absperrorgane nicht von MUHR stammten, konnte eine qualitativ hochwertige Sanierung sichergestellt werden – insbesondere dank des umfassenden Know-hows des Unternehmens in der Entwicklung und Fertigung eigener Kugelschieber. Laut MUHR stellte dabei vor allem die Dokumentation eine besondere Herausforderung dar: Im Verlauf früherer Betriebsphasen seien teils wichtige technische Dokumentationen verloren gegangen, was die präzise Bestandsaufnahme und Planung erschwerte. Trotz allem eine Hürde, die MUHR dank langjähriger Erfahrung und systematischer Analyse souverän nehmen konnte.
Mittlerweile hat MUHR bereits einen wesentlichen Teil des Bauloses professionell und fachgerecht abgewickelt. Von den insgesamt acht Verschlussorganen wurden schon vier rehabilitiert. Dabei zeigten alle Druck- und Dichtigkeitsprüfungen beim Werkstest, dass die Sanierungsarbeiten erfolgreich verlaufen sind. 2026 werden die grundsanierten Kugelschieber wieder im Kraftwerk Happurg remontiert. Ein wichtiger Schritt hin zur Reaktivierung des Kraftwerks.

© MUHR
Happurg liefert ab 2028 wieder Energie für Bayern
Ab 2028 soll das größte Pumpspeicherkraftwerk Bayerns wieder ans Netz. Nach dem Umbau wird die Anlage erneut in der Lage sein, 840 bis 900 MWh Strom zu speichern – das entspricht etwa dem Tagesbedarf von 250.000 Haushalten. In Kombination mit regenerativen Erzeugern wie Wind- und Solarparks wird sie damit zu einem wichtigen Instrument der Lastverlagerung und Netzstabilisierung. Klaus Engels, Direktor Wasserkraft bei Uniper, erklärte dazu: „Pumpspeicherkraftwerke sind mit Abstand die bewährteste Großtechnologie zur Energiespeicherung und sind aufgrund ihrer Flexibilität eine wichtige Voraussetzung für die Integration der naturgemäß schwankenden Stromerzeugung aus Sonne und Wind. Die Revitalisierung des Pumpspeicherkraftwerks Happurg ist deshalb ein großer Beitrag zur Dekarbonisierung der Stromerzeugung und damit zur Energiewende.“
Uniper verfolgt mit der Revitalisierung auch ein eigenes strategisches Ziel: Das Unternehmen will bis 2030 rund 80 % seiner Erzeugungskapazität CO2-neutral betreiben. Das modernisierte Happurg-Kraftwerk wird dabei eine Schlüsselrolle einnehmen.
Erschienen in zek HYDRO, Augabe 4/2025