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Kleinwasserkraftwerk Weizbach erschließt steirisches Gewässer für Ökostromproduktion8 min read

14. Juli 2023, Lesedauer: 6 min

Kleinwasserkraftwerk Weizbach erschließt steirisches Gewässer für Ökostromproduktion8 min read

Lesedauer: 6 Minuten

In der rund 60 km nordöstlich von Graz gelegenen Gemeinde St. Kathrein am Offenegg hat ein neues Kleinwasserkraftwerk im September 2022 erstmals sauberen Strom produziert. Realisiert wurde das Projekt von der Hydro Energy Weizbach GmbH, die mit der Anlage das hydroelektrische Potential des Gewässers für die saubere Stromerzeugung erschließt. An der Wasserfassung werden bis zu 80 l/s Ausbauwassermenge entnommen und über eine Bruttofallhöhe von ca. 210 m ins Krafthaus geführt. Die insgesamt 3.145 m lange Druckrohrleitung DN350 besteht jeweils zur Hälfte aus PVC-Rohren bzw. duktilen Gussrohren, die von der oberösterreichischen Geotrade Tiefbauprodukte GmbH geliefert wurden. Im Maschinengebäude sorgt eine 2-düsige Pelton-Turbine in horizontalachsiger Ausführung mit direkt gekoppeltem Synchron-Generator für ein Höchstmaß an Effizienz. Trotz der Corona­-Pandemie und den herausfordernden Begleitumständen konnte das Projekt innerhalb von ca. 1,5 Jahren erfolgreich abgeschlossen werden.

Wasserkraftwerk Weizbach Synchron-Generator
Der Synchron-Generator rotiert wie die Turbine mit 1.500 U/min und wurde wegen der geringeren Schallemissionen mit einer Wasserkühlung ausgestattet.
© Ernst Hackenberg

Die ersten Planungen zur Errichtung eines Kleinwasserkraftwerks am Weizbach in der rund 1.060 Einwohner zählenden Gemeinde St. Kathrein am Offen­egg entstanden um das Jahr 2015. Bereits im darauffolgenden Jahr wurde dem von zwei Geschäftspartner entwickelten Projekt die naturschutzrechtliche und behördliche Bewilligung erteilt. Das genehmigte Projekt, für dessen rechtlichen Rahmen die Hydro Energy Weizbach GmbH gegründet wurde, blieb allerdings noch für längere Zeit in der Schublade, bis es 2021 von der in Bruck an der Mur ansässigen Karl Lackner Privatstiftung erworben wurde. Kurz vor Abschluss der Bauphase im Sommer 2022 wurde das weit fortgeschrittene Projekt schließlich vom Kärntner Immobilienentwickler Hartwig Warmuth übernommen. Der neue Eigentümer ist neben der Immobilienbranche auch stark im Bereich der Erneuerbaren Energien engagiert. So verfügen seine in Kärnten verteilten Photovoltaik-Anlagen über knapp 2.500 kWp Gesamtleistung. Zudem betreibt Hartwig Warmuth mit der neuen Anlage am Weizbach nun insgesamt zwei Kleinwasserkraftwerke.

Pandemie verzögert Projekt
„Ende 2020 wurde mit der Projektoptimierung begonnen. Dies betraf sowohl die Wasserfassung als auch die Größe und Geometrie des Krafthauses, zudem wurde die Trassenführung der Druckrohrleitung optimiert. Im Jahr 2021 startete mit der Einrichtung der Baustelle die Umsetzungsphase des Projekts. Wegen den mit der Corona-Pandemie einhergehenden Beschränkungen verzögerte sich das Projektfortkommen allerdings. Richtig los gingen die Bauarbeiten erst im August 2021, als die Grobsubstanz des Maschinengebäudes hochgezogen war“, erklärt der für die finale Ausführung zuständige Kraftwerksplaner Ernst Hackenberg. Mit seinem Ingenieurbüro für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft konnte Ernst Hackenberg beim Neubau am Weizbach seine Kompetenz im Kleinwasserkraftsektor einmal mehr unter Beweis stellen. „Bei der Verlegung der Druckrohrleitung mussten wir uns eng mit der steirischen Landesstraßenverwaltung abstimmen. Da rund 1,5 km der Landesstraße, entlang derer der Kraftabstieg verläuft, neu gebaut wurden, war eine entsprechende Koordination unabdingbar. Dies resultierte zwar in zeitlichen Verzögerungen, war im Hinblick auf die Ausführungslogistik aber natürlich sinnvoll“, ergänzt Ernst Hackenberg. Zuständig für die Durchführung der gesamten Hoch- und Tiefbauarbeiten sowie die Verlegung der Druckrohrleitung war die in Scheifling ansässige Zechner Bau GmbH.

