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Kraftwerk Illerursprung will mit vierfacher Leistung noch heuer ans Netz5 min read

15. November 2019, Lesedauer: 4 min

Kraftwerk Illerursprung will mit vierfacher Leistung noch heuer ans Netz5 min read

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In der vor allem für ihre touristischen und wintersportlichen Angebote bekannten Gemeinde Oberstdorf im Oberallgäu steht die Stromgewinnung aus lokalen Ressourcen hoch im Kurs.

Die Energieversorgung Oberstdorf GmbH (EVO), Teil des regionalen Verbundnetzwerks „AllgäuStrom“, betreibt zwei eigene Wasserkraftwerke und ist mit dem Kraftwerk Faltenbach bei einer weiteren Anlage beteiligt. Darüber hinaus speisen sieben private Kleinwasserkraftbetreiber ihre Produktion ins örtliche Netz ein. Nachdem die EVO 2016 an ihrem Pumpspeicherkraftwerk Warmatsgund ein umfangreiches elektro- und leittechnisches Upgrade durchgeführt hatte, stand im heurigen Jahr die Umsetzung eines noch viel aufwändigeren Projekts bevor. Das 1929 in Betrieb genommene Kraftwerk Trettach II werde durch den Bau der neuen Anlage Illerursprung nun komplett ersetzt, erklärt EVO-Geschäftsführer Hans-Peter Hagenauer: „Der Bau des Ersatzkraftwerks hat sich aus mehreren Gründen als optimale Variante ergeben. Neben der deutlich gesteigerten Effizienz und betrieblichen Verbesserungen sollte der nicht mehr sichere Trettachkanal rückgebaut und durch eine komplett unterirdische Druckrohrleitung ersetzt werden. Darüber hinaus konnte mit dem Neubau des Kraftwerks auch der anstehende Umbau der Wehranlage, welche die geforderten Ansprüche zur Hochwasserabfuhr nicht mehr erfüllte, mit umgesetzt werden.“ Das Krafthaus sollte an neuer Stelle rund 400 m unterhalb der Vereinigung von Trettach, Breitach und Stiller zur Iller gebaut werden, durch die verlängerte Ausleitungsstrecke wurde ein Fallhöhengewinn von 10 auf 38 m erreicht.

Restwasserstrecke aufgewertet
Im Anschluss an die 2018 erteilte Baugenehmigung konnte das Projekt Illerursprung schließlich im heurigen Frühjahr von der Planungs- in die Umsetzungsphase übergehen. Für den rechtlichen Rahmen wurde die Kraftwerk Illerursprung GmbH & Co. KG gegründet, an der die Gesellschafter EVO mit 45 Prozent und die Kraftwerke Oberstdorf GmbH & Co. KG (KWO) mit 55 Prozent beteiligt sind. Die Umsetzung aller Hoch- und Tiefbauarbeiten inklusive Rohrverlegung erfolgt durch die in Oberstdorf ansässige Unternehmensgruppe Geiger. Mit dem Abstellen der Turbine und dem Ausfischen des Ausleitungskanals startete das Projekt Illerursprung Anfang März bei winterlichen Bedingungen in die Bauphase. Zu Beginn der Arbeiten konzentrierte man sich auf den mit schwerem Gerät durchgeführten Abriss der alten Wehranlage. Die neue Wasserfassung wird mit einem luftgefüllten Schlauchwehr ausgestattet, das bei Hochwasser oder zum Spülen von Anlandungen abgelegt werden kann, und somit eine optimale Wasserabfuhr ermöglicht. Für die aufwärts wandernden Gewässerlebewesen wird neben dem Fassungsbauwerk ein technischer Raugerinne-Beckenpass errichtet. Darüber hinaus wird die Wehranlage mit einer Wasserkraftschnecke ausgerüstet, die die Restwasserabfuhr zur Stromproduktion nutzt, und den Fischen gleichzeitig eine sichere Abstiegsmöglichkeit ins Unterwasser bietet. EVO-Projektleiter Bastian Morell ergänzt, dass im Zuge des Neubaus trotz der erhöhten Ausbauwassermenge deutlich mehr Wasser in der alten Ausleitungsstrecke der Trettach verbleibe: „Die Restwasserdotation der Ausleitungsstrecke erfolgt permanent mit 240 l/s über die Fischaufstiegsanlage und zusätzlich jahreszeitlich bedingt mit jeweils 600, 1.060 oder 1.560 l/s über die als Dotationsturbine genutzte Wasserkraftschnecke. Für die Fische bleibt am Mündungsbereich des alten Trettachkanals außerdem ein rund 50 m langer Abschnitt als natürlicher Rückzugsort erhalten.“

Wirtschaftlichkeit im Fokus
Ende März wurden mit dem Beginn der Rohrverlegung und der Erschließung der Baustelle am Krafthaus zwei weitere Baubereiche eröffnet. Michael Schuchert, Geschäftsführer des für die Generalplanung zuständigen Ingenieurbüro Dr.-Ing. Koch aus Kempten weist darauf hin, dass sich die größtmögliche Wirtschaftlichkeit der Anlage wie ein roter ­Faden durch das Projekt ziehe. Im Hinblick auf die Ausführung der Druckrohrleitung DN1800 wurde die Tiefenlage der Leitung unter Berücksichtigung der vielen Spartenkreuzungen im Innerortsbereich optimiert. Außerhalb des Ortskerns und bei der Unterquerung der Trettach mittels Betondüker wurden die möglichen Grundwasserstände berücksichtigt, um auf Auftriebssicherungen verzichten zu können. Schuchert führt weiter aus: „Wir verzichteten auf kostenintensive Krümmer, wo es vertretbar war, indem wir die zulässigen Abwinkelungen in den Rohrmuffen bereits in der Planung berücksichtigten. Zudem wählte der Generalunternehmer für die Rohrleitung ein besonders schlagbeständiges GFK-Druckrohr mit Hauptverstärkung in Umfangsrichtung. Damit kann das anstehende Material als Bettungs- und Verfüllmaterial mit Korngrößen bis zu 64 mm durch Siebung direkt vor Ort gewonnen werden. Der straffe, vorgegebene Zeitplan erforderte einen abgestimmten Bauablauf mit mehreren Kolonnen, die an unterschiedlichen Abschnitten die Arbeit aufgenommen haben. Die Druckrohrleitung soll komplett begehbar ausgeführt werden, weswegen diese mit Revisionsschächten und geringem Gefälle im Uferbereich des Dükers geplant wurde.“

Amiblu liefert komplettes Rohrmaterial
Auf einer Länge von ca. 2,35 km überwindet die Druckrohrleitung ein Bruttogefälle von rund 38 m, bei vollem Wasserdargebot strömen bis zu 5,8 m³/s von der Wasserfassung zur Zentrale. Bei der Wahl der Rohrleitung setzen die Betreiber auf das hochwertige GFK-Material des international aktiven Herstellers Ambilu. Die Rohrleitung des Kraftwerks Illerursprung wird mit dem System Flowtite Grey ausgeführt, das neben seiner verstärkten Ausführung noch eine ganze Reihe von weiteren Vorteilen mit sich bringt. Das anwenderfreundliche Muffensystem erlaubt eine hohe Flexibilität und Verlegeleistung. Richtungsänderungen der Trassenführung können  durch die Abwinkelbarkeit der Rohrstöße innerhalb der Verbindungsmuffen ohne zusätzliche Krümmer umgesetzt werden. Die hochglatte Innenfläche der Rohre minimiert Reibungsverluste und sorgt für hervorragende Fließbedingungen und geringe Reibungsverluste entlang der gesamten Ausleitungsstrecke. Die Anlieferung der jeweils 12 m langen mannshohen Rohre auf die Baustelle erfolgt nach einem vom Auftraggeber vorgegebenen Logistikkonzept.

Inbetriebnahme für Dezember geplant
Anfang Juni sind die Arbeiten im gesamten Projektgebiet planmäßig vorangeschritten. Die Verlegung der Druckleitung hat den Ortskern verlassen, auf der freien Fläche können die Rohre von den eingespielten Monteuren in zügigem Tempo verlegt werden. Auch für die kommenden Monate haben sich die Projektverantwortlichen viel vorgenommen. Mitte Juni soll mit dem Hochbau der Zentrale begonnen werden, bis Ende August sollen die letzten Meter der Druckrohrleitung fertig verlegt sein. Die Montage der maschinellen Ausrüstung im Krafthaus ist für den Herbst geplant, noch im Dezember soll die größere der beiden Francis-Turbinen in Betrieb genommen werden, die endgültige Fertigstellung ist für das Frühjahr 2019 geplant. In maschineller Hinsicht setzen die Betreiber auf die bewährte 1/3 – 2/3-Variante, womit das jahreszeitlich bedingt schwankende Wasserdargebot möglichst effektiv verwertet werden kann. Die vom Südtiroler Spezialiste n Troyer AG gefertigten Turbinen schaffen künftig eine gemeinsame Engpassleistung von über 1,8 MW, womit im Regeljahr rund 6,3 GWh Ökostrom erzeugt werden können.

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