Neubau von Kraftwerk Jettenbach-Töging erzeugt sauberen Strom für 200.000 Haushalte14 min read
Lesedauer: 9 MinutenMit einem Investitionsvolumen von ca. 250 Millionen Euro war der Neubau des Innkraftwerks Jettenbach-Töging in Oberbayern das größte Wasserkraftprojekt Deutschlands der vergangenen Jahre. Bei dem Projekt der VERBUND Innkraftwerke GmbH wurden die Wehranlage in Jettenbach und das Maschinengebäude in Töging neben dem denkmalgeschützten Altbestand völlig neu errichtet. Auch die Betondichtung des rund 20 km langen Ausleitungskanals der ursprünglich zwischen 1919 bis 1924 gebauten Anlage musste wegen der Stauzielerhöhung um 70 cm nach oben hin verlängert werden. Darüber hinaus umfasste das Großprojekt eine Vielzahl von ökologischen Ausgleichs- und Renaturierungsmaßnahmen sowie die Verbesserung des Hochwasserschutzes. Ende September wurde die Anlage nach einer Bauzeit von vier Jahren im Rahmen eines Festakts offiziell in Betrieb genommen. Durch die Erneuerung wurde die jährliche Energieproduktion um rund 25 Prozent gesteigert, womit das Kraftwerk Jettenbach-Töging nun den Jahresstrombedarf von ca. 200.000 Haushalten auf nachhaltige Weise abdeckt.
Bei der Fertigstellung im Jahr 1924 war die Anlage Jettenbach-Töging in Oberbayern das erste Wasserkraftwerk am Inn. Ursprünglich wurde es gebaut, um Strom für ein Aluminiumwerk in Töging zu erzeugen. Zum Aufstauen des Inns wurde in Jettenbach eine 6-feldrige Wehranlage errichtet, von welcher über den ca. 20 km langen Ausleitungskanal bis zu 340 m³/s Triebwasser zum Maschinengebäude nach Töging geführt wurden. Damit konnten im Krafthaus insgesamt 15 Francis-Turbinen angetrieben werden, die unter Volllast eine gemeinsame Engpassleistung von mehr als 85 MW erreichten. Bei einer 2003 durchgeführten Sanierung des Innkanals wurde festgestellt, dass sich durch den bei der Sanierung aufgetragenen glatteren Beton die Durchflusskapazität vergrößert hatte und somit während der Sommermonate eine Erhöhung der Stromproduktion möglich wäre „Im Interesse einer bestmöglichen Nutzung des bestehenden Kraftwerksstandortes und der Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energie in Bayern haben sich der Freistaat Bayern und die VERBUND Innkraftwerke GmbH geeinigt, eine Revitalisierung des Wasserkraftwerks Jettenbach-Töging im Wege einer Erweiterung und Effizienzsteigerung umzusetzen“, heißt es in einer Projektbeschreibung von VERBUND, der die Anlage 2009 übernommen hatte. 2015 wurde die geplante Kraftwerkserweiterung, deren zentraler Parameter eine Erhöhung der Ausbauwassermenge auf 410 m³/s darstellte, beim Landratsamt Mühldorf eingereicht. Den positiven Baubescheid erhielt die Betreibergesellschaft schließlich im Juli 2019 vom Mühldorfer Landrat Georg Huber persönlich überreicht.
