Eigenes Kraftwerk für Turbinenbauer8 min read
Lesedauer: 6 MinutenIm oberösterreichischen Aselkam hat das Turbinen- und Stahlwasserbauunternehmen Jank eine dreiteilige Wasserkraftanlage realisiert, die sich die Bezeichnung …
„innovativer Prototyp“ verdient hat. Die Anlage, die aus einem Hauptkraftwerk und zwei Restwasserkraftanlagen besteht, besticht durch neue beziehungsweise nur selten in der Wasserkraft angewandte Technologien. So installierten die Oberösterreicher etwa beim Ausleitungskraftwerk einen völlig neu konzipierten Rechen. Außerdem kam noch eine Gleichstrom-Übertragungstechnologie zum Einsatz. Die gesamte Anlage erbringt ein Jahresarbeitsvermögen von ca. 2,54 GWh. Dies entspricht einer jährlichen Kohlendioxid-Ersparnis von ca. 2.700 Tonnen.
Wenn es um Innovationen im Bereich der Wasserkraft geht ist man bei der Turbinen und Stahlwasserbaufirma Jank ganz vorne an der Spitze. “Nur dabei sein reicht nicht aus, sondern durch neue Entwicklungen und ständiger Verbesserung von Bewährtem wollen wir neue Standards setzen”, so Siegfried Jank über die firmeneigene Unternehmensphilosophie. Das bereits in der vierten Generation agierende Familienunternehmen lebt diese Philosophie auf mehreren Ebenen aus. So ist zum Beispiel die firmeninterne Fahrzeugflotte zum Teil mit Elektromotoren ausgestattet, die kostengünstig bei den eigenen Wasserkraftwerken jederzeit aufgeladen werden kann. Aber auch im Hauptbetätigungsfeld setzt der über die Grenzen Österreichs hinaus angesehene Betrieb auf Neuerungen, Weitblick und moderne Technik. Jüngstes Beispiel dafür ist das Wasserkraftwerk in Aselkam an der Mattig. Für dieses Projekt wurden einige neue Details entwickelt, die seit der Inbetriebnahme vor einem Jahr auf dem Prüfstand stehen. Siegfried Jank, zuständig für die Konstruktion und Entwicklung, kann bereits ein zufriedenstellendes Fazit ziehen: Die neuen Komponenten haben sich mehr als bewährt.
Was lange währt …
Nach einer intensiven Planungsphase war man letztlich zu dem Schluss gekommen, eine dreiteilige Anlage – bestehend aus einem Hauptkraftwerk und zwei Restwasserkraftwerken an zwei Wehrrampen – zu errichten. 2010 fiel dann der Startschuss für die Umsetzung der zwischen den oberösterreichischen Ortschaften Aching und Aselkam liegenden Anlage, im Jahr 2012 erfolgte der Anschluss ans öffentliche Netz der Energie AG.
Seltene Übertragungstechnik
Für die Anlage in Aselkam setzte man auf eine Stromleitungstechnik, die im Bereich der Wasserkraft nur sehr selten zum Einsatz kommt, bei Kleinwasserkraftwerken noch gar nicht: die Gleichstrom-Übertragungstechnik. Bei dieser Technologie wird mittels Umrichter-Technik die elektrische Energie als Gleichspannung verlustärmer übertragen. Dieses Verfahren kam bis jetzt nur bei Leistungen ab 1.000 Megawatt zum Einsatz. Siegfried Jank erklärt die Ausgangslage:
„Uns hat sich zuerst die grundsätzliche Frage gestellt, ob die Umsetzung dieser Technik im kleinen Rahmen mit der Verwendung von Standard-Komponenten überhaupt möglich ist und welche Vorteile erzielt werden können. Man muss bedenken, dass sich die Kabelverbindung von den Wehrrampen mit den Restwasserkraftwerken zum Hauptkraft-werk, wo der Strom eingespeist wird, über rund 1,5 Kilometer erstreckt. Zudem sollte die Übertragung der beiden Anlagen nicht jeweils als Punkt zu Punkt ausgeführt werden, sondern als Sammelleitung mit einem gemeinsamen Einspeisepunkt. Das sollte sich auch als echter Knackpunkt erweisen. Schlussendlich haben wir auch nur ein Unternehmen gefunden, das mit uns dieses Experiment eingehen wollte und uns entsprechende Umrichter liefern konnte.“ Die Stromübertragung erfolgt nun also nicht über eine herkömmliche 400-Volt-Drehstrom-Schiene, sondern als 1.000 Volt-Gleichstrom zum Hauptkraftwerk. Die gesamte Kommunikation der Steuerelektronik funktioniert dabei über einen Glasfaserring. Die bei der Umsetzung zu erwartenden Probleme waren am Ende marginal und konnten mit dem Umrichter-Hersteller aus Deutschland sehr schnell behoben werden.
Effiziente Technik für drei Maschinensätze
Von ihrer elektromechanischen Ausrüstung her setzten die Turbinenbauer aus Jeging bei den Restwasserkraftwerken auf doppelt regulierte Kaplanturbinen aus Nirosta-Stahl, die je einen Permanentmagnetgenerator antreiben. Die Maschinensätze bringen es dabei auf eine maximale Leistung von je 46 kW. Das gesamte Jahresarbeitsvermögen aus der Energie des Restwassers wird mit 0,25 GWh angegeben. Die beiden Krafthäuser liegen circa 300 Meter voneinander entfernt an der Mattig. Sie wurden sowohl außen als auch von ihrer Ausstattung im Inneren zwillingsgleich gebaut.
Neue Einlauftechnologie
Ein markanter Unterschied zu anderen Kraftwerken lässt sich bei den Einläufen erkennen. Beim Hauptkraftwerk kam ein neu entwickelter Flussbettrechen mit einer Breite von 10,5 Meter und einer Länge von 3 Meter zum Einsatz, der ähnlich einem Tirolerwehr funktioniert, aber dabei in seiner Neigung von fallend bis steigend verstellbar ist. Die Reinigung folgt von unten. Im Falle von Hochwasser kann das Schwemmgut problemlos das Wehr passieren.
„Durch die Anordnung des Rechens kann auch ein funktionierender Einlauf ohne Stauraum geschaffen werden. Wir haben das Prinzip ‚Tirolerrechen‘ für Flusskraftwerke weiterentwickelt und auf solche Einsatzfälle angepasst. Der Rechen kann auch mit einer integrierten Reinigungsmaschine gesäubert werden. In dieser Prototypenausführung, wie wir sie hier realisiert haben, ist das komplette Rechenfeld beweglich, und so sind wir in der Lage, die besten Einstellungen auszutesten“, erläutert Siegfried Jank die Innovation. Bei den Restwasserkraftwerken ist eine weitere neue Entwicklung umgesetzt worden: Dabei handelt es sich um einen Rechen, der ebenfalls relativ flach in der Mattig liegt und gleichzeitig als Fischabstieg mitbenutzt wird. Die Reinigung des Rechens erfolgt mit einer Rechenreinigungsmaschine. „Im Prinzip funktioniert das Ganze so zuverlässig wie bei einem Horizontalrechen“, erklärt Jank. Die Fallhöhen der zwei Restwasserkraftwerke belaufen sich auf 2,1 bzw. 2,3 Meter.
Bei der Fischaufstiegshilfe vertraute man auf das patentierte „enature“-Fischpasssystem der Firma MABA. Die bereits vorgefertigten Betonteile haben den Vorteil, dass sie einfach zu errichten und dank der leichten Durchwanderbarkeit ökologisch herausragend sind. Und durch die niedrige Energiedissipation ist für die Fische das Hochschwimmen um einiges leichter. Die Dotation der zwei Restwasseranlagen erfolgt dynamisch und liegt zwischen 800 und 1.700 l/sek.
Wartungsfreundlichkeit – eine wichtige Qualität
Im Hauptrafthaus ist eine weitere doppelt-regulierte Kaplanturbine mit einer Leistung von 510 Kilowatt untergebracht. Sie nutzt das Wasser der Mattig im Ausmaß von maximal 5000 Liter pro Sekunde bei einer Bruttofallhöhe von 12 Meter. Mit einer Nenndrehzahl von 429 Umdrehungen pro Minute treibt die Turbine einen 3-Phasen-Synchrongenerator der Linzer Firma Hitzinger an. Als Klemmenleistung geben die erfahrenen Wasserkraftspezialisten aus Oberösterreich circa 485 Kilowatt an. Das mittlere Jahresarbeitsvermögen beträgt 2,29 GWh, womit die gesamte dreiteilige Anlage im Schnitt also auf eine Gesamtproduktion von 2,54 GWh kommt. Einen weiteren Punkt, der das Kraftwerk auszeichnet, streicht Siegi Jank heraus: „Wir haben uns gerade bei dieser Anlage bemüht, durch diverse kleine Maßnahmen, die uns aus vielen Jahrzehnten als Turbinenbauer geläufig sind, eine bestmögliche Wartungsfreundlichkeit zu erreichen. Das spart Zeit – und damit Geld.“
Neue Techniken am Prüfstand
„Bei dem Projekt haben wir eingehend neue Techniken probiert und damit experimentiert und optimiert. Unsere Kunden erhalten dadurch bereits erprobte Lösungen und sind nicht die Versuchskaninchen. Hinzu kamen auch noch kleinere Neuerungen, wie zum Beispiel neue Wellen-Dichtungen an den Turbinen zum Einsatz, die alle bislang klaglos funktionieren“, resümiert Siegfried Jank. Eine weitere technische Innovation, die man in Aselkam testen wollte, betraf den Schallschutz. Zu diesem Zweck suchten die Ingenieure von Jank die Zusammenarbeit mit ausgewiesenen Spezialisten und fanden sie in der STCE Steinhauser Consulting Engineers ZT GmbH und dem Erschütterungsschutz-Spezialisten Getzner, die die verwendeten Materialien vorab mittels Dauertests auf ihr Verhalten untersuchten. Dazu DI Wolfgang Steinhauser von STCE: „Wir haben einen Versuchsaufbau mit unterschiedlichen elastischen Materialen in Zusammenarbeit mit der Firma Getzner ausgeführt und Turbinen sowie Generatoren zum Erschütterungs- und Sekundärschallschutz der Anrainer elastisch entkoppelt. Ziel dieser Versuche ist die Verifizierung, ob ein gleichbleibender Erschütterungsschutz mit günstigeren elastischen Materialien erzielbar ist. Die Kontrollmessungen werden diesen Sommer stattfinden.“ Auch von diesem gewonnenen Know-how wird in naher Zukunft die Kundschaft der Jank GmbH für Turbinen- und Stahlwasserbau profitieren.
Ein echtes Forschungsprojekt
Die Umsetzung kann man auch als echtes Forschungsprojekt bezeichnen: Es wurden die vorhandenen Eigenfrequenzen (Bauwerk, Untergrund, etc.) gemessen und ausgewertet. Auf die berechneten Daten basierend folgte die elastische Lagerung der Turbinen. Ziel war es einen gleichbleibenden Schutz vor Erschütterungen und Sekundärschall beim Einbau kostengünstigerer Materialien zu erreichen. DI Wolfgang Steinhauser von STCE erinnert sich: „Die Idee, ein Forschungsprojekt zur Bestimmung kostengünstiger, aber trotzdem geeigneter elastischer Materialen zum Erschütterungsschutz zu finden, ist bei Herrn Jank auf offene Ohren gestoßen. Durch den vermehrten Ausbau und die Revitalisierung von Kleinwasserkraftwerken in bewohntem Gebiet, rückt auch vermehrt der Erschütterungs- und Sekundärschallschutz in den Fokus von Errichtern und Betreibern von Kleinkraftwerksanlagen. Nachträgliche Sanierungen sind meist erheblich teurer oder unmöglich, daher ist eine rechtzeitige Befassung mit diesen Themen unumgänglich. Die Projektpartner haben im Zuge von Eigenleistungen (Planungsarbeiten, Messungen, Lieferung Material, etc.) dieses Projekt ermöglicht und gemeinsam einen wirtschaftlichen Weg zur Lösung der Erschütterungs- und Sekundärschallprobleme gesucht.“
Über ein Kilometer lange Rohrleitung
Die einzige Komponente des neuen Kraftwerks Aselkam, bei der man keinerlei Experimente zuließ, war die Druckrohrleitung. Im Gegenteil: Dabei wollte man auf Nummer sicher gehen und setzte für die Errichtung der 1,3 Kilometer langen Druckrohrleitung auf die bewährten Rohre vom Fabrikat FLOWTITE der Firma Amiantit. Konkret kamen GFK-Rohre der lichten Weite DN2400 der Druckstufen PN6 zum Einsatz. Geliefert wurden die Rohre von der Firma Etertec aus Brunn am Gebirge, die die Amiantit Rohre exklusiv für Österreich vertreibt. Generell sprechen einige Argumente für die GFK-Rohre, die im Wickelverfahren hergestellt werden. Gegenüber traditionellen Rohrsystemen bieten die FLOWTITE-Rohre eine Vielzahl an Vorteilen:
Neben der extrem langen Haltbarkeit ohne zusätzlichen Korrosionsschutz zeichnen sich die Leitungen durch ihr niedriges Gewicht bei langen Rohrlängen aus, die eine dementsprechend leichte Handhabung beim Transport und Einbau bieten. Durch das Verwenden von speziellen FLOWTITE-Kupplungen mit Reka-Dichtungen sind zusätzlich dichte Verbindungen garantiert. Darüber hinaus bedeutet eine extrem glatte Rohrwandung weniger Verluste.
„Erfahrung zugunsten des Kunden – Risiko zu Lasten von uns“
Kunden der Firma Jank sehen es zu Recht als großen Pluspunkt des Jeginger Familienunternehmens an, dass dieses nicht nur Turbinen und Stahlwasserbauteile herstellt, sondern auch eigene Kraftwerke betreibt. Dies versetzt die oberösterreichischen Wasserkraftspezialisten in die Lage, aus erster Hand die Anforderungen der täglichen Betriebspraxis zu kennen. Mit dem neuen Kraftwerk Aselkam ist man noch einen Schritt weiter gegangen – und hat zur Gänze auf neue Technologien gesetzt, die man kurz- bis langfristig auf Herz und Nieren austesten kann. „Wenn wir unsere eigenen Kraftwerke bauen, dann wollen wir neue Sachen austesten. Das ist unser eigenes Risiko, das wir unseren Kunden natürlich nicht zumuten wollen“, sagt Siegfried Jank. Ein gelungener Schachzug des Jeginger Familienunternehmens, der einen weiteren Know-how Zuwachs garantiert. Die Gewinner sind letztlich die Kunden des Unternehmens, die davon profitieren können.
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