Ehemaliges Inselkraftwerk Greith erzeugt Ökostrom für 350 Haushalte5 min read
Lesedauer: 3 MinutenMit dem im Herbst 2015 fertig gestellten Kraftwerk Greith im obersteierischen Bezirk Bruck-Mürzzuschlag realisierte Forstwirt DI Georg Wippel bereits sein drittes Wasserkraftprojekt.
Das neue Ausleitungskraftwerk ersetzt ein bereits 1955 zur Eigenversorgung des familiären Forstgutes errichtetes Inselkraftwerk und speist seinen Ertrag nun fast zur Gänze ins öffentliche Stromnetz ein. Im neuen Krafthaus erreicht eine moderne 3-düsige Pelton-Turbine des Herstellers ANDRITZ Hydro bei einer Bruttofallhöhe von 162 m eine Engpassleistung von 353 kW. Das Jahresarbeitsvermögen reicht nun zur Versorgung von rund 350 Haushalten. Die Ausbauwassermenge von 265 l/s wird als technische Sonderlösung an zwei separaten Wehranlagen durch selbstreinigende Coanda-Schutzrechensysteme gefasst.
Obwohl das Wasserrecht des alten Kraftwerks erst 2045 abgelaufen wäre, entschied sich Betreiber Georg Wippel schon viel eher zu einem großangelegten Neubau. „Neben einer massiven Erzeugungssteigerung sprach für den Kraftwerksneubau auch der schlechte Zustand der alten Francis-Turbine. Diese zeigte vor allem im Teillastbereich erhebliche Schwächen und konnte die Stromversorgung des Forstgutes nicht mehr konstant aufrechterhalten“, erklärt der Betreiber. Das an neuer Stelle errichtete Kraftwerk Greith liefert seit seiner Inbetriebnahme im Vorjahr nun genug Energie für rund 350 durchschnittliche Haushalte. Der Strombedarf für das Forstgut wird seit dem Neubau quasi nebenbei erledigt. Für die Gesamtplanung des neuen Kraftwerks wurde das Ingenieurbüro PI Mitterfellner GmbH beauftragt, mit welchem Georg Wippel beim Bau seines KW Grünsee schon gute Erfahrungen gemacht hatte.
2 Coanda-Rechen im Einsatz
Für die Versetzung des Krafthauses um mehrere Kilometer sprachen vor allem zwei Gründe: Zum einen konnte durch die tiefere Lage ein Gewinn an Fallhöhe erreicht werden, zum anderen verkürzte man durch den neuen Standort die herzustellende Energieableitung ins öffentliche Stromnetz erheblich. Als Wasserfassung wurden wie beim alten Kraftwerk zwei Wehranlagen miteinander kombiniert, wobei die jeweils um rund 30 m nach oben versetzten Querbauwerke nun mit selbstreinigender Coanda-Technik ausgerüstet sind. „Die beiden Wehranlagen haben einen geodätischen Höhenunterschied von circa 2 m, wobei das untere Wehr etwas größer dimensioniert ist und für etwa 60 % der Wasserzufuhr zuständig ist“, führt Georg Wippel aus. Die Regelung der Wasserzufuhr in die Druckrohrleitung erfolgt ebenfalls an der unteren Wasserfassung durch Pegelsteuerung. Geliefert und montiert wurden die Coanda-Rechen von der Wild Metal GmbH aus Südtirol. Das selbstreinigende Schutzrechensystem funktioniert nach dem namensgebenden „Coanda“-Effekt – Flüssigkeit folgt einer Oberfläche – und benötigt keine zusätzliche Reinigungseinrichtung.
Rohrtrasse mit 6 Bachquerungen
Die insgesamt mehr als 4 km lange Druckrohrleitung (DRL) des Kraftwerks Greith besteht fast zur Gänze aus GFK-Rohren der Marke SUPERLIT, welche vom oberösterreichischen Rohrvertriebsprofi Geotrade aus Ried in der Riedmark geliefert wurden. Lediglich das Hosenrohr, mit welchem die Zuleitungen der beiden Wasserfassungen zusammengeführt wurden, besteht aus Metall. „Die Zuleitungen von den Wasserfassungen sind jeweils in DN400 ausgeführt, teilweise konnten sogar die Bestandsrohre weiter verwendet werden. Ab dem Zusammenschluss verläuft die DRL durchgängig in DN500, auf der gesamten Länge wurden Rohre mit den Druckstufen PN6 bis PN20 verwendet“, sagt PI Mitterfellner Projektleiter Ing. Roland Irregger.