Neubau beste Variante
„Vor der Einreichung wurden zwischen 2011 und 2014 mehrere Varianten der Anlagenerweiterung geprüft, wobei unter anderem auch die Adaptierung des alten Maschinengebäudes zur Debatte stand. Dies wurde aber wieder verworfen, weil dabei für mehrere Jahre nur ein sehr eingeschränkter Anlagenbetrieb inklusive erheblicher Erzeugungsverluste möglich gewesen wäre. Zudem steht das bestehende Gebäude unter Denkmalschutz, was eine technische Modernisierung im großen Umfang sehr kompliziert gestaltet hätte. Mit dem Neubau des Krafthauses neben dem Bestandsgebäude konnte die Altanlage bis zur Stilllegung im September 2021 auch während der Bauphase unbeeinträchtigt weiter produzieren“, erklärt VERBUND-Gesamtprojektleiter Bernhard Gerauer und ergänzt, dass das Genehmigungsverfahren im Projektvorfeld erheblichen Aufwand mit sich brachte. Eine weitere zentrale Maßnahme des Projekts war der Neubau der Wehranlage rund 50 m flussabwärts vom alten Standort. Die Stauzielerhöhung um 70 Zentimeter erforderte zudem eine Verlängerung der Betondichtung im Innkanal entlang der Ausleitungsstrecke. Die vorbereitenden Baumaßnahmen des Großprojekts konnten bereits 2018 noch vor der endgültigen Genehmigung im Jahr 2019 starten. Für die Umsetzung der gesamten Hoch- und Tiefbauarbeiten beim Krafthaus und der Wehranlage sorgte das Unternehmen PORR, die Unternehmensgruppe Gebrüder Haider wurde als Subauftragnehmer für die Abbruch- und Erdbauarbeiten engagiert. Die notwendige Adaptierung des Innkanals erledigten die Arbeitsgemeinschaft Ing. Hans Bodner und Hagn Umwelttechnik.
Wehranlage ebenfalls neu
Das neue Wehrbauwerk in Jettenbach besteht prinzipiell aus vier Wehrfeldern mit jeweils 26 m Breite und 9 m Höhe. Den Zuschlag zur Fertigung der wesentlichen hydromechanischen Komponenten erhielt die Vorarlberger Künz GmbH, die im Rahmen des Auftrags ihre bislang größten Wehrverschlüsse lieferte. Im Betrieb müssen die als Drehsegmente mit aufgesetzten Klappen ausgeführten Absperreinrichtungen enormen Kräften standhalten. Die radialen Kräfte, die durch den Wasserdruck auf die beiderseitig positionierten Lager einwirken und von diesen in das Bauwerk abgegeben werden, betragen ca. 6.700 kN pro Lager, in axialer Richtung sind es ca. 1.600 kN pro Lager. Zur Optimierung der Wehr-Förderfähigkeit und des Spülvermögens der Anlage wurden von VERBUND gemeinsam mit der TU Graz Untersuchungen an einem maßstabsgetreuen Modell der Wehranlage durchgeführt. Die Ergebnisse des Modellversuchs bildeten die Basis für die Konstruktion der im Endzustand jeweils ca. 104 t schweren Drehsegmente. Auf der orographisch linken Seite der neuen Wehranlage wurde als Fischabstiegsmöglichkeit eine Wasserkraftschnecke mit sohlnahen bzw. oberflächennahen Einstiegsbereichen situiert. „Die mit 16,3 U/min langsam drehende Schnecke befördert die Fische in einem Wasserpolster sicher über 8,8 m Höhenunterschied ins Unterwasser. Bei einem Wehrüberfall können die Fische zudem direkt über das Wehr absteigen“, sagt Bernhard Gerauer. Durchströmt wird die Wasserkraftschnecke von 3 m³/s, womit sie ca. 200 kW Engpassleistung erzielt und im Regeljahr rund 1,5 GWh Strom erzeugen kann. Das bereits 2003 als Fischaufstiegsmöglichkeit angelegte Umgehungsgerinne wurde an das erhöhte Stauziel der neuen Wehranlage angepasst. Ebenfalls adaptiert wurde der Auslauf vom 2003 fertiggestellten Dotationskraftwerk mit zwei Kaplan-Rohrturbinen am Wehr, über das jahreszeitlich gestaffelt 35 bzw. 50 m³/s Restwasser in den Inn abgegeben werden. Die alte, ursprünglich ebenfalls unter Denkmalschutz stehende Wehranlage wird aus Hochwasserschutzgründen komplett rückgebaut.