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Wasserfassung mit Seitenentnahme
Die direkt neben der Landesstraße positionier­te Wasserfassung wurde zum Aufstauen des Gewässers mit einer einseitig hydraulisch be­triebenen Wehrklappe ausgestattet. „Anstelle eines ursprünglich geplanten Grobrechens und einem dahinter angeordneten vertikalen Schutzrechen mit dazugehöriger Rechenreinigungsmaschine kommt beim Kraftwerkseinlauf ein horizontaler Schutzrechen mit 10 mm Stababstand zum Einsatz“, so Ernst Hackenberg. Das von der horizontalen Rechenreinigungsmaschine entfernte Geschwemmsel wird zur Wehrklappe befördert, wo dieses entweder manuell entfernt bzw. durch das Senken der Stauklappe in den Unterwasserbereich abgeführt wird. Nach dem Schutzrechen strömt das Triebwasser in ein Entsanderbecken, in dem sich die feinen Sedimente langsam absetzten können. Die Abgabe der Sedimente in die Restwasserstrecke erfolgt durch einen Spülschütz, der von zwei Sedimentsensoren im Entsander automatisch geregelt wird. Zur Gewährleistung der ökologischen Durchgängigkeit an der Wehranlage wurde auf der orographisch rechten Gewässerseite ein naturnah gestalteter Beckenpass errichtet. Über den Fischaufstieg wird die ganzjährig konstante Restwasserdotation von 20 l/s abgegeben. Für die visuelle Kontrolle der Gegebenheiten an der Wehranlage aus der Ferne sorgt eine schwenkbare Videokamera.

Druckrohrleitung aus PVC und duktilem Gusseisen hergestellt
Die Druckrohrleitung zwischen Wasserfassung und Maschinengebäude erstreckt sich über eine Länge von 3.145 m und wurde zur Gänze in der Dimension DN350 verlegt. Etwa 20 Prozent der ohne Hoch- oder Tiefpunkte verlegten Leitung befindet sich im asphaltierten Straßenkörper, der weitaus längste Teil der Druckrohrleitung wurde neben der Straße bzw. in Böschungsbereichen geführt. Hergestellt wurde die Druckrohrleitung mit zwei unterschiedlichen Rohrsystemen, so Ernst Hackenberg: „Der obere Abschnitt wurde mit PVC-Rohren, die bis zu einer Druckstufe von PN16 eingesetzt werden können, ausgeführt. Die untere Hälfte der Druckrohrleitung besteht wegen der höheren Druckverhältnisse aus duktilen Gussrohren.“ Geliefert wurde das komplette Rohrmaterial inklusive Krümmer und Sonderformstücke vom oberösterreichischen Vertriebsspezialisten Geotrade Tiefbauprodukte GmbH. Beim oberen Teilstück der Druckrohrleitung kommt das vom spanischen Hersteller Molecor entwickelte System TOM® PVC-O zum Einsatz. Dabei handelt es sich um Kunststoffrohre aus PVC, die durch ein spezielles Herstellungsverfahren äußerst robuste Materialeigenschaften besitzen. Dazu zählen neben der Schlagfestigkeit und hohem Widerstand gegen Druckschläge auch die Resistenz gegen Umwelteinflüsse und eine lange Lebensdauer. Darüber hinaus punktet das weltweit in Hoch- und Mitteldruckbereichen wie dem Trinkwasser- und kommunalen Sektor eingesetzte System mit seinem geringen Gewicht und einem überzeugenden Preis-Leistungsver­hält­nis. Ab der Mitte der Trassenführung erfolgt der Übergang zu dem mit duktilen Guss­­rohren hergestellten unteren Abschnitt der Druckrohrleitung. Die Rohre stammen aus der GEOCAST-Produktlinie von Geotrade,­ die bis zu einem Durchmesser von DN1000 angeboten werden. Die bekanntlich äußerst robusten Rohre kommen mit den höheren Druckverhältnissen problemlos zurecht. Eine äußerst glatte Innenfläche aus Zement­mörtelbeschichtung gewährleistet optimale Fließbedingungen und Schutz gegen Korrosionsschäden. Hinzu kommen die hohe statische Belastbarkeit, Bruchsicherheit und längskraftschlüssige Verbindungen, die je nach Dimension bis zu 5° Abwinkelbarkeit der Rohrenden innerhalb der Verbindungsmuffen ermöglichen. Bis auf eine mittels Rohrbrücke hergestellte Bachüberquerung verläuft der Kraftabstieg zur Gänze unterirdisch. Insgesamt vier Straßenunterquerungen wurden mittels Bohrungen herstellt. Für die digitale Kommunikation mit der Wasserfassung sorgt ein gemeinsam mit der Druckrohrleitung verlegtes Datenkabel.

Wasserkraftwerk Weizbach Rohrbrücke
Der obere Abschnitt der Druckrohrleitung besteht aus PVC-Rohren vom spanischen Hersteller Molecor. Die untere Hälfte des Kraftabstiegs, der den Weizbach mittels Rohrbrücke überquert, wurde wegen der höheren Druckverhältnisse mit duktilen Gussrohren hergestellt. Geliefert wurde das komplette Rohrmaterial von der Geotrade Tiefbauprodukte GmbH.
© Ernst Hackenberg

Turbine für breites Betriebsband
Das Krafthaus der Anlage befindet sich wie die Wasserfassung unmittelbar neben der Lan­des­straße und wurde in zweckmäßiger Stahl­­betonbauweise errichtet. Im Inneren des Ge­­bäudes sorgt moderne Wasserkrafttechno­lo­gie­ für eine ganzjährig effektive Strom­produk­tion. „Bei dem relativ kleinen Einzugsgebiet von ca. 3,5 km² unterliegt das Was­ser­dargebot natürlich witterungsbedingten bzw. saisonalen Schwankungen. Deswegen war es ein wichtiger Punkt, dass die Turbine auch bei verringertem Zufluss einen guten Wirkungsgrad erreicht“, sagt Ernst ­Hackenberg. Der Auftrag zur Lieferung des Maschinensatzes ging an die Osttiroler ­Maschinenbau Unterlercher GmbH, die für das Projekt ein leistungsstarkes Technikpaket schnürte. Der renommierte Wasserkraftallrounder fertigte eine mit zwei elektrisch geregelten Düsen ausgestattete Pelton-Turbine in horizontalachsiger Bauform. Ausgelegt wurde die Maschine für 80 l/s Ausbauwassermenge und 210 m Bruttofallhöhe, womit diese unter Volllast 140 kW Engpassleistung erzielt. Die Ausführung mit zwei Düsen gewährleistet zudem bei vermindertem Wasserdargebot einen effektiven Betrieb in einem breiten Teillastspektrum. Wegen der Anrainer der Kraftwerksanlage kommt anstelle des ursprünglich vorgesehenen luftgekühlten Generators eine wassergekühlte Maschine zum Einsatz, die im Betrieb deutlich geringere Schallemissionen bewirkt. Gefertigt wurde der Synchron-Generator von der deutschen EME Elektromaschinenbau Ettlingen GmbH. Der direkt mit dem Pelton-Laufrad gekoppelte Schnellläufer dreht wie die Turbine mit 1.500 U/min und wurde auf 400 V Spannung bzw. 150 kVA (H-B) Nennscheinleistung ausgelegt. Das elektro- und leittechnische Equipment der Anlage stammt von der steirischen aepick GmbH. Dazu zählten sämtliche regelungstechnischen Komponenten wie die auf der Siemens SIMATIC ET 200SP basierende Kraftwerkssteuerung sowie die elektrischen Schutzeinrichtungen. Die Steuerung sorgt für den vollautomatischen Betrieb der Anlage und ermöglicht via gesicherter Onlineverbindung umfangreiche Fernwirkmöglichkeiten. Allfällige Störmeldungen werden automatisiert an das Betriebspersonal übermittelt und können rund um die Uhr über PC oder Smartphone abgerufen werden. Das Einspeisen des erzeugten Stroms ins öffentliche Netz der Energie Steiermark erfolgt via Erdkabel an einer ca. 70 m vom Krafthaus entfernten Trafostation.

Am Netz seit Herbst 2022
Rund 1,5 Jahre nach dem ersten Spatenstich ging das Kraftwerk Weizbach im September 2022 erstmals ans Netz. „Trotz der herausfordernden Begleitumstände im Zuge der Corona-Pandemie wurde das Projekt letztendlich zu einem erfolgreichen Abschluss geführt. Wegen der trockenen Witterungsbedingungen im Vorjahr konnte die Anlage ihr volles Leistungsvermögen noch nicht komplett abrufen. Dennoch hat das Kraftwerk seit dem Herbst des Vorjahres ohne Unterbrechung durchproduziert. Mit dem Einsetzen der Schneeschmelze im heurigen Frühjahr kann die Anlage ihr volles Potential unter Beweis stellen“, resümiert Ernst Hackenberg. Im Regeljahr wird der Neubau am Weizbach rund 600.000 kWh Ökostrom erzeugen. Ernst ­Hackenberg lässt nicht unerwähnt, dass der Betreiber Hartwig Warmuth sein Engagement im Bereich der Erneuerbaren Energien weiter vorantreibt und aktuell die Umsetzung eines weiteren Kleinwasserkraftprojekts in der Steiermark plant.

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