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Impulse für die steierische Wasserkraft5 min read

14. Jänner 2016, Lesedauer: 4 min

Impulse für die steierische Wasserkraft5 min read

Lesedauer: 4 Minuten

Mit der Inbetriebnahme des Kraftwerks Eisenhutgrabenbach im Herbst 2014 ist der obersteirische „Ökostrombezirk“ Murau um eine weitere, vorbildlich umgesetzte Kleinanlage bereichert worden.

Das in nur knapp 4 Monaten errichtete Kleinkraftwerk produziert mit seinem Herzstück, einer dreidüsigen Pelton-Turbine des Herstellers Andritz Hydro, jährlich genug sauberen Strom für rund 250 Haushalte. Durch das ausgeklügelte Funktionsprinzip der Turbine steht die Anlage auch mit lediglich 5 % der Ausbauwassermenge nicht still.

Der jahrzehntelange Wunsch, auf seinem eigenen Grund das vorhandene Energiepotential des Eisenhutgrabenbachs zur Stromerzeugung zu nutzen, hat sich für den pensionierten Betriebsleiter der Murtalbahn, Ehrenfried Illitsch im vergangenen September indirekt erfüllt. Seit Herbst des Vorjahres betreibt dort nämlich seine Tochter, Ingrid Jauk, eine eigene Anlage. Im Gespräch mit zek Hydro verweist die Betreiberin mehrfach explizit auf die wichtige Rolle ihres Vaters, er sei „die gute Seele hinter dem Projekt gewesen.“

Den vorhandenen Gewässerlauf auf eigenem Grund und Boden zu nutzen und damit den seit Generationen mütterlicherseits bestehenden Besitz aufzuwerten, war das erklärte Ziel. Bis dahin musste allerdings noch ein mehrere Jahre dauernder Behördenmarathon absolviert werden. 4 Jahre sollten vergehen, bis man am 12. Mai 2014 endlich mit den ersten Bauarbeiten beginnen konnte. Mit der PI Mitterfellner GmbH aus Scheifling fand Ingrid Jauk einen höchst kompetenten Partner für ihr Projekt, der sie von den ersten Vorplanungen bis hin zur Erstinbetriebnahme begleitete. Neben der langjährigen Erfahrung in der Konzeptionierung und Umsetzung von Wasserkraftprojekten ist der Geschäftsführer des Planungsbüros auch selbst Mitbetreiber eines Kleinkraftwerks am nahe gelegenen Wöllbach. Da sich die beiden Kleinkraftwerke sowohl bei den Parametern Fallhöhe als auch Ausbauwassermenge sehr ähnlich sind, konnte die Betreiberin auf bewährte Lösungen vertrauen.

Coanda-Technik sorgt für freien Durchfluss
Die Wasserfassung der Anlage befindet sich auf einer Seehöhe von fast 1.510 m, bis zur Turbinierung im Krafthaus überwindet das Triebwasser eine Bruttofallhöhe von 256 m. Das Einzugsgebiet des Kraftwerks Eisenhutgrabenbach beträgt in etwa 1,9 km². Die Wasserfassung wurde mit einem Grundablass, einem festen Wehr als Überfallsektion im Hochwasserfall und einem „Grizzly“-Coanda-Rechen mit anschließendem Schwallbecken ausgeführt.

Durch das Selbstreinigungsprinzip des Coanda-Rechens des Südtiroler Stahlwasserbauprofis Wild Metal kommt die Anlage ohne zusätzliche Rechenreinigungsmaschine aus. Das zum Einsatz kommende Modell „Grizzly Protec 1300“ besteht aus einem höchst robusten Schutzrechen und darunter liegenden Feinsieb mit Coandawirkung, welches aus einem speziellen abriebbeständigen Edelstahl hergestellt wird. Durch den Coanda-Effekt – Flüssigkeit folgt einer Oberfläche – kombiniert mit dem Abscher-Effekt der Profilstäbe fließt das klare Wasser in die Fassung und verhindert somit das Eindringen von Sedimentpartikeln, die größer als 0,02 mm ausfallen und die Laufradbecher beschädigen könnten. Laub, Baumnadeln oder kleinere Holzstücke werden dadurch automatisch mit dem Fließgewässer weiter transportiert. Zusätzliche Sicherheit gewährleistet eine an der Wasserfassung platzierte Videokamera, wodurch die Betreiberin auf Knopfdruck stets die Wasserfassung im Auge behalten kann.

Steile Trassenführung
Vom Schwallbecken, das als Beruhigungsbecken dient, gelangt das Triebwasser in die 890 m lange Druckrohrleitung DN300, welche komplett in schub- und zugsicheren duktilen Gussrohren der Tiroler Röhrenwerke TRM ausgeführt wurde. Das mittlere Gefälle der Druckrohrleitung beträgt rund 28,8 %. Durch die optimal gewählte Trassenführung konnten Querungen von Bächen oder Gerinnen vermieden werden. Dennoch sollte sich die Rohrverlegung aufgrund des zum Teil äußerst steilen Terrains – Geländeneigungen von bis zu 50% – als große Herausforderung herausstellen. Kein Wunder also, dass Betreiberin Ingrid Jauk den mit der Verlegung betrauten Monteuren der obersteirischen Firma Guster großes Lob ausspricht. Die komplette Druckrohrleitung war innerhalb weniger Monate gut unter die Erde gebracht, wobei auch zum Teil feuchte Wetterbedingungen den Zeitplan nicht verzögern konnten.

Pelton-Turbine bei Minimaler Beaufschlagung am Netz
Im Krafthaus des Ausleitungskraftwerks wählte man aufgrund des jahreszeitlich bedingten stark schwankenden Wasserdargebots eine mit 3 Düsen ausgestatte und einem Hitzinger Generator gekoppelte Pelton-Turbine aus dem Hause Andritz Hydro. Die Düsen sind in horizontaler Richtung rund um das Turbinengehäuse angeordnet und leiten den Wasserstrahl durch einen Hydraulikantrieb auf die Laufradbecher. Mit dieser Maschinenkombination lässt sich auch im Winter bei einem massiv verringerten Wasserdargebot von lediglich 5 % der Normalwassermenge ein geregelter Kraftwerksbetrieb aufrechterhalten. Somit kann die Maschine auch bei kleinstem Durchfluss am Netz gehalten werden, wodurch in der kalten Jahreszeit keine aufwändige Entleerung der Leitung nötig wird.

Zum ersten Mal „angedreht“ wurde am KW Eisenhutgrabenbach am 4. September des Vorjahres. Bei einem Ausbaudurchfluss von 150 l/s und einer Bruttofallhöhe von 256 m ist sie auf eine Ausbauleistung von 320 kW ausgelegt. Im Regeljahr wird die Anlage rund 1 GWh Energie erzeugen, genug um 250 Haushalte mit sauberem Ökostrom versorgen zu können.

Leittechnik von Profis
Im Krafthaus sind neben dem Hydraulikaggregat zur Düsensteuerung noch die elektrotechnischen Komponenten untergebracht. Für die Umsetzung der Leittechnik sowie die Kraftwerkssteuerung setzte die Betreiberin auf die Kompetenz des E-Technik-Spezialisten MBK aus dem südoststeirischen Ilz. Das Team von Josef Berghold und Christian Mund hat in den vergangen 10 Jahren eine Vielzahl von Kleinanlagen in der „Grünen Mark“ mit der nötigen E-Technik ausgestattet und dadurch enormes Knowhow angesammelt. Das Angebot von MBK zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass man ausschließlich auf Bauteile bewährter Hersteller setzt, wodurch ein stabiler und reibungsloser Kraftwerksbetrieb ermöglicht wird. Für das KW Eisenhutgrabenbach stellte man die komplette elektrotechnische Ausrüstung in Form von Transformator, Energieverteilung, Turbinenregelung und Mittelspannungsanlage bereit. Selbstverständlich ist die Anlage durch Internetanbindung auch aus der Ferne regelbar. Über PC oder ein mobiles Endgerät kann die Betreiberin jederzeit online sämtliche wichtige Parameter der Steuerung abfragen und gegebenenfalls anpassen.

Gesucht: mehr Frauen für die Wasserkraft
Das in Stahlbetonbauweise errichtete Krafthaus befindet sich orographisch am linken Ufer des Eisenhutgrabenbachs. Es wurde wie die Wasserfassung durch die Firma Guster errichtet und mit einem Satteldach sowie einer Lärchenholzschalung versehen. Nach der Turbinierung wird das abgearbeitete Triebwasser vom Krafthaus über einen Unterwasserkanal zurück in den Eisenhutgrabenbach geleitet. Die Energieableitung ins öffentliche Stromnetz erfolgt über eine bereits bestehende Einspeiseleitung der beiden Kraftwerke „KW Rössler am Gastlbach“ und „KW Kreuzer am Katschbach“, die im gesamten Bereich bis zum Einspeisepunkt der E-Werk Schöder GmbH in der Erde verlegt wurde.

Ingrid Jauk kann übrigens guten Gewissens als obersteirische Wasserkraftpionierin bezeichnet werden. Sie ist die einzige weibliche Betreiberin eines Wasserkraftwerks im gesamten Bezirk – auch in der gesamten Alpenrepublik sind Frauen als Betreiberinnen eher rar gesät. Ein Beispiel, das im Sinne der erneuerbaren Energie hoffentlich bald Schule macht und weitere Frauen für die aktive Nutzung von hydroenergetischem Potential begeistern kann.

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