Komplexe Baugrubenumschließung
Eine spezielle Herausforderung war laut Bernhard Gerauer die Erstellung der Baugrubenumschließung für das neue Krafthaus. „Die Geologie in diesem Bereich ist geprägt von Wechsellagen aus tertiären Kiesen und Sanden mit dichten Mergelschichten. Hinzu kommt eine besonders schutzwürdige Grundwasserschicht im 5. Grundwasserstockwerk, welche artesisch gespannt ist. Würde man diese Grundwasserschicht zum Setzen von herkömmlichen Verankerungen anbohren, würde das unter Druck stehende Wasser bis zu 9 m über die Geländekante rausspritzen.“ Um die Abdichtung der Baugrube ohne negative Einflüsse auf das Grundwasser herstellen zu können, wurden Schlitzwände bis in 70 m Tiefe in den Boden abgeteuft. Zur Bewältigung des artesischen Drucks diente beim Herstellen der Schlitzelemente eine Betonit-Suspension, die dem mit hohem Druck nach oben drängendem Wasser entgegenwirkte. Da die Dichtwand keine statische Funktion übernehmen kann, mussten zum Abstützen der Wände insgesamt 420 tragende Bohrpfähle gesetzt werden. Das Aushubvolumen für die Erstellung der Baugrube lag im Bereich von rund 100.000 m³ Erdreich. „Diese Abdichtungsvariante war in baulicher Hinsicht eines der Projekt-Highlights. Schlitzwände in einer derartigen Tiefe hat man in Deutschland nach meinem Wissen erst wenige realisiert, die Lösung ging an die Leistungsgrenzen von Menschen und Maschinen“, so Bernhard Gerauer.
Segelbetrieb gewährleistet Sicherheit
„Die Sicherheitsthematik spielte bei der Konstruktion der drei vertikalachsigen Kaplan-Turbinen eine große Rolle“, betont VERBUND-Maschinenbau-Teilprojektleiter Christian Weichselbraun: „Im Kern ging es darum, wie die Maschinen bei einer Netzstörung bzw. einem großflächigen Blackout reagieren müssen, wenn wir den Strom nicht mehr ins Netz abgeben können. Wenn die Leitapparate der Turbinen während des Volllastbetriebs innerhalb von Sekunden schlössen, würden im schlimmsten Fall 410 m³/s Triebwasser eine rücklaufende Welle erzeugen und zu Überflutungen entlang der Ausleitungsstrecke führen. Um diese Problemstellung zu bewältigen, wurde der sogenannte Segelbetrieb implementiert.“ Beim Segelbetrieb handelt es sich zusammengefasst um die Wasserabfuhr durch die drehende Turbine ohne Leistungsabgabe des Generators ins Netz. Dazu wird das Laufrad komplett geöffnet, und die Durchfluss- und Drehzahlregelung erfolgt durch den Leitapparat. Aufgrund der bremsenden Wirkung des offenen Laufrads erfolgt eine Drehzahlsteigerung auf bis zu 120 Prozent der Nenndrehzahl. Das Abführen des Energiepotentials erfolgt durch Druckpulsationen in der Turbine, die durch Wirbelbildungen im schaufellosen Raum zwischen Laufrad und Leitapparat entstehen. „Die Verwirbelungen führen zu starken Vibrationen und bewirken vor allem am Saugrohr, Laufrad, Welle, unterem Turbinen-Führungslager und Turbinen-Deckel große Belastungen. Somit mussten die Maschinen entsprechend konstruiert und ausgelegt werden, damit im Anlassfall keine Schäden entstehen“, so Christian Weichselbraun und ergänzt, dass die Testläufe des Segelbetriebs mit allen drei Maschinen über einen Zeitraum von zehn Stunden im Rahmen der Inbetriebnahme anstandslos bestanden wurden.
Hocheffiziente Kaplan-Turbinen
Am Einlaufbereich des Krafthauses werden die Turbinen durch drei separate Rechen mit vertikalem Stabprofil vor Treibgut geschützt. Die Entfernung des angeschwemmten Materials an den Einlaufrechen mit jeweils 110 mm Stababstand übernimmt eine auf Schienen verfahrbare Rechenreinigungsmaschine vom Hersteller Muhr. Nach den Schutzrechen fließt das Triebwasser durch drei Druckleitungen mit einem Durchmesser von jeweils ca. 10 x 8 m direkt zu den horizontal angeströmten Turbinen, die für Wartungs- oder Sanierungszwecke mittels Dammbalken einzeln abgesperrt werden können. Geliefert wurde das Stahlwasserbauequipment im Krafthaus von der bewährten Salzburger GMT Wintersteller GmbH. Dazu zählten unter anderem die drei Einlaufrechen mit jeweils 15,1 m Höhe und 14 m Breite. Jedes Rechenfeld besteht aus 18 vor Ort zusammengefügten Rechenelementen und wiegt jeweils 45 t. Für den stabilen Halt der Rechenfelder sorgen jeweils drei Fischbauchträger, die mit je 40 t Beton gefüllt wurden. Komplettiert wurde der Lieferumfang von GMT durch sämtliche Damm- und Zangenbalken sowie den dazugehörigen Armierungen im Ober- und Unterwasserbereich des Maschinengebäudes. Die drei doppelt-regulierten Kaplan-Turbinen stammen vom slowenischen Hersteller Litostroj Power. Jede der identisch konstruierten Maschinen wurde auf eine Ausbauwassermenge von 136,7 m³/s und 35,5 m Nettofallhöhe ausgelegt, womit diese unter Volllast jeweils 46,2 MW Engpassleistung erreichen. Dank der doppelten Regulierfähigkeit durch die verstellbaren Laufradflügel und Leitapparate können die Turbinen auch bei verringertem Wasserdargebot ein Maximum an Effizienz über ein breites Betriebsband hinweg generieren. Die 6-flügeligen Laufräder bestehen aus hochwertigem Edelstahl und rotieren im Regelbetrieb mit 166,7 U/min, im Segelbetrieb steigt die Drehzahl auf 200 U/min. Der Einbau der Turbinen-Komponenten knüpfte an die jeweiligen Baufortschritte im Krafthaus an und erfolgte in mehreren Schritten. Beim millimetergenauen Einheben der großformatigen Bauteile wie den Stützschaufelringen war der frühzeitig installierte Hallenkran mit einer Traglast von bis zu 120 t sehr nützlich. „Die enge Verstrickung der Bau- und Betonierarbeiten mit der Montage der elektromaschinellen Ausrüstung war generell ein wichtiger Punkt, damit der Zeitplan des Projekts eingehalten werden konnte“, bekräftigen die beiden Projektleiter.
Umweltschonende Schmierstoffe
Zur optimalen Schmierung der Turbinen setzen die Betreiber auf das speziell für den Wasserkraftbereich entwickelte Hochleistungsöl der Schweizer PANOLIN AG. Der österreichische Vertriebspartner ECOFLUID Handels GmbH war von Beginn an in das Projekt involviert und klärte mit den Herstellern und Zulieferern technische Details und Materialverträglichkeiten ab. In Summe lieferte ECOFLUID für die drei Turbinen ca. 35 t PANOLIN TURWADA SYNTH in der Viskositätsklasse 46, das in zwei Tranchen befüllt wurde. Dabei handelt es sich um ein umweltschonendes Turbinenöl auf Basis gesättigter synthetischer Ester, das mit seiner herausragenden Alterungs- und Oxidationsstabilität überzeugt, und darüber hinaus keine Ablagerungen an den Schmierstellen verursacht. Bei der Wehranlage kommen ebenfalls PANOLIN-Schmierstoffe zum Einsatz, konkret das optimal für den Stahlwasserbau geeignete HLP SYNTH in der Viskositätsklasse 15. Die Flüssigkeit basiert ebenfalls auf gesättigter synthetischer Ester, bewirkt keine Ablagerungen im Hydrauliksystem und wurde speziell für den umweltsensiblen Bereich, auch unter härtesten Einsatzbedingungen, entwickelt.
Moderne Technik im Einsatz
Vervollständigt wurden die drei Maschinensätze im Krafthaus durch drei von Voith Hydro gefertigte Synchron-Generatoren mit jeweils 55 MVA Nennscheinleistung, die direkt mit den Laufrädern der Turbinen gekoppelt sind. In logistischer Hinsicht stellte die Anlieferung der Generator-Komponenten – Rotoren mit je 115 t, Statoren mit je 90 t Gewicht – eine eigene Herausforderung dar. Die optimale Temperierung der Generatoren, Lagerungen und Transformatoren gewährleistet ein geschlossener Wasserkühlkreislauf, dessen Plattenwärmetauscher bei den Turbineneinläufen positioniert wurden. Das wesentliche elektrotechnische Equipment wie Generatoren-Schutz- und Erregungseinrichtungen, Mittelspannungsschaltanlagen und Niederspannungsverteilung sowie die Leittechnik der Anlage stammt von Andritz Hydro. Für die Elektroinstallation im Krafthaus und der Wehranlage sorgte das oberösterreichische Unternehmen Swietelsky Energie GmbH. Der Auftrag erstreckte sich von den Anschlüssen der Mittelspannungsschaltanlage über die Verkabelung sämtlicher Anlagenteile bis zur Montage der Sicherheitstechnik wie Brandmelde-, Notlicht-, Objektfunk- und Zutrittsanlagen. Über den neu errichteten Damm an der Unterwasserseite des Maschinengebäudes wurden 52 Kabel mit ca. 18.000 m Gesamtlänge für die Schutz- und Leittechnik zum Umspannwerk gezogen und in den Steuerhäusern der Bayernwerk AG angeschlossen. In Summe wurden an den beiden Bauwerken ca. 8.000 m Kabeltrassen und -leitern installiert, die Gesamtlänge aller verlegten Kabel und Leitungen beträgt rund 270.000 m.
Erfolgreiche Inbetriebnahme
Ein Meilenstein des Projekts war die Einstellung der Stromproduktion im alten Krafthaus am 21. September 2021, womit die fast 100 Jahre in Betrieb stehenden Maschinen endgültig in Rente geschickt wurden. „Auf dieses Datum hatte man die Jahre zuvor hingearbeitet. Mit der Stilllegung der alten Maschinen war der Weg frei für die finalen Bau- und Betonarbeiten beim Einlaufbereich vom neuen Krafthaus“, sagt Bernhard Gerauer. Damit die Arbeiten im Trockenen durchgeführt werden konnten, wurde rund 200 m oberhalb der Töginger Brücke ein Querdamm aufgeschüttet. Spannend wurde es wenige Monate darauf, als am 1. Februar 2022 die Nassinbetriebnahme der neuen Anlage startete: „Es war schon ein besonderer Moment, als die Maschinen das erste Mal angelaufen sind. Es wäre durchaus möglich gewesen, dass am Bauwerk oder an den vielen Dichtungen Wasser austritt. Glücklicherweise blieben wir von größeren Leckagen verschont und konnten uns über eine erfolgreiche Inbetriebnahme freuen“, so Christian Weichselbraun. In den folgenden Monaten wurde die neue Anlage ausgiebig getestet und diverse „Kinderkrankheiten“, die bei einem Projekt dieser Größenordnung unweigerlich auftreten, beseitigt, Mitte Juni konnte die Anlage bereits in den Regelbetrieb übergehen. Bernhard Gerauer lässt nicht unerwähnt, dass das Projekt auch eine ganze Reihe von Hochwasserschutzmaßnahmen beinhaltete. Dazu zählten im rund zehn Kilometer langen Stauraum Jettenbach, der bis zum Oberliegerkraftwerk Gars reicht, die Optimierung von Abdichtungen an bestehenden Hochwasserdämmen und die Errichtung von zwei neuen Pumpwerken. In ökologischer Hinsicht wurde ein ganzes Paket an Maßnahmen geschnürt, beispielsweise vorgezogene Artenschutzmaßnahmen für Zauneidechse, Schlingnatter und die Schmetterlingsart Wiesenknopfameisenbläuling. Der landschaftspflegerische Begleitplan beinhaltete 20 Maßnahmen auf knapp 20 Hektar Fläche. Dazu zählen die Gestaltung eines Altarms mit der Entwicklung von Röhricht und Weidengebüsch im Unterwasserbereich des neuen Maschinengebäudes, die Entwicklung von artenreichem Extensivgrünland, die naturnahe Gestaltung von Dammböschungen und das Anlegen von Magerrasen und Magerwiesen. Zu den gewässerökologischen Maßnahmen gehören die Herstellung von Kiesbänken im Stauraum Jettenbach und die Entwicklung von Kleinstrukturen in der Ausleitungsstrecke.
Erneuerung machte sich bezahlt
Beide Projektleiter ziehen im Gespräch mit zek HYDRO ein durchwegs positives Fazit über das Projekt. „Gerne wieder“, so Bernhard Gerauer: „Wir hatten definitiv das Glück der Tüchtigen. Das Projekt konnte im veranschlagten Kosten- und Zeitrahmen abgeschlossen werden, was keine Selbstverständlichkeit darstellt. Erfreulich und wichtig war auch, dass während der Bauphase keine schweren Unfälle geschehen sind.“ Christian Weichselbraun fügt an, dass der Projekterfolg einer vorbildlichen Teamleistung zu verdanken ist. „Sowohl das VERBUND-Team als auch die Lieferanten und Baufirmen haben untereinander sehr gut zusammengearbeitet. Sämtliche Terminkollisionen und eine Vielzahl von technischen bzw. baulichen Problemen konnten stets kooperativ gelöst werden.“ Rund vier Jahre nach Beginn der ersten Bauarbeiten wurde die Anlage am 30. September 2022 feierlich in Betrieb genommen. Dazu hatten sich eine Vielzahl von hochrangigen Vertretern aus Politik und Wirtschaft zum Festakt in Töging eingefunden. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder betonte in seiner Rede die Spitzenposition seines Bundeslands bei den erneuerbaren Energien: „Wasserkraft ist echte Heimatenergie. Hier entsteht in einem Jahrhundert-Bauwerk ökologischer Strom für 200.000 Haushalte. Bayern ist Land der Wasserkraft: Insgesamt erzeugen 4.200 kleine und große Anlagen Strom für vier Millionen Haushalte. Wir glauben fest an die Wasserkraft und bauen sie weiter aus.“ Achim Kaspar, Aufsichtsratsvorsitzender der VERBUND Innkraftwerke, betonte welch hohen Stellenwert die Ökologie und Effizienz bei VERBUND einnimmt: „Wir haben auch hier in Bayern gezeigt, dass die Wasserkraft nicht nur Tradition sondern auch Zukunft hat: Ein bestehendes Kraftwerk ohne weiteren Eingriff in die Natur und Umwelt signifikant zu verbessern war eine Meisterleistung, plus 25 Prozent zusätzliche jährliche Stromerzeugung zeigen uns, dass die Wasserkraft eine verlässliche und starke Partnerin für die erneuerbare Energiezukunft in Bayern ist.“ Obwohl im historischen Krafthaus nun kein Strom mehr erzeugt wird, hat es noch lange nicht ausgedient. Das Gebäude wird von VERBUND zukünftig als Kompetenzzentrum Wasserkraft genutzt, es wird genügend Raum für die bayerischen Fachabteilungen und die Lehrlingsausbildung bieten.
Teilen: