Kraftwerk Schennerpolster an der Ischl punktet mit durchdachten Innovationen im Detail7 min read
Lesedauer: 5 MinutenAm Schennerpolster auf dem Gebiet der Salzburger Gemeinde Strobl hat der Innviertler Wasserkraftallrounder Jank GmbH im Herbst 2018 eine weitere Eigenanlage in Betrieb genommen.
Zur Stromproduktion nutzt der in weniger als einem Jahr realisierte Neubau das Gewässer Ischl. Zum Aufstauen der Ischl dient eine vor über 120 Jahren errichtete hölzerne Wehranlage, die sich trotz ihres hohen Alters in sehr gutem Zustand befindet. Völlig neu entstanden hingegen ist die direkt daneben positionierte Kraftwerksanlage und die dazugehörige Infrastruktur. Bei einer Ausbauwassermenge von 12,5 m³/s und einer Bruttofallhöhe von 5,5 m erreicht die Kaplan-Schacht-Turbine aus Jank-Eigenproduktion eine Engpassleistung von 593 kW. Wie bei Jank-Eigenkraftwerken üblich, werden auch beim Neubau an der Ischl verschiedene Innovationen auf ihre Praxistauglichkeit überprüft. In baulicher Hinsicht erfolgt dies beim Kraftwerk Schennerpolster durch einen speziellen Geschiebe-Spülkanal unterhalb des Einlaufbereichs. Zur Messung des Geschiebestands wird ein Echolot-System getestet. An der Turbine erproben die findigen Wasserkraftprofis den Einsatz einer hochfesten Legierung an den Eintrittskanten der Laufradschaufeln.
Am Ischler-Schennerpolster in der Gemeinde Strobl – als „Polster“ werden in der Region Salzkammergut umgangssprachlich Wehranlagen bezeichnet – wurde gemäß Aufzeichnungen bereits 1899 ein Ausleitungsgerinne erwähnt. Dieses diente ursprünglich zum Betrieb eines mechanischen Wasserrads für ein Sägewerk. Im Jahr 1928 erfolgte durch den Einbau einer Francis-Zwillings-Turbine die Elektrifizierung der Anlage. Über fünf Jahrzehnte später wurde 1982 ein weiteres Kleinkraftwerk an der Ausleitungsstrecke in Betrieb genommen. Um die Ischl an der Wehranlage fischdurchgängig zu gestalten, wurde um das Jahr 2000 eine Aufstiegshilfe errichtet. Weil diese allerdings nicht den aktuellen Anforderungen einer funktionstüchtigen Fischaufstiegsanlage genügte, sahen sich die Wasserkraftbetreiber rund 15 Jahre später damit konfrontiert, das Bauwerk zu erneuern. Darüber hinaus sollte die Wasserabgabe in die Restwasserstrecke deutlich erhöht werden. Aufgrund der Kosten für den Bau eines neuen Fischaufstiegs sowie den unumgänglichen Erzeugungsverlusten durch die erhöhte Restwasserdotation entschieden sich die ehemaligen Kraftwerksbetreiber letztendlich, ihre beiden Anlagen stillzulegen.
Fischdurchgängigkeit dank Kraftwerksbau
Vor der Entscheidung zur Kraftwerksstilllegung hatte sich der Betreiber der oberen Anlage noch mit der oberösterreichischen Jank GmbH in Verbindung gesetzt. Da sich die ins Auge gefasste Revitalisierung des Altbestands für den Betreiber wirtschaftlich nicht darstellen ließ, entschloss sich Jank in weiterer Folge dazu, am Schennerpolster selbst aktiv zu werden und einen kompletten Neubau in Angriff zu nehmen. Der erste Konzessionsantrag erfolgte noch 2015, nach entsprechenden Anpassungen wurde die Baubewilligung im Sommer 2016 erteilt. Im Anschluss an die aufwändigen, in Eigenregie durchgeführten Planungen startete im November 2017 die Bauphase des Projekts. Für die Umsetzung der kompletten Hoch- und Tiefbauarbeiten engagierte Jank ein lokales Unternehmen aus Strobl. Um die Anrainer einer nahen Wohnsiedlung vom obligatorischen Baustellenverkehr zu entlasten, wurde auf einem von Jank erworbenen Grundstück im Projektgebiet eine temporäre Zufahrt geschaffen. Der nicht mehr benötigte Ausleitungskanal der beiden Altanlagen wurde im Zuge der Projektumsetzung rückgebaut und zugeschüttet. Nach weniger als einem Jahr Bauzeit konnte das neue Kraftwerk im Herbst des Vorjahres erstmals in Betrieb genommen werden. Mit dem Anlagenbau wurde auch die ökologische Durchgängigkeit am Schennerpolster sichergestellt. Über einen aus 46 Einzelbecken hergestellten Fischaufstieg in Form eines technischen Vertical-Slot-Pass des Systems „enature“ können die Gewässerbewohner über 5,5 m Höhenunterschied überwinden. Siegi Jank vergisst in diesem Zusammenhang nicht zu erwähnen, dass das obligatorische Monitoring zur Funktion des Fischaufstiegs sehr vielversprechend verlaufen sei. Innerhalb eines zweimonatigen Untersuchungszeitraums wurden über 1.000 Individuen gezählt.
Holzwehr nach 120 Jahren in Topzustand
Siegi Jank, Konstruktionsleiter des in vierter Generation geführten Familienunternehmens betont, dass sich die komplett aus Holz gefertigte Wehranlage am Schennerpolster trotz ihres Alters von über 120 Jahren in sehr gutem Zustand befindet: „Bei den bauseitigen Anpassungen mussten wir hölzerne Piloten aus der Grundstruktur der Wehranlage entfernen, denen der Zahn der Zeit offensichtlich fast nichts anhaben konnte. Nichtsdestotrotz erfordert eine Holzkonstruktion natürlich mehr regelmäßige Inspektionen und Instandsetzungsarbeiten als eine Wehrklappe aus Stahl. Mit unserer jahrzehntelangen Erfahrung in der Wasserkraftbranche wissen wir aber sehr genau, wie wir mit einer derartigen Konstruktion umgehen müssen.“ Völlig neu errichtet wurde hingegen die direkt an die Holzwehr anschließende Wasserkraftanlage. Der Einlaufbereich des Kraftwerks wurde mit einem fischfreundlichen horizontalen Schutzrechen ausgestattet, zur Reinigung dient eine robust ausgeführte Rechenreinigungsmaschine. Das Konzept der horizontalen Rechenreinigung, bei der das Schwemmgut von der Putzharke des Rechenreingers zuverlässig Richtung Restwasserstrecke befördert wird, hat sich bei Jank seit mittlerweile vier Jahrzehnten bei einer Vielzahl von Kraftwerken bestens bewährt. In diesem Zusammenhang bekräftigt Siegi Jank, dass die Rechenreinigung für die reibungslose Funktion und Leistungsfähigkeit bei grundsätzlich jeder Anlage eine zentrale Rolle spiele: „Je reiner das Wasser auf das Laufrad trifft, umso besser ist dies für den Gesamtwirkungsgrad.“
Geschiebeabfuhr funktioniert
Die eigenen Kraftwerke als Versuchsanlagen zu nutzen ist seit jeher Teil der Jank-Unternehmensphilosophie. Davon profitieren in letzter Konsequenz vor allem die Kunden der Oberösterreicher, denen technisch ausgereifte Lösungen übergeben werden. Beim Neubau an der Ischl erprobte Jank unter anderem Maßnahmen zur Optimierung des Geschiebemanagements. „Wir haben uns beim Kraftwerk Schennerpolster dafür entschieden, keinen Entsander zu bauen, sondern das Geschiebe vor Ort eins zu eins weiterzugeben. Dazu wurde am Ende des Einlaufrechens ein unterirdischer Spülkanal angelegt, mit dem der angeschwemmte Schotter direkt Richtung Unterwasser abgegeben wird“, erklärt Siegi Jank und führt weiter aus, dass es alles andere als klar war, ob die Geschiebeabfuhr durch den rund 40 cm hohen, 1,2 m breiten und etwa 2 m langen Betonkanal funktionieren wird: „Der Ausgang des Experiments war ungewiss, der Kanal hätte auch verstopfen können. Diese Bedenken erwiesen sich aber als grundlos. Nach einem Jahr Betrieb können wir sagen, dass die Geschiebespülung am Schennerpolster sehr gut funktioniert.“ Um die Spülungen zukünftig komplett automatisiert in den Anlagenbetrieb einzubinden, testet Jank eine weitere Innovation. Dazu wurde am seitlich fahrbaren Arm der Rechenreinigungsmaschine ein Echolot installiert, das kontinuierlich den Abstand zwischen Einlaufrechen und dem Gewässergrund misst. Das Ziel dieser Messungen besteht darin, die Menge der angelandeten Sedimente am Einlaufbereich zu ermitteln und in weiterer Folge bei Bedarf den Spülvorgang automatisch in Gang zu setzen. Aktuell befindet sich das Echolot-System, dass gemeinhin aus der Verwendung in U-Booten bekannt ist, noch in der Testphase. In Zukunft sollen die Echolot-Messungen grafisch in der Steuerung dargestellt werden, wodurch Betreiber jederzeit visuelle Information über die Geschiebesituation einholen können.
Fast 600 kW Engpassleistung
Als Herzstück des Kraftwerks fertigte Jank eine vertikale Kaplan-Schacht-Turbine, die konstruktionsbedingt sowohl bei vollem Wasserdargebot als auch bei geringen Zuflüssen beste Wirkungsgrade erreicht. Bei einer Bruttofallhöhe von 5,5 m und einer Ausbauwassermenge von 12,5 m³/s schafft die doppeltregulierte Turbine eine Engpassleistung von 593 kW. Da die Ischl trotz der Geschiebeabfuhrmaßnahmen am Einlaufbereich einen vergleichsweise hohen Sedimentanteil über die Turbinen leitet, wurden die Eintrittskanten der Laufrad-Schaufeln aus einer speziellen Legierung gefertigt. Das unter anderem bei höchstbeanspruchten Bergbaumaschinen verwendete Material soll Abrasionen an dem mit 1.500 mm Durchmesser gefertigten Läufer erheblich verringern. Direkt mit der Turbinenwelle gekoppelt ist ein ebenfalls mit exakt 231 U/min drehender Synchron-Generator vom Linzer E-Technikspezialisten Hitzinger. Bei einer Spannung von 400 V kommt die luftgekühlte Maschine auf eine Nennscheinleistung von 660 kVA. Damit der Generator auch unter Volllast bestmögliche Wirkungsgrade erreicht, wurde zum Luftaustausch ein eigener Abluftkanal ins Freie installiert. Für den vollautomatischen Anlagenbetrieb sorgt die von Jank selbst entwickelte Kraftwerkssteuerung JaPPOS (Jank Power Plant Operating System). Die 1998 zum ersten Mal eingesetzte Software wurde bis in die Gegenwart kontinuierlich optimiert und weiterentwickelt. Heute stellt diese bei einer Vielzahl von Eigen- und Kundenanlagen eingesetzte Software eine zentrale Basis für die ganzheitliche Kraftwerksautomatisierung dar. Die Einleitung des im Bundesland Salzburg erzeugten Stroms erfolgt an einer nahegelegenen Trafostation auf der gegenüberliegenden Uferseite in Oberösterreich. Zur Verlegung der unterirdisch verlaufenden Energieableitung wurde eine Spülbohrung unter der als Grenze zwischen den Bundesländern verlaufenden Ischl hergestellt. Das Regelarbeitsvermögen des neuen Kleinkraftwerks in Strobl beträgt rund 2,2 GWh. Nach mehr als einem Jahr Dauerbetrieb fällt Siegi Janks Fazit zum neuen Eigenkraftwerk äußerst positiv aus. „Wir waren überrascht, dass unser Spülsystem zur Geschiebeabfuhr so gut funktioniert. In Kombination mit dem innovativen Echolot-System sehe ich eine Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten in der Zukunft. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Kunden das bald genauso sehen werden.“
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