Kraftwerks-Zuwachs am Feistritzbach8 min read
Lesedauer: 6 MinutenWasserkraft ist zur Leidenschaft von Manfred Miedl sen. geworden – und das seit über 30 Jahren. Damals hatte er sein eigenes Kleinkraftwerk mit 25 kW als Selbstversorgeranlage errichtet.
Seitdem ist viel Wasser den Feistritzbach hinabgeflossen – und so manch neues Kraftwerk hinzugekommen. Nachdem sein Sohn Manfred Miedl jun. bereits vor 5 Jahren an diesem Gewässer ein Kleinkraftwerk realisiert hatte, ging nun sein Vater mit der Wasserkraftwerk Feistritz GmbH daran, eine weitere Kleinkraftwerksanlage zu errichten. Mit Erfolg. Im April vergangenen Jahres ging das neue Kraftwerk Feistritzbach III in Betrieb. Es wird im Regeljahr rund 2,3 GWh Strom erzeugen. Damit trägt es ein wesentliches Scherflein zur Energieunabhängigkeit des „Ökostrom-Bezirks“ Murau bei.
Tatsächlich gab es in Österreich bis in die 1970er Jahre hinein abgeschiedene Regionen, die noch nicht an das öffentliche Stromnetz angeschlossen waren. Wollten die Bewohner in diesen Gegenden nicht auf Strom verzichten, waren Erzeugungsanlagen für den Selbstversorger der einzige Ausweg. So stellte sich auch die Situation für den Landwirt Manfred Miedl lange Zeit dar, der im obersteirischen St. Peter am Kammersberg zuhause ist. Um Haus und Hof zu elektrifizieren, baute er sich 1981 das erste Kleinwasserkraftwerk am Feistritzbach selbst. Die daraus generierte Leistung von 25 kW war dafür über viele Jahre ausreichend. Aus der Notwendigkeit erwuchs über die Jahre eine Faszination, die Wasserkraftnutzung sollte ein wenig zur Leidenschaft des Obersteirers werden. Entsprechend engagiert unterstützte er vor einigen Jahren die Initiative seines Sohnes Manfred jun., ein modernes Wasserkraftwerk am Feistritzbach zu realisieren. „Als das Kraftwerk meines Sohns, bzw. der BergPower Wasserkraftwerke GmbH, im Jahr 2010 fertig war, haben wir uns schon mit den ersten Plänen für ein Kraftwerk Feistritzbach III beschäftigt. Gemeinsam mit den drei weiteren Teilhabern ist es dann mit viel Eifer an die Umsetzung gegangen“, blickt Manfred Miedl zurück.
Kompromiss trotz schlechter Vorzeichen
Doch anfänglich schienen die Sterne für das Projekt nicht besonders günstig zu stehen. Differenzen mit Grundstückseigentümern drohten das Bauvorhaben scheitern zu lassen. Doch am Ende langwieriger Verhandlungen konnte doch ein Kompromiss gefunden werden. In weiterer Folge wurde von Manfred Miedl und seinen drei Mitbetreibern die Wasserkraftwerk Feistritz GmbH als Betriebsgesellschaft gegründet und die Planung der Anlage in fachkundige Hände gelegt. Planung, Oberleitung und örtliche Bauaufsicht wurden an das Ingenieurbüro PI Mitterfellner GmbH aus Scheifling vergeben, das bereits das KW Miedl/BergPower geplant hatte und natürlich mit den Gegebenheiten vor Ort bestens vertraut war. Die Genehmigungsphase erstreckte sich in der Folge bis zum Herbst 2013, ehe man die ersten Bauarbeiten in Angriff nehmen konnte. Dabei startete man zeitgleich mit der Errichtung des Krafthauses und der Verlegung der Druckrohrleitung.
Kein eigenes Fassungsbauwerk
Von seinem Konzept her handelt es sich beim neuen Kraftwerk Feistritzbach III, so wie bei der Oberlieger-Anlage – dem KW Miedl/Bergpower –, um ein Ausleitungskraftwerk der Hochdruck-Kategorie. Das Kraftwerk nutzt ein Gefälle von 96 Meter und eine Aus-bauwassermenge von 700 l/s. Was die Anlage schon aus ökologischen Gründen aufwertet, ist die Tatsache, dass kein eigenes Querbauwerk für die Wasserfassung errichtet werden musste. Vielmehr wird das abgearbeitete Wasser aus dem Oberlieger-Kraftwerk direkt übernommen.
Gemäß der Pläne der PI Mitterfellner GmbH wurde dafür lediglich ein Schwallbecken mit einem Einlaufschütz errichtet, an das die Druckrohrleitung direkt anschließt. Der Vorteil war dabei nicht nur ein ökologischer, sondern auch ein wirtschaftlicher: Auf diese Weise konnten sowohl das Wehrbauwerk mit Fischaufstiegshilfe, als auch ein Sandfang, ein Feinrechen und der dazugehörige Rechenreiniger eingespart werden.
Rohrverlegung mit Auflagen
Bei der Druckrohrleitung, die zur Gänze unterirdisch verlegt wurde, handelt es sich um eine „Hybridleitung“ der Nennweite DN 700, die aus unterschiedlichen Materialien besteht. Im oberen Bereich der insgesamt 1.445 m langen Kraftwerksleitung wurden auf einer Länge von etwa 300 m duktile Gussrohre der Firma Jindal Sertubi verlegt, die restliche Länge wurde aus GFK-Rohren der Marke SUPERLIT erstellt. Beide Produkte wurden vom oberösterreichischen Rohrspezialisten und kompetenten Rohrlieferanten Geotrade aus Ried in der Riedmark geliefert.
Der Grund, warum man im Bereich bachabwärts der Wasserfassung die schwereren, gleichsam aber auch stabileren Gussrohre verwenden musste, liegt nicht an den höheren Druckbelastungen, sondern an einer Vorgabe der Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV). Da die WLV in diesem Bereich in naher Zukunft die Errichtung eines Hochwasserrückhaltebecken zum Schutz der nahe gelegenen Ortschaft Feistritz vorgesehen hat, welches immer wieder durch Bagger vom anfallenden Geschiebe gereinigt wird, musste in diesem Abschnitt der Trassenführung besonders belastungsfähiges Rohrmaterial zum Einsatz kommen. Zu groß wäre ansonsten die Gefahr, die mindestens 1,5 m unter dem Bachbett liegende Druckrohrleitung durch Baggerarbeiten zu beschädigen. Da der Feistritzbach bei Starkregen sehr schnell zu einem reißenden Wildbach anschwellen kann, ist sein Verlauf von einer hohen Anzahl an Wildbachverbauten und Geschiebesperren geprägt. 2009 etwa gingen die Schäden nach einem akut aufgetretenen Hochwasser entlang des Feistritzgrabens in die Millionenhöhe.
Die Verlegearbeiten wurden von den Profis der TEERAG ASDAG durchgeführt. Dabei wurde die Rohrtrasse zu zwei Drittel im Bereich von öffentlichem Gut der Gemeinde St. Peter errichtet, die restliche Strecke verläuft auf Privatgrundstücken. Die GFK-Rohre wurden den Erfordernissen entsprechend auf einer Länge von 700 m im mittleren Bereich der Trassenführung in der Druckstufe PN 10 sowie im unteren Abschnitt auf einer Länge von 450 m bis hin zum Krafthaus in PN 16 ausgeführt.
Hightech im Krafthaus
Während fleißig an der Verlegung der Rohrleitung gearbeitet wurde, errichtete die Firma Leitner Bau aus St. Peter am Kammersberg das Krafthaus. Zeitgerecht – damit der Maschinensatz des KW Feistritzbach III „on-time“ installiert werden konnte. In der Frage nach der idealen Turbinenvariante entschieden sich die Betreiber für ein Produkt des Herstellers Andritz Hydro, welcher mit dem Background eines internationalen Konzerns und seiner enormen Erfahrung für höchste Qualität bürgen kann. Zum Einsatz kommt eine 4-düsige Peltonturbine, die bei einer Ausbauwassermenge von 700 l/s und einer Bruttofallhöhe von 96 m auf eine Ausbauleistung von 550 kW ausgelegt ist.
Nicht lange überlegen musste der Betreiber auch bei der Auswahl des richtigen Generators. Die Wahl fiel dabei auf eine Maschine aus dem Hause Hitzinger. „Gerade was den Generator angeht, kommt für mich nur eine Maschine von Hitzinger in Frage. Schon bei meinem alten Kraftwerk hatte ich eine Maschine dieses Typs im Einsatz. Der hat mich über Jahrzehnte nie im Stich gelassen. Auch beim Kraftwerk meines Sohns läuft ein Hitzinger-Generator seit vier Jahren ohne ein Problem. Wenn man bedenkt, dass diese Maschinen nicht nur äußerst robust sind, sondern auch im Hinblick auf die Wirkungsgrade in der obersten Liga mitspielen, dann liegt für mich die Entscheidung auf der Hand“, so der Betreiber.
Qualität aus Linz
Einer von mehreren Faktoren, der das hohe Qualitätsniveau der Generatoren des Linzer Traditionsherstellers sicherstellt, besteht im Umstand, dass sämtliche Maschinen in einer profunden Vorplanung für den jeweiligen Einsatzzweck und die jeweiligen Anforderungen maßgeschneidert werden.Hitzinger-Generatoren stehen zudem für 100 % österreichische Entwicklungsqualität. Generatorwicklung, Blechpakete, Präzisionsdrehteile, Steuer- und Verteilerschränke, Motorverdrahtungen, elektronische Steuer- und Überwachungsgeräte und der Zusammenbau und die Installation der Gesamtanlage: Jeder Produktionsschritt wird von hochqualifizierten Teams mit modernsten Fertigungsanlagen im Werk in Linz durchgeführt. In der Fertigung kann der komplette Werdegang eines Generators von der ersten Spule bis zum fertigen Produkt verfolgt und überwacht werden.
Im Kraftwerk Feistritzbach III kommt ein direkt an die Turbine gekoppelter, bürstenloser Synchrongenerator zum Einsatz. Er hat eine Nennspannung von 400 V, eine Nenn-leistung von 650 kVA und ist auf einen Nennstrom von 938 A ausgelegt.
Mit diesem Kraftpaket wird das KW Feistritzbach III etwa 2,31 Mio. kWh an sauberer Energie für rund 600 Haushalte bereitstellen können. Betreiber Manfred Miedl ist mit der bisherigen Stromausbeute sehr zufrieden: „Die Stromerzeugung läuft wirklich sehr gut, wir hatten von der Wassermenge heuer aber auch ein überdurchschnittlich gutes Jahr. Man muss sich natürlich anschauen, wie es sich in den nächsten Jahren entwickeln wird.“
Kraftwerksparameter im Blick
Im Krafthaus, welches auf einem ehemaligen Gemeindegrundstück errichtet wurde, ist auch die elektrotechnische und steuerungstechnische Einrichtung des neuen Kleinwasserkraftwerks untergebracht. Für deren fachgerechte Ausrüstung wurden Experten aus der Region, nämlich die Murauer Stadtwerke verpflichtet. Diese waren verantwortlich für die komplette Ausrüstung der Anlage im Niederspannungsbereich und übernahmen auch die Installation der Steuerungs- und Automatisierungstechnik.
Dank der modernen Technik funktioniert die Anlage völlig automatisiert, der Betreiber hält dennoch einmal pro Woche Nachschau bei seinem Kraftwerk. Sämtliche relevanten Informationen über den aktuellen Status der Anlage werden auf einem übersichtlichen, in einem Schaltschrank installierten Touchscreen im Krafthaus angezeigt. Natürlich können über diesen Bildschirm auch jederzeit die gewünschten Parameter der einzelnen Anlagenkomponenten abgerufen und gegebenenfalls an die jeweilige Situation angepasst werden.
Etwaige Störungen des Kraftwerkbetriebs, vom Netzausfall bis hin zu Kleinigkeiten werden dem Betreiber durch die moderne Steuerung sofort auf sein Smartphone geschickt, damit er im Fall der Fälle sofort die nötigen Schritte zur Beseitigung des Problems setzen kann. Von dieser praktischen und komfortablen Funktion zeigt sich der pensionierte Kraftfahrer Manfred Miedl besonders angetan.
Eröffnung im Doppelpack
„Am 11. April 2014 um Punkt 16:00 war es schließlich soweit“, berichtet Manfred Miedl stolz von dem Augenblick, als die Anlage zum ersten Mal in Betrieb genommen wurde. Nach knapp 7 Monaten Bauzeit konnte man den Probebetrieb starten, in dessen Verlauf die optimale Konfiguration der Maschinen und Leittechnik zur erfolgreichen Ökoenergieproduktion am örtlichen Gewässer vorgenommen wurde. Die Einweihungsfeier fand schließlich kurz darauf Ende Juli statt, bei der kurioserweise auch die Anlage der BergPower Wasserkraftwerke GmbH von Miedl jun., welche schon seit 4 Jahren sauberen Strom liefert und ebenfalls vom Ingenieurbüro PI Mitterfellner GmbH geplant wurde, offiziell eröffnet wurde. Die zahlreich erschienenen Gäste konnten sich bei Kaiserwetter von der Qualität der beiden Kraftwerke, welche zum größten Teil von regionalen Firmen errichtet wurden, überzeugen.
Die Kosten für den Neubau beliefen sich auf knapp unter 1,7 Mio. Euro. Die Wasserkraftwerk Feistritz GmbH bekommt von der Abwicklungsstelle für Ökostrom AG (ÖMAG) eine Tarifförderung über einen Zeitraum von 13 Jahren. Manfred Miedl sen. ist überzeugt, dass – wenn die Stromerzeugung weiterhin so gut läuft wie bisher – sich die getätigten Investitionen am obersteirischen Gewässer bald abbezahlt haben werden. Er freut sich aber über das gelungene Projekt KW Feistritzbach III und hofft, dass in Zukunft noch viele weitere wasserreiche Jahre am steirischen Wildbach folgen werden.
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