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Kleinkraftwerk am Ramsaubach verdoppelt durch Erneuerung sein Leistungspotential7 min read

10. April 2023, Lesedauer: 5 min

Kleinkraftwerk am Ramsaubach verdoppelt durch Erneuerung sein Leistungspotential7 min read

Lesedauer: 5 Minuten

Kurz nach dem Jahresbeginn 2022 ging das Kleinwasserkraftwerk Perhab in der steirischen Gemeinde Ramsau am Dachstein nach einer Kompletterneuerung wieder ans Netz. Bis auf die Druckrohrleitung und die Hülle des Maschinengebäudes wurde die gesamte hydroelektrische und bauliche Infrastruktur der Anlage modernisiert. An der Wasserfassung wurde durch den Einbau einer hydraulisch betriebenen Wehr­klappe die Hochwassersicherheit ge­­währleistet. Im Krafthaus ersetzt eine Durchs­tröm-Turbine zwei Pump-Tur­bin­en, die ihr technisches Lebensende erreicht hatten. Durch die Erhöhung der Ausbauwassermenge wurde die Engpassleistung der Anlage um mehr als das Doppelte auf ca. 150 kW gesteigert.­ Dank der Schwarzstart- und In­sel­­­betriebsfähigkeit des Kraftwerks kann die Anlage auch bei einem großfläch­igen Stromausfall die lokale Energieversorgung aufrechterhalten.

 

In der obersteirischen Gemeinde Ramsau am Dachstein hat die Nutzung von Wasserkraft eine lange Tradition. Vor der flächendeckenden Einführung des elektrischen Stroms wurde die Kraft des Wassers in früheren Zeiten durch Wasserräder und mechanische Transmissionen genutzt. Mit der zunehmenden Elektrifizierung wurden viele Standorte sukzessive auf die Stromproduktion umgerüstet. Beispielsweise bei dem für seine hochwertigen Textilien bekannten Unternehmen Lodenwalker, das seinen Strombedarf zu 100 Prozent mit zwei eigenen Wasserkraftwerken abdeckt. Ganz in der Nähe des Traditionsbetriebs befindet sich am Ramsaubach das Kleinwasserkraftwerk Perhab, das ursprünglich ebenfalls als reine Eigenversorgungsanlage konzipiert worden war.

Anlage mit Tradition
„Mein Großvater, mein Vater und mein Onkel haben Anfang der 1950er Jahre am Ramsaubach ein für den Inselbetrieb ausgelegtes Kleinwasserkraftwerk errichtet. Damit konnten die nicht an das öffentliche Stromnetz angeschlossenen Gebäude mit direkt vor Ort erzeugter Energie versorgt werden. Allerdings war die Anlage nur auf eine Engpassleistung von ca. 24 kW ausgelegt. Da die Siedlung im Laufe der Jahre stetig angewachsen ist, war die Erzeugungskapazität schließlich nicht mehr ausreichend, um alle Verbraucher mit ausreichend elektrischer Energie zu versorgen“, erklärt Kraftwerksbetreuer Albert Perhab im Gespräch mit zek HYDRO. 1986, rund zehn Jahre nach der Anbindung der Siedlung an das öffentliche Stromnetz, wurde das Bestandskraftwerk erstmals umfassend erweitert. Dabei wurden die Ausbauwassermenge und die Fallhöhe gesteigert, das Krafthaus weiter bachabwärts verlegt und mit zwei Pump-Turbinen ausgestattet. Nach der Erneuerung des Kraftwerks wurde der von den lokalen Verbrauchern nicht benötigte überschüssige Strom ins öffentliche Netz eingespeist.