Begünstigt wurden die von der Firma Haider Hoch- und Tiefbau GmbH durchgeführte Rohrverlegung durch das vergleichsweise leichte Material und das anwenderfreundliche Steckmuffensystem. Zudem stehen die GFK-Rohre für hervorragende Fließeigenschaften und lange Lebensdauer.
Insgesamt erforderte der Trassenverlauf der DRL die Herstellung von 6 unterirdischen Bachquerungen, welche laut Projekteiter Irregger durchwegs aufwändig herzustellen waren. Jeweils im Abstand von 1.000 Meter baute man T-Stücke in die DRL ein, wodurch sich das Rohrsystem zu Kontroll- und Wartungszwecken mit einer mobilen Kamera befahren lässt.
Turbine auch bei Niedrigwasser am Netz
Dass er mit der 3-düsige Pelton-Turbine von ANDRITZ Hydro die richtige Maschine für sein neues Kraftwerk ausgewählt hatte, bestätigte sich für Betreiber Wippel im niederschlagsarmen Winter des Vorjahres. „Trotz einer konstanten Niederwassersituation konnte im Jänner 2016 mit nur 5 % der ursprünglichen Ausbauwassermenge weiterhin Strom produziert werden.“ Ermöglicht wird der Betrieb bei massiv verringertem Triebwasser durch die exakte elektronische Regelung der 3 Turbinendüsen. Insgesamt stehen der Turbine bei vollem Wasserdargebot 265 l/s zur Verfügung. Bei einer Bruttofallhöhe von 162 m erzeugt die Turbine eine Engpassleistung von 353 kW. Als Stromwandler kommt ein Synchron-Generator von Hitzinger zum Einsatz. Der direkt an die Turbinenwelle gekoppelte Generator hat eine Nennscheinleistung von 380 kVA und eine Anschlussspannung von 400 V. Mit dieser Maschinenausrüstung kommt das Kraftwerk Greith auf ein Jahresarbeitsvermögen von rund 1,4 GWh. Die Energieableitung ins öffentliche Stromnetz erfolgt über eine 20 kV Leitung und verläuft auf einer Länge von 2,3 km komplett erdverlegt.
Automatisierte Stromerzeugung
Für die gesamte elektrotechnische Ausstattung der Anlage wurde die im Kleinwasserkraftsektor bewährte MBK Energietechnik GmbH aus dem steierischen Ilz beauftragt. Zum Leistungsumfang von MBK gehörte neben der kompletten elektrotechnischen Hardware wie die 20 kV-Trafostation im Außenbereich natürlich auch die Programmierung der Kraftwerkssteuerung. Die Turbinenregelung geschieht völlig automatisiert, eine übersichtliche Visualisierung gibt via Internetzugang und Steuerungs-PC permanenten Überblick über den aktuellen Anlagenbetrieb. „Eingebunden in die übergeordnete Kraftwerkssteuerung sind natürlich auch die beiden separaten Wasserfassungen. Dort erfolgt durch elektronisch gesteuerte Schütze die dynamische Abgabe des Restwassers“, erklärt MBK-Geschäftsführer Christian Mund und führt weiter aus: „Für die ohnehin notwendige Elektrifizierung der Wasserfassungen wurden zum einen Ethernet-Kabel für die elektronische Steuerung sowie 900 V-Stromleitungen verlegt. Dabei wurde auch gleichzeitig die Stromanbindung ans öffentliche Stromnetz der „Energie Steiermark“ für das nahe gelegene Forstgut erledigt. Sollte das Wasserkraftwerk zum Stillstand kommen, kann somit dennoch weiterhin Strom bezogen werden. Längere Stillstandsphasen sind allerdings sehr unwahrscheinlich. Seit der Inbetriebnahme im Vorjahr hat die Stromproduktion des Kraftwerks Greith trotz ungewöhnlich trockenem Winter keine Pause eingelegt.
Teilen: