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Effizienzsteigerung durch neue Kaplan-Turbinen im belgischen Kraftwerk Andenne6 min read

2. August 2016, Lesedauer: 4 min

Effizienzsteigerung durch neue Kaplan-Turbinen im belgischen Kraftwerk Andenne6 min read

Lesedauer: 4 Minuten

Seit 1954 betreibt das belgische Energieversorgungsunternehmen „EDF Luminus“ sechs Wasserkraftwerke an der Maas. Eines davon befindet sich an einer Schleuse im belgischen Andenne.

Das seit 1980 in Betrieb befindliche Kraftwerk Andenne wurde anno dazumal mit drei horizontalen Straflo-Turbinen ausgerüstet. Um die Effizienz und Flexibilität des Kraftwerks zu verbessern, wurde es im letzten Jahr einem umfangreichen Upgrade unterzogen. Zwei der drei Straflo-Maschinen wurden im Zuge dessen gegen zwei moderne Kaplan-Rohrturbinen aus dem Hause ANDRITZ HYDRO getauscht. Zusätzlich wurde die Steuer- und Regelungstechnik wieder auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Insgesamt investierte EDF Luminus € 9. Mio. in die Modernisierung der 33 GWh Anlage. Anfang des Jahres 2016 konnte das Kraftwerk nach intensiver Testphase wieder erfolgreich in Betrieb genommen werden.

Rund 14 % der gesamten belgischen elektrischen Gesamtkapazität vereint das belgische EVU EDF Luminus auf sich. Mit einer installierten Leistung von 2,137 TW zählt es zu den größten Energieunternehmen in Belgien und beschäftigt rund 1,000 Mitarbeiter. EDF Luminus betreibt eine Vielzahl an Kraftwerken mit unterschiedlichen Energiequellen – unter anderem auch sechs Wasserkraftwerke an der Maas und eines an der Sambre. An der Maas-Schleusenstufe im wallonischen Andenne befindet sich eines dieser sieben Kraftwerke.

Seltene Straflo-Turbine
Seit der Konzessionserteilung im Jahre 1980 befindet sich das Laufkraftwerk Andenne in Betrieb, es galt seidem als zuverlässiger Stromlieferant. Bis zum August 2014 war die Anlage noch mit drei horizontalen Straflo-Turbinen mit einer installierten Leistung von je 3,05 MW, bei einer Fallhöhe von 5,35 m und einem Durchfluss von 75 m³/s, ausgestattet. Ihr Name „Straflo“ leitet sich von „straight-flow“ ab, was die Fließeigenschaften der Turbine beschreibt. Bei diesem Turbinentyp bilden der Rotor der Turbine und der Rotor des Generators eine Einheit, die in einer gemeinsamen Ebene liegen. Somit besitzt die Straflo-Turbine keine eigene Welle. Stattdessen tragen die Turbinenschaufeln einen umlaufenden Ring, in dem die Erregerwicklung integriert ist. In das Gehäuse der Turbine ist dagegen die Stator-Wicklung eingebaut. Mittels eines Dichtungssystems wird es vor Wassereintritt geschützt. Die Lagerung der Turbinenachse erfolgt beidseitig in einem abgedichteten Gehäuse. Üblicherweise ist die Straflo-Tubine einfachreguliert ausgeführt. Beim Kraftwerk Andenne sind zwei der drei Maschinen einfachregulierte Straflos. Die dritte Maschine war hingegen eine, in Europa äußerst selten installierte, doppeltregulierte Ausführung. Straflo-Turbinen galten zur Zeit ihrer Inbetriebnahme als technischer High-End Status, sind heute aber nur mehr vereinzelt anzutreffen. Grund hierfür ist das schlechte Betriebsspektrum der einfach regulierten Straflo, deren Wirkungsgrad bereits unter 70 Prozent Beaufschlagung stark abfällt. Der Anlauf mit der doppeltregulierten Version der scheiterte wiederum an einem unruhigen Betrieb und an Kavitationsproblemen. Neben der schlechten Regelbarkeit ist dieser Turbinentyp im Bereich der Dichtungen sehr wartungsintensiv und damit kostspielig.

Neue Ausrüstung
Nach über 30 Betriebsjahren entschloss sich die Betreiberin im Jahre 2013, das Kraftwerk Andenne einem Upgrade zu unterziehen. Modernste Kraftwerkstechnik soll die Anlage flexibler und effizienter machen. Man entschied sich, zwei der drei Maschinensätze zu ersetzen. Zusätzlich sollte die gesamte elektrotechnische Ausrüstung und Steuerungstechnik der Anlage modernisiert werden. Neben einem flexibleren Betriebsverhalten war auch die Reduktion des Wartungsaufwandes ein wichtiges Ziel beim Upgrade des KW Andenne. Straflo-Turbinen müssen aufgrund des komplexen Dichtungssystems nämlich in kürzeren Intervallen gewartet werden – das wird mit den neuen Kaplan-Turbinen nun der Vergangenheit angehören.

Abrissarbeiten während Betrieb
Im August 2014 wurde mit der Demontage der beiden Maschinensätze begonnen. In einem ersten Schritt wurde dafür ein neuer Hallenkran mit einer Tragfähigkeit bis zu 40t, in der Maschinenhalle installiert. Er soll die Bauarbeiten im Maschinenhaus unterstützen und einfacher gestalten. „Beim Umbau unseres Kraftwerks in Lixhe haben wir ebenfalls einen neuen Hallenkran installiert und dies erwies sich damals als äußerst hilfreich“, so Anne-France Fontaine, Senior Projektmanager von EDL Luminus. Die Demontage der beiden Straflo-Turbinen, darunter auch die doppeltregulierte, dauerte rund zwei Monate. Danach wurde mittels Armierungsarbeiten das Gebäude für die bevorstehenden Abrissarbeiten vorbereitet. Als weitere Vorbereitung musste die verbleibende Straflo-Turbine von der Baustelle komplett isoliert werden, weil sie während der gesamten Umbauarbeiten den Betrieb aufrechterhalten sollte. Da sie luftgekühlt ist, durfte kein Staub in das Lüftungssystem der Turbine gelangen. Deshalb wurde sie mittels Holzverschalung komplett von der Baustelle abgetrennt und mittels eines Lüftungsschlauches mit sauberer Luft versorgt. Bis auf eine kleine Unterbrechung verliefen die Abrissarbeiten ohne Probleme und konnten im Februar 2015 abgeschlossen werden. „Wir mussten die Abrissarbeiten nur kurz unterbrechen, da die Baufirma an einer Stelle zu viel Material abgetragen hat und wir erneut Armierungsarbeiten vornehmen mussten.“, berichtet Projektmanagerin Fontaine.

Verlorene Schalung
Nach den Abrissarbeiten konnte die Rekonstruktion des Bauwerks begonnen werden. Die Arbeiten an beiden Turbinenschächten fanden aus Zeitgründen parallel statt. Für die Betonarbeiten des Saugrohrs entschied man sich für eine „Verlorene Schalung“. „Im Gegensatz zu Lixhe, wo wir klasssische Holzschaulung verwendeten, setzten wir in Andeenne auf eine Verlorene Schalung aus Metall. Dies bedarf zwar einiger Vorarbeit, erleichterte die Betonierarbeiten aber im weiteren Verlauf“, so Fontaine. Die geschweißte Metallschalung wird hierbei nach dem betonieren in der Konstruktion belassen. Dadurch erspart man sich eine kostspielige und aufwändige Reinigung und Demontage – und damit auch bares Geld. Ein weiterer Vorteil ist das sehr gute Oberflächenfinish das für hohe Effizienz dank geringer Reibungsverluste sorgt.

Neue Kaplan-Turbinen
Nach dieser rund 5-monatigen Bauphase erfolgten im Juli 2015 die Lieferung und Montage der beiden neuen Maschinensätze aus dem ANDRITZ HYDRO Werk in Ravensburg. Die Betreiberin ersetze die beiden alten Maschinen durch zwei moderne Kaplan-Bulb-Turbinen. Sie verfügen über eine Leistung von je 2 MW bei einem maximalen Durchfluss von 48 m³/s und einer Fallhöhe von 4,94 m. Damit weisen sie zwar um etwas mehr als je 1 MW weniger Leistung als ihre Vorgängerinnen auf,  sind jedoch flexibler in ihrem Einsatzverhalten und können selbst bei geringer Beaufschlagung noch effizient betrieben werden. Nach ca. 5 Wochen konnte die Montage der Maschinen abgeschlossen werden.

Anbindung an die Zentrale
Zur selben Zeit wurde das Kraftwerk auch mit einer neuen Leittechnik ausgestattet. Ein PLC System übernimmt von nun an die Regelungsarbeiten des alten Relaissystems. Das macht das KW Andenne zum einen betriebssicherer und zum anderen auch kostengünstiger in der Wartung. Eine moderne Turbinensteuerung aus dem Hause ANDRITZ HYDRO sorgt zudem für ein effektives Betriebsverhalten. Eine Besonderheit ist die Anbindung des Kraftwerks an die Zentrale der EDF Luminus in Seraing. Diese wurde über das Ethernet Protokoll „Profinet“ realisiert.

Gleicher Output
Am 10. Dezember 2015 wurde die erste Kilowattstunde mit den neuen Maschinen in Andenne produziert. Bis Anfang des Jahres 2016 wurde das Kraftwerk im Probebetrieb von den Steuerungsexperten aus dem Hause ANDRITZ HYDRO optimal eingestellt. Obwohl die Gesamtleistung des Kraftwerks durch die Installation von zwei kleineren Maschinen um ca. 2,1 MW gesenkt wurde, wird die jährliche Produktion mit ca. 33 GWh in etwa gleich bleiben. Insgesamt 9 Mio. Euro hat EDF Luminus in das Upgrade des Kraftwerks Andenne investiert, das nun für die nächsten Jahrzehnte bestens ausgerüstet ist.
EDF Luminus wurde als kommunales EVU namens „Société productrice d‘électricité (SPE)“ im Jahre 1978 gegründet. Unter dem heutigen Namen wird der belgische Energieversorger, nach mehrfacher Umstrukturierung, seit November 2011 geführt. EDF Luminus versorgt 1.8 Million belgische Kunden mit Strom und Gas, was einem Marktanteil von 20% entspricht.

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