Zeit für Modernisierung
Rund 30 Jahre nach der erstmaligen Erweiterung beschäftigte sich die E-Werksgemeinschaft Perhab OG ab 2015 mit der Modernisierung ihres Wasserkraftwerks. Begründet war dies in erster Linie durch das kurz vor dem Ablauf stehende Wasserrecht der Anlage. „Zur Wiederverleihung der wasserrechtlichen Bewilligung musste das Kraftwerk auf den aktuellen Stand der Technik gebracht werden. Außerdem sollte die Maximalleistung der Anlage um mehr als 50 Prozent gesteigert werden, um die Bedingungen für die Ökostromförderung zu erfüllen“, erklärt Projektleiter Ewald Dröscher vom steirischen Ingenieur­büro PI Mitterfellner GmbH, das von den Betreibern mit der Generalplanung beauftragt wurde. Der Projektleiter des renommierten Planungsbüros ergänzt, dass im ­Rahmen der Neukonzeptionierung eine Entscheidung getroffen werden musste, mit welcher elektromechanischen Ausstattung die An­lage zukünftig Strom erzeugen sollte: „Zur De­batte stand die Sanierung der alten Turbinen inklusive der Ergänzung um einen dritten Maschinensatz. Da diese Variante deutlich mehr Umbauaufwand im Krafthaus sowie erhöh­ten Wartungsbedarf bedeutet hätte, wurde schließlich die Umrüstung auf eine einzelne Maschinengruppe beschlossen. Dieses Konzept stellte gleichzeitig auch die kostengünstigere Lösung dar.“ Ein weiterer wichtiger Punkt des Projekts war laut Ewald Dröscher die Verbesserung der Hochwassersicherheit durch den Umbau der Wehranlage. Nachdem die E-Werksgemeinschaft die behördliche Bewilligung erhalten hatte, konnte das Projekt Anfang August 2021 in die Umsetzungsphase übergehen.

 

Wasserfassung komplett umgebaut
Gleich zu Beginn der Bauphase fokussierten sich die Arbeiten auf die Erneuerung der Wasserfassung. Die zuvor mit einem hölzernen Streichwehr ausgestattete Wasserfassung wurde bei der Neugestaltung mit einer hydrau­lisch betriebenen Wehrklappe ausgerüstet. Gefertigt wurde die Stauklappe von der ober­österreichischen Danner Wasserkraft GmbH, die auch das restliche Stahlwasserbauequipment lieferte. „Aufgrund des großzügigen Staubereichs der Wasserfassung, in dem sich das Geschiebe und die Sedimente absetzen können, war kein separates Entsanderbecken notwendig. Das gezielte Ausspülen des angesammelten Geschiebes erfolgt durch den neben der Wehrklappe angeordneten Grundab­lassschütz“, so Ewald Dröscher. Nach der Entnahme fließt das Triebwasser durch einen Feinrechen mit vertikalem Stabprofil, der mit einer Rechenreinigungsmaschine in Teleskop­armausführung ausgestattet wurde. Das vom Feinrechen entfernte Geschwemmsel wird über eine Spülrinne direkt in die Restwasserstrecke abgeführt. „Die nun vollautomatische Rechenreinigung stellt für uns Betreiber eine enorme Erleichterung dar. Bei der alten Anlage musste der Schutzrechen vor allem während der Herbstmonate bis zu vier Mal täglich händisch von Laub und Geschwemmsel befreit werden“, bekräftigt Albert Perhab. Nach dem Feinrechen strömt das Triebwasser in ein kleines Beruhigungsbecken, in dem die Sonde der pegelgeregelten Turbine untergebracht ist. Die an das Beruhigungsbecken anschließende Druckrohrleitung Richtung Krafthaus blieb vom Umbau weitgehend unberührt. Lediglich der oberste Abschnitt des Kraftabstiegs an der Wasserfassung, der zuvor auf einer Länge von ca. 80 m oberirdisch ausgeführt war, wurde erneuert und in das Erdreich verlegt. Ausgeführt wurde dieser Abschnitt mit GFK-Rohren DN800, wobei zur Verbindung an die etwas geringer dimensionierte Bestandsleitung aus Stahlrohren DN600 ein Übergangsstück gesetzt wurde. Albert Perhab weist darauf hin, dass 2023 noch eine weitere technische Ergänzung an der Wasserfassung ansteht: „Die dynamisch festgelegte Restwasserabgabe, die in Abhängigkeit vom Zufluss zwischen 100 und 200 l/s liegt, wurde im Zuge der Neukonzessionierung deutlich angehoben. Damit diese Wassermenge nicht für die Stromproduktion verloren geht, bauen wir heuer noch eine Restwasserturbine ein. Ein Anschluss für die Turbine wurde beim Bau der Wasserfassung bereits vorgesehen. Als Restwassermaschine nutzen wir zukünftig eine zuvor im Krafthaus montierte Turbine, die aktuell noch saniert bzw. für den neuen Einsatzzweck umgebaut wird.“

Effektive Durchström-Turbine
Die Leistungssteigerung der Anlage ist in erster Linie der Erhöhung der Ausbauwassermenge von 510 auf 800 l/s zu verdanken. „Vor der Erneuerung war das Kraftwerk relativ gering ausgebaut und lief dadurch oft unter Volllast. Mit der vergrößerten Ausbau­wassermenge verringerten sich zwar die Volllastbetriebszeiten, dafür erreicht der neue Maschinensatz aber in einem breiten Teillastspektrum sehr gute Wirkungsgrade“, sagt Ewald Dröscher. Als neues Herzstück des Kraftwerks kommt eine Durchström-Turbine vom deutschen Hersteller Ossberger zum Ein­satz. Das walzenförmige Laufraddesign mit radial angeordneten Schaufeln sorgt in Kombination mit dem im Verhältnis 1/3 zu 2/3 auf­geteilten Turbinengehäuse für eine optimale Verwertung des vorhandenen Wasserdargebots. Das Triebwasser durchströmt das Laufrad zuerst von außen nach innen und tritt danach auf der gegenüberliegenden Seite wieder aus. Durch diesen konstruktionsbedingten Selbst­reinigungs­effekt wird Schwemmgut automatisch abgeführt und führt somit zu keinen Leistungseinbußen oder Funktionsstörungen. Bei vollem Zufluss erreicht die auf ca. 29 m Bruttofallhöhe und 491 U/min Dreh­­zahl ausgelegte Turbine rund 150 kW Engpassleistung. Komplettiert wird der Maschinensatz durch einen luftgekühlten Synchron-Gene­rator­ mit 180 kVA Nennscheinleistung. Als Verbindung zwischen der Tur­bine und dem mit 1.000 U/min schnell drehenden Generator kommt ein Getriebe mit dem Übersetzungsverhältnis 1 : 2,03 zum Einsatz. Ebenfalls völlig erneuert wurde im Zuge des Umbaus die elektro- und leittechnische Ausstattung des Kraftwerks. Dazu schnürte der steirische­ Automatisierungsspezialist aepick GmbH ein regelungs­­technisches Komplettpaket, das unter anderem die Schutz­einrichtungen, den Turbinenregler und die Eigenbedarfsversorgung beinhaltete. Auch die Kraftwerkssteuerung inklusive übersichtlicher Visualisierung stammt von aepick. „Die erneute Herstellung der Schwarzstart- und Inselbetriebsfähigkeit war uns ein wichtiges Anliegen, damit unsere Gebäude beim Ausfall der öffentlichen Stromversorgung weiterhin mit Energie versorgt bleiben“, sagt Albert Perhab. Der von den Betreibern nicht für den Eigenbedarf benötigte Strom wird weiterhin an einer ca. 180 m vom Krafthaus entfernten Trafostation der Energie Steiermark ins öffentliche Netz eingespeist.

Betreiber zufrieden
Rund fünf Monate nach dem Baustart konnte das fast vollständig erneuerte Kleinwasserkraftwerk Anfang 2022 den Probebetrieb aufnehmen, bereits kurz danach ging die Anlage in den Regelbetrieb über. „Das Projekt ist sehr zufriedenstellend verlaufen, die beteiligten Firmen habe allesamt eine gute Leistung erbracht und vorbildlich zusammengearbeitet. Trotz der geringen Niederschläge im vergangenen Jahr ist die erzeugte Strommenge zu unserer Zufriedenheit ausgefallen“, so Albert Perhab. Ewald Dröscher zieht ebenso ein positives Fazit über den Projektverlauf: „Die vorhandene Infrastruktur des Kraftwerks wurde bestmöglich in die Erneuerung einbezogen. Aus den Gegebenheiten mit der bestehenden Druckrohrleitung und dem Krafthaus sowie der nutzbaren Fallhöhe wurde das Optimum herausgeholt.“ Der endgültige Projektabschluss ist mit dem 2023 anstehenden Einbau der Restwasserturbine, die alljährlich rund 20.000 kWh Strom erzeugen wird, bereits in Sichtweite. Im Regeljahr kann das erneuerte Kleinkraftwerk am Ramsaubach ca. 700.000 kWh Öko­strom erzeugen.